Während um 1800 auf dem europäischen Festland die Schriften von Didot und Bodoni das Bild der klassizistischen Antiqua prägten, gab es Anfang des 18. Jahrhunderts in Schottland eine neue Entwicklung, die über hundert Jahre als »Scotch (Roman)« das Schriftbild im anglo-amerikanischen dominierte. Der Stil wird vor allem dem Schriftschneider Richard Austin und seiner Arbeit für die schottischen Gießereien von William Miller und Alexander Wilson zugeschrieben.
Typisch für die Zeit ist der starke Strichstärkenkontrast. Die Scotch-Schriften treiben jedoch nicht nur diesen auf die Spitze. Die Serifen in und zwischen den Buchstaben sind extrem lang. Die Öffnungen von Punzen sind nur minimal. Dadurch ergeben sich übermäßig spitze Sporne und Serifen, die auch in den hakenförmigen Abstrichen bei R und a aufgenommen werden. Typisch sind auch der »beulenartige« Strichstärkenwechsel, der durch eine stark unterschiedliche Krümmung der Innen- und Außenseite der Rundungen entsteht.
Da der Schriftstil im Laufe des 20. Jahrhunderts wieder außer Gebrauch geriet, haben nur wenige Schriften den Sprung in Foto- und Digitalsatz geschafft – und wenn doch, meist nur in wenigen Schnitten. Mit der Scotch Modern hat Nick Shinn eine umfassende moderne Interpretation geschaffen.
Die Familie verfügt über je vier Schnitte für Lesetext (Scotch Modern) und Konsultationstext (Scotch Micro). Zusätzlich gibt es einen einzelnen Schnitt für Schautexte (Scotch Modern Display).
Mit über 1600 Zeichen pro Schnitt ist Familie überdurchschnittlich gut ausgebaut: lateinisch, kyrillisch, griechisch; 10 Ziffernsätze, Kapitälchen, Monokameral-Versionen, Schwungbuchstaben, Titelsatz-Umlaute usw.
Trotz des abweichenden Namens: die Figgins Sans von Nick Shinn kann als serifenlose Schwester der Scotch Modern angesehen und mit ihr wie eine Schriftsippe benutzt werden. Die Mittellänge und der Neigungswinkel der Kursiven sind entsprechend abgestimmt.