Erik Spiekermann ist der wohl bekannteste deutschsprachige Typograf. Nach einem schaffensreichen Arbeitsleben zieht er sich nun gerade Schritt für Schritt aus dem Alltagsgeschäft zurück. Die von ihm maßgeblich mitbegründete gelb-schwarze Schriftenwelt der FontFont-Bibliothek und des FontShop-Versandhandels trat er kürzlich zur Überraschung vieler an Monotype ab. Dafür kehrt Erik nun wieder zu seinem Wurzeln als Drucker zurück und ist häufig in seiner neuen Hochdruck-Werkstatt p98a zu finden. Es ist ein passender Zeitpunkt, um auf sein Lebenswerk zurückzublicken. Sein Weggefährte Johannes Erler hat dazu in Zusammenarbeit mit dem Verlag »Gestalten« die Biografie »Hallo, ich bin Erik« erarbeitet. Doch kann sie uns noch viel Neues verraten, dass wir nicht ohnehin schon über den omnipräsenten »Typomanen« Spiekermann wissen? Ich finde, durchaus!
Das Buch ist keine klassische Biografie in Gestalt eines durchgängigen Fließtextes, sondern eher fragmentarisch angelegt. In voneinander unabhängigen Texten und Interviews berichten Erler und viele Weggefährten über Abschnitte von Spiekermanns beruflichem und privatem Leben sowie den konkreten Projekten und zahlreichen Unternehmungen. Dies macht das Werk erfreulich abwechslungsreich und kurzweilig. Die Anektdoten von Kollegen und die reiche Bebilderung aus Privatfotos und unzähligen Arbeitsproben tragen ihr Übriges dazu bei.
Gesetzt ist das 320-seitige, in Deutschland gedruckte Hardcover-Buch in einem extra angefertigten, halbfetten Schnitt der Akzidenz-Grotesk, den Käufer des Buches mit einem persönlichen Code auch herunterladen können. Das großzügige Format und die Gestaltung sind der Aufmachung als Portfolio-Präsentation angepasst. Die Texte sind aber dementsprechend oft recht klein gesetzt. Die beißend-orange Leuchtfarbe kommt zum Glück nur ab und zu als Hintergrund und für kurze Textabschnitte zur Anwendung.
Lediglich Spiekermanns Schriftentwürfe sind in einem gesonderten Teil am Ende des Buches zusammengefasst. Ansonsten zieht sich die umfassende Werkschau (verteilt auf die sieben Abschnitte »der Designer«, »der Schriftgestalter«, »der Unternehmer«, »der Netzwerker«, »der Autor«, »der Techniker« und »der Mensch«) nahezu über das gesamte Buch. Die Verbindung dieser Bereiche in einer Person ist es wohl auch, die Spiekermanns Wirken so besonders und erfolgreich macht. Und so feiert dieses Buch nicht nur das Lebenswerk Spiekermanns, sondern letztlich auch ganz allgemein die Rolle erfolgreichen Kommunikationsdesigns – als ein Werkzeug der Verständigung, das, ob es den Menschen bewusst ist oder nicht, nahezu alle Teile unseres Lebens berührt. »Es ging mir immer und bis heute darum, Kommunikation möglichst präzise zu gestalten. Ich möchte verständlich sein, weil ich finde, dass es unendlich viel zu entdecken und zu verstehen gibt. Das wollte ich mein ganzes Leben lang«. (Erik Spiekermann)
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