An und für sich ist es ein Vorteil von Druckschriftlizenzen, dass sie nicht an Auflagen gekoppelt sind. Eine Zahlung und der jeweilige Nutzer hat ausgesorgt. Allerdings kommt man immer wieder auch in Situationen, wo dieses System unfair scheint. Etwa, wenn man nur mal eben ein paar Buchstaben für das Nachsetzen eines Logos benötigt oder wenn man eine Schrift dem Kunden vorschlagen möchte, ohne genau zu wissen, ob sie jemals eingesetzt werden wird. Dennoch wird auch hier der volle Lizenzpreis fällig und seit nunmehr gut 20 Jahren Desktop Publishing hat sich dafür keine wirkliche Alternative aufgetan.
Einen völlig neuen Vorstoß wagte vor kurzem der Anbieter FontSlice. Hier bezahlt man einen Font tatsächlich nur buchstabenweise und dieser wird dann mit dem beschränkten Zeichensatz für den jeweiligen Nutzer generiert. Ob aber die Festplatte voller unvollständiger Fonts wirklich ein auf breiter Front tragfähiges System der Schriftlizenzierung darstellt, darf bezweifelt werden. Zumal sich das System nur schwer mit den komplexen OpenType- und Hinting-Funktionen moderner Fonts vertragen dürfte.
Statt die Fonts selbst aufzusplitten, könnte man aber auch einfach die Nutzungszeit beschränken. Und genau dieses System verfolgt der neue Dienst namens Skyfonts von Monotype. Dazu muss der Schriftanbieter natürlich die Nutzungszeit technisch auf Seiten des Nutzers einschränken. Eine Idee, die bei Fonts und anderen digitalen Gütern nicht neu, aber in der technischen Umsetzung recht anspruchsvoll ist – zumindest wenn die Fonts dabei so problemlos nutzbar sein sollen, wie herkömmliche Fonts.
Monotype, als einer der mittlerweile größten Schriftanbieter der Welt, hat mit Skyfonts nun so ein System auf die Beine gestellt. Um diesen Dienst nutzen zu können, muss man sich zunächst registrieren und eine Software für Windows oder Mac OS installieren, die dann im Hintergrund die Schriften installiert und auch wieder deinstalliert. Die Anwendung für Windows ist als 32- und 64-Bit-Variante ab Windows XP verfügbar. Die Mac-Version erfordert mindestens Mac OS 10.7.
Nach der Installation kann man den Dienst sofort benutzen. Die Auswahl der Schriften erfolgt direkt im Browser unter skyfonts.com. Eine iPad-Anwendung sowie ein Plugin für Design-Anwendungen ist aber ebenfalls in Vorbereitung. Momentan hat man Zugriff auf über 8000 Fonts aus den Bibliotheken von Monotype, ITC, Bitstream und Linotype.
Obwohl der Dienst nun offiziell gestartet ist, hat die Schriftsuche auf der Skyfont-Seite das Beta-Stadium aktuell wohl noch nicht ganz verlassen. Die Schriftfamilien erscheinen lediglich alphabetisch ohne einen Zugriff über Schriftklassifikationen oder andere typische Merkmale bzw. Einsatzbereiche. Wer nicht genau weiß, welche Schriften genutzt werden sollen, sucht sich diese vielleicht besser zunächst auf fonts.com oder linotype.de aus.
Hat man die gewünschten Schriften aber einmal gefunden, könnte die Nutzung dann tatsächlich kaum einfacher sein. Ein Klick auf »Try« im Browser installiert die Schrift sofort im Hintergrund im Betriebssystem und stellt sie systemweit zur Verfügung. Kein umständlicher Bestellvorgang, kein Download, kein manuelles Entpacken von ZIP-Archiven und Installieren von Schriften. In den meisten Programmen sind die Fonts unmittelbar nach dem Klick im Browser sofort nutzbar. Wohlgemerkt: es handelt sich hier keineswegs um eine Vorschau in Bitmapdarstellung oder ähnliches. Der komplette Font ist vollwertig und ohne jegliche Einschränkungen testweise nutzbar.
Hier kann man also durchaus lobend erwähnen, dass der Anbieter hier auf entsprechendes Vertrauen der Nutzer setzt. Denn die direkte Nutzung dieser Testschriftzüge ist nur gemäß der Nutzungsbedingungen verboten – technisch unterbunden wird sie nicht. Die Fonts funktionieren während des Testens ohne Einschränkungen. In Mac OS X klinkt sich das System sogar in die Benachrichtungsdienste (wie Growl) ein, sodass man vom System über die Installation und Deinstallation informiert wird. Durchaus praktisch!
Die Kosten
Hat man sich dann für bestimmte Fonts entschieden und will diese tatsächlich nutzen, muss man dafür mit so genannten Credits bezahlen. Das System ist dabei recht einfach. Man lizenziert die Schrift entweder für 24 Stunden (Kosten: 1 Credit) oder für 30 Tage (3 Credits).
Die Kosten für die Credits sind abhängig davon, wie viele man auf einmal erwirbt. Bei der Mindestbuchung von 45 Dollar kostet ein Credit 3 Dollar. Dies bedeutet, die Nutzung einer beliebigen, gegebenenfalls vollwertigen OpenType-Schrift über den Skyfonts-Dienst kostet also 3 Dollar für einen Tag oder 9 Dollar für 30 Tage. Wer den Dienst häufig nutzt und viele Credits auf einmal kauft, kann die Kosten darüber hinaus weiter senken.
Fazit
Die Preisstruktur wirkt durchaus angemessen und im Einklang mit den herkömmlichen Lizenzpreisen. Wer weiß, dass eine bestimmte Schrift nur kurzzeitig genutzt oder erstmal nur getestet werden soll, kann hier kräftig sparen und der Dienst eignet sich auch perfekt für externe Mitarbeiter, die nur zeitweise an bestimmten Projekten arbeiten. Selbst wenn später doch noch einmal unerwartete Änderungen anstehen, kann man jederzeit mit einem Klick die dann abgelaufene Lizenz wieder verlängern.
Das Kleingedruckte
Wo Licht ist, da ist auch Schatten. Ich finde das System in technischer Funktionalität und Preisgestaltung durchaus überzeugend. Es füllt eine seit langem bestehende Nutzungs- bzw. Lizenzierungsnische in der gesamten Grafikdesignbranche und gegebenenfalls sogar darüber hinaus. Doch der Skyfonts-Dienst hat auch eine Eigenheit, die ich nicht akzeptabel finde und vor der ich hier ausdrücklich warnen möchte: das Credit-System, wie es auch andere Anbieter digitaler Güter (etwa iStockphoto) benutzen.
Man kann gerade noch damit Leben, dass diese Credits eine bewusste Verschleierung der tatsächlichen Preise sind. Ein Preis von »3 Credits« lässt ein Produkt einfach günstiger erscheinen als die »9 Dollar«, die gegebenenfalls tatsächlich dahinterstehen. Unannehmbar ist jedoch, dass die Anbieter die Credits einfach nach einer bestimmten Laufzeit (bei Skyfonts: ein Jahr) verfallen lassen.
Credits sind nichts anderes als ein Guthaben auf zukünftige Käufe über einen bestimmten Dienst. Sie funktionieren genauso wie ein PayPal-Guthaben oder eine Geldkarte bei der Sparkasse. Man lädt sie mit einem bestimmten Betrag auf und kann bei zukünftigen Einkäufen über das entsprechende Guthaben verfügen. Man stelle sich jedoch einmal vor, PayPal oder die Sparkasse würden ihren Nutzern nach einem Jahr die Nachricht schicken, dass der Anbieter das Konto komplett geleert – und sich das Geld in die eigene Tasche gesteckt hat, weil der Inhaber des Kontos es nicht rechtzeitig komplett aufgebraucht hat. Es wäre ein Skandal!
Doch nichts anderes wird bei Skyfonts und iStockphoto gemacht. Die Anbieter kommen mit dem simplen Trick davon, dass sie das eingezahlte Guthaben nicht in einer offiziellen Währung führen, sondern es einfach »Credits« nennen. Pikanterweise wird man durch die Mengenrabatte ja auch noch explizit dazu verleitet, möglichst viele Credits auf einmal zu erwerben. Ob man sie innerhalb eines Jahres aufbrauchen wird oder nicht, ist im Voraus völlig unklar. Und da man hier ja zeitlich befristete Nutzungslizenzen erwirbt, ist es auch nicht einmal möglich, dass man zum Ende des Jahres sein Guthaben noch schnell irgendwie aufbraucht. Die Schriftlizenzen werden dann benötigt, wenn der jeweilige Auftrag ansteht. Man kann ja nichts »auf Vorrat« gestalten, nur weil man gerade noch ein paar Credits übrig hat, denen der Verfall droht.
Wer sich dennoch auf diesen Deal einlassen möchte, hier kann man sich für Skyfonts registrieren: (10 Credits sind übrigens für neue Nutzer inbegriffen)
Update: Monotype hat den Dienst kurz nach seiner offiziellen Ankündigung bereits wieder vom Netz genommen. Die Technologie wurde in das Abo-Angebot von fonts.com integriert. Man muss nun das so genannte Master-Abo für mindestens 100 Dollar pro Monat wählen, um den Zugriff die temporär installierbaren Desktop-Fonts zu bekommen. Für Vielnutzer zwar ein guter Deal, aber der Vorteil von Skyfonts, einzelne Fonts kurzzeitig günstig mieten zu können, ist damit wieder unmöglich geworden.