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Typografie-Artikel

Neuigkeiten und Fachartikel zu Schrift und Typografie
Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts setzte man Deutsch vornehmlich in gebrochenen Schriften. Dabei verbot es sich auf Grund der ornamentalen und ausladenden Großbuchstabenformen generell, einzelne Wörter oder Sätze ausschließlich in Großbuchstaben zu setzen. Und da es auch kein einziges Wort gibt, das mit einem Eszett beginnt, bestand schlicht kein Bedarf für einen Eszett-Großbuchstaben. Die heute üblichen lateinischen Buchstaben werden allerdings sehr wohl in Großbuchstaben gesetzt, und deshalb klafft im deutschen Alphabet schon seit vielen Jahrzehnten eine Lücke.

Warum benötigt man heute ein Großbuchstaben-Eszett?
Schreibung von Eigennamen

Sprachen, deren Zeichen auf dem lateinischen Alphabet beruhen, besitzen ein Klein- und Großbuchstabenalphabet. Es ist dabei ein universelles Prinzip, dass man einen Text wahlweise in gemischter Schreibweise oder in Großbuchstaben setzen kann, ohne den Inhalt anzutasten. Dies funktioniert überall, nur in Deutschland und Österreich nicht. Man kann zwar einen Namen wie »Meißner« im Großbuchstabensatz in »MEISSNER« auflösen, aber der umgekehrte Weg bleibt verwehrt, denn es ist dann nicht mehr ersichtlich, ob es sich bei Herrn »MEISSNER« nun um Herrn »Meißner« oder Herrn »Meissner« handelt. Und dies ist kein konstruierter Einzelfall. Gut 2 Millionen Deutsche tragen ein Eszett im Familien- oder Ortsnamen und schlagen sich tagtäglich mit diesem Problem herum, etwa wenn sie ein Formular in Großbuchstaben ausfüllen sollen. Schließt man durch Schaffung eines Großbuchstaben-Eszetts die Lücke im deutschen Alphabet, löst sich das Problem der Eigennamenschreibung auf.

Rechtschreibreform
Mit der Rechtschreibreform von 1996 wurde die Anzahl der deutschen Wörter mit Eszett verkleinert. Für die verbliebenen Anwendungen wurde die Funktion des Eszetts allerdings sogar noch gefestigt. Die Unterscheidung von Eszett und Doppel-S gibt nun im Geschriebenen eindeutig Auskunft über die Länge des Vokals vor dem S-Laut. Der Fluss: kurz gesprochener Vokal Der Fuß: lang gesprochener Vokal Dieses einfache Prinzip wird leider im Schriftsatz mit Großbuchstaben ad adsurdum geführt, wenn das Eszett in Doppel-S aufgelöst wird. Plötzlich muss der FUSSBALL anders ausgesprochen werden als der Fußball und aus den Maßen werden MASSEN. Ein Großbuchstaben-Eszett kann diese Ungereimtheiten beseitigen.

Zu den typischen Gegenargumenten
Man kann doch keine neue Buchstaben erfinden!
Schriftzeichen sind – genau wie Wörter und Orthographie – lediglich Werkzeuge, die sich den jeweiligen Bedingungen der Zeit anpassen müssen. Dies war schon immer so. Auch das lateinische Alphabet war nicht von Anfang an komplett, sondern bestand lediglich aus 21 Buchstaben. G, J, U, W, Y wurden im Nachhinein hinzugefügt, da ein Bedarf danach bestand. Auch die deutschen Umlaute und die unzähligen Akzentzeichen der europäischen Sprachen wurden später zum Alphabet hinzugefügt.

Wozu ein Großbuchstabeneszett? Es gibt doch kein einziges Wort, das mit Eszett beginnt!
Das ist richtig. Aber die GROSSSCHREIBUNG einzelner Wörter oder ganzen (Ab-)Sätze ist gängige Praxis – ob in Textdokumenten, Formularen, auf Schilder, in Anzeigen und so weiter. Hier fehlt der entsprechende Buchstabe und alle gängigen Notlösungen führen zu Problemen in den Aussprache-Regeln beziehungsweise bei der Wiedergabe von Eigennamen.

Warum nimmt man nicht einfach das Kleinbuchstaben-Eszett auch bei Großbuchstaben?
Das ist im Prinzip genauso falsch, wie so etwas wie »GROSSBUCHSTaBE« zu schreiben. Einzelne Kleinbuchstaben können nicht zwischen Großbuchstaben eingefügt werden. Zwischen der Entstehung der Klein- und der Großbuchstaben liegen gut 1000 Jahre. Die beiden Alphabete folgenden unterschiedlichen Gestaltungsprinzipien. Deshalb muss ein Großbuchstaben-Eszett auch als Großbuchstabe gestaltet werden.



Ein Großbuchstaben-Eszett ist Unsinn, denn das Eszett ist eine Kleinbuchstaben-Ligatur
Leider hält sich hartnäckig die Meinung, dass ein »Buchstabe« und eine »Ligatur« verschiedene Dinge sein müssen. Die Bezeichnung Ligatur bedeutig lediglich, dass irgend etwas verbunden (»legiert«) wurde. Es gibt in der Tat Ligaturen (etwa fi und fl), die rein typografische Zwecke im Satz mit Kleinbuchstaben verfolgen und die man deshalb auch nicht als Großbuchstabe braucht. Andere Ligaturen erfüllen als vollwertige Buchstaben des Alphabets einen sprachliche Funktion, etwa unser W, das eine Ligatur aus zwei Vs ist. Oder Buchstaben wie æ und œ, deren legierte Bestandteile noch gut zu erkennen sind. Ob das Eszett überhaupt aus einer Ligatur entstanden ist, bleibt weiterhin stark umstritten. Es spielt aber für die Überlegungen zum Versaleszett keine Rolle, denn das Eszett ist heute in jedem Falle ein vollwertiger Buchstabe des Alphabets in Deutschland und Österreich – völlig unabhängig davon, ob es aus einer Ligatur entstanden ist oder nicht.

Einen Eszett-Großbuchstaben kann es nicht geben, da es ja das im Eszett enthaltene Lang-s nicht als Großbuchstabe gibt.
Schriftzeichen sind reine Konventionen. Sie stehen als abstraktes Zeichen für die bezeichnete Sache. Man kann einen Buchstaben deshalb schon per Definition nicht als falsch oder richtig bezeichnen. Sonst könnte man auch argumentieren, dass der Buchstabe A falsch ist, weil ja der Stierkopf, auf dem er beruht, verkehrt herum abgebildet wird. Es zählt allein, welches Aussehen und welche Funktion wir den Zeichen heute(!) zuschreiben.
Es ist auch nichts Neues, dass sich Großbuchstaben aus Kleinbuchstaben entwickeln. Zu unseren deutschen Umlauten (eine Verschmelzung aus ae, oe und ue) wurden auch Großbuchstaben geschaffen. Wer argumentiert, dass man wegen des Lang-s im Eszett daraus keinen Großbuchstaben machen könnte, der müsste auch die Umlaute wegen ihrer formalen Bildung mit einem Kleinbuchstaben-E ablehnen.

In einer globalisierten Welt macht das Eszett einfach keinen Sinn mehr. Es sollte gänzlich abgeschafft werden.
Die Kinderkrankheiten der weltweiten digitalen Kommunikation sind längst überwunden. Die Zukunft spricht Unicode, den weltweiten Zeichensatzstandard, der jedem Sinn tragenden Zeichen der Welt einen eindeutigen Kode zuweist. Da das Großbuchstaben-Eszett bereits im Unicode enthalten ist, sind diesbezüglich keinerlei Probleme zu erwarten und es gibt generell keinen Grund mehr, irgend ein Zeichen der Welt abzuschaffen, damit es in der internationalen Kommunikation besser funktioniert.

Das Eszett gehört abgeschafft. In der Schweiz geht es doch auch ohne.
Sagen Sie das mal den 1,6 Millionen Deutschen, die ein Eszett im Familiennamen tragen!
Das Eszett erfüllt in der Schriftsprache in Deutschland und Österreich eine distinkte sprachliche Funktion. Es gibt daher keinen plausiblen Grund, dieses etablierte System zugunsten eines Systems abzuschaffen, das mit deutlich mehr Zweideutigkeiten leben muss. Dass diese Reduktion funktioniert, heißt noch lange nicht, dass sie die bessere Alternative sein muss. SONSTKOENNTEMANAVCHWIEINDERANTIKESCHREIBEN.
Nach 8 Jahren Typografie.info-Webseite möchten wir mit dem TypoJournal nun ein neues Kapitel aufschlagen. Ein größtenteils monothematisches Print-Magazin, das sich dem jeweiligen Thema ausführlicher widmet, als es auch unserer Webseite möglich wäre. Den Anfang macht die Ausgabe unter dem Thema »Fundsachen«.
 
Typografie.info-Mitglieder gewähren einen Einblick in ihre liebsten Typo-Fundstücke; wir stellen das Buchstabenmuseum Berlin vor, sowie Schriften, die auf Fundstücken basieren.

Die Themen der ersten Ausgabe:
Titelthema: Die schönsten Typo-Fundsachen Das Buchstabenmuseum Berlin Überkewl – Umlaute in Übersee Schriftvorstellung: Helsinki von Ludwig Übele Die Schriften der Motor City und vieles andere mehr …
Umfang: 56 Seiten, durchgehend farbig
Format: A4

Stimmen zum Magazin
»wunderbar komponierte Doppelseiten«, »Lesefutter und Augenschmaus«, Deutscher Drucker, Nr. 25 »Ralf Herrmann ist gut vernetzt, mit typografie.info, so dass er für die Erstausgabe die besten Typografie-Autoren im Land verpflichten konnte.«, Jürgen Siebert im Fontblog »Ein gelungenes Experiment, welches die Erwartungen voll erfüllt.«, Ivo Gabrowitsch (fontwerk.com) Das TypoJournal 1 ist mittlerweile vergriffen, kann aber in noch online betrachtet werden.



 
 
Jan Tschicholds »leicht und ſchnell konſtruierbare Schrift« aus dem Jahr 1930 in einer Digitalisierung von Sebastian Nagel.

August 2007 im Forum von Typografie.info: FlorianG zeigt die Titelseite von Christopher Burkes Buches »Jan Tschichold and New Typography«, und stellt eine kleine Quizfrage: »Welche Schrift wird auf dem Umschlag verwendet?«. Die Frage bleibt unbeantwortet.
Norbert Riedi aus Graubünden lässt das keine Ruhe, und bietet eine Bündner Nusstorte als Kopfgeld. Es stellt sich heraus, dass es sich um Tschicholds Entwurf einer »leicht und schnell konstruierbaren Schrift« handelt. Schmorkohl zeigt ein Bildchen, FlorianG bestätigt. Nusstorten gehen raus, mit dem Wermutstropfen, dass es die Schrift nicht digital gibt.
Sebastian Nagel fragt: »Soll ich mal machen?« und macht dann, anhand der kleinen Vorlage und ein paar wenigen Informationen, mit viel Interpretation und möglichst wenig Phantasie. Dafür wird ihm von Norbert Riedi eine Nusstorte versprochen und nach einer ersten Testversion auch prompt gebacken und geliefert. Ein Genuss!
Zusätzlich motiviert, entstehen weitere Strichstärken und Erweiterungen des Zeichensatzes. Tschicholds Entwurf soll nicht verfälscht, aber in einigen Details (Satzzeichen) praxistauglicher gemacht werden. Zusätzlich gibt es einen »Authentizitätsmodus« für Puristen.
Ein Name wird gesucht. »Tschichold« ist zu groß für die Schrift. »Nagel« wäre vereinnahmend. Der Entwurf stammt aus Jan Tschicholds Phase der »neuen Typografie«; sein Kampfname zu dieser Zeit: Iwan.
Nun noch die Neugestaltung einbringen ... Der Bündner Tortenbäcker Norbert Riedi schlägt »Nagelneu« vor – übersetzt ins Rätoromanische: »Reschniev«. Das passt zu »Iwan« und zur Schrift. Der Name ist gefunden: »Iwan Reschniev«.


Die Iwan Reschniev ist als Druckschrift und Webfont über fonts.info und MyFonts zu beziehen.
Weitere Informationen und Lizenzierung bei fonts.info
Ein Logotype ist zentrales Element eines Corporate Designs und der Unternehmenskommunikation. Die Gestaltung von Logotypes stellt dabei spezielle Anforderungen an eine Schrift. In der Regel werden schon bestehende Schriften als Basis für eine Logotype-Entwicklung genutzt. Display-Schriften bieten sich hier an, sind aber oft eher Zeitgeistschriften, die schnell altmodisch aussehen können. Textschriften wiederum fehlt meist ein prägnantes Erscheinungsbild, da sie auf den Satz in kleinen Punktgrößen ausgelegt sind. Logotypia Pro stellt dem Designer nun erstmals ausdrucksstarke Typen zur Verfügung, die mit gekehltem Stamm und leicht geneigter Schattenachse einen kräftigen, lebendigen Schriftduktus besitzen und damit perfekt auf die Gestaltung von Logotypes, Marken und Headlines abgestimmt sind.



Die Logotypia Pro ist als Druckschrift (CD oder Download) und Webfont über fonts.info und MyFonts zu beziehen.
Weitere Informationen und Lizenzierung bei fonts.info
Vier Schriften von Sebastian Nagel — gefunden auf einer Karte Amerikas des spanischen Kartographen Diego Gutiérrez und des niederländischen Kupferstechers Hieronymus Cock.

»Als ich im Jahr 2004 durch Zufall die Landkarte Amerikas von 1562, erstellt vom spanischen Kartographen Diego Guiterrez und dem niederländischen Kupferstecher Hieronymus Cock für mich entdeckte, hatte ich erst kurz zuvor meine Diplomarbeit über Schriftgestaltung und Schriftanalyse abgeschlossen. Während dieser Zeit hatte ich mich in einigen Schriftentwürfen versucht, war aber als »Einsteiger« schnell an konzeptionellen und formalen Fragestellungen überfordert. Die Kupferstich-Landkarte mit ihren detaillierten geographischen Bezeichnungen bot mir Gelegenheit, die darauf zu sehende Schrift zu erforschen und mit ihr zu experimentieren. Da ihre grundlegenden Züge schon festgelegt waren, war ich (zumindest vorerst) von der konzeptionellen Last befreit und konnte unbedarft vorgehen und lernen.
Bei meinem ersten Versuch, eine funktionierende, vielseitig einsetzbare Schrift zu entwickeln, stellte sich schnell heraus, dass ein bloßes »Abpausen« einzelner Buchstaben kein befriedigendes Ergebnis bringen würde: Was auf einer manuell gefertigten Landkarte mit handwerklichem Geschick ein einheitliches Schriftbild ergab, funktionierte als digitale Schrift nicht. Ohne den grundlegenden Charakter der Schrift aufzugeben, überarbeitete ich die Buchstaben so, dass sie auch beliebig kombiniert funktionieren.
2010 hat Tierra Nueva einen weiten Weg hinter sich. Sie ist auf ihrer Forschungsfahrt auf 4 Familienmitglieder (Regular, Bold, Italic und Script) mit gesamt fast 3.700 Zeichen für verschiedene Sprachen und Anwendungen gewachsen.
Somit soll sie, über 6 Jahre nach Beginn meiner Expedition, vom Stapel gelassen werden. Land in Sicht.«
— Sebastian Nagel, 2010



Die Tierra Nueva ist als Druckschrift und Webfont über fonts.info und MyFonts zu beziehen.
Weitere Informationen und Lizenzierung bei fonts.info
Fünf Jahre arbeitet Georg Seifert an dieser umfassend ausgebauten Schriftfamilie. Mit ihren 7 Strichstärken und über 1000 Glyphen pro Schnitt eignet sich die Schriftfamilie für alle nur erdenklichen typografischen Aufgaben — ob im Werksatz oder als Displayfont.

Den eher neutral gehaltenen aufrechten Schnitten im zeitlosen Design humanistischer Groteskschriften wurde eine charakterstarke Kursive zur Seite gestellt. Das Schriftbild der Kursiven leitet sich noch deutlicher von der Schreibschrift ab, als es bei den meisten heutigen Groteskschriften der Fall ist. Das bewegte Schriftbild der Kursiven hebt sich dadurch hervorragend von den aufrechten Schnitten ab und und behält sich dabei eine ausgezeichnete Lesbarkeit. Für den Einsatz in Schaugrößen sind 6 zusätzliche Display-Schnitte verfügbar. Mit abgerundendeten Ecken und verringerter Lautweite sind diese Schnitte perfekt auf den Einsatz in Überschriften und Wortmarken ausgelegt.



Der Zeichenumfang beinhaltet neben den üblichen westeuropäischen Belegungen unter anderem auch griechisch, kyrillisch, CE (Central European) und türkisch. Ebenso umfangreich gestaltet sich der Ziffernausbau: Mediäval- und Versalziffern (jeweils proportional und für den Tabellensatz), Kapitälchenziffern, Bruchziffern, Ziffern für Hoch- und Tiefstellung sowie Kreisziffern sind verfügbar.



Beispielanwendung der Graublau Sans Pro beim österreichischen Video-Training-Spezialisten Video2Brain: http://www.video2brain.com/de/


Die Graublau Sans Pro ist in verschiedenen vorgefertigten Paketen auf CD und als Download verfügbar. Zudem lassen sich alle Schnitte über MyFonts als Webfonts mit Einmalzahlung beziehen.
Weitere Informationen und Lizenzierung bei fonts.info
Die kritische Auseinandersetzung mit typografischen Konventionen hat am Bauhaus eine lange Tradition. Bauhäusler wie Herbert Bayer und andere nahmen Alphabet und Satzregeln nicht einfach als gegeben hin, sondern setzten sich aktiv für Veränderungen ein.
Diese Tradition wird auch am heutigen Bauhaus fortgesetzt. An der Bauhaus-Universität Weimar kümmert sich die Abteilung Universitätskommunikation um die Herausgabe hochwertiger Universitätsdrucksachen und die Einhaltung und Pflege des Corporate Designs. Überschriften in Versalsatz sind ein häufig benutztes Stilmittel in den Drucksachen der Universität und das fehlende Pendant zum ß ist somit zwangsläufig ein häufiges Ärgernis. Deshalb ließ man sich nun für alle Schnitte der Uni-Hausschrift Linotype Syntax ein Versal-Eszett gestalten.

Seinen Einstand feiert der neue Buchstabe aktuell auf den Plakaten zum 150. Jahrestag der Großherzoglich-Sächsischen Kunstschule Weimar, aus der das Bauhaus später hervorging. Doch diese Anwendung soll keineswegs ein einmaliges Kuriosum bleiben. Der neue Style Guide der Universität soll den Einsatz des großen Eszetts im Versalsatz zukünftig für alle Drucksachen vorschreiben, so dass sich diese Anwendung auf Dauer etablieren kann.


Wie jeder Fachbereich kennt auch die Typografie unzählige Begriffe, die man getrost als Fachchinesisch bezeichnen kann. Für den Typo-Profi gehören etwa Wendungen wie Hurenkind, Schusterjunge und Zwiebelfisch zum Standardrepertoire und deren Bedeutung kann man praktisch im Schlaf aufsagen.
Doch wie sieht es eigentlich mit den allgegenwärtigen und scheinbar einfachen Begriffen wie Font, Schriftart und Zeichensatz aus? Hier wird umgangsprachlich schnell zu viel über einen Kamm geschert und manchem sind die bestehenden Unterschiede zwischen den Wendungen kaum bekannt. Dieser Artikel bringt deshalb die Unterschiede noch einmal auf den Punkt.

Wie übersetzt man eigentlich Font?
Einen nicht unwesentlichen Anteil am derzeitigen Begriffswirrwarr tragen die Hersteller der Betriebssysteme. Sowohl Apple als auch Microsoft sahen sich genötigt, Font ins Deutsche zu übersetzen. In der Systemsteuerung von Windows finden sich daher die Schriftarten und die Nutzer des Mac OS befüllten über Jahre den Ordner Zeichensätze. Sind also Schriftart und Zeichensatz Übersetzungen für Font?
Um es vorweg zu nehmen: Nein! Aber der Reihe nach:

Schrift und Schriftart
Schrift (lat. scriptura, scriptum: »Geschriebenes«; Englisch writing) ist die Form des graphischen Ausdrucks von Sprache (Metzler Lexikon Sprache).
Eine Schriftart ist eine zusammengehörige Menge von Schriftzeichen, mit gemeinsamer Struktur und Gestaltbasis. Schriftart bezeichnet also das konkrete visuelle Abbild einer Schrift, beziehungsweise eines Schriftentwurfes, so wie er auf einem Beschreibstoff abgebildet ist. Das englische Wort für Schriftart ist demzufolge auch nicht font, sondern typeface (des Buchstabens Abbild).

Zeichensatz und Zeichenkodierung
Das Wort Zeichensatz (Englisch: character set) scheint so einfach, dass man verleitet ist, es einfach wörtlich zu nehmen. Doch Vorsicht! Es ist in Wahrheit nicht einfach ein beliebiger Satz von Zeichen, sondern eine abstrakte Sammlung grafischer Zeichen, die zu einem bestimmten System geordnet werden. Im Gegensatz zur Schriftart werden in einem Zeichensatz allerdings keine konkreten Abbilder (»Glyphen«) von Zeichen gesammelt, sondern lediglich dessen allgemeine Bedeutungsrepräsentation – etwa der Buchstabe A. Ein Zeichensatz kann also zum Beispiel aus den Buchstaben des deutschen Alphabets bestehen oder den Buchstaben des internationalen phonetischen Alphabets. Der derzeit umfassendste Zeichensatz ist der Unicode, in dem langfristig alle Zeichen aller bekannten Schriftkulturen gesammelt werden sollen.
Computer arbeiten intern bekanntlich lediglich mit Zahlen. Um einem Computer einen Zeichensatz beibringen zu können, benötigt dieser deshalb für jedes Zeichen einen eigenen Kode. Die Zuweisung von Zeichen zu Kode erfolgt in den so genannten Zeichenkodierungen (Englisch: character encodings). Ein Betriebssystem und die unterschiedlichen Programme können in der Regel gleichzeitig mit einer Vielzahl von Zeichenkodierungen umgehen und die als Zahlenkolonnen gespeicherten Texte jederzeit wieder in die korrekten Zeichen zurückwandeln. (Wenn das nicht gelingt, gibts den bekannten »Sonderzeichen-Salat« …)

Font
Und was ist nun also ein Font? Das Wort Font ist schon wesentlich älter als die Computertechnik. Es leitet sich wahrscheinlich vom französischen fonte (der Guss) ab. Im Bleisatz wurde so ein zusammengehöriger Satz Bleilettern einer Schriftgröße bezeichnet, wie er üblicherweise in einem Setzkasten abgelegt war. Im Englischen wurde das Wort als fount bzw. font weiterbenutzt. Im Gegensatz zur Schriftart bezeichnet Font also nicht das Abbild einer Schrift, sondern das Material, mit dem die Schriftart gedruckt werden konnte. Seit dem Einsatz der Rechentechnik werden Schriften nicht mehr in Blei, sondern in eine Datei »gegossen«. Dennoch ist diese Datei aber nach wie vor der Träger des Schriftbildes, nur dass er nun digital ist. Die Bezeichnung Font lag also nahe. Eine sinnvolle Übersetzung für Font wäre demnach etwa »digitaler Schriftträger«, oder kurz »digitale Schrift«.

Zusammengefasst
Eine Schriftart ist eine Sammlung von grafischen Zeichen mit zusammengehörigem Formprinzip. Die Umsetzung dieser Schriftart in eine druckbare Form, wie sie von Schriftanbietern lizenziert und vom Anwender eingesetzt wird, nennt man Font. (Linotype verkauft Fonts der Optima, die die von Hermann Zapf entwickelte Schriftart am Rechner nutzbar machen.) Ein Zeichensatz ist eine allgemeine Zusammenstellung von Zeichen nach einem bestimmten Ordnungsprinzip. Die Verwendung eines Zeichensatzes am Computer erfolgt über eine Zeichenkodierung. Beispiel: Um einen Text im Unicode zu kodieren, steht neben anderen etwa die Zeichenkodierung UTF-8 zur Verfügung.
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