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Typografie-Artikel

Neuigkeiten und Fachartikel zu Schrift und Typografie
Das bereits seit 2003 verlegte Buch Workshop Typografie & Printdesign wurde 2013 in einer erweiterten und überarbeiteten Auflage veröffentlicht, die hier zur Rezension vorliegt.
Die Autorin Martina Nohl ist gelernte Schriftsetzerin und als Trainer und Berufsschullehrer in der Druck- und Medienbranche tätig.
Bei ihrem Buch handelt sich um ein klassischen Buch für Einsteiger, das grafische Gestaltung am Computer erläutert und dabei insbesondere die Typografie als Gestaltungsmittel erklärt.
 


 
Das Werk unterteilt sich folgendermaßen:
Handwerkszeug Lesbarkeit Schrift Seitenaufbau Gestaltungselemente Insiderwissen Farbe Metatypografie Arbeitstechniken Layoutgestaltung Bild Webdesign Der Begriff »Workshop« im Buchtitel ist tatsächlich Programm. Denn das Buch vermittelt sein Wissen nicht nur im Lehrbuchstil, sondern arbeitet von Anfang bis Ende mit kleinen und größeren Übungen, die der Leser abarbeiten kann. Viele Übungen lassen sich direkt im Buch selbst erledigen. Wer verständlicherweise sein neues Fachbuch nicht mit dem Kugelschreiber entwerten möchte, kann die Übungen auch von der Webseite des Verlages herunterladen und mit ausgedruckten Kopien arbeiten.
 


 
Für ein Einsteigerbuch ist das Werk erfreulich praxisnah und mit seinen 346 Seiten auch ziemlich ausführlich. Vergleichbare Bücher halten sich nicht selten gern zu lange mit historischen Herleitungen auf und schwächeln dann bei der konkreten Anwendungspraxis. Dies ist bei diesem Buch glücklicherweise nicht der Fall. Man merkt hier deutlich die Erfahrung der Autorin als Lehrerin in diesem Bereich.
 
Die Zielgruppe ist aber demgemäß auch bei Quereinsteigern sowie Schülern und Auszubildenden anzusetzen, die ein Interesse an typografischer Gestaltung haben. Der didaktische Stil, die Übungen, die Bebilderung und auch die Gestaltung des Buches sind in diesem Sinne passend, scheinen mir aber dadurch auch weniger für professionelle Gestalter — bzw. solche die es durch ein Hochschulstudium werden wollen – angemessen. Wer dagegen nur einen einfachen, spielerischen Einstieg in die Welt der Typografie und Printgestaltung sucht, ist mit diesem Buch sicher gut bedient.
 

 
Wer vorab einen Blick in das Buch werfen möchte, kann sich die Einführung sowie einen Auszug aus dem Kapitel Lesbarkeit als PDF herunterladen.
 
Buchtitel: Workshop Typografie & Printdesign. Ein Lern- und Arbeitsbuch Autorin: Martina Nohl Verlag: dpunkt.verlag GmbH Veröffentlicht: 2013 (Dritte Auflage) ISBN: 978-3-86490-089-1
Die Schweizer Haas’sche Schriftgiesserei war ein traditionsreicher Schriftanbieter, der mit Entwürfen wie der Helvetica (ursprünglich Neue Haas Grotesk) zu weltweiter Bekanntheit gelangte. Die nachfolgende Fotoserie zeigt die Arbeit in der Gießerei um das Jahr 1950. 
 

In der Stempelschneiderei wird gerade an der Diethelm-Antiqua gearbeitet.
 

In der Matrizenbohrerei wird mit einer Pantograf-Bohrmaschine gearbeitet.
 

Drei verschiedene Typen von Komplettgießmaschinen stehen in der Gießerei für die Produktion von Handsatz-Buchstaben zur Verfügung.
 

In der Fertigmacherei werden die gegossenen Buchstaben gehobelt und damit auf ihre Normal- oder Spezialhöhe gebracht. Es werden die Signaturen eingebracht und je nach Sprache die Buchstaben gemäß der Gießzettel zusammengestellt.
 

Im Schriftenlager werden die Schriftpakete abgewogen, eingepackt und etikettiert.
 

Versandraum
 

Im Metall-Lager. Das Schriftmetall besteht aus einer Legierung von Blei, Antimon und Zinn, mit etwas Kupferzusatz. Die genaue Zusammensetzung hängt vom Verwendungszweck (Brotschriften, Titelsatzschriften, Ausschluss etc.) ab.
 

In der Hausdruckerei werden neben Schriftkatalogen auch die Kontrollabzüge von neu gegossenen Schriften gedruckt.
 

In der Messingabteilung werden Messinglinien, Einfassungen, Eckstücke, Schlusslinien, Akkoladen, Kreise etc. hergestellt.
 

Für Großauflagen gleichbleibender Texte werden Galvanos in Kupfer angefertigt.
 

Arbeitspause in der Cicero-Stube.
Slanted BABYLON ist eine Sonderausgabe über Non-Latin Schriften, welche Ende Juli im Rahmen der Granshan-Konferenz in Bangkok (TH) veröffentlicht wurde. Neben Essays und Interviews, welche die Thematik beleuchten, finden sich darin Vorstellungen nicht-lateinischer Schriften, eine fotografische Science-Fiction-Geschichte sowie eine Reihe thailändischer TypoLyrics. Letztere sind ab sofort auch Teil der TypoLyrics-Wanderausstellung, die zunächst vom 20.07 bis 18.8.2013 in Bangkok stattfindet.
 
Dank Augmented Reality und der kostenlosen Junaio-App, können die Leser zusätzliche interaktive Extras entdecken, in dem sie ihr Smartphone über die Seiten des Magazins bewegen.
 
Das Magazin in limitierter Auflage ist ausschließlich über den Slanted-Shop erhältlich. Es gibt keinen regulären Vertrieb in Buchhandlungen.
 
Essays by:
Boris Kochan, Gerry Leonidas, Eran Bacharach, Huda Smitshuijzen-AbiFarès
 
Interviews with:
eps51, Nadine Chahine, Hrant Papazian
 
Photography by:
Ian Lynam
 
Typefaces by:
Alexandra Korolkova, Kunihiko Okano, Neelakash Kshetrimayum, Oded Ezer, Panos Vassiliou, Sammy Or, Satya Rajpurohit, Nadine Chahine
 
TypoLyrics by:
Anuthin Wongsunkakon, Athip Nimthongkam, BenChalit Sagiamsak, Chatnarong Jingsuphatada, Ekaluck Peanpanawate, Jackkrit Anantakul, Jean Vatchara, Sansern Rianthong, Natthawit Tongprasert, Warit Chaiyakul, Opas Limpi-Angkanan, Parinya Rojarayanont, Santi Lawrachawee, Stawix Ruecha, Nattapol Rojjanarattanangkool, Sumpatha Jadee, Tanawat Sakdawisarak, TAP Kruavanichkit, Ukkrid Tosak
 
Slanted Non-Latin Special Issue – BABYLON
Herausgeber: MAGMA Brand Design
Veröffentlichung: Ende Juli 2013
Format: 16 x 24 cm
Umfang: 64 Seiten + 8-seitiger Umschlag
Preis: EUR 9,-
 
Einzelheft: http://www.slanted.de/shop/slanted-non-latin-special-issue-babylon
Abonnement: http://www.slanted.de/abo
 

Spreadshirt, der Leipziger Anbieter für individualisierbare Bekleidung, hat die Schriftwahl seiner Käufer genauer unter die Lupe genommen. Unter den 29 für die eigene Gestaltung verfügbaren Schriftarten zeigen sich klare Trends: »Mit Abstand am beliebtesten ist die klassische Arial mit einem Anteil von 22,1 Prozent. Dahinter liegen die dekorative Cutter (10,7 Prozent) und die Cooper Black (8,4 Prozent). Auf Platz vier und fünf folgen die Schriftarten Atomatic und Comic Sans.«
 


 
Typografie.info findet: Das Ergebnis spiegelt wohl weniger die Liebe Käufer zur Arial wider, sondern zeigt das Dilemma von viele Web-2-Print-Diensten: Die Anbieter scheuen die für diese Nutzungsart nötige Lizenzierung von Web-2-Print-Fonts und beschränken sich daher auf Freeware- und Systemfonts. Und mit der Arial als einzige typische »neutrale Groteske« unter den vielen expressiven Display-Schriften ist es dann natürlich nicht verwunderlich, dass diese häufig ausgewählt wird. 
 

 
Die komplette Pressemitteilung von Spreadshirt zum Download:
Ranking. Die beliebtesten Schriften der T-Shirt-Käufer.pdf
In den vergangenen Jahrhunderten herrschte im deutschsprachigen Raum eine Zweischriftigkeit. Deutsche Texte konnten in lateinischer Schrift (fachsprachlich Antiqua genannt) oder in gebrochenen Schriften erscheinen. Für letztere Kategorie hört man allerdings auch immer wieder einen anderen Begriff: deutsche Schriften. Ein Bezeichnung, die es in sich hat und in diesem Artikel näher beleuchtet werden soll. 
Begriffe sind erst einmal nur Begriffe. Wesentlich ist die unter den Nutzern verabredete Bedeutung und nicht die Herkunft oder gegebenenfalls die Zusammensetzung aus bestimmten Wortteilen. Daher sind auch typografische Fachbegriffe wie Schusterjunge und Hurenkind völlig harmlos, solange der Nutzerkreis dabei nur die Beschreibung eines typografischen Satzfehlers in Gedanken vor sich sieht. In gleicher Weise könnte man theoretisch auch bedenkenlos von lateinischer Schrift und deutscher Schrift sprechen, wenn man dabei lediglich verschiedene Gestaltungsarten von Buchstaben meint. Doch jene, die von den deutschen Schriften sprechen, benutzen dieses Begriff leider meist nicht deskriptiv, sondern demonstrativ. Sie sprechen von deutschen statt von gebrochenen Schriften, weil sie damit suggerieren wollen, dass nur dieser Schriftstil das optimale visuelle Kleid der deutschen Sprache wäre. Die lateinischen Schriften dagegen hätten – wie der Name ja schon sagt – wenig mit der deutschen Sprache zu tun und dienen ihr somit nur mehr schlecht als recht. Diese heute noch anzutreffende Denkweise hat eine lange Tradition. 

Häufigkeit des Begriffs »Deutsche Schrift« in deutschen Texten (Quelle: Google Ngram Viewer) 
 
Seine größte Verbreitung fand der Begriff auf der Höhe des Antiqua-Fraktur-Streites Anfang des 20. Jahrhunderts und während der NS-Zeit. Indem man die gebrochenen Schriften zu deutschen erklärte, machte man die Schriftenfrage zu einer ideologischen statt einer sachlich-pragmatischen. Alles Deutsche wurde überhöht und die Schriftkunst war dabei keine Ausnahme. Die Antiqua wurde zum »welschen Gift« erklärt, die gebrochenen Schriften dagegen als Zeichen der überlegenen Schaffenskraft des deutschen Volkes gewertet. Ihre raue, kantige Form solle laut Aussage einiger gar direkt den deutschen Charakter als »blutsmäßige Auswirkung unseres Volkstums« abbilden. 

Die Speerspitze der Verfechter gebrochener Schriften wurde der 1918 gegründete Bund für deutsche Schrift. »Deutsches Volk – deutsche Schrift« – das Flugblatt spricht Bände. Nach dem Normalschrifterlass 1941 und dem damit einhergehende Ende der gebrochenen Schriften in der Schulausbildung hörte die Arbeit des Vereines jedoch nur kurzzeitig auf. Der Verein existiert heute wieder als »Bund für deutsche Schrift und Sprache« und der Kampf um das »kostbare Erbgut« deutschen Schriftschaffens (siehe Spiegel-Artikel) und gegen die »gefühlsarme Antiqua« geht unvermindert weiter. Auch das Vereinsheft »Deutsche Schrift« erscheint wieder regelmäßig – natürlich in gebrochenen Schriften und alter Rechtschreibung.  
Albert Kapr sagte über das Heft: »Obwohl ich viele interessante und sachliche Beiträge fand, wünschte ich mir doch eine ästhetisch besser fundierte und unpolitische Einstellung der Redaktion.«
Denn die deutschtümelnde Ideologie wird leider weiter munter fortgesetzt. Auch die aktuellen Texte des Vereins bzw. der Vereinsmitglieder klingen nicht selten, als wären sie in den 1930er-Jahren verfasst worden. Dass es dabei um mehr als bloße Schriftstile geht, merkt man im Gespräch oder beim Lesen der Texte der Vereinsmitglieder schnell. Auffällig ist der ganz eigene Wortschatz – den man sich bezeichnenderweise mit jenen teilt, die am äußersten rechten Ende des politischen Spektrums agieren. Statt Internet heißt es demnach zum Beispiel »Weltnetz«. Und selbst etablierte Typografie-Fachbegriffe wie Antiqua, Ligatur, Serife und so weiter werden vermieden. Schließlich sind sie nicht »germanischen Ursprungs«. Doch es soll hier nicht um fragwürdige politische Einstellungen gehen, sondern um historische, typografische Fakten. 
Auch Hans Peter Willberg bemerkte, die heutigen Verfechter der gebrochenen Schriften »wählen oft den Angriff als Verteidigung. Polemik – mitunter mit unpräzisen Argumenten – ersetzt häufig nüchterne Analyse.« Diese unpräzisen Argumente haben sich seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts kaum geändert. 

Beim Bund für deutsche Schrift und Sprache ist der Begriff »deutsche Schrift« allgegenwärtig
 
Die gebrochenen Schriften und die deutsche Sprache
Ein zentrales Argument der Verfechter gebrochener Schriften besteht darin, dass sich die generelle Gestalt und die Buchstaben selbst  mit der deutschen Sprache oder gar für die deutsche Sprache entwickelt hätten, während die Antiqua »den Eigenarten und Bedürfnissen der deutschen Sprache nicht vollständig angepaßt werden« könne, so etwa Hanno Blohm, Vorsitzender des Bundes für deutsche Schrift und Sprache in einem Artikel aus dem Jahr 2012. Die gebrochenen Schriften bezeichnet er ausdrücklich als »für unsere Sprache geschaffene«. Eine Unwahrheit, die sicher kein versehentlicher Irrtum ist. 
Paul Renner entlarvte diese Argumentationsweise bereits 1930: »Man lasse sich dadurch nicht irre machen, daß viele (mit mehr Absicht als Recht) die Fraktur deutsche Schrift nennen und die Antiqua lateinische. Wie so manche Volkstracht das Überbleibsel einer Weltmode ist, so ist auch die Fraktur nicht eigentlich deutschen Ursprungs.«

Die gebrochenen Schriften haben historisch nichts mit der deutschen Sprache zu tun. Ihr genereller Charakter, der sich insbesondere durch die Brechung von bislang rund ausgeführten Elementen und die schmale Schreibform auszeichnet, entstand nicht für die Darstellung deutscher Texte. Während der Gotik wurden Rundbögen zu Spitzbögen und die kirchlichen Bauten betonten die Vertikale. Die Schrift nahm diese Gestaltungsprinzipien als stilistisches Mittel ebenfalls auf. Es ging nicht um Leserlichkeit und auch nicht um die Darstellung bestimmter Sprachen. Die Architektur und Schrift der Gotik verbreiteten sich in der Folge in weiten Teilen Europas. Im deutschsprachigen Raum wurden die gotischen Schriften ebenfalls eingesetzt und weiterentwickelt. Es entstanden Schwabacher und Fraktur als weitere stilistische Ausprägungen. Sie beziehen sich historisch auf den französischen Entwicklungsstrang – im Gegensatz zu Antiqua-Schriften, die diesen Seitenarm der Entwicklung auslassen und sich stärker auf den italienischen Vorläufer beziehen. 
Doch warum sollen sich Schriften, die sich einmal auf eine französische und einmal auf einen italienische Entwicklungslinie beziehen, in der Folge in deutsche und nicht-deutsche Schriften einteilen lassen? Dies leuchtet nicht ein. Warum soll eine gebrochene Schrift von Rudolf Koch eine deutsche sein, eine Walbaum Antiqua oder Weiß Antiqua aber nicht. Sie wurden gleichsam von deutschen Schriftgestaltern ausdrücklich für deutsche Texte geschnitten. 
Antiqua und gebrochene Schrift sind gleichsam europäisches Kulturgut. Ihre Entwicklungslinien ziehen sich verschlungen, aufeinander aufbauend oder parallel und sich gegenseitig befruchtend durch ganz Europa. Sie kamen über mehrere hundert Jahre in unterschiedlichen Ländern zur Darstellung von unterschiedlichen Sprachen zum Einsatz. Die Zuordnung zur deutschen und lateinischen Sprache ist keine funktionale, sondern eher eine gewohnheitsmäßige oder eine bewusst ideologische.   
 
Mythos langes s (ſ)
Das lange s ist der Liebling der Verfechter der gebrochenen Schriften und muss regelmäßig als vermeintlicher Beleg der Überlegenheit der gebrochenen Schriften für den Satz deutscher Texte herhalten. Auch hier wird wieder ein kausaler Zusammenhang impliziert. Das lange s wird zu einem Kind der gebrochenen Schriften gemacht, dessen bloße Existenz zeige, dass sich die gebrochenen Schriften in ihrer Entwicklung der deutschen Sprache angenähert hätten, während die Antiqua nur ein notdürftiger Ersatz wäre, der entsprechende Merkmale (wie eben das lange s) nicht besäße. 
Auch diese Argumentationsweise strotzt nur so von historischen Fehlern. Zunächst einmal ist das ſ nicht in den gebrochenen Schriften entstanden, sondern wurde bereits in der karolingischen Minuskel – also lange vor der Entwicklung der gebrochenen Schriften – benutzt. 

Text um 840 n. Chr. mit langem s in karolingischer Minuskel
 
Die gemeinsame Anwendung von zwei s-Formen (langes und rundes s) findet sich dann in der Folge ab dem 12. Jahrhundert – sowohl in den karolingischen Schriften als auch in den gebrochenen gotischen Schriften. (vgl. Brekle, Beiträge zur Geschichte der Sprachwissenschaft, 7, 1996). 
Diese Schreibart verfestigt sich im 15. und 16. Jahrhundert weiter – und dies wohlgemerkt völlig unabhängig von der verwendeten Sprache. Dass sich das lange s zur besseren Darstellung und Lesbarkeit deutscher Texte mit den typischen langen, zusammengesetzten Worten entwickelt hätte, ist historisch nicht haltbar.

Englisches Buch um 1700. Weder der Einsatz gebrochener Schriften, noch die Unterscheidung in zwei s-Formen ist eine rein deutsche Konvention
 
Nur weil Länder außerhalb des deutschsprachigen Raumes die gebrochenen Schriften und das ſ eher aufgaben, werden die entsprechenden Schriften und ihre Buchstaben aber nicht automatisch zu deutschen. 
Betont sei an dieser Stelle auch noch einmal, dass während der Zeit der Zweischriftigkeit im deutschsprachigen Raum das ſ auch in Antiqua-Drucken weit verbreitet war. Erst im Zuge der Orthographischen Konferenzen kam das ſ um 1900 in der Antiqua außer Gebrauch und das ſ der gebrochenen Schriften blieb demnach noch 40 Jahre länger – bis zum Normalschrifterlass – in allgemeiner Anwendung. Gemessen an der gut tausend Jahre währenden Geschichte des Buchstabens, rechtfertigen diese 40 Jahre Unterschied aber wohl kaum, dass man behaupten kann, die gebrochenen Schriften hätten ein ſ, die Antiqua-Schriften jedoch nicht. Genau diesen Eindruck versuchen die Verfechter der gebrochenen Schriften aber stets zu vermitteln. 

Deutscher Antiqua-Druck um 1800 mit Unterscheidung von langem und rundem s
 
Wer Texte nach veralteten Satzkonventionen mit langem s (oder auch ch-/ck-Ligaturen usw.) setzen möchte, kann dies in gebrochenen Schriften und Antiqua-Schriften gleichermaßen tun – er bewegt sich ja ohnehin abseits der heutigen orthografischen und typografischen Satzkonventionen. Die gebrochenen Schriften als überlegen zu bezeichnen, weil sie bestimmte Zeichen im Gegensatz zur Antiqua hätten, ist jedoch ein haltloses Argument. 
Dass die selbsternannten Bewahrer der Schriftgeschichte selbige verdrehen, nur um ihre eigene, deutschtümelnde Ideologie zu stützen, sollten wir nicht unkritisch hinnehmen. Denn wann immer Menschen beginnen, sich für ältere Schriftkonventionen zu interessieren, stehen schon die »Informationsanbieter« parat – mit Texten, die nicht sachlich informieren, sondern den Leser zu einer bestimmten Ansicht »bekehren« sollen. Die Texte sind im doppelten Sinne leichter zugänglich als sachliche, wissenschaftliche Quellen und es droht daher die Gefahr, dass die ideologisch geprägten Inhalte für bare Münze genommen und als sachliche historische Beschreibungen verstanden werden. 
Die gebrochenen Schriften sind ein Kulturgut – aber sie sind ein Kulturgut ganz Europas und keines speziellen »Volkes«. Ihre Gestalt war eine stilistische Entwicklung, die im Einklang mit der Epoche der Gotik entstand, sich über mehrere Jahrhunderte weiterentwickelte und wieder außer Gebrauch geriet.
 
 
Es spricht nichts dagegen, gebrochene Schriften hier und da weiter anzuwenden und über ihre Geschichte zu informieren. Doch ist es wirklich sinnvoll, den polemischen Antiqua-Fraktur-Streit im 21. Jahrhundert fortzuführen, der mit unsachlichen Argumenten europäische Schriftentwicklungen zu »wahren deutschen« und »besser lesbaren und geeigneten« erklären will? 
Was war es für ein Schlag ins Gesicht der Freunde gebrochener Schriften, als die Nationalsozialisten 1941 mit dem vorgeschobenen Vorwurf eines jüdischen Zusammenhanges zur Schwabacher die gebrochenen Schriften abschafften. Doch wenn die Frakturfreunde alle gebrochenen Schriften zu deutschen und deutsche Antiqua-Entwürfe und deutschen Antiqua-Satz als »undeutsch« und mangelhaft bezeichnen, tun sie es den Nationalsozialisten gleich. Schriftpflege heißt sicher nicht, dass der Zweck alle Mittel heiligt und Polemik und Tatsachenverdrehung gerechtfertigt sind. Der Kampf um die gebrochenen Schriften als übliche Verkehrsschriften ist ohnehin verloren. Es bleibt für ihre Freunde also nichts anderes, als über sie zu informieren, um ihr Erbe am Leben zu erhalten. Umso sachlicher und undogmatischer dies erfolgt, umso mehr Freunde könnten die gebrochenen Schriften gewinnen. 
Den Begriff der deutschen Schrift sollte man dabei besser meiden. Er wurde durch seine Aufladung mit nationalsozialistischen Assoziationen der Möglichkeit einer neutralen Beschreibung beraubt. Die Bezeichnung gebrochene Schriften beschreibt das Wesen dieser Schriftgattung treffend und völlig unpolitisch. Wem es wirklich um Schriften geht, dem sollte an einer unpolitischen Beschreibung gelegen sein. Und wem es um Politik geht, der sollte dazu nicht die Schriftgestaltung instrumentalisieren. 
Um einen handschriftlichen Text von Goethe oder Schiller (siehe oben) zu lesen bedarf es einiger Übung. Sie schrieben – wie ihre Zeitgenossen auch – zumeist in Kurrentschrift. Manch einer mag diese Schrift noch von den Großeltern kennen. Die Kurrentschrift war vom Ende des Mittelalters bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts eine gängige Schreibschrift in deutschsprachigen Ländern. Man kann sie die geschriebene Tochter der Fraktur nennen. 

Im Gegensatz zu Ländern wie Italien oder Holland, wo die Humanisten der Renaissance die lateinische Schrift populär machten, konnte diese im deutschsprachigen Raum die Kurrent lange Zeit nicht verdrängen. Zwar wurden lateinische Texte oft mit lateinischen Buchstaben verfasst, aber im Alltag wurde meist »gotisch« geschrieben. Ausgehend von der gotischen Kursive des Mittelalters haben Schreibmeister ab etwa 1450 die Formen der deutschen Kurrentschrift entwickelt. Indem sie die einzelnen Buchstaben durch lange Anstriche miteinander verbanden, wurde sie zügiger und leichter zu schreiben. Gleichzeitig konnten die Schreiber es jedoch nicht unterlassen, mit dekorativen Übertreibungen ihre Fähigkeiten zur Schau zu stellen. Mehrere Schriftreformen steuerten dagegen. Die letzte dieser Reformen fand Anfang des 20. Jahrhunderts statt, als Ludwig Sütterlin seine Version einer Laufschrift entwickelte, die fortan einfach Sütterlin genannt wurde. Sie wurde aufrecht geschrieben, war breiter, und verzichtet auf den Strichstärkenkontrast von feinen und fetten Strichen. Die Sütterlin wurde schließlich die Standardsschrift in deutschen Schulen – bis zum Normschrifterlass.
 

Vergleich von Kurrent und lateinischer Schreibschrift aus einem österreichischen Schriftvorlagen-Heft
 
Merkmale
Heute ist die Kurrentschrift für viele nahezu unlesbar, denn ihre Buchstaben unterscheiden sich zum Teil stark von der lateinischen Schreibschrift. Auffallend sind die geraden Striche und sehr spitze Winkel in vielen Kleinbuchstaben, die der Schrift auch den Namen »Spitzschrift« einbrachten (Im Gegensatz zur »runden« lateinischen Schrift). 
 

Alphabet der Deutschkurrent von Georg Salden
 
Die Kleinbuchstaben a, b, f, g, i, l, m, n, o, q und t sehen kaum anders aus als die lateinischen. Das gotische h hatte rechts eine Unterlänge, die im Kurrent-h verschliffen und gebunden wurde. Das e, man kann es für ein schmales n halten, hat sich in Stufen aus dem e der humanistischen Kursiven entwickelt. Es wurde nämlich nicht nach heutiger Schreibweise in einem, sondern in zwei Zügen geschrieben.
Die Kurrent vermeidet die sogenannten Deckstriche unserer heutigen Schulschriften. Das ist das Hin- und Zurückschreiben auf derselben Spur. Sie macht daraus nebeneinander geschriebene, gerade Striche (siehe r), oder bei den Großbuchstaben Kurven nach oben (siehe R). Diese Großbuchstaben sind zum Teil vergrößerte Kleinbuchstaben (A, D, G, O, Q, S, T, U, V, W, Y und Z) oder folgen den Lateinformen (B, E, F, H, I, J, L, P, R). Nur M und N, V und W gehen auf unziale Vorbilder zurück, wobei die Formen der V und W auch für die Kleinbuchstaben Modell standen. D und d scheinen unzial/griechische Vorbilder zu haben. 
 

 
Das u ist mit einem darüber liegenden Haken ausgestattet, um es vom n zu unterscheiden. Wie in den gedruckten gebrochenen Schriften, kamen auch bei der Kurrent zwei s-Formen (Å¿/s) zum Einsatz. Die Umlaute ä, ö, ü wurden anfangs ae, oe, ue, später mit einem kleinen, darüberliegenden e geschrieben. Dieses e wurde dann zu zwei Strichen vereinfacht – der Ursprung unserer Umlaute.
 

 
Die Deutschkurrent
Schriftgestalter Georg Salden hat nun eine Kurrentschrift als professionellen OpenType-Font herausgebracht. Salden begann selbst im Alter von 5 Jahren Sütterlin zu schreiben. Später studierte er an der Hochschule Originaltexte in deutscher Kurrentschrift. Als Vorlage für die digitale Schrift schrieb Salden zunächst mit Spitzfeder und Tinte. Darauf aufbauend zeichnete er eine Kurrentschrift, die besonders gut lesbar ist, weil sie alles Überflüssige und Dekorative vermeidet. Die Outline der Deutschkurrent hat zudem eine eher raue Anmutung, so dass der Eindruck von Handgeschriebenem entsteht.
 

Zeichenbelegung der Deutschkurrent
 
Neben einigen Ligaturen enthält die Schrift Deutschkurrent für die gängigsten Schriftzeichen ihre lateinischen Entsprechungen, die formal in den besonderen Charakter der Kurrent eingepasst wurden. So besteht die Möglichkeit, auch nicht-deutsche Texte zu schreiben oder einen Text auch für ungeübte Kurrentleser einigermaßen lesbar zu halten, ohne den unverwechselbaren optischen Eindruck der Schrift aufzugeben. Die alternativen Zeichen können mittels OpenType-Feature angesteuert werden.
 

 
Weitere Informationen gibt es auf einer eigenen Microsite sowie bei TypeManufactur. Die Schrift ist in zwei Ausbaustufen ab 70 Euro erhältlich. 
 
(Artikel von Ludwig Übele, Ralf Herrmann)
Ansätze für mehrfarbige Schriftarten sind prinzipiell nichts neues. Entsprechende Techniken führten aber eher ein Nischendasein, wie etwa die Photofont-Technologie. Doch mit der Begeisterung für die japanischen Emoji-Zeichen rückte das Thema in den Fokus der großen Betriebssystemhersteller.
Apple schuf für seine Betriebssysteme OS X und iOS eine propriätere Lösung, bei der PNG-Bilder in den Textfluss eingebaut werden. Auch Google hat mittlerweile eine vergleichbare, aber nicht zu Apple kompatible Variante auf den Weg gebracht.
 
Mit Windows 8.1 legt nun auch Microsoft nach und implementiert in sein Betriebssystem einen dritten Ansatz. Im Gegensatz zu Google und Apple kommen jedoch keine Bitmap-Bilder zum Einsatz, sondern reine Vektordarstellungen. 
 


Segoe UI Emoji in Microsofts E-Mail-Programm unter Windows 8.1
 
Windows 8.1 verfügt dazu über den neuen Font Segoe UI Emoji. Es handelt sich dabei zunächst einmal um einen regulären TrueType-basierten OpenType-Font mit einfarbigen, vektorbasierten Symboldarstellungen. Doch der Font verfügt über eine zusätzliche Tabelle namens COLR, in der den jeweiligen Grundbuchstaben verschiedene Ebenen zugeordnet werden können. Unterstützt das Anwendungsprogramm die Auswertung der COLR-Tabelle, kommt also statt des einfarbigen Zeichens ein mehrfarbiges Zeichen zum Einsatz. Die zu verwendende Farbpalette ist ebenfalls im Font in der Tabelle CPAL (»Color Palette«) hinterlegt. 
 

Links oben: kodierter Standardbuchstabe. Unten: dem Standardbuchstaben zugewiesene Ebenen. Rechts oben: die automatisch zusammengesetzte, farbige Darstellung
 
Somit können die Emoji-Zeichen also in jeder beliebigen Größe dargestellt werden. Und selbst wenn die farbige Darstellung nicht unterstützt wird, fehlen die Zeichen nicht, sondern es wird dann einfach auf die herkömmliche einfarbige Darstellung zurückgegriffen. 
 
Microsoft hat bereits angekündigt, die Spezifikationen für die neuen OpenType-Tabellen offenzulegen, so dass auch andere Hersteller sie implementieren könnten. Hier bleibt abzuwarten, ob Microsofts Konkurrenten daran Interesse haben. Eine vielversprechende Technologie ist es allemal. Denn chromatische Vektor-Schriften, die auf eine mehrfarbige Anwendung ausgelegt sind, gibt es immer mehr. Ihre Anwendung erfordert bislang jedoch, dass man im Anwendungsprogramm mehrere Textebenen manuell übereinanderlegen muss. Oder aber die Buchstaben müssen einzeln eingefärbt und dann per OpenType übereinander geschoben werden – eine Notlösung, die viele Probleme nach sich zieht. Auf Webseiten ist sie zum Beispiel praktisch nicht einsetzbar, denn ohne entsprechende OpenType-Unterstützung, die die Zeichen haargenau positioniert, erscheinen die Ebenen einfach alle nebeneinander und auch die Kodierung des Textes ist unsauber. Microsofts Lösung ist in dieser Hinsicht ein überzeugender und abwärtskompatibler Ansatz, der sich sowohl auch Seiten der Schriftanbieter, als auch bei den Software-Herstellern, relativ einfach umsetzen lässt. 
 

Beispiele für mehrfarbige OpenType-Schriften, die aktuell noch mit entsprechender Handarbeit gesetzt werden müssen (Fonts: Detroit, Ademo, Wayfinding Sans Symbols)
Geht es um die Creative Cloud von Adobe steht vor allem das neue Lizenzierungsmodell im Zentrum der Diskussion. Doch was bringen die neuen Programmversionen eigentlich konkret an Neuerungen mit? Typografie.info stellt jene Änderungen an den Flaggschiffen InDesign, Photoshop und Illustrator vor, die sich mit dem Schriftsatz beschäftigen. 
 
Den Wünschen nach einer einheitlichen Bedienung der Textverarbeitungsfunktionen über verschiedene Anwendungen hinweg erteilt Adobe abermals eine Absage. Photoshop CC hat nach wie vor keine Glyphenpalette, Illustrator CC kann nicht auf OpenType-Stilsätze zugreifen und noch nicht einmal die Übersetzung der Funktionen ist programmübergreifend identisch. So verfügt zum Beispiel Photoshop weiterhin über das wundersame OpenType-Feature »Renaissance-Antiqua«, das man jeder Schrift zuweisen kann. (Gemeint ist hier übrigens die Umschaltung auf Mediävalziffern.)
 
Neues Fontmenü
Überarbeitet erscheint das Fontmenü in Adobe InDesign (nicht jedoch in Illustrator und Photoshop). Es verfügt nun über Favoriten und zeigt die zuletzt benutzen Schriften in der Liste oben an. 
 

 
Das Eingabefeld kann nun auch als Suchfeld benutzt werden. 
 

 
Praktisch (wenn auch überfällig): Wurde Text im Dokument markiert wird dieser direkt in der gerade im Menü ausgewählten Schriftart dargestellt. 
 
Text-Rendering in Photoshop
Bei der Kantenglättung von Text ist man nun nicht mehr nur auf die Adobe-eigenen Glättungsmethoden scharf, schärfer, stark und abrunden angewiesen, sondern kann auch die Darstellung auf dem benutzten Betriebssystem simulieren und damit insbesondere der späteren Darstellung von Webseiten-Entwürfen im Browser näher kommen. 
 

 
Zeichen- und Absatzformate in Illustrator und Photoshop
Endlich lassen sich auch in Photoshop und Illustration Zeichen- und Absatzformate erstellen und benutzen. Die Bedienung ähnelt  der entsprechenden Funktion in Indesign. Neben den üblichen Schriftformatierungen sind damit nun auch Einzüge und Abstände, Silbentrennung sowie Wort- und Zeichenabstände global definierbar. 
 

 
Touch-Type-Textwerkzeug
Illustrator verfügt über ein neues Touch-Type-Textwerkzeug. Damit lassen sich Einzelbuchstaben in einem Textrahmen modifizieren ohne sie vorher in Kurven wandeln zu müssen. Die Buchstaben behalten dabei ihre volle Bearbeitbarkeit. 
 

 
Typekit-Integration
Die bereits vor kurzem angekündigte Typekit-Integration, mit der man kommerzielle Fonts kostenlos aus der Cloud laden und in allen Anwendungen nutzen kann, wurde noch einmal verschoben und konnte daher noch nicht getestet werden. 
 
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Der laut unserer Umfragen beliebteste und meistgenutzte Fontmanager am Mac wurde von Monotype auf Version 4 aktualisiert und bringt unter der gewohnten Oberfläche zahlreiche Detailverbesserungen. Nachfolgend eine Auswahl der neuen oder verbesserten Funktionen. 
 
Web-Integration
Der Fontmanager ist nun nicht mehr nur für Druckschriften praktisch. Er kann auch zur Verwaltung von Webfonts in den Formaten WOFF und EOT verwendet werden. Außerdem gibt es eine praktische Webvorschau. Man kann in einem integrierten Browser-Fenster beliebige Webseiten aufrufen und Textelementen dieser Seite beliebige lokal installierte Schriften zuweisen. Entsprechende Dienste existieren bereits im Netz, aber diese Funktion für die komplette eigene Schriftbibliothek zur Verfügung zu haben, ist schon äußerst praktisch. 
 

Typografie.info mal in Avenir?
 
Integration von Monotype-Diensten
Der Fontmanager ist nun an Monotypes Skyfonts-System angebunden. Damit lassen sich Schriften von fonts.com und den Google Webfonts direkt lokal verfügbar machen. Inhaber eines Master- oder Professional-Abos bei fonts.com erhalten mit diesem übrigens gratis eine Lizenz des FontExplorers. 
 
Mac-OS-X-Funktionen
Die Schriftenliste verfügt nun über eine QuickLook-Funktion und Fonts lassen sich einfach als Empfehlungen an Dritte (per E-Mail, Twitter, Flickr, Facebook, Airdrop) weitergeben.
 
Mini-Ansicht
Der Fontmanagers lässt sich nun auch in ein verkleinertes Fenster umschalten, das man bequem neben anderen Anwendungen geöffnet lassen kann. 
 

 
Nach OpenType-Unterstützung filtern
Schon in der vorherigen Version waren die intelligenten Listen äußert praktisch, um zum Beispiel alle Schriften nach Sprachunterstützung zu filten. In der Version 4 lassen sich nun auch OpenType-Funktionen direkt ansprechen. 
 

Welche meiner Fonts haben echte Kapitälchen?
 
Der FontExplorer 4 für Mac kostet 89,– US-Dollar, ein Upgrade von der Vorgängerversion 39,– US-Dollar. Eine kostenlose Demo-Version kann auf der Website fontexplorerx.com geladen werden. (Partnerlink)
Die Ankündigung der kommenden Version 7 des mobilen Betriebssystems von Apple wurde mit Spannung erwartet. Nachdem Scott Forstall – der Leiter der iOS-Entwicklung  – im letzten Jahr gekündigt wurde, erwartenden viele einen radikalen neuen Look. Die Gerüchteküche vermutete insbesondere ein Design, das nicht mehr von 3D-Optik und simulierten Materialoberflächen geprägt sein würde. Dies hat sich bestätigt, doch etwas überraschend ist der neue Look dennoch. 
 
An der generellen Funktionsweise des Betriebssystems hat sich wenig verändert. Statt eher dreidimensional wirkenden Button ist der Startbildschirm nun geprägt von Verläufen in grellen Farben. Dies verwundert ein wenig – ging doch die Entwicklung des Desktop-Betriebssystems OSX eher in die andere Richtung und man verzichtete zunehmend auf visuelle Effekte – etwa in Finder, dem Datei-Browser des Betriebssystems. 

Bedienelemente erscheinen nun teilweise transparent über dem Hintergrund. Eine technische Spielerei, die es bei Desktop-Betriebssystemen seit langem gab und die dort eher wieder zurückgefahren oder ganz aufgegeben wird (siehe Windows 8). Bei iOS 7 werden diese Transparenzen nun erneut als nützliches Feature angepriesen. 
 

Apropos Windows 8: Typografie und Bildsprache der Bediensymbole erinnern an Microsofts Metro-Oberfläche. Systemschrift des iOS bleibt zwar die Helvetica aber sie tritt nun deutlicher als großflächig eingesetztes Gestaltungsmittel hervor und wird in einem leichten Schnitt verwendet. Statt dreidimensionaler Button gibt es einfarbige, teilweise umrandete Symbole, die der Microsoft-Schrift Segoe UI Symbol nicht unähnlich sind.  
 



Vorher—Nachher: Die Kompass-App in iOS 6 (links) und iOS 7 (rechts)
 
Severin Wucher, Gastprofessor für Informationsgestaltung an der Universität der Künste Berlin und als Vertretungsprofessor an der Burg Giebichenstein fasst das neue Design so zusammen: 
 
iOS 7 erscheint im Herbst 2013. Weitere Informationen gibt es auf der Internetseite von Apple. 
Hand- und Maschinensatz gelten als antiquiert, die Maschinen und Lettern benötigen viel Platz und die Herstellung einer Druckseite ist zeit­aufwendig, mühsam, unwirtschaftlich. Und dennoch ist da eben auch der Klang der Gieß- und Druckmaschinen, der Geruch der Werkstatt, das Vergnügen, etwas mit den Händen zu erschaffen. Und schließlich die luxuriöse Haptik, die unvergleichliche Schönheit und die handwerkliche Qualität des Buchdrucks.
 
In der Offizin Haag-Drugulin in Dresden existiert ein großer Reichtum an Blei- und Holzlettern, Matrizen und imposante Druck- und Satzgießmaschinen. Hunderte wunderschöner Original­schriften von berühmten Stempelschneidern warten teilweise noch unausgepackt in der Lagerhalle darauf, von gekonnten Händen gesetzt und gedruckt zu werden.
 

Eine neue Generation verliebt sich gerade in den Bleisatz. Für sie ist dies eine erfrischende Form des Ausdrucks, die so viel mehr Dimensionen besitzt als flache und leblose Offset- und Digitaldruckstücke. Mit einem Förderverein soll jungen Menschen aus aller Welt die Möglichkeit gegeben werden, in der Dresdner Handsatzwerkstatt selber mit allen Sinnen zu entwerfen, zu gestalten, zu setzen und das eigene Werk schließlich selbst zu drucken. Außerdem soll mit Dozenten ein zugehöriges Fortbildungsprogramm für Handsatz auf die Beine gestellt werden.
 
Um diese Ziele zu verwirklichen, wird im Rahmen eines Schriftenfestes ein Förderverein gegründet. Das Fest findet am Samstag, dem 10.  August  2013 statt, die offizielle Gründung des Fördervereins am Tage darauf. 
 
Weitere Informationen unter http://www.schriftenfest.org
Vor gut einem Jahr hatten wir bereits die Beta-Version vorgestellt – nun ist das fertige Produkt erschienen und im Funktionsumfang noch einmal deutlich gewachsen. Mit IndyFont lässt sich InDesign (ab Version CS4) zu einem Erstellungsprogramm für Schriften umfunktionieren. 
Dies kann praktisch sein, um zum Beispiel selbst erstellte Logos oder Piktogramme bequem in Fließtexten einzusetzen. Aber mit der aktuellen Version lassen sich tatsächlich auch vollwertige Fonts erstellen, die sogar mit automatischen OpenType-Features (Ligaturen, Ziffernsätzen, Alternativzeichen, Kapitälchen usw.) ausgestattet sind. 
 
Das Skript verfügt nun über eine eigenes Dialogfenster, in dem sich zahlreiche Einstellungen treffen lassen. Für unseren Test erstellen wir für die Schrift FF Tisa einen Einzelzeichenfont mit großem Eszett, da diese Schrift dieses Zeichen von Hause aus noch nicht mitbringt. Es genügt dazu, den Unicode U+1E9E unter »Characters« einzutragen. Es lassen sich auch Zeichenbereiche eingeben, etwa A..Z, 0..9 und so weiter. IndyFont erzeugt dann selbstständig alle nötigen Zeichenfelder.  
 

 
Nach dem Bestätigen der Auswahl erstellt IndyFont für jedes Zeichen eine eigene InDesign-Seite als Zeichenfläche und fügt in den Hintergrund die gewählte Beispielschrift ein. Der linke Seitenrand definiert die Vorbreite, die verschiebbare grüne Hilfslinie definiert die Nachbreite. 
 

 
Nun können wir unsere Zeichen gestalten. Es ist dabei lediglich darauf zu achten, dass nur mit Flächen statt Konturen gearbeitet wird und dass als Farben lediglich [schwarz] für Flächen und [Papier] für Ausstanzungen von Flächen benutzt werden. Andere Formatierungen werden ignoriert. 
 

 
Nachdem unsere Zeichen fertig sind, rufen wir das IndyFont-Fenster erneut auf und wählen den OTF-Export. Es empfiehlt sich, als Export-Ordner den Font-Ordner von InDesign zu verwenden. Dadurch wird der Font direkt ohne Installation verfügbar und kann somit leicht getestet und jederzeit verbessert werden. 
 

 
Mehr ist nicht zu tun! Der Einzelzeichen-Font ist direkt einsetzbar und IndyFont hat sich um alle Details zur Erstellung eines korrekten, PostScript-basierten OpenType-Fonts selbst im Hintergrund gekümmert. 
 
Auch die Erstellung der OpenType-Feature ist kinderleicht. Man muss sich bei der Erstellung der Glyphen lediglich an Namenskonventionen halten. Um Kapitälchen zu erstellen, hängt man .smcp an den Zeichennamen, für Schwungbuchstaben .swsh und so weiter. Der nötige OpenType-Code wird dann automatisch erstellt. Weitere Details finden sich im PDF-Handbuch. 
 
IndyFont gibt es in zwei Varianten: Die Testversion ist kostenlos, unterstützt aber lediglich den Export eines Buchstabens. Die Pro-Version gibt es derzeit zum Einführungspreis von 39 Euro. Später wird sie 59 Euro kosten. 
 
Download und weitere Infos bei Indiscripts.com
Viele Typografie.info-Mitglieder haben schon lange auf diese Veröffentlichung gewartet. Ursprünglich unter dem Arbeitstitel »Sofa« begonnen, ließ sich der die Entwicklung dieser Schrift von Sebastian Nagel schon seit Jahren auf Typografie.info mitverfolgen.
Nun ist die Canapé in der ersten Ausbaustufe in 4 Schnitten bei fonts.info verfügbar.  
 
Sebastian Nagel sagt über seine Schrift: »Sie basiert auf der Grundidee der subtil geschwungenen Geraden und unbewusst wahrnehmbaren modulierten Strichstärken. Sie bringt so einen haptisch-freundlichen Eindruck und viel Gemütlichkeit in die Kommunikation mit Schrift.«
 

 
Die 4 Schnitte der Canapé (Serif) sind umfangreich ausgebaut. Ihre insgesamt 4.200 Zeichen enthalten unter anderem:
Kapitälchen Schwungbuchstaben 10 Ziffernvarianten automatische Brüche und Ordinalien Zweck- und Schmuckligaturen Sprachunterstützung für Zentral- und Westeuropa ein Versal-Eszett (ẞ) und einen piktografischen Sofabausatz  

 
Für einen ausführlichen Einblick steht eine eigene Microsite sowie das ausführliche, 46-seitige Schriftmuster-PDF zur Verfügung. 
Canapé-Microsite aufrufen Schriftmuster-PDF laden (8 Megabyte)
Gerade hat Monotype seinen Cloud-Dienst Skyfonts zur kurzzeitigen Miete von Desktop-Fonts praktisch wieder eingestellt und die Technologie in die regulären Abo-Modelle integriert. Nun hat auch Adobe auf der MAX-Konferenz 2013 eine vergleichbare Lösung angekündigt.
Der Schritt kommt nicht überraschend. Als Adobe 2011 den Webfont-Dienst Typekit übernahm, rechneten viele mit einer Integration in die Desktop-Anwendungen von Adobe. Ab Juni 2013 wird dies nun über den umfassend ausgebauten Creative-Cloud-Dienst von Adobe möglich. 
 

 
Nötig ist dafür auf Seiten des Nutzers ein bezahltes Abo bei Typekit oder bei Adobes Creative Cloud. Die Fonts lassen sich auf der Webseite von Typekit auswählen und dann mit einem Klick auf dem Desktop-Rechner systemweit ohne weitere Kosten verfügbar machen. Wie bei Monotypes Skyfont-Dienst übernimmt hier das Creative-Cloud-Plugin im Betriebssystem die Installation im Hintergrund. 
 

 
Der Dienst startet zunächst mit 175 Schriftfamilien ausgewählter Foundrys (Adobe, exljbris, FontFont, Mark Simonson Studio, ParaType, TypeTogether, URW++ und Dalton Maag), wird aber natürlich weiter wachsen. 
 
Dieses kurze Demo-Video zeigt, wie der Service funktioniert:
Die Foto-App Instagram ist eine der beliebtesten Anwendungen, die speziell für Mobiltelefone entwickelt wurden. Vor nur 3 Jahren erstmals erschienen, hat die Anwendung mittlerweile schon über 100 Millionen Nutzer und wurde 2012 für 1 Milliarde US-Dollar von Facebook übernommen. 
Mit der gerade erschienenen Version 3.5 wurde das bekannte Logo typografisch überarbeitet. 
 

Das alte Logo
 
Wie das markante Icon von Instagram hat auch der Schriftzug einen Retro-Charakter, der auf den amerikanischen Hand-Lettering-Stil Mitte des 20. Jahrhunderts anspielt. Gesetzt wurde das Logo aus der 2006 erschienenen Billabong von Type Associates.  
 

 
Das Logo wurde aber tatsächlich nur aus dieser Schrift gesetzt und nicht als Wortmarke entwickelt. Und so wirken insbesondere die Buchstabenverbindungen nicht so optimal, wie es bei einem Schreibschrift-Logo möglich wäre. Mit der Überarbeitung sollte dies nun verbessert werden. Von Instagram heißt es dazu: 
“The brief was simple, the process long. Our main aim was to make our logotype look more refined and mature. But with a logotype with so much brand recognition, it's hard to stay objective.”
Das neue Logo sollte also lediglich eine Überarbeitung darstellen. Verantwortlich für den Entwurf zeichnet der amerikanische Designer Mackey Saturday. Und so sieht das neue Logo aus:
 

 
Das neue Logo ist nun eine echte Schreibschrift-Wortmarke mit harmonisch verbundenen Buchstaben. Das Ziel des Briefings wurde sicherlich erreicht. Das Logo wirkt nun »erwachsener«, klarer und ist leserlicher. Allerdings ging auch ein Teil des markanten Retro-Stils des Originals verloren – etwa die »tanzende« x-Höhe, die dem alten Logo ein auffälliges Wortbild verlieh. Nun wirkt das Logo deutlich glatter und vielleicht auch etwas zu glatt.
 

Bei den gerade zu Ende gegangenen Typotagen in Leipzig appelierte der Typograf Friedrich Forssman an die Schriftentwerfer, Fonts doch von Hause aus mit der im Buchsatz verbreiteten Konvention auszustatten, die Ausrufe- und Fragezeichen deutlich sichtbar vom vorhergehender Wort absetzt. Leider kann man diesem Wunsch nicht nachkommen, denn es handelt sich hier eben um eine reine Satzkonvention in bestimmten Ländern in spezifischen Gestaltungskontexten. Würde man sie fest in den Font integrieren, würde man einigen Nutzern einen Gefallen tun, die Mehrzahl der Nutzer aber verärgern, die dann umständlich dem ungewünschten Abstand wieder entgegenwirken müssten. Doch mit modernen Layout-Programmen wie Adobe InDesign lassen sich entsprechende Abstände mühelos vollautomatisch und global für komplette Dokumente definieren. Dieser Artikel erklärt, wie es geht. 
Die übliche Methode, mit der man sich in der Vergangenheit oft half, simuliert einfach den Bleisatz: man fügt zum Beispiel per Suchen-und-Ersetzen einen schmalen Leerraum vor alle Frage- und Ausrufezeichen ein.

Dies erfüllt seinen Zweck, ist aber auch fehleranfällig. Sollten sich später noch Änderungen am Text ergeben, muss man immer manuell dafür Sorge tragen, dass dieser Leerraum nicht übersehen und stets in gleicher Größe eingefügt wird. Besser wäre es, der Leerraum würde als eine Art globaler Formatierung einfach selbstständig entstehen. Und genau dies ist in InDesign möglich! Dazu müssen wir zwei Funktionen kombinieren: Zeichenformate und GREP-Stile im Absatzformat. 
1. Zeichenformat definieren
Für Absätze lassen sich alle möglichen Parameter für Abstände und Einzüge definieren. Da es sich beim vorliegenden Problem jedoch um eine lokale Formatierung handelt, müssen wir ein Zeichenformat benutzen. Für einzelne Zeichen ist es allerdings nicht möglich, den Abstand vor oder nach dem Zeichen gezielt über das Zeichenformat einzustellen. Diese Beschränkung lässt sich aber mit einem Trick umgehen. Was sich nämlich definieren lässt, ist die Laufweite – also die Ausdehnung in Leserichtung des Einzelzeichens über vorgegebenen Dickte hinaus. Legen Sie also ein Zeichenformat an und definieren Sie eine erhöhte Laufweite, wie im Bild zu sehen. 

2. GREP-Stile definieren
Nun können wir das zuvor definierte Zeichenformat auf alle vorkommenden Frage- und Anführungszeichen anwenden. Dazu definieren wir in unserem Standard-Absatzformat einen entsprechenden GREP-Stil. Legen Sie einen neuen GREP-Stil an und weisen Sie das zuvor erstellte Zeichenformat zu.

Der Reiter GREP-Stile im Einstellfenster der Absatzformate
 
Leider reicht es nun aber nicht aus, einfach Frage- und Anführungszeichen als Bedingung zu definieren. Da wir über das Zeichenformat lediglich die Laufweite und nicht die Unterschneidung vor dem Zeichen definieren können, müssen wir statt der Satzzeichen vielmehr das Zeichen davor formatieren. Aber dies ist über GREP ein Kinderspiel. Im einfachsten Fall sähe dies so aus:
.(?=\?)
Was bedeutet der Code? Der Punkt steht für ein beliebiges Zeichen, das zu formatieren ist. In Klammern folgt ein so genanntes Positives Lookahead (?=), das die Bedingung nur wahr werden lässt, wenn auf das Zeichen ein Fragezeichen folgt (\?). Da das Fragezeichen auch ein Steuerzeichen bei GREP-Angaben ist, muss hier ein umgekehrter Schrägstrich vorangestellt werden.
Der GREP-Stil findet also jedes beliebige Schriftzeichen, dem ein Fragezeichen folgt und weist dann das Zeichenformat mit der erhöhten Laufweite zu. Dadurch erreichen wir die gewünschte Sperrung des Fragezeichens. Und zwar vollautomatisch! Der Abstand taucht automatisch auf, wenn wir ein Fragezeichen tippen und er verschwindet wieder, wenn wir es entfernen oder die Bedingungen aus anderen Gründen nicht erfüllt ist – etwa, wenn das Fragezeichen am Absatzanfang stünde. 
Für den Einsatz in komplexen Dokumenten lässt sich der Code noch etwas verfeinern, um auch Sonderfälle besser abzudecken. So erhalten wir mit dem obigen Code auch eine Sperrung der Satzzeichen, wenn wir etwa (?) oder !? schreiben – denn Klammern und Satzzeichen sind auch Zeichen, auf die der GREP-Stil anspringt. Eine praxistaugliche Variante könnte daher zum Beispiel so aussehen:
[[:word:]\)\}\]](?=[!\?])
Hier definieren wir in eckigen Klammern eine ganze Gruppe von Fällen, auf die die Formatierung angewendet werden soll. Nämlich bei allen Wörtern (einschließlich Zahlenkolonnen) sowie den schließenden Klammern in allen drei Arten. Folgt auf diese ein Frage- oder Anführungszeichen, wird die Formatierung zugewiesen. 

Oben: Standardsatz wie von der Schriftart vorgegeben. Unten: vollautomatische Spationierung der Satzzeichen über einen GREP-Stil
 
Sie können den obigen Code einfach in ihr Absatzformat kopieren und fortan werden Sie nie wieder manuell Frage- und Anführungszeichen unterschneiden oder durch das Einfügen von Leerräumen den Originaltext abändern müssen. Und das schöne dabei: Über die Zeichenformat haben sie jederzeit die volle Kontrolle über den Abstand. Sie können ihn jederzeit global anpassen oder auf Wunsch auch wieder mit einem Klick ganz ausschalten. 
Das QWERTY-Tastaturlayout ist über 100 Jahre alt und alternative Belegungen konnten sich nie durchsetzen, egal ob bei Schreibmaschinen oder den heutigen Computer-Tastaturen. Doch auf Tablet-Geräten und größeren Mobiltelefonen mit berührungsempfindlichen Bildschirm schreibt man nicht selten ganz anders: das Gerät wird mit beiden Händen gefasst und mit den Daumen werden die Zeichen getippt. 
Die Umstellung auf diese Art des Tippens ermöglicht auch, das Layout zu überdenken. Denn wo kein 10-Finger-Schreibsystem mehr angewendet wird, muss das Layout auch nicht darauf ausgerichtet sein. Stattdessen könnte man es speziell auf die neue Daumenbedienung abstimmen. 
 

 
Genau dieses Konzept verfolgt ein Team von Wissenschaftlern verschiedener Einrichtungen (Max Planck Institut für Informatik, Montana Tech of the University of Montana, University of St. Andrews). Das Ergebnis ihrer Studie ist die KALQ-Belegung. Sie ist dem leicht erreichbaren Radius für Daumenbewegungen angepasst. Die Buchstaben sind so verteilt, dass sich die Daumen möglichst oft abwechseln und man besonders schnell zwischen häufig vorkommenden Buchstaben wechseln kann. In den eigenen Tests gelang es damit, die übliche gemessene Tippgeschwindigkeit bei Daumenbedienung von 20 Wörter pro Minute auf 37 zu steigern. 
Das Layout soll in Kürze für Android-basierte Geräte zum Download bereitstehen. Weitere Informationen gibt es auf der Projektwebseite beim Max Planck Institut. 
 
 

Seit 5 Jahren ist das große Eszett im Unicode, über 300 Schriftfamilien wurden bereits damit ausgestattet und auch entsprechende Tastaturen sind bereits erhältlich. Doch wo wurde das große Eszett in den letzten 5 Jahren in der Praxis eingesetzt? Hier eine kleine Sammlung von Anwendungsbeispielen. 
 

RWE setzt seine Überschriften konsequent im Versalsatz und das Zusammentreffen von Großbuchstaben und Eszett ist somit unvermeidlich. Daher verfügt die Hausschrift von RWE über ein großes Eszett. 
 

Auch bei der Bauhaus-Universität Weimar gehört Versalsatz fest zum Corporate Design und das große Eszett wird mittlerweile konsequent eingesetzt. So bleiben auch Eigennamen (wie hier die Karl-Haußknecht-Straße) unmissverständlich. 
 

Einsatz in den Karten von Apple
 

Logo-Anwendung beim 1. FC Köln
 

Südwestrundfunk
 

Beim Staatstheater Nürnberg ist das große Eszett in regelmäßiger Anwendung. 
 

Hertha BSC
 

Kinderbuch des Verlages Diogenes
 

Website der Stadt Pößneck
 

ARD-Mediathek
 

Buch-Cover von NADINE ROẞA (2020)
 

Weitere Buchcover mit großem Eszett
 

Biermarke 
 

Logo eines Fahrrad-Geschäftes in Dresden
 

Ein großes Eszett auf der Startseite der SPD
 

Gezeichnet und geschrieben. Links auf der Homepage von FontShop, rechts als Notiz
 

Maßanfertigung statt Massenanfertigung. Logo eines Schuhmachers. (Design: deea.net)
 

Und noch mehr Maßarbeit. (Logo: Tobias D. Albert)
 

Ein Video der Band Love A.
 

Das Logo der Gießener Zeitung
 

Ein CD-Cover und zwei Logos aus der Stadt Pößneck
 

Ein großes Eszett, das von Nina Stössinger speziell für diesen Einsatz in einem Buch entworfen wurde
 

Große Eszett in den Wanderkarten von Dr.Ing. Rolf Böhm
 

Der Papierhersteller Gmund verschickt seine Post mit Versal-Eszett
 

Großes Eszett auf einer Getränketafel gestaltet von Tobias Linne
 

Großes Eszett beim Fernsehsender Deluxe Music
 



Vor kurzem wurde die umfassend erweitere Norm DIN 1450 Leserlichkeit veröffentlich. Diese Meldung stößt bei professionellen Schriftnutzern nicht automatisch auf Begeisterung. Es macht sich eher eine gewisse Skepsis breit, begleitet von der Frage, wozu diese Norm nötig sein solle. Schließlich ging es doch bisher auch ohne.
Die skeptische Haltung mag sich auch schon auf das System der DIN-Normen an sich beziehen. Viele denken beim Deutschen Institut für Normung an eine verstaubte Behörde, in der Staatsbedienstete den lieben langen Tag irgendwelche Dinge normieren. Und dies fernab von der Praxis und daher vermutet man in den Normen nicht selten nur lauter unnötige oder gegebenenfalls sogar unsinnige Einschränkungen für die Menschen. 
Tatsächlich ist das DIN ein eingetragener Verein, der externen Unternehmen und Organisationen aus Handel, Industrie, Wissenschaft etc. bei der Erstellung von Normen behilflich ist. Erstellt werden die Normen dabei von Ausschüssen, die sich aus externen Fachleuten des jeweiligen Gebietes zusammensetzen. 
Und letztendlich profitieren wir alle von dieser Normarbeit. Sie sorgt für Qualitätssicherung, Gebrauchsfähigkeit und niedrige Preise durch herstellerübergreifende Kompatibilität. Und nicht selten machen die Normen unser Leben einfacher und sicherer, da sie Qualitäts- und Sicherheitsstandards für alle Dinge setzen, mit denen wir im Alltag in Berührung kommen. Von der automatischen Drehtür bis zum Hochwasserschutzdamm – kaum ein Objekt ist nicht von Normen tangiert. Und Schrift macht dabei keine Ausnahme, denn auch sie kann entsprechende Sicherheitsrelevanz besitzen. 
 
Die Hintergründe
Besonders hohe Anforderungen an die Leserlichkeit von Schrift haben Menschen mit eingeschränktem Sehvermögen. Daher überrascht es auch nicht, dass die Überarbeitung der DIN 1450 auf Initiate dieser Nutzergruppe erfolgte. Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. (DBSV) sah als Interessenvertreter die besonderen Anforderungen dieser Nutzergruppe in der Praxis oft nur unzureichend berücksichtigt und regte daher eine Verbesserung der Norm an.
Denn letztere hatte in der bisherigen Fassung (DIN 1450:1993-07) nur ein recht beschränktes Einsatzgebiet. Im direkten Zusammenspiel mit der allseits bekannten DIN 1451 gab sie Empfehlungen für Beschilderungen im öffentlichen Raum. Sie war jedoch schwerlich auf die Vielfalt heutiger Schriften und Schriftanwendungen übertragbar.
Mit der Überarbeitung wurde daher das Ziel verfolgt, alle verkehrsüblichen Schriftanwendungen abzudecken und dafür sinnvolle und allgemeine Empfehlungen zu geben.
 

Beschilderungen im öffentlichen Raum. Ein typisches Einsatzgebiet für das Duo DIN 1450 und DIN 1451
 
Von Fakten und Bauchentscheidungen
Beim Einsatz von Schriften kommen unzählige Einflussfaktoren zum Tragen, die die Leserlichkeit beeinflussen. Man denke an die unterschiedlichen Bedruckstoffe und Darstellungsmedien, die unzähligen typografischen Satzparameter (Schriftwahl, Laufweite, Zeilenabstand, Kontraste etc.) und die persönlichen Vorraussetzungen (Alter, Sehstärke etc.) beim Leser. Die aktuelle Norm nennt ganze 44 solcher Einflussfaktoren. 
Um diese verschiedensten Einflüsse sinnvoll abzuwägen und zu möglichst leserlichem Textsatz zu kommen, benutzt ein Grafikdesigner das Wissen aus seiner Ausbildung und seine Berufserfahrung. Die Ausübung dieses Wissens und dieser Erfahrung nennt man im Englischen recht treffend »educated guessing«, also wörtlich etwa »fundiertes Raten«. Der Grafikdesigner kann seine unzähligen gestalterischen Detail-Entscheidungen nicht einzeln wissenschaftlich untermauern, sie sind aber natürlich auch nicht willkürlich, sondern basieren auf entsprechender Erfahrung des Designers bzw. des ganzen Berufsstandes. 
 
Doch »fundiertes Raten« hat auch seine Grenzen. Kann ein Designer wirklich immer korrekt »erraten«, in welcher Größe die Lösch-Einrichtungen und Fluchtpläne in einem Flughafen oder einer U-Bahn-Station beschriften werden müssen, damit sie aus einer bestimmten Entfernung lesbar sind? Kann er immer und zweifellos die gegebenenfalls über Leben und Tod entscheidenden Texte auf Medizin-Verpackungen und Beipackzetteln leserlich setzen und dabei auch die besonderen Bedürfnisse älterer und sehbehinderter Menschen berücksichtigen? Möchte er für die in diesen Fragen gefällten »Bauchentscheidungen« auch die Verantwortung übernehmen, wenn es Nachhinein zu Problemen kommt? Und wie soll der Anspruch der Leser nach guter Leserlichkeit z.B. gegen die Interessen von Bauherren eines Gebäudes oder den Pharma-Herstellern durchgesetzt werden, die vielleicht kein großes Interesse daran haben, die sicherheitsrelevanten Informationen möglichst groß und unmissverständlich zu präsentieren?
Dann reicht es einfach nicht mehr aus, nur auf die Erfahrung eines Grafikdesigners zu verweisen. Wie in anderen Bereichen auch, schaffen klare Standards Planungssicherheit für alle Seiten. Und davon profitieren natürlich auch die Grafikdesigner. Sie müssen sich nicht mehr allein auf ihre Bauchentscheidungen verlassen, sondern haben mit der DIN 1450 ein praktikables Werkzeug an der Hand, dem sie nicht folgen müssen, aber mit dem sie ihre Entscheidungen bei Bedarf abgleichen können. So wie man mikrotypografische Satzkonventionen vielleicht gern in Detailtypgrafie nachschlägt, so kann man nun auch fundierte Leserlichkeitsparameter in der DIN 1450 nachschlagen und sich in der Anwendung auf sie berufen. Eine Option, von der die gesamte Branche und natürlich die Leser der gesetzten Texte profitieren können. 
Die Normen bilden übrigens lediglich eine verlässliche Grundlage, auf die sich alle beziehen können. Grafikdesigner sind also nicht gezwungen, Ihre Gestaltung nach den Vorgaben der DIN-Norm anzufertigen. Möglich ist jedoch, dass zukünftige Gesetzesvorlagen für konkrete Anwendungsbereiche die Einhaltung der Norm vorschreiben. So könnte zum Beispiel theoretisch ein Gesetz zur Lebensmittelkennzeichnung explizit die Einhaltung der DIN 1450 für diese spezifische Anwendung fordern.  
 

 
Abstrahierte Typografie – die Funktionsweise der Norm
Im Gegensatz zu den üblichen Fachbüchern über Schrift und Typografie richtet sich die Norm aber keineswegs speziell an Grafikdesigner. Sie ist  ganz im Gegenteil gerade so aufgebaut, dass sie ohne typografisches Vorwissen funktioniert. Dies bedeutet allerdings auch: Dem Normungsausschuss musste das Kunststück gelingen, die gesamte Schriftanwendung mit all ihren Einflüssen, Abwägungen und Gestaltungsmöglichkeiten auf klare, mathematische genaue Vorgaben herunterbrechen. Wahrlich keine einfache Aufgabe!
Sie gelang letztendlich vor allem dadurch, dass der Schrifteinsatz auf zweierlei Weisen abstrahiert wurde: einerseits in Bezug auf die möglichen Anwendungsarten und andererseits in Bezug auf Wahrnehmung der Schrift selbst. Dies sei in der Folge näher erläutert. 
 
Textarten nach DIN 1450
Ein Verkehrsschild stellt andere Anforderungen an die Leserlichkeit als ein Romantext; ein Beipackzettel andere als eine Überschrift in einem Magazin. Schilder können hinterleuchtet sein; ein Magazin ist auf glänzendem Papier gedruckt; ein e-Reader hat verpixelte Schrift oder ein stark glänzendes Display …
Die schiere Masse üblicher Schriftanwendungen macht es schlicht unmöglich, für jeden denkbaren Einsatz spezifische Empfehlungen auszusprechen.
Diesem Umstand wurde in der DIN 1450 insofern entsprochen, dass nicht die konkreten Anwendungen als Bezugssystem benutzt werden, sondern vielmehr die typischen Textarten, in die sich nahezu alle Schriftanwendungen eingliedern lassen.
In der DIN 1450 sind die Textarten wie folgt definiert:
Lesetext. Der Haupttext in Büchern, Broschüren, Anleitungen etc. mit den relevanten Informationen.  Konsultationstext. Dieser ergänzt oder erklärt den Lesetext, enthält aber selbst keine zwingend notwendigen Informationen. (Beispiele: Marginaltexte, Fußnoten, Bildunterschriften) Schautext. Dieser gliedert den Lesetext oder dient der Hervorhebung. Beispiele sind die Überschriften in einem Magazin oder auf eine Werbeplakat. Signalisationstext. Er dient der Orientierung bzw. der Sicherheit im öffentlichen Raum. Mit diesen vier Textarten lassen sich alle üblichen Schriftanwendungen beschreiben – vom Text auf einem Joghurt-Becher bis hin zum Verkehrsschild an der Autobahn.
 

 
Der durchgehende Bezug auf die Textarten verhindert im Übrigen auch, dass die Norm zu restriktiv und damit praxisuntauglich wird. Bei sekundärer Informationen ohne entsprechend hohe Relevanz, etwa in Fußnoten, kann es in Kauf genommen werden, dass das Lesen schwieriger ist und daher länger dauert. Und auch für eher dekorative Schautexte, wie sie etwa in Werbeanzeigen und Magazin-Überschriften benutzt werden, müssen keine einschränkenden Regelungen aufgestellt werden. Die Norm setzt daher vor allem da an, wo die Textinformationen eine entsprechende Wichtigkeit besitzen.
 
Die Wahrnehmung von Schrift
Die genannten Textarten können in ganz unterschiedlichen Schriftgrößen zum Einsatz kommen. Eine Textseite in einer Drucksache, die man in die Hand nimmt, kann gleichsam Lese-, Konsultations- und Schautext enhalten. Das Gleiche gilt aber auch für eine drei Meter große Schautafel in einem Museum. Empfehlungen zur optimalen Leserlichkeit der Schrift müssen daher immer Schriftgröße und Leseabstand miteinander in Beziehung setzen.
Bei einem Verkehrsschild an der Autobahn kann die Höhe der Großbuchstaben bis zu 42 Zentimeter betragen. Da man die Textinformationen aber schon so früh wie möglich lesen will, ist nicht nur die Größe der Buchstaben, sondern auch der Leseabstand beträchtlich und die Darstellung der Buchstaben auf unserer Netzhaut entsprechend klein. Deshalb basieren die Empfehlungen der DIN 1450 nicht auf konkreten metrischen Angaben, sondern sind im Sinne der optischen Wahrnehmung in Bogenminuten definiert.
 

 
Da mag ein Schriftanwender zunächst zurückschrecken. Schriftgrößenbestimmungen auf Basis von Bogenminuten? Wo stellt man das in Word oder InDesign ein? Leserlichkeit fußt auf der Abbildungen der Buchstaben auf der Netzhaut und diese wird gleichsam von Schriftgröße und Leseabstand bestimmt. Die relevante Größe, die sich unabhängig von beiden beschreiben lässt, ist der Sehwinkel zu dem zu erkennenden Objekt. 
Und daraus leiten sich in der Folge alle wesentlichen Faktoren des Schrifteinsatzes ab. Die Schriften müssen eine bestimmte Mindeststrichstärke aufweisen, damit wichtige Details in Sinne der Erkennbarkeit nicht bei großer Leseentfernung oder kleiner Darstellungsgröße verloren gehen. Die Buchstaben dürfen nicht zu schmal oder zu weit und die Abstände zwischen den Buchstaben müssen entsprechend groß genug sein.
Für diese und weitere Parameter liefert die DIN 1450 je nach Textart die nötigen Mindestanforderungen an die zu wählende Schrift und die Schriftsatzparameter (Schriftgröße, Buchstabenabstand, Zeilenabstand, Zeilenlänge, Kontrast zum Hintergrund et cetera). Basierend auf dem Sehwinkel und einem gegebenen Leseabstand lassen sich somit alle wesentlichen Parameter mithilfe der DIN 1450 direkt ablesen beziehungsweise berechnen. 
 
Und durch diesen ganzheitlichen Ansatz wird auch das übliche Problem umgangen, dass es für eine konkrete Anwendungen zwar Vorgaben für Mindestschriftgrößen gibt, aber Texte dennoch nicht akzeptabel dargestellt werden, weil zwar zum Beispiel die erforderlichen 6 Punkt eingehalten wurden, aber durch Schriftwahl, zu kleine Buchstaben- oder Zeilenabstand und schwachen Kontrast zwischen Text und Hintergrund dennoch unleserlicher Text entsteht.  
 
In diesem Zusammenhang ergab sich auch eine wesentliche Änderung im Vergleich zu bisherigen Version der DIN 1450. Die zentrale Bezugsgröße ist nun nicht mehr die Versalhöhe, sondern die x-Höhe. Im direkten Zusammenspiel mit DIN 1451 war der Bezug zur Versalhöhe noch akzeptabel, aber für den bewusst weiten Einsatzbereich der neuen DIN 1450 mit vielerlei Schriftarten musste hier mit der bisherigen Fassung gebrochen werden. Denn die x-Höhe stellt bekanntlich im Gegensatz zu Versalhöhe und Schriftgröße beim gemischten Satz eine zentrale Kenngröße dar, die wesentlichen Einfluss darauf hat, wie groß Schriften in der Anwendung wirken und wie leserlich sie dadurch sind. 
 
DIN 1450 in der Praxis
Für wen ist diese DIN-Norm also gemacht? Viele Gestaltungen, insbesondere die eher werblichen und dekorativen, werden auch weiterhin problemlos ohne die DIN 1450 auskommen. Und auch die klassische Buchtypografie hat ihre idealen Parameter bereits durch jahrhundertelangen Versuch und Irrtum gefunden. 
Doch wo immer zukünftig für den Leser besonders relevante Informationen (z.B. in Bezug auf Gesundheit, Sicherheit, Orientierung etc.) präsentiert werden und durch möglichst optimale Leserlichkeit ein barrierefreier Zugang für eine breite Nutzerschicht garantiert werden soll, kann die Norm eine verlässliche Grundlage zur Ermittlung der idealen Satzparameter darstellen und damit gute Dienste erweisen – für Gestalter und Leser der Texte gleichermaßen. 
Nennt man die Begriffe Font und Software in einem Atemzug, kann man darauf warten, dass sogleich jemand energisch einwerfen wird, dass digitale Schriften (sprich Fonts) ja keinesfalls Software seien. Dies hätten sich die Schriftanbieter in einer Art weltumspannenden Komplott nur zu Lasten der Schriftnutzer ausgedacht – so zumindest der Internet-Mythos. Schriften seien schließlich nur Daten und keine Software. Und folglich seien sie nicht schützbar und in der Folge noch nicht einmal lizenzierbar. In der typisch reißerisch-unsachlichen Sprache einer Verschwörungstheorie hört sich dies dann zum Beispiel so an:
 
Doch was ist dran? Ist die Bezeichnung von Fonts als Software wirklich eine »Indoktrinierung«? In dieser Folge der Artikelserie zu Schriftlizenzen wird dieser Frage ausführlich nachgegangen. Um zu entscheiden, ob Schriften Software sein können, muss man natürlich erst einmal klären, was denn eigentlich Software ist. 
 

Mechanische Multipliziermaschine von Léon Bollée
 
Der allgemeine Software-Begriff
Die frühen Rechenmaschinen waren mechanisch. Mit den elektronischen und mikroprozessorgesteuerten Systemen brach jedoch Mitte des 20. Jahrhunderts eine neue Ära der Rechnentechnik an. Der amerikanische Statistiker John Wilder Tukey prägte zur Beschreibung der Wirkungsweise dieser neuen Systeme die bis heute in gleicher Weise verwendeten Begriffe Hardware und Software. 
Hardware ist der Oberbegriff für die mechanische und elektronische Ausrüstung eines Systems z. B. eines Computersystems. [Quelle] Software (dt. = weiche Ware [von] soft = leicht veränderbare Komponenten) ist ein Sammelbegriff für ausführbare Programme und die zugehörigen Daten. [Quelle]  
Wir könnten den Artikel also theoretisch schon an dieser Stelle abbrechen. Fonts sind gemäß dieser seit über 50 Jahren feststehenden, zweigeteilten Definitionen mit Sicherheit keine Hardware – und alles, was an einem Computer keine Hardware ist, ist eben Software. Also ist auch die allgemeine Bezeichnung von digitalen Schriften als Software nicht nur völlig legitim, sondern sogar genau der richtige und übliche Begriff. 
 
 
Die Kritiker der Schriftlizenzen benutzen jedoch gern den verbalen Taschenspielertrick, dass sie das englische Wort Software mit dem deutschen, auch im juristischen Kontext benutzten Begriff Computerprogramm gleichsetzen. Anschließend kann man belegen, wo Fonts den Merkmalen von Computerprogrammen womöglich nicht entsprechen und somit dann die Benutzung von Begriffen wie »Fontsoftware« als falsch oder sogar als bewusste Täuschung anprangern. 
Doch dieser Trick lässt sich leicht entlarven. Der deutsche Begriff des Computerprogramms entspricht im Englischen nämlich keineswegs wie behauptet dem Begriff Software, sondern Computer program oder Application. Der Vorwurf, dass Schriften keine Software sein können, weil sie gegebenenfalls nicht vollends den Merkmalen von Computerprogramme entsprechen, ist also entweder ein Zeichen von schlechten Englisch-Kenntnissen oder aber selbst ein Täuschungsversuch. Ein schlagkräftiges Argument ist es jedenfalls nicht. 
 

Computerprogramme liegen in einem Betriebssystem wenig überraschenderweise im Ordner namens »Programme« und nicht im Ordner »Software«. Denn die Begriffe Software und Computerprogramm sind weder Synonyme noch eine direkte Übersetzung voneinander.
 
Wie viel »Werk« steckt in einem Font?
Wie bei den meisten musischen bzw. gestalterischen Leistungen, unterliegt die Schützbarkeit als Werk oder Geschmacksmuster der konkreten Ausgestaltung und ist also, wenn es einmal zu Streitigkeiten kommen sollte, immer eine Fallentscheidung. 
Diese einfache Wahrheit mögen die Kritiker der Schriftlizenzen in der Absolutheit ihrer Meinung natürlich nicht so gern. Daher versuchen sie gern den Eindruck zu erwecken, dass Schriften bzw. Fonts generell nicht schützbar wären. Für den gestalterischen Schutz wurde diese Aussage hier bereits widerlegt. Bei digitalen Fonts als Werk setzt sich dieses Spiel nun fort. 
 
Zum einen steckt in einem Font natürlich maßgeblich immer ein konkreter Schriftentwurf in Form von mathematisch beschrieben Umrissen. Und dessen Schutzstatus ändert sich natürlich auch durch die Einbettung in eine Fontdatei nicht. Dennoch wird von einigen behauptet, dass in digitalen Schriften ja lediglich »einfache Zahlenreihen« als Repräsentation der Ankerpunkte der Glyphen enthalten sind und diese Zahlenreihen sind schließlich so banal, dass man sie nicht schützen könne. Und nur weil man diese Kurven bzw. Punkte digital speichert, entstünde ja auch nicht automatisch Software bzw. ein Programm. Doch diese Art der Argumentation ist eher kurzsichtig und beweist wenig Verständnis davon, was ein Werk ist und wie es entsteht. 
 
Das Werk als Digitalisierung
Ob ein Werk digitalisiert ist oder nicht, ändert nichts an seinem Rechtsstatus. Eine urheberrechtlich geschützte Fotografie besteht als digitalisiertes Bild auch nur aus Zahlenreihen – nämlich den RGB-Werten jedes Pixels. Diese sind für sich betrachtet genauso banal wie die Glyphen-Koordinaten eines Buchstabens. Dennoch bleibt die Fotografie auch als Digitalisierung urheberrechtlich geschützt.
 
Das Werk ist mehr als die Summe seiner Teile
Die Bagatellisierung als bloße Zahlenreihen widerspricht natürlich auch generell dem Prinzip wie Werke entstehen. Man versucht hier, sich einen Bruchteil des Werkes zu betrachten und kommt dann zu dem Schluss, dass dieser ja banal und gewöhnlich wäre. Folglich wäre dieses Detail nicht schützbar und für eine Anhäufung vieler unschützbarer Teile würde das Gleiche gelten. 
Auch diese Argumentation trägt für die Entstehung sämtlicher Werke nicht. Ein Wort oder eine Wortgruppe ist nicht schützbar. Tausende sinnlose oder zufällig aneinander gereihte Wörter ebenfalls nicht. Aber 1000 sinnvoll und schöpferisch aneinandergereihte Buchstaben ergeben zum Beispiel einen Roman und dieser ist ein schutzfähiges Werk. Ein Pinselstrich ist kein Werk. Tausende zufällige Pinselstriche wahrscheinlich auch nicht. Aber tausende handwerklich perfekte und schöpferisch ausgestaltete Pinselstriche sind ein Gemälde. Und in gleicher Weise können die bloßen Linien von Buchstabenumrissen zu einem Werk werden, wenn sie entsprechende Eigenständigkeit und schöpferische Leistung aufweisen. 
 
Schöpfung durch Digitalisierung
Doch wie verhält es sich eigentlich, wenn dem neuen Fontentwurf eine historische Vorlage zu Grunde liegt, die wegen ihres Alters gar keinen Schutzstatus mehr innehat? Ist die Digitalisierung einer 200 Jahre alten Walbaum Antiqua automatisch ungeschützt, weil für den damaligen Entwurf der Schrift sämtliche Schutzfristen abgelaufen sind? Nicht unbedingt!
 
Denn Schriften zu digitalisieren ist fast immer auch ein schöpferischer Akt. Dies ist in anderen Disziplinen nicht anders. Stellen Sie sich vor, 3 Maler schaffen gleichzeitig und von selben Standort aus ein Gemälde des Eiffelturmes. Das Motiv, das alle 3 Künstler vor sich haben, ist freilich nicht urheberrechtlich geschützt – die entstehenden Gemälde aber mit großer Wahrscheinlichkeit schon, auch wenn alle drei Künstler die gleiche Ansicht als Vorlage benutzen.
Kopiert einer der Künstler einfach exakt das Bild eines anderes, ist es ein Plagiat. Denn der Maler wurde nicht schöpferisch tätig. Doch schaffen die Künstler von der gleichen Vorlage, aus dem nichts und unabhängig voneinander ihr Bild, dann wird darin geradezu zwangsläufig die schöpferische Leistung der drei Künstler einfließen und es werden deutlich unterschiedliche Bilder (das heißt jeweils schutzfähige Werke) entstehen – auch wenn die Vorlage selbst keinen Werkschutz genießt. Aus der Vorlage und der schöpferischen Gestaltung der Künstler entsteht das Werk. Und genauso ist es bei Schriftdigitalisierungen auch. Das sei an folgendem Beispiel dargestellt …
 

 
Oben sehen wir einen 200 Jahre alten Originaldruck in Walbaum-Lettern. Links ist eine Vektorisierung dargestellt. Da sie vollautomatisch ablief, kann sie in diesem Zustand nicht schöpferisch und somit auch kaum schützbar sein. (Wirklich brauchbar ist sie im Übrigen aber auch nicht, wie man leicht sieht.)
Rechts sehen wir jedoch zwei professionelle Digitalisierungen. Sie überragen die automatische Digitalisierung schon handwerklich bei Weitem. Wie die Eiffelturm-Gemälde basieren beide Schriftentwürfe auf der gleichen Vorlage und zeigen also Ähnlichkeiten. Dennoch sind sie augenscheinlich auch keine direkten Kopien voneinander. Sie weichen in allen Details klar voneinander ab. Die Schriftgestalter haben die Vorlage interpretiert und ihrer Schrift einen eigenen, schöpferischen Anstrich verpasst, so wie die Maler des Eiffelturm durch ihre Stilmittel (Farben, Pinselführung etc.) ihr Gemälde zu einem eigenständigen Werk machen, obwohl die unterschiedlichen Bilder gegebenenfalls exakt das gleiche Motiv zeigen. Bei Schriften lohnt es sich daher übrigens, auch wirklich das gesamte Werk – also alle Glyphen der Schrift – zur Beurteilung heranzuziehen und nicht etwa nur einzelne Buchstaben.
 
Würde nun jemand die digitalen Daten des Fonts hernehmen und sie in identischen oder leicht abgewandelter Weise unter seinem Namen anbieten, hätten wir es wieder mit einem Plagiat zu tun. Doch die Interpretation historischer Vorlagen zur Schaffung hochwertiger Schriften ist ohne hinreichende handwerkliche und schöpferische Leistung kaum möglich und daher hat das entstehende Werk gute Chancen einen Schutzstatus zu erlangen – mindestens in Form eines Geschmacksmusterschutzes, eventuell auch als urheberrechtlichen Werk. Über letzteres kann jedoch im Streitfall nur ein Richter urteilen. Und dies bringt uns zum letzten Teil dieses Artikels …
 
Der Software-Schutz von Schriften nach dem Gesetz
Die bisherigen Ausführungen dienten eher dem Verständnis. Entscheidend für die rechtlich Betrachtung ist natürlich, wie Gerichte in der Frage des Software- bzw. Computerprogramm-Schutzes von Schriften in der Vergangenheit entschieden haben. Dabei muss man nach Gerichtsstand unterscheiden. Denn zum Beispiel in den USA, dem Geschäftsort vieler großer Schrifthersteller und Schriften-Webshops, werden Schriften sehr wohl juristisch ausdrücklich als Computerprogramm behandelt. Diese Tatsache wird von den Lizenzkritikern natürlich gern unter den Tisch gekehrt. 
 
Adobe vs. SSI
Entwickler der ersten weit verbreiteten, skalierbare Fontformate war das Unternehmen Adobe, das nicht nur die PostScript-Fontformate entwickelte, sondern auch von Anfang an Schriften in diesen Formaten lizenzierte. Es dauerte nicht lange, bis entsprechende Plagiate auftauchten. Der Unternehmer Paul King beschaffte sich unzählige Adobe-Fonts, änderte sie durch eine automatische Skalierung geringfügig ab, ersetzte die Copyright-Hinweise durch seine eigenen und verkaufte fortan Schriftlizenzen über seine Firma Southern Software, Inc. (SSI). 
Dagegen klagte Adobe und in einem Grundsatzurteil wurde von einem kalifornischen Gericht die Schutzwürdigkeit des Gutes »Fontsoftware« am Beispiel der plagierten Schrift Utopia erörtert. (Voller Wortlaut des Urteils siehe Fußnoten)
 

Die strittigen Schriften: Utopia und Veracity SSi
 
Adobe argumentierte, dass in skalierbaren Schriften im Gegensatz zu den bis dahin verwendeten, einfachen Bitmap-Fonts entsprechende schöpferische Leistung steckt. Und dies ist selbst dann der Fall, wenn es sich um Digitalisierungen handelt.
 
Dies entspricht dem oben genannten Walbaum-Gemälde-Gleichnis. Wird die Schrift eigenständig (selbst auf Basis einer historischen Vorlage) von einem Schriftgestalter entworfen, entsteht ein schutzfähiges Werk, weil unzählige gestalterische Detailentscheidungen individuell gefällt werden müssen. Wird jedoch lediglich das Ergebnis dieses Schaffes digital kopiert, handelt es sich um ein Plagiat. 
 
Das Gericht schließt sich dieser Argumentation an und kommt zu folgenden Ergebnissen: (gekürzte Auswahl)
To prove copyright infringement a plaintiff must prove ownership of a valid copyright and copying by the defendant. A computer program is defined by the Copyright Act as “a set of statements or instructions to be used directly or indirectly in a computer to bring about a certain result.”  Computer programs are protectable literary works. Typeface designs are not copyrightable. [Eltra Corp. v. Ringer, 579 F.2d 294, 298 (4th Cir. 1978)] A computer program is not rendered unprotectable merely because its output is not protectable. […] Thus, the fact that a computer program produces unprotectable typefaces does not make the computer program itself unprotectable.  
Im Gegensatz zum europäischen Raum wird der bloße Entwurf von Schriften in den USA nicht als schutzfähig angesehen. Umso mehr jedoch dessen anwendbare Gestalt in Form des digitalen Werkzeuges Fontsoftware. Und dies gilt ausdrücklich auch dann, wenn der Entwurf selbst nicht schützbar ist.
 
 
Und so kommt das Gericht in diesem Rechtsstreit zu folgendem Urteil:
 
Das Gericht bestätigte also, dass der von Robert Slimbach angefertigte Utopia-Font für Adobe im Sinne eines Computerprogrammes ein schutzfähiges Werk ist. Denn ohne die Existenz des gültigen Schutzrechtes könnte dieses ja auch nicht verletzt werden. Und das Gericht bezeichnet die betreffenden Fonts beachtlicherweise auch ausdrücklich als »Software-Programm«.
 
Deutschland: Fonts als Computerprogramm
Aber auch in Deutschland wurde der Schutz von Fonts als Computerprogramm bereits verhandelt. Und wie schon bei dem im letzten Artikel dieser Serie besprochenen Urheberschutz bezogen auf das Design, kommt das Gericht auch hier zu einem Ergebnis, das den üblichen Internet-Mythen einmal mehr klar widerspricht (LG Köln, 12.1.2000, Aktenzeichen 28 O 133/97. Volltext siehe Fußnoten). 
 
Auch in diesem Fall ging es um Schriftenplagiate. Die beklagte Partei vertrieb eine CD-ROM mit Schriften, von denen zumindest 19 zwar geänderte Namen hatten, aber ansonsten ein identisches Erscheinungsbild zu Schriften der Klägerin hatten. Die Klägerin forderte daraufhin Unterlassung des Verkaufs und in der Folge auch Schadenersatz, da der Vertrieb auch nach abgegebener Unterlassungserklärung weiterhin erfolgte. 
 
Das Gericht gibt der Schadensersatzklage in vollem Umfang recht und erklärt:
 
Das Gericht bestätigt also auch in dieser deutschen Entscheidung, dass Fonts urheberrechtlich schützbare Computerprogramme sein können, wenn es sich wie bei den strittigen Schriften um »eigenschöpferische Programmierleistungen der Schriftendesigner« handelt. Welche Bestandteile des Fonts hier maßgeblich zum Tragen kommen, führt das Gericht nicht näher aus. Die meisten juristischen Einschätzungen zu diesem Thema gehen davon aus, dass der Schutz als Computerprogramm nicht auf die digitalen Buchstaben-Formen anwendbar ist, sondern sich auf jegliche Art von Steuerbefehlen beziehen muss, die in der deutschen juristischen Betrachtung ein maßgebliches Kriterium für Computerprogramme darstellen (vgl. auch Jaeger/Koglin 2002). Bei Fonts träfe dies etwa auf manuelle Bildschirmoptimierung zu, die insbesondere im Falle von TrueType-basierten Schriften eine komplexe Programmierung darstellen kann. 
 

Manuelle Bildschirmoptimierung kann Schriften zu urheberrechtlich schützbaren Werken machen (Foto-Quelle)
 
Zwischenbemerkung – Design- oder Programmschutz?
Betrachtet man sich die bisher besprochenen Fälle aus Deutschland und Amerika zeigt sich ein auf den ersten Blick verblüffender Unterschied. In den USA wird der Designschutz für Schriften strikt abgelehnt, der Schutz als Computerprogramm gilt jedoch als unstreitig. Im deutschen bzw. europäischen Raum ist es gerade umgekehrt. Die Eintragung des Schriftdesigns als Geschmacksmuster ist europaweit geregelt und auch der Urheberrechtsschutz wird von Juristen ausdrücklich als möglich angegeben. Der Schutz als Computerprogramm dürfte jedoch auf das Gros der Schriften nicht zutreffend, da ihnen die manuell programmierten Steuerbefehle fehlen. 
Warum unterscheiden sich die üblichen Schutzformen so stark? Schaut man genauer hin, ist dies gar nicht unbedingt der Fall. Der Unterschied mag vor allem aus der unterschiedlichen Ausgangslage resultieren, die durch die abweichenden Definitionen des Begriffs Computerprogramm entstehen. Hierzulande verlangt der Begriff Steuerbefehle, über die Schriften nicht automatisch verfügen – zumindest nicht als wesentlicher Teil des Werkes. Daher dominiert hier der Designschutz der sich konkret auf die Ausgestaltung der Zeichen bezieht.
In den USA ist der Begriff des Computerprogramms viel weiter gefasst:  “a set of statements or instructions to be used directly or indirectly in a computer to bring about a certain result.” Und da der Begriff so weit gefasst ist, schließt er also auch die Gestaltung von Schriftzeichen in Form von mathematischen Kurvenbeschreibungen mit ein. Und wie aus dem Adobe-Urteil abzulesen ist, basierte die Entscheidung des Gerichts auch genau auf diesen Merkmalen.
So schützt das europäische Recht also die konkrete Darstellung der Buchstaben in einem Font, das amerikanische Recht dagegen die mathematischen Anweisungen, die die konkrete Darstellung der Buchstaben bei der Anwendung des Fonts erzeugen. Gemeint ist aber beide Male das Gleiche – nur einmal wird es unter dem Prinzip des Computerprogramms zusammengefasst und einmal als gestalterisches Werk tituliert. 
 
Fazit
Wie gezeigt wurde, ist an Bezeichnungen wie Font-Software oder Schriften-Software nichts anrüchiges. Fonts sind Software, weil sie keine Hardware sind. So einfach ist das. Der Internet-Mythos, der hier eine entsprechende Verschwörung wähnt, fußt auf der unnötigen und sachlich falschen Gleichstellung von Software und Computer-Programm.
Und selbst die Einlassung, dass Fonts keine Computer-Programme sein können, konnte klar widerlegt werden. In den USA gelten Fonts juristisch ausdrücklich als Computerprogramme und hierzulande ist diese Einstufung im Streitfall eine Fallentscheidung – möglich ist sie jedoch ausdrücklich. Für eine tiefer gehende Betrachtung aller besprochenen Details stehen die unten verlinkten Rechtsurteile und juristischen Einschätzungen zur Verfügung.
 
 
Quellen:
Jaeger/Koglin: Rechtlicher Schutz von Fonts, 2002 Adobe Systems Inc. v. Southern Software, Inc. v. Ares Software Corp. ,NO. C95-20710 RMW(PVT) LG Köln, Urteil vom 12.01.2000, 28 O 133/97, Schutzfähigkeit von Computerschriften
Die Geschichte der Zeichenkodierung ist lang, wie in unserer entsprechenden Artikelserie (Teil 1, Teil2, Teil 3) gezeigt wurde. Mit jedem Evolutionsschritt vom Fernschreiber zu ASCII, zu 8-Bit-Codes und schließlich zum Unicode wurde der Raum für mehr Zeichen geschaffen, aber gleichzeitig wurden auch »Altlasten« übernommen. 
Zu diesem Thema erreichte mit nun ein Aufruf von Ingo Krehl und Friedrich Forssman, zwei Unicode-Bezeichnungen abzuändern. Und den Text stelle ich gern hier zur Diskussion. Hier der Wortlaut:
 
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