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Typo-Sünden gesucht

Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Die allgemeine Meinung (hier zum Bespiel vertreten von Der_Schwabe) ist, dass die Leute immer schlechter lesen und schreiben können, und das immer mehr typografische und Rechtschreibfehler auftreten.

Ich bin mir da nicht sicher, und wollte mal eure Meinung hören:

Wenn man sich eine gewöhnliche Tageszeitung von etwa 1900 ansieht, wird man feststellen, dass es dort von Rechtschreib- und Typofehlern, gerade in den Anzeigen, nur so wimmelt. Das gilt auch, in beschränktem Maße, für Schilder, soweit man diese auf alten Fotos sehen kann.

Und weiter: Heutzutage gehen mehr als ein Drittel der Schüler auf das Gymnasium; viele dann weiter auf die Universität. Es macht schon einen großen Unterschied, ob nur hellsten Köpfe (z.B. 5 %) einer Generation ein Studium aufnehmen oder ein Viertel der Bevölkerung. Im letzteren Falle wird man immer, unabhängig von veränderten Lehrformen usw., ein Nachlassen der Durchschnittsleistung feststellen können.

Zudem: Bis vor vierzig, fünfzig Jahren hatten viele Menschen einen Arbeitsplatz, der keinerlei Schreib- und oft auch keine Lesetätigkeit erforderte. Allein die ganzen Hilfskräfte in der Landwirtschaft, die es heute nicht mehr gibt, brauchten die Fähigkeit des Schreibens nicht. Diese Menschen waren teilweise sehr ungelenk im Schreiben (seht euch mal Feldpostbriefe aus dem Ersten Weltkrieg). Heutzutage muss (fast) jeder schreiben können, und man erwartet einen guten Standard.

Internet: Das Internet hat, meiner Meinung nach, zu vermehrtem Schreiben und Lesen geführt. Analphabeten können das Internet nicht nutzen. Wer eine Internetseite haben will, muss schreiben können. Das hat das Schreiben zu einem Massenphänomen gemacht. Wenn jeder schreibt, wird es natürlich viel mehr Fehler geben, als wenn nur hochgebildete und intelligente Menschen schreiben, die viel Übung haben.

Inflation der Drucksachen: Druck- und Satzkosten sind in den letzten Dekaden enorm gefallen. Heute kann (fast) jeder zuhause Drucksachen in einer ziemlich professionellen Qualität erstellen. Dass der Zivi auf dem Pfarramt aber nicht die gleichen Standards hat wie ein ausgebildeter Setzer, ist klar. Früher wurden eben die wenigen und teuren Drucksachen von gelernten Menschen produziert, heute handelt es sich um Massenware, mit allen Vor- und Nachteilen.

Um kein Missverständnis zu erwecken: Ich finde Rechtschreib- und Typofehler schlimm, und manchmal dreht sich mir der Magen beim Ansehen einiger idiotischer Fehler um. Ich habe auch wenig Verständnis für die Leute, die trotz eines unzureichenden Wissens meinen, Firmenschilder und gewerbliche Drucksachen produzieren zu müssen.

Aber: Ich glaube nicht, dass die Schreib- und Lesekultur "den Bach runter geht".

Gruß,

Christian Kaese

Geschrieben

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Gestern abend: Der krosse Deutsch-Test auf RTL. Erwartungsgemäß war – trotz des Themas – die Typografie schlecht wie immer. Mal abgesehen davon, dass die völlig unnötige Versalschreibweise wieder Millionen Deutschen eingebläut hat, dass man jetzt immer Doppel-S statt Eszett schreibt: Der Titel-Grafiker hat wie immer frei auf Koppelungsstriche verzichtet und mit Zollzeichen um sich geworfen.

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Geschrieben

Wie genial ist das denn? Zoll, dann aber von Hand nach oben und unten geschoben? Phantastisch. Irgendwie schon fast rührend gut gemeint, oder?

Und... wenn das die ErikRighthand ist, dann gibts da auch Small Caps, die deuuuutlich schöner sind als die Versalversion, die wir hier sehen.

Abgesehen davon finde ich einen großen Deutsch-Test aus-ge-rechnet bei RTL irgendwie schon richtig superklasse. Warten wir auf den großen Mathe-Test bei RTL II.

PS:

Die Zuschauerfrage beweist aber irgendwie, daß die Zuschauer es auch mal so rrrrrrrrrichtig nötig haben :-D.

  • 2 Wochen später...
Geschrieben

Eingesandt von Peter Mettin, Bonn:

fuss.jpg

Bild 1 ist von einem namhaften Sportschuhersteller. Sie werden den Fehler sicher finden. Die unfreiwilligen Wortschöpfungen finde ich fast schon kreativ.

gruen.jpg

Bild 2 zeigt einen beliebten Fehler, der für mich den mikrotypografischen Super-Gau darstellt: Ein Akzentzeichen als Pseudo-Apostroph. Dummerweise noch nicht einmal ein Akut sondern ein Gravis, das mit seiner von-links-oben-nach-rechts-unten-Richtung dem Apostroph am unähnlichsten ist.

Geschrieben

Ziemlich traurig finde ich auch, daß Spiegel Online falsche Anführungseichenverwendet, zumal sich der Sitch vom Zollzeichen, daß die meisten leute eben aus Unwissen oder Faulheit eingeben, zum typographisch korrekten Anführungszeichen vollautomatisieren lässt.

  • 2 Wochen später...
  • 2 Wochen später...
Geschrieben

Aktuell ein Faltblatt aus meinem Briefkasten von gestern.

Die „FIFA Fußball-Weltmeisterschaft Deutschland“ wird hier permanent mit Doppel-s geschrieben, obwohl sie ja wohlweislich nicht in der Schweiz stattfindet, wo man das ß abgeschafft hat. Vielleicht liegt‘s ja aber am Schweizer FIFA Präsident.

numisblaetter.jpg

Geschrieben

Immer wieder werden wissenschaftliche Arbeiten in so bescheidener Office-"Qualität" gedruckt, dass es mir um Blut, Schweiß und Tränen Leid tut, die in den Inhalt inverstiert wurden:

HannoverSelbst.jpg

Opfer und Täter zugleich ist hier Bettina Hannover. Der Beihilfe schuldig ist der Hans Huber Verlag, Titel: Das dynamische Selbst.

Ein Buch, das ich von der Typographie abgesehen empfehlen kann, aber es sieht eben doch aus, wie ein gebundener Stapel Ausdrucke einer Word-Datei - falsche Kapitälchen, ß im Versal/Kapitälchensatz, keine Sperrung der Kapitälchen und dafür löchriger Blocksatz. Weiter geht es (hier nicht zu sehen) mit Zollzeichen, haarsträubendem Formelsatz, falschen Binde- und Gedankenstrichen.

Gruß, Georg

Geschrieben

Bei einer Freundin hängt im Bad eine

3 Minuten Zahnputzuhr von Colgate.

Immerhin Produkt einer PR(?)-Abteilung einer nicht ganz kleinen Firma.

Mangels Digitalkamera kann ich kein Bild liefern. Auf der Website von Colgate habe ich vergeblich nach der Möglichkeit gesucht, das Ding anzufordern.

Gruß eryakaas

  • 2 Wochen später...
Geschrieben
Na, da hätte mich ein bindestrich aber auch gestört, oder?

Genau da liegt ja des Pudels Kern. Ist die Typografie nun die berühmte »dienende Kunst«, die sich dem Zweck, der Rechtschreibung etc. unterordnet oder kann der Designer alle Regeln brechen nur weil ihn irgendetwas »stört« und es anders »schöner« aussehen würde?

Für mich gibts da (von bewussten Experimenten mal abgesehen) nur eine klare Antwort und keine Grauzonen.

Ralf

Geschrieben

Hallo, in einem oberen Beitrag wurde gesagt, dass einfach das Wissen/Gespür fehlt, z. B. bei Gestaltungen von Fernsehsendern. Da kann ich nur zustimmen. Bei uns in der FH hat ein Mediendesigner pflichtmäßig nur in einem Semester (von acht) das Fach Typografie. Also ca. zehn Veranstaltungen. Das sind aber dann die Leute, die später die Station-IDs und Werbetrenner gestalten. Also, woher sollen die das wissen? Da wird einem ganz anders, wenn sie beim Diplom ganz stolz ihre (toll gemachten) Werbespots und ähnliches vorführen, aber schon beim Titel 50 cm hohe Zollzeichen vor 300 Zuschauern auf der riesigen Leinwand erscheinen.

Gruß, Martin

Geschrieben
Bei uns in der FH hat ein Mediendesigner pflichtmäßig nur in einem Semester (von acht) das Fach Typografie. Also, woher sollen die das wissen?

Das ist leider an (fast) allen Unis, FH und Fachschulen so und dieser Zustand wird sich sicher auch nicht so schnell ändern.

Meiner Meinung nach sollte man – wenn in diesem Bereich arbeiten will –schon von alleine den Wunsch entwickelt sein Handwerkszeug zu beherrschen. Dann findet man auch schnell die passenden Bücher oder Webseiten wie diese hier (»Typografie« bei Google eingegeben; fertig!).

Mit Pflichtkursen allein wird man da nichts bewegen. Der Kommunikationsdesigner muss selbst begreifen, dass seine Berufsbezeichnung nicht umsonst aus zwei Teilen besteht und Farben und Formen eben nicht alles sind.

Ralf

Geschrieben

Hallo, stimmt. Es sollte auch von mir kein Lösungsvorschlag sein, mehr Pflichtunterricht einzuführen, ich wollte nur mal vergegenwärtigen, dass z.B. in der Grafikabteillung der Tagesschau keine Praktikanten sitzten, sondern dass dort studierte Fachleute diese Fehler mangels, ja mangels was eingentlich, fabrizieren. Gruß, Martin

Geschrieben

Völlig unerwartet fällt einem doch manchmal die Typografie der gar nicht so guten alten Zeit in den Rücken.

:shock:

Zum Beispiel dieses Schriftmuster mit der Stahl von Koch/Klingspor:

Stahl_310.jpg

Den Kontext gibt es beim virtuellen Koch-Denkmal.

... und die Jugend hatte früher auch keine Manieren :roll: .

Georg

Geschrieben

Hallo,

ich bin nicht sicher, ob Handgeschriebenes hier auch gefragt ist, aber ich konnte nicht widerstehen, weil es sich um ein Werk unserer Justizministerin handelt:

brigittes-quark.jpg

Jetzt gibt's wahrscheinlich Ärger, weil ich das Bild geklaut hab? Es stammt von hier: Morgenmagazin (etwas scrollen). Wie man sieht, hat die ARD in ihrem Text den Strich diskret weggelassen, hatte aber im nächsten Beitrag Stress mit einem Accent ...

Gruß eryakaas

Geschrieben

Ich hab letztens eine alte Arbeit von mir gesehen, wo ich den Bindestrich auch weggelassen habe, weil er einfach derbst gestört hätte. Regeln hin oder her, ich finde, zumindest im richtigen Kontext: Just do it. Wenn es der Komposition der Worte dienlich ist, immer. Wenn es allerdings nur im Fließtext in einer Zeile vorkommt, empfinde ich es eher als reinen Schreibfehler.

Geschrieben
Regeln hin oder her, ich finde, zumindest im richtigen Kontext: Just do it.

ganz meine meinung. regeln sind dazu da, gebrochen zu werden. wer weiß, wie es richtig geht, hat auch das recht, im berechtigten kontext darauf zu sch..., na gut, zu pfeifen.

Gast
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