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Aktuelle Typographie

Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Wer kann mir sagen, was momentan (04/05/06) aktuell ist was typo betrifft? Kann man da eigentlich eine klare Linie in der heutigen Zeit erkennen?Und wenn ja welche? Ich tue mich damit ein bisschen schwer, muss für die fh beispiele bringen die typisch für die heutige Zeit sind. Danke für eure Antworten.

Geschrieben
typisch für die heutige Zeit sind

Vielleicht ist am typischten für unsere Zeit, dass nichts mehr so richtig typisch ist – oder die Trends fast im Minutentakt wechseln. Wie wäre es damit: sammle eine breite Reihe ganz konträrer Designs und stelle sie gegenüber. Ich glaube, das trifft den Zeitgeist ganz gut.

Liabs Grüassle. Markus.

PS: Fons Hickmann ist derzeit glaub ich recht angesagt. Aber ich weiss nicht ob das deine Frage trifft, denn da geht es mehr um Gestaltung im Großen als um Typografie im Detail. (wer es hasst wenn eine Website Browserfenster verstellt und up poppt, der sollte auf den Besuch verzichten! :evil: )

Geschrieben

momentan sind für mich humanistische hybridschriften angesagt, die sich nicht mehr eindeutig klassifizieren lassen. im endeffekt lässt sich jede art der strömung durch den stand der werkzeuge/technik identifizieren.

Geschrieben
momentan sind für mich humanistische hybridschriften angesagt, die sich nicht mehr eindeutig klassifizieren lassen. im endeffekt lässt sich jede art der strömung durch den stand der werkzeuge/technik identifizieren.

Hmm, wie äußert sich das im jetzigen Fall?

"Wir haben den Computer und Bezierkurven, und können deshalb alles kreuz und quer nach belieben machen?"

Geschrieben

danke, genau so sehe ich das nämlich auch, heute gibt es keine konkrete linie mehr, ich hab jetzt ein paar schrift-logo herausgesucht und die mit den alten verglichen, da sieht man wenigstens die veränderung zu früher. .. hab noch nicht so viel ahnung, hab grad erst angefangen mit dem studium ganz frisch dabei..

Geschrieben
momentan sind für mich humanistische hybridschriften angesagt, die sich nicht mehr eindeutig klassifizieren lassen. im endeffekt lässt sich jede art der strömung durch den stand der werkzeuge/technik identifizieren.

Wenn wir mit Typografie die Schriftgestaltung meinen, dann schließe ich mich dem an. Ich habe schon öfters versucht meine Schriftensammlung nach Klassen zu gruppieren. Das funktioniert bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrunderts recht gut, aber dann wird es zunehmend schwieriger.

Ich finde diese Vielfalt aber gut (denn das Gegenteil wäre ja wohl Einfalt :wink: ).

Ich glaube auch die Sache mit dem Stand der Werkzeuge stimmt, weil heute jeder Designer seine eigenen Schriften entwerfen kann. Ja sogar jeder Homeuser kann sich sein eigens Schriftensüppchen kochen, so er will.

Ich sehe auch, dass der humanistische Charakter in der Schriftentwickung in den letzten zehn Jahren sehr deutlich an Einfluss gewonnen hat, was ich sehr begrüße, da mir persönlich die »dynamischen Wanderer« lieber sind als die »statischen Soldaten« (um Willberg zu zitieren).

Liebe Grüße aus dem Wochenende. Markus.

Geschrieben
momentan sind für mich humanistische hybridschriften angesagt, die sich nicht mehr eindeutig klassifizieren lassen. im endeffekt lässt sich jede art der strömung durch den stand der werkzeuge/technik identifizieren.

Wenn wir mit Typografie die Schriftgestaltung meinen, dann schließe ich mich dem an. Ich habe schon öfters versucht meine Schriftensammlung nach Klassen zu gruppieren. Das funktioniert bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrunderts recht gut, aber dann wird es zunehmend schwieriger.

Ich finde diese Vielfalt aber gut (denn das Gegenteil wäre ja wohl einfalt :wink: ).

Ich glaube auch die Sache mit dem Stand der Werkzeuge stimmt, weil heute jeder Designer seine eigenen Schriften entwerfen kann. Ja sogar jeder Homeuser kann sich sein eigens Schriftensüppchen kochen, so er will.

Ich sehe auch, dass der humanistische Charakter in der Schriftentwickung in den letzten zehn Jahren sehr deutlich an Einflus gewonnen hat, was ich sehr begrüße, weil mir persönlich die »dynamischen Wanderer« lieber sind als die »statischen Soldaten« (um Willberg zu zitieren).

Liebe Grüße aus dem Wochenende. Markus.

Ganz eindeutig hat die Klassifizierung von Schriften nach der DIN 16 518 Nachteile. Dennoch kenne ich keine bessere Möglichkeit. Das vorweg.

Die Frage nach dem derzeitigen Trend wird hier beantwortet mit "humanistische hybridschriften". Es tut mir leid, aber da habe ich eine Rückfrage: Ist das ein definierter Begriff, den ich ganz einfach nicht kenne? Oder ist es eine Wortschöpfung? Was, bitte, ist eine "humanistische hybridschrift"?

Von der Professionalität vieler heutiger Typographen bin ich überzeugt, ebenfalls von deren Schriften. Aber andererseits stehen die Werkzeuge, mit denen diese Schriften heutzutage hergestellt werden, jedem offen. Und sie werden auch von jedem genutzt. Das führt zu einer Inflation und einem Werteverfall. Das, was damit produziert wird, hat mit Typographie eigentlich oft nichts mehr zu tun.

Meine Frau hat einen Apple iMac? Jedenfalls so ein Laptop von Apple. Sie gestaltet sich ihre Briefbogen selbst. Krümmt die Zeilen, baut eine Lichte Version, setzt Farben hinein, mischt Schriften kreuz und quer. Und dann zeigt sie mir diese "Entwürfe" und ich soll dazu etwas sagen. Ein Konflikt - den hier sicher jeder nachvollziehen kann. Aber genau das meine ich mit "Inflation und Werteverfall".

Wenn Ihr nun dafür schöne Worte findet wie "dynamische Wanderer" und dagegen setzen könnt "statische Soldaten", dann sind das - mit Verlaub - doch nur nett klingende Worthülsen.

Wo ist die reine Lehre, an die Ihr Euch haltet?

Wo sind die Grenzen, die Ihr nicht überschreitet, aber austestet?

Was sind typographische Grundvoraussetzungen, die Ihr als selbstverständlich akzeptiert?

Wäre es möglich, diese Fragen konkret zu beantworten?

Vielleicht, wenn es geht, auch mit Bild-Beispielen (zum Beispiel einer "humanistischen hybridschrift"?

Mich würde das sehr interessieren.

Georg

Geschrieben

Ca. 1998 war ich auf einen Vortrag von John Maeda. Er war (ist?) Professor an M.I.T., und hat unglaubliche Dinge damals gestaltet… er würde Computer Programme selber schreiben, die bewegende Designs erschaffen könnten… viel besser als was mann mit Flash heutzutage gesatalten kann. Er hat uns erzählt, wie er einmal in den früh-90ern eine Rede gehaltet hat, wo viele von die uralte, spitzen Grafikdesigners Amerikas dabei waren. Sie haben ihn immer wieder unterbrochen… "Stop! Stop!" hätten sie gesagt haben, "Dieses Frame da wäre das perfeckte Plakat machen," oder "Wenn Sie dieses Teil ausscheiden würden, hätten sie was…".

Sie könnten nur "statisch" denken. Der Witz ist aber, dass die Teile nur sich bewegen würden… es gab keine einzelnde Ausschnitt… es war mehr wie Film.

Nach den Vortrag kamm Paul Rand zu ihn (Paul Rand war etwa der "Großvater"des amerikanischen Grafikdesigns…) und sagte, "Sie dürfen dieses Raum nicht verlassen, bis Sie mir beibringen, wie mann diese Programme programmiert!"

Paul Rand schrieb den Vorwart Maedas Buch bevor er 1996 starb.

Ich war letztes Jahr auf einer deutschen Typo-Konferenz. Prof. Ralf de Jong hat während seiner Rede erzählt, wie er die Kerning-Values, Spacing, usw. von Fonts selber ändert, um einen besseren Satz zu kriegen. Eine Designerin fragte ihn, weshalb er das machen dürften/könnten. "Das ist gegen meiner Ausbildung!" meinte sie.

Ich habe an einer Amerikas recht-feinsten Designhochschulen studiert. Viele tolle Typo-Designers kommen von dort aus, auch einige Design "Superstars". Jedoch haben die Profs uns einige "Regeln" dort beigebracht, die einfach kein Sinn haben, oder die nicht immer stimmen können.

Lange Rede, kurze Sinn: Georg, es gibt keine Regeln. Regeln würden die Entwicklung zurückhalten, denke ich. Was in der Anwendung funktioniert, ist das, was richtig ist.

Natürlich führt das hinzu, dass mehere Leute selber "gestalten"… aber wozu ist das wirklich so schlecht? Es war immer so, dass nur einen kleinen Teil von gedruckte Sachen wirklich gut waren. Selbst in den 20ern gab es ganz viel Schrott. Damals gab es weniger "Drucker" als heute, weil die Künste dazu immer noch handwerklich waren. Heute ist das anders, aber ich freue mich, heute am Leben zu sein.

Geschrieben
Lange Rede, kurze Sinn: Georg, es gibt keine Regeln. Regeln würden die Entwicklung zurückhalten, denke ich. Was in der Anwendung funktioniert, ist das, was richtig ist.

Guten Morgen Dan,

das ist Anarchie und Nihilismus. Es ist erschreckend, führt in die Kälte. Unterstützt das derzeit schädliche Ich-Denken, negiert das Wir-Denken, das wir immer dringender benötigen, um zu überleben.

Die Entwicklung, die Du meinst, ist eine von uns nicht beeinflußte, also eine Evolution. So etwas wie ein Grunge-Darwinismus: Ein pessimistisches sich aufgeben, weil "es kommt sowieso, wie es ist".

Wir aber können die Entwicklung beeinflussen. Ich denke keinesfalls, daß die Zeiten in den 20er Jahren "besser" waren. Es gibt Tage, an denen ich Bleisatz-Schriften umpacke innerlich stöhne, so häßlich ist die Schrift. Auch damals gab es ganz sicher mehr Schrott als wirklich gutes Design.

Du hast auch recht: Das gute Design setzt sich letztendlich durch. Aber nicht aufgrund einer "natürlichen Entwicklung". Sondern eher aufgrund einer Art "Diktatur einer Elite".

Es ist die Elite in einer jeden Gruppe, die den Maßstab setzt. Die Verantwortung übernimmt und die voranschreitet. Die Vorbild ist für altruistisches (uneigennütziges) Verhalten. Und der dann "die Massen" folgen.

So wünsche ich mir auch die Typographie. Ich bin kein sonderlich begnadeter Typograph. Ich möchte lernen, staunen, nacheifern. Möchte mich Dogmen unterordnen, selbst ausprobieren und zur Kritik stellen. Kritik empfangen (und schlecht damit umgehen), aber lernen, daran zu wachsen.

Georg

Geschrieben

>das ist Anarchie und Nihilismus. Es ist erschreckend, führt in

>die Kälte. Unterstützt das derzeit schädliche Ich-Denken, negiert

>das Wir-Denken, das wir immer dringender benötigen, um zu

> überleben.

So what? So entstand die "gute" Typografie der 20er Jahren, u.a.

>Die Entwicklung, die Du meinst, ist eine von uns nicht beeinflußte,

>also eine Evolution.

Doch. Wir (die Massen) beinflussen die Weiterentwicklung schon (siehe uinten).

>Ich möchte lernen, staunen, nacheifern. Möchte mich Dogmen

> unterordnen, selbst ausprobieren und zur Kritik stellen. Kritik

> empfangen (und schlecht damit umgehen), aber lernen, daran

> zu wachsen.

Aber dann wirst du wahrscheinlich erst die alten Meistern kopiern müssen. Ich halte dies nicht immer für das Beste, obwohl viele Studenten – jung und alt – das machen. Im besten Fall wirst du denn ihre Ideen und Merkmale verinnerlichen können, und danach darüber hinaus kommen, und ihre Grenzen positiv überschritten. Im schlechtesten Fall wirst du die immer wieder nachahmen. Das wäre aber schlimm.

Ich habe nichts gegen eine Elite. Ich finde eine Elite gut, weil ich der Meinung bin – wie du geschrieben hast – dass gutes Design sich immer wieder fortsetzt. Mann kann nicht gegen die Evolution als Oberprinzip nicht kämpfen. Es wird immer neue Eliten geben. Aber nicht alle zukünftige Eliten werden von die Elite selber ausgewählt. Die Masse wählt selber ab und zu einige ihrer Gruppe aus. Diese "Anti-Eliten" bekommen immer wieder eventuell bestandteil der Eliten selber… vor allem in der Typografie.

Geschrieben
1. ... DIN 16 518 ... Dennoch kenne ich keine bessere Möglichkeit.

2. "humanistische hybridschriften".?

3. Sie gestaltet sich ihre Briefbogen selbst. Krümmt die Zeilen, baut eine Lichte Version, setzt Farben hinein, mischt Schriften kreuz und quer. ... "Inflation und Werteverfall".

4. Wenn Ihr nun dafür schöne Worte findet wie "dynamische Wanderer" und dagegen setzen könnt "statische Soldaten", dann sind das - mit Verlaub - doch nur nett klingende Worthülsen.

5. Wo ist die reine Lehre, an die Ihr Euch haltet?

6. Wo sind die Grenzen, die Ihr nicht überschreitet, aber austestet?

7. Was sind typographische Grundvoraussetzungen, die Ihr als selbstverständlich akzeptiert?

1. H.P. Willbergs Ansatz in »Wegweiser Schrift« finde ich eine gute Alternative. DIN wird der Realtität des heutigen Schriftenmarkten nicht mehr gerecht. Ich glaube ein System zu Klassifizierung von Schriften sollte einfacher sein. Vieles von dem was heute typografisch gestaltet wird gestalten Grafikdesigner die nicht das typografische Know-how haben, über das Typospezialisten verfügen. Das DIN-System verlangt ein außerordentlich geschultes Auge und fundiertes historisches Wissen über Schriftgeschichte und Entwicklung.

2. Ich glaube alle Spezialisten wissen was mit »humanistisch« gemeint ist und »hybrid« steht für »Dinge von unterschiedlicher Herkunft mischen«. Ich denke schon, dass diese »Wortschöpfung« aussagekräftig für die derzeitige Entwicklung im Schriftdesign ist.

3. Finde ich toll. Was dabei raus kommt krümmt uns Typografen oft den Magen. Aber ich nagel mir ja auch manchmal ein Regal selbst zusammen, obwohl ich kein Tischler bin. Wenn ich was ordentliches will, gehe ich dann vom Meister.

4. Ich glaube man tut H.P. Willberg unrecht wenn man seine Umschreibungen als »nur nett klingende Worthülsen« abqualifiziert. Es ist eine blumige Umschreibung, subjektiv gefärbt, aber doch treffend. Nachzulesen eben in »Wegweiser Schrift«.

5. Überall und vor allem vor meinen Augen.

6. Ein österreichische Künstler sagte mal »Wenn der Mensch über Bord geht, schmeisse ich die Kunst hinterher.« (oder ähnlich) – dem würde ich mich für die Typografie und das Design anschlißen.

7. Ich habe gelernt nichts als selbstverständlich zu akzeptieren und alles zu hinterfragen. Dogmatismus ist mir ein Gräuel.

Es ist mir wichtig, dass alles als meine subjektiven Aussagen verstanden zu wissen und nicht als Kampfansage an Irgendjemanden oder irgendetwas.

Liebe Grüße aus dem sonnigen Rheintal. Markus.

Geschrieben

(Sorry, ich habe diesen Beitrag geschrieben, vor Designworker seinen Beitrag oben fertiggeschrieben hat. Die Formatierungsfrage, die ich hier gestellt habe, macht jetzt kein Sinn meh :cry: )

Geschrieben
2. Ich glaube alle Spezialisten wissen was mit »humanistisch« gemeint ist und »hybrid« steht für »Dinge von unterschiedlicher Herkunft mischen«. Ich denke schon, dass diese »Wortschöpfung« aussagekräftig für die derzeitige Entwicklung im Schriftdesign ist.

3. Finde ich toll. Was dabei raus kommt krümmt uns Typografen oft den

4. Ich glaube man tut H.P. Willberg unrecht wenn man seine Umschreibungen als »nur nett klingende Worthülsen« abqualifiziert. Es ist eine blumige Umschreibung, subjektiv gefärbt, aber doch treffend. Nachzulesen eben in »Wegweiser Schrift«.

Hallo Markus,

auch mir geht es nicht um ein Streitgespräch.

Ich kenne Eure Terminologie teilweise nicht.

Ich bin also kein Spezialist.

Und kann mir unter "humanistisch hybrid" einfach nichts vorstellen und bat um ein Muster oder Link zu einer Schrift.

H.P. Wilberg gegenüber möchte ich keinesfalls respektlos erscheinen.

"Worthülsen" nehme ich also zurück und sage "blumige Umschreibungen".

Mit bestem Gruß

Georg

Geschrieben

Hier findest du eine, die meiner Meinung nach der Beschreibung "humanistisch hybrid" recht gut entspricht.

Sie lässt sich schwer ins historische DIN-System einordnen (sowohl Scala Sans als auch Scala). DIN würde sie wohl in die Antiqua-Varianten stecken, also in die Sammelgruppe für alles nicht-klassifizierbare.

Sie zeichnet sich durch Vielfalt aus. Es gibt sowohl Sans, Serif/betont, als auch Schmuckschnitte, alles zusammen gehört zu einem funktionierenden Gesamtsystem.

Sie sieht eigenwillig aus, verlässt ausgetrampelte Pfade, ist aber trotzdem auf Lesbarkeit optimiert. D.h. sie hat Qualität, ohne andere Qualitäten nachahmen zu müssen, und damit "gewöhnlich" zu werden.

Das Problem an der DIN-Klassifizierung ist aus heutiger Sicht schlichtweg, dass sie alle Groteskschriften in eine gemeinsame Klasse steckt, und das ist eben heute nicht mehr anwendbar, weil sich die Grotesken von der geometrischen über die statische hin zur humanistischen Variante diversifiziert haben. Das gleiche gilt im Grunde auch für serifenbetonte Schriften.

Es müsste eigentlich sämtliche bisherigen DIN-Antiqua-Klassen noch einmal geben, und zwar jeweils für Groteske und für Serifenbetonte.

Und genau das macht das System von Willberg. Es erstellt eine zweidimensionale Matrix, in die sich die Schriften einordnen lassen, einmal nach (Antiqua, serifenbetont, grotesk), und einmal nach (geometrisch, statisch, dynamisch).

So lassen sich tatsächlich beinahe alle Lesetext-Schriften einordnen. Natürlich gibt es Streitpunkte (wohin gehört eine, bisher der Klasse Barock-Antiqua zugeordnete Schrift? Das muss dann im Einzelfall entschieden werden).

Generell schwierig einzuordnen sind natürlich Schriftsippen. Die Thesis-Sippe müsste sich aufteilen in grotesk, serifenbetont (zweimal) und Antiqua. Jedenfalls sind alle Mitglieder der Sippe dynamisch-humanistisch*.

TomTom

* OT: was mich auf eine Idee bringt... Ob es möglich ist, eine Sippe zu gestalten, die sich nicht über die Serifen differenziert, sondern über den Stil? Sprich, eine Sippe die gemeinsam einsetzbar ist und gut zusammen funktioniert, und die z.B. folgende Mitglieder hat:

- Grotesk dynamisch

- Grotesk statisch

- Grotesk geometrisch

Geschrieben
und hier noch ein besipiel für eine »moderne« humanistische hybrid schrift.

http://www.processtypefoundry.com/typefaces/klavika/index.html

Gut, danke. Das ist, was ich suchte.

Darf ich weiter fragen?

1. "Hybrid" verstehe ich. "Humanistisch" nicht. Wieso humanistisch?

2. Nach DIN 16 518 (die nicht mehr gilt und die ich auch nicht sonderlich schätze) wären das hier Schriften der Gruppe VI - Serifenlose Linear-Antiqua. Du selbst würdest sie in die Gruppe VII - Antiqua-Varianten einstufen. Im Bleisatz haben wir durchaus verschiedene Schnitte einer Schrift, z.B. die von Dir erwähnten Schmuck-Varianten, die wir in zwei Gruppen einordnen würden. Was natürlich unschön ist, gar keine Frage.

Der Vorteil Eures Klassifizierungs-Systems liegt also z.B. darin, daß unterschiedliches Varianten einer Schrift zu derselben Gruppe gehören. Gut. Verstanden.

Verwendet Ihr wirklich den Begriff "Sippe" für eine Schriften-Familie oder -Garnitur?

Schönen Sonntag und nochmals danke für den Link.

Georg

Geschrieben

Im Bleisatz hat alles seinen eindeutigen Namen und seinen eindeutigen Platz. Ein Achtelpetit gehört im Ausschluß-Schrägpult links in die 2. Leiste ins unterste Fach, fertig. Man hat seine Garnituren mit Grotesk und Antiqua-Schriften, ein paar Auszeichnungs- und Schreibschriften - mehr braucht man nicht.

Im Fotosatz ging es darum, im Kopf zu sehen, was man als Befehlssyntax in den Terminal eingab. WYSIWYG gab es noch nicht, Seiten-Bildschirme, auf die man eine gesetzte Akzidenz ausgeben konnte, kamen auch erst später - und wurden von den meisten richtigen Fotosetzern kaum genutzt.

Bei den Redaktionssystemen ging es weniger um die Schriften und die Typographie - dafür gab es längst Macs und die standen nicht in der Redaktion, sondern z.B. in der Layout-Abteilung. Es ging um den Workflow und ums Netzwerk, in dem ein paar hundert Redaktionsarbeitsplätze miteinander kommunizierten.

Jetzt sitz ich hier, bin etabliert und schreibe auf'm teuren PC..

Und bin zurück im Bleisatz. Wo alles seinen Platz hat. Das Achtelpetit links unten im Ausschluß-Fach und die Lichte Römische Antiqua in der Gruppe VII - Antiqua-Varianten.

Ich schau mir an, wie sie's sich heute organisieren. Ich versteh's, aber genieße den Abstand. Da liegt ein Doppelmittel-Halbgeviert im Tertia-Geviert-Fach. Das bringe ich jetzt in Ordnung..

Der Kreis schließt sich. Ich bin zu Hause.

Einen schönen Sonntag.

Georg

Geschrieben

Ich finde es nicht schlimm, wenn alles nicht so leicht identifizierbar ist. Wesbalb muß alles seinen Platz haben?

Am anfang der digitalen Zeit, könnte ein Font aus technichen Gründen nur 256 Zeichen drin haben. Das war OK, solang als mann nur English, Französisch, Deutsch, usw. setzen wollten. Heute leben wir aber in eine globale Welt. Letze Woche müßte ich eine Broschüre in English, Französisch und Arabisch setzen.

Viel öfter ist es der Fall, dass deutsche Unternehmen Prospekte in Deutsch, English, Tschechisch und Polnisch setzen müssen. In den guten alten Zeiten, war dies streng schwer, da die "fremde" Zeichnen außerhalb gelagert werden müßten.

Wenn "alles" sein Platz hat, gibt es immer wertvolle Sachen, die leider draußen stehen müßen, weil es ist unmöglich, alles zu kategorisiern. Jeder setzt Grenzen wegen seiner eigenen Gebrauch. Wir wohnen in einer Welt, die nie sowenig Grenzen gehabt hat, wie heute. Ich freue mich über unsere Welt (fast) ohne Grenzen. Auch in der Typografie. Manchmal sind die kleinigste Sachen eben die wichtigsten.

Geschrieben
Ich finde es nicht schlimm, wenn alles nicht so leicht identifizierbar ist. Wesbalb muß alles seinen Platz haben?

Am anfang der digitalen Zeit, könnte ein Font aus technichen Gründen nur 256 Zeichen drin haben. Das war OK, solang als mann nur English, Französisch, Deutsch, usw. setzen wollten. Heute leben wir aber in eine globale Welt. Letze Woche müßte ich eine Broschüre in English, Französisch und Arabisch setzen.

Viel öfter ist es der Fall, dass deutsche Unternehmen Prospekte in Deutsch, English, Tschechisch und Polnisch setzen müssen. In den guten alten Zeiten, war dies streng schwer, da die "fremde" Zeichnen außerhalb gelagert werden müßten.

Wenn "alles" sein Platz hat, gibt es immer wertvolle Sachen, die leider draußen stehen müßen, weil es ist unmöglich, alles zu kategorisiern. Jeder setzt Grenzen wegen seiner eigenen Gebrauch. Wir wohnen in einer Welt, die nie sowenig Grenzen gehabt hat, wie heute. Ich freue mich über unsere Welt (fast) ohne Grenzen. Auch in der Typografie. Manchmal sind die kleinigste Sachen eben die wichtigsten.

"Ich finde es nicht schlimm, wenn alles nicht so leicht identifizierbar ist. Wesbalb muß alles seinen Platz haben?"

Oh, das ist einfach.

Ich mag es, wenn alles an "seinem" Platz ist. Von meiner Persönlichkeitsstruktur her brauche ich ein klares Ordnungssystem. Sonst zerfasere ich und verlier mich.

"Heute leben wir aber in eine globale Welt. Letze Woche müßte ich eine Broschüre in English, Französisch und Arabisch setzen."

Ich mag diese neue Globalisierung nicht. Kann sie nicht vermeiden, komme auch in ihr klar. Aber mögen muß ich sie nicht.

"Wir wohnen in einer Welt, die nie sowenig Grenzen gehabt hat, wie heute. Ich freue mich über unsere Welt (fast) ohne Grenzen. Auch in der Typografie. Manchmal sind die kleinigste Sachen eben die wichtigsten"

Du sprichst vom Größten und vom Kleinsten.

Ich mag Grenzen. Ich respektiere Grenzen und ich setze Grenzen. Alles andere ist mir zu aufdringlich. Und ich glaube, wenn wir weiterhin in jedem Bereich wirklich jede Grenze in Frage stellen und abschaffen, dann ist das nicht gut für uns. Das gilt auch für die Typographie. Es ist wieder das Thema von der Masse und der Elite.

Ich finde Ruhe in der Ordnung.

Georg

Geschrieben
Ich finde es nicht schlimm, wenn alles nicht so leicht identifizierbar ist. Wesbalb muß alles seinen Platz haben?

Ich glaube es ist ganz angenehm Schubladen zu haben. Das ist wie mit der Musik. Da gibt es auch Klassik und Pop, Jazz, Jazzrock und Fusion, Latin, Samba usw. Man kann dann mit Freunden und Kollegen über Musik sprechen und wenn der Freund fragt »Was für eine Musik macht ›X‹ denn?« kann man sagen »›X‹ spielt Punkrock« und der Freund kann sagen »Aha« und eine Vorstellung davon haben was das ist; dass es zum Beispiel anders klingen muss als Mozart.

Man darf sich an diesen Schubladen nur nicht festbeissen und muss akzepieren, dass sie immer relativ und unscharf bleiben – die Grenzen zwischen den Schubladen und die Frage »ist es noch Dieses oder gehört es nicht doch schon eher zu Jenem?«

Zu Georg: Ich kenne das Flair einer kleinen Druckerei wo Bücher und Akzidenzien mit Blei gedruckt werden – es kann besonders und unvergleichbar sein. Diese Ruhe und das ›alles an seinem Platz‹. Und man sollte solche Plätze pflegen und bewahren. Aber es muss auch Plätze der Veränderung geben, an denen die Dinge in Bewegung sind und kein Stein auf dem anderen bleibt. Sonst hätte es Bleisatz niemals gegeben und du, geschätzter Georg, wärest Mönch und würdest Bücher von Hand schreiben.

:wink:

Liebe Grüße aus dem aprilwettrigen Dornbirn. Markus.

Geschrieben
Ich finde es nicht schlimm, wenn alles nicht so leicht identifizierbar ist. Wesbalb muß alles seinen Platz haben?

Ich glaube es ist ganz angenehm Schubladen zu haben. Das ist wie mit der Musik. Da gibt es auch Klassik und Pop, Jazz, Jazzrock und Fusion, Latin, Samba usw. Man kann dann mit Freunden und Kollegen über Musik sprechen und wenn der Freund fragt »Was für eine Musik macht ›X‹ denn?« kann man sagen »›X‹ spielt Punkrock« und der Freund kann sagen »Aha« und eine Vorstellung davon haben was das ist; dass es zum Beispiel anders klingen muss als Mozart.

Man darf sich an diesen Schubladen nur nicht festbeissen und muss akzepieren, dass sie immer relativ und unscharf bleiben – die Grenzen zwischen den Schubladen und die Frage »ist es noch Dieses oder gehört es nicht doch schon eher zu Jenem?«

Zu Georg: Ich kenne das Flair einer kleinen Druckerei wo Bücher und Akzidenzien mit Blei gedruckt werden – es kann besonders und unvergleichbar sein. Diese Ruhe und das ›alles an seinem Platz‹. Und man sollte solche Plätze pflegen und bewahren. Aber es muss auch Plätze der Veränderung geben, an denen die Dinge in Bewegung sind und kein Stein auf dem anderen bleibt. Sonst hätte es Bleisatz niemals gegeben und du, geschätzter Georg, wärest Mönch und würdest Bücher von Hand schreiben.

:wink:

Liebe Grüße aus dem aprilwettrigen Dornbirn. Markus.

Hallo Markus,

meine Setzerei ist mein Refugium. Ich bin seit 14 Jahren in der Telekommunikation selbständig. Da ist immer alles "sofort und jetzt". Wenn mir das zuviel wird, kann ich mich seit ein paar Jahren dann mal in meine Setzerei zurückziehen. Und da ist alles ganz anders als in meinem Job.

Mir fehlen nur 2 Dinge, dann wäre es optimal:

1. Eine große helle Fensterfront aus lauter rechteckigen Einzelfenstern durch die die Sonne hereinscheint. Und im Sommer ist es manchmal völlig ruhig. Dann ist Zeit zum Ablegen von altem Stehsatz. Oder man pröttelt mit sonst irgendwas nicht eiligem herum.

2. Und im Hintergrund hörst Du die ganze Zeit:

http://www.buchdruck-nessing.de/

Dann ein Schwatz mit den Kollegen. Schön.

Georg

Geschrieben

1. "Hybrid" verstehe ich. "Humanistisch" nicht. Wieso humanistisch?

weil es mehr oder weniger auf handschrift basiert. und nicht ganz so streng rüber kommt wie eine FUTURA.

georg, ich finde es toll, dass menschen wie dich gibt und die sich um alte tradition kümmern und sich die zeit dafür nehmen.

die meisten hier im forum leben aber von dem was sie tun und sind froh über viele moderne lösungen die, die arbeit erleichtern.

man sollte passion nicht mit dem jobaltag vergleichen.

es gibt auch sehr viele schriftdesigner die sehr viel respekt vor den alten meistern haben und sie versuchen es in die heutige zeit zu übertragen.

j. f. porchez der auch schriftdesign unterichtet und seine schüler auch mit der feder umgehen können.

http://www.typofonderie.com/

oder frantisek storm der sehr viele alte fonts zum leben erweckt.

http://www.stormtype.com/

es gibt heute sehr viel gute typografie, die leider in der fülle der schlechten ein wenig unter geht.

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