Niklaus Geschrieben April 19, 2006 Geschrieben April 19, 2006 Gerne nehme ich die Idee aus einem anderen Thread auf, eine kleine – nicht weiter nutzbringende – Umfrage zum Thema ‹peinliche Lieblingsschriften› zu starten. Ich fange also an und sage: Avant Garde und Ronda (Herb Lubalin)
Poms Geschrieben April 19, 2006 Geschrieben April 19, 2006 also nochmal; ITC American Typewriter (Joel Kaden u. Tony Stan, 1974) P.S. Bleiben wir jetzt alle in den "seventies" stecken oder kommt noch was anderes?
RobertMichael Geschrieben April 20, 2006 Geschrieben April 20, 2006 peinliche lieblingsschrift? naja, sicher habe ich sowas, wobei ich dann doch eher das auf das peinliche verzichten würde, weil wenn ich sie verwende und es selbst entscheiden kann ist es nicht mehr peinlich sicherlich gibt es fonts die man wohl nie freiwillig nutzen würde, vorallem im headline bereich (siehe oben) aber es kommt immer drauf an was man macht/gestalten muss, bzw. welchen eindruck oder aussage man erreichen will. würde ich etwas für ein bordell gestalten müssen, so würde ich sicherlich auf schriften wie 'Octopuss', 'Tango' oder 'Davida' zurückgreifen. ich setzte auch gerne fonts ein, die andere mit absich als peinlich empfinden, einfach nur weil sie in eine gewisse epoche bzw. zu einem gewissen thema passen. bsp.: avant garde, bauhaus usw. aber wir machen wie gesagt viel im 'spaßbereich' also flyer, headlines, plakate für events etc. da kann man sich das schonmal leisten, solange die gesamte gestaltung dazupasst und nicht schrottig aussieht. ich erinnere mich noch an ein cover der visions, dort wurde die 'Banco' verwendet, ich wäre nie auf die idee gekommen diesen font irgendwann zu irgendetwas zu verwenden, aber es sah so gut aus, das ich ihn gleich wieder aus der schublade geholt habe und in mein suitcase aufgenommen habe. peinlich ist mir eher, dass ich nie (!) freiwillig eine 'Univers', 'Frutiger', 'Futura', 'Gill', 'Optima' oder 'Garamond' oder andere klassiker einsetzten würde. ich weiss nicht wieso, vielleicht kann ich sie einfach nicht mehr sehen. sorry. es sind trotzdem großartige schriften. ich verwende sehr oft die 'DIN', 'Fago' und 'Sauna' vielleicht ist dies oft peinlich weil nicht unbedingt alle einsatzgebiete zu diesen schriften passen. für mich sie jedoch zeitlose klassiker. mal sehen wie lange noch beispiel: eine DIN passt sicher nicht gut zu einem sporthotel bzw. sportanlage, trotzdem habe ich sie dort als hausschrift genommen. peinlich? vielleicht. sieht trotzdem gut aus. im headline bereich habe ich auch meine klassiker: 90 % der house industries fonts oder vergessene klassiker wie z. b. 'Tasse', 'AG Book' und 'Akzidenz Grotesk' sind da ganz oben mit dabei. neu dazugekommen und wiederentdeckt ist die 'Clarendon', diese nutzt ein kunde von uns als hausschrift (nicht unsere idee), wir haben dies dann ausgeweitet auf den condensed- und den bold-expanded-schnitt. das passt gut und wirkt nicht ganz so altbacken und langweilig wie die üblichen schnitte. die clarendon war uns natürlich nicht neu, jedoch diese restlichen 3 schnitte ... die habe ich vor einigen jahren entdeckt. früher habe ich in der lehre viel 'Swiss' verwendet, einfach weil sie mehr schnitt hatte als unsere 'Helvetica' damals, dass würde ich heute nie wieder tun. vor einigen jahren waren bei mir 'Triplex' und 'Interstate' noch ganz oben angesiedelt aber das hat auch nachgelassen, sie kommen kaum noch zum einsatz. richtig beschi***ne fonts wie 'Englische Schreibschrift' 'Fette Fraktur' oder 'Croissant' würde ich jedoch kaum verwenden, einfach weil es auf diesen gebieten bessere alternativen gibt. fazit. es gibt fonts die ich von der bettkante stoßen würde, jedoch ziehe ich sie für ein passendes schläferstündchen gerne wieder hoch und helfe ihnen unter die arme ...
Bleisetzer Geschrieben April 20, 2006 Geschrieben April 20, 2006 Ende der 70er Jahre wechselte ich vom Bleisatz in den Fotosatz. Endlich sauberes Arbeiten und dann auch noch im Sitzen - ein echter sozialer Aufstieg. So sah ich das damals im Alter von Mitte 20 Jahren. Zwei junge Graphiker, drei oder vier Jahre älter als ich, hatten sich selbständig gemacht. Ich war ihr erster Angestellter. Mir ging es zunächst vor allem darum, eine Chance zu bekommen, zu lernen. Dabei bin ich eher ein Autodidakt und in meinem ganzen Arbeitsleben eher Einzelkämpfer gewesen. Jawohl: mit begrenzter Team-Fähigkeit. Das habe ich schriftlich. Der eine Graphiker war für's Layouten zuständig. Der andere für die kaufmännische Akquise. Und ich mußte einerseits die Layouts realisieren, andererseits die Zeit- und Material-Kalkulationen für die Angebote erstellen. Unser erstes Periodikum - Jesus, meine Zuversicht, warum erzähle ich das hier nur - war ein wöchentlicher Otto-Mess-Flyer, DIN A4, zweifarbig. Es ging immer nur darum: Möglichst große Schrift, möglichst viel Schwarz und Rot auf der Seite. Weiß war verpönt, da hätte ja noch etwas Schrift hineingepaßt. Wir hatten - klein, klein - eine CompuGraphic CG4600. Das war ein Tischgerät mit einer Display-Zeile, also ohne Monitor. Man sah in einer groben Pixel-Schrift die eingegebenen ASCII-Zeichen und ein paar einfache Symbole für Carriage Return und Tab und so was. Schickte man eine Zeile weg, so wurde diese sofort belichtet und der eingegebene Zeilenvorschub wurde ausgeführt. Innerhalb von drei, vier Monaten habe ich mich auf diesem Räppelchen zum wahren Meister entwickelt. Ich konnte einen kompletten Flyer mit ca. 12-14 Freß-Anzeigen als Makro blind eingeben (um so das Zeilenend-Kommando zu vermeiden, das eine Belichtung auslöste). Und so auf dem DIN A4 hoch- und runterfahren, fette Linien ziehen, Paßmarken bauen etc. Als ich das erstemal wirklich sicher war, daß es funktioniert, habe ich meine Bosse geholt, auf Return gedrückt und das Makro ablaufen lassen. Das Ding hat über 5 Minuten lang nur belichtet und ich habe immer nur gesagt "Guck.. ohne Hände.." Doller Erfolg. Ja, ja. Ich komme schon zum Punkt.. Wir mußten drei Schriften für die Flyer verwenden: Schmalfette Futura für die Artikel American Typewrite für die Subheads Und Fette Futura für die Preise Ich kann sie nicht mehr sehen. Ich bekomme ein Würgen, wenn ich irgendwo eine American Typewriter sehe. Paul Renner - einer der größten.., aber wenn ich die Fette Futura erkenne, dann sehe ich mich diese dämlichen Otto-Mess-Flyer setzen. Ich weiß das alles.. daß die Futura einer der ausgewogensten Serifenlosen und so ist.. und auch die American Typewriter mag ihren Sinn und ihre Historie haben.. (Welchen? Welchen??) Bei Otto Mess kaufe ich nicht mehr ein. Noch 1983, da habe ich meine Frau kennengelernt und ein halbes Jahr darauf auch geheiratet, standen wir vor einem Otto Mess. Damals gab es automatische Türen, die auf Gewicht reagierten, nicht mit Hilfe von Bewegungsmeldern wie es heute üblich ist. Ich wollte nicht rein in den Laden, wollte warten, meine Frau wollte nur irgendeine Kleinigkeit kaufen. Die Tür ging nicht auf.. Sie hüpfte und stampfte auf dieser Gummimatte herum, um den Türöffner auszulösen - sie war zu leicht.. 50 kg. Ich habe Tränen gelacht (damals wog ich knapp 90 kg). Ich gehe immer noch ungern zu Otto Mess. Und das erste, was ich mit Schriftschnitten der Fetten Futura mache, wenn ich sie bekomme, ist: Über Ebay verkaufen. ICHKANNSIENICHTMEHRSEHEN. Georg
Poms Geschrieben April 20, 2006 Geschrieben April 20, 2006 Gerade von dir, Georg aka Bleisetzer würde ich gerne deine/eine "peinliche Lieblingsschrift" genannt bekommen, du Hundertprozentiger, hihi. Also etwas das ausserhalb von - dies ist eine gute Schrift, weil... - liegt und die dich trotzdem nicht loslässt. Bislang hast du uns nur zwei Schriften genannt, mit denen du nicht mehr kannst... (eine davon ist eine meiner PLS... vorallem der Light-Schnitt). Ich habe natürlich auch Schriften "mit denen ich nicht mehr kann" z.B. die Frutiger, mit dieser Schrift habe ich einfach zu viel zu tun gehabt. Aber das ist ja ein anderer Thread. Grüße Thomas P.S. Hast du von den genannten Arbeiten Fotos, Scans - würde mich interessieren wie ihr damals "das Weiß ausgetrieben habt".
Bleisetzer Geschrieben April 20, 2006 Geschrieben April 20, 2006 Gerade von dir, Georg aka Bleisetzer würde ich gerne deine/eine "peinliche Lieblingsschrift" genannt bekommen, du Hundertprozentiger, hihi.Also etwas das ausserhalb von - dies ist eine gute Schrift, weil... - liegt und die dich trotzdem nicht loslässt. Bislang hast du uns nur zwei Schriften genannt, mit denen du nicht mehr kannst... (eine davon ist eine meiner PLS... vorallem der Light-Schnitt). Ich habe natürlich auch Schriften "mit denen ich nicht mehr kann" z.B. die Frutiger, mit dieser Schrift habe ich einfach zu viel zu tun gehabt. Aber das ist ja ein anderer Thread. Grüße Thomas P.S. Hast du von den genannten Arbeiten Fotos, Scans - würde mich interessieren wie ihr damals "das Weiß ausgetrieben habt". Hallo Thomas, ich kann den Begriff "peinliche Lieblingsschrift" gar nicht so recht für mich definieren. Es gibt Schriften, die sind phantastisch - aber ich mag sie nicht. Es gibt Schriften, die ich sehr mag - aber sie sind wohl gar nicht so besonders. Ich mag zum Beispiel die Antique Olive sehr. Warum, kann ich nicht sagen. Sie hat im Bleisatz nicht mal ein "ß" - weil es ein französischer Schnitt ist. Dazu haben französische Bleisatz-Schriften die Signatur "auf der falschen Seite", nämlich an der Kopf-Seite und nicht, wie wir es im deutschen Sprachraum von Bleilettern kennen, an der Fußseite. Das macht einen beim Setzen von Brotschrift-Graden wahnsinnig. Das war die erste neue Brotschrift, die ich mir vor vier Jahren gekauft habe. Und habe sehr lange überlegt. Das übliche wollte ich nicht (Helvetica), das optimale konnte ich mir nicht leisten (Weiß-Antiqua). Ich hab's diskutiert mit Kollegen. Und alle waren völlig perplex, als ich mich für die Antique Olive entschied. Keiner findet sie schön. Viele bemängelten den typographischen Wert. Ich fand sie schön. Äh.. es gibt natürlich ein kleines Problem: Sie paßt überhaupt nicht zu meinen Drucksachen. Ich kann sie mit kaum etwas mischen. Tatsächlich habe ich sie bisher nur zwei-, dreimal benutzt - ein Flopp. Komisch, wie ich heute schon definiert wurde.. Ein "100prozentiger" höhö.. (Seit heute wird meine Webseite bei http://www.slanted.de empfohlen. Man nennt dort meine Seite "kauzig". Ich weiß nicht, ob das eine bekannte Seite ist? Ich kenne sie jedenfalls nicht. Bin auch nicht beleidigt. Aber ist meine Seite "kauzig"??) ich sehe mich nicht so. Ich bin ein eher schlechter Typograph, bin nicht kreativ genug. Ein guter Handwerker (Schriftsetzer), joh.. das bin ich. Und natürlich habe ich mein gutes Dutzend typographischer Schemata im Kopf, mit denen man einfach nichts falsch machen kann. Aber das war's. In meiner Buchdruck-Schriftensammlung gab's schon heiße Diskussionen, weil ich dort im Kopf eine Schwabacher, die Rediviva, mit einer Helvetica leicht mische. Und das dann auch noch "Preußisch" nenne. http://www.bleisetzer.de/index.php?targ ... 0004&pic=a Natürlich ist das ein No-No. Und Blödsinn. Und hat mit Preußen überhaupt nichts zu tun. Aber mir gefällt's. Die Helvetica leicht lenkt nicht vom Eigentlichen - dem Schriftmuster ab. Und die Rediviva paßt - vom Laien-Standpunkt betrachtet - besser zu Preußen als eine - historisch korrektere - Antiqua. Gruß Georg
GRIOT Geschrieben April 21, 2006 Geschrieben April 21, 2006 Da oute ich mich mal in ganz anderer Richtung: Ich mag viele der Klassiker. Die Frutiger zum Beispiel ist doch eine grandiose Schrift – ob groß, ob klein dargestellt. Für Kunden freilich würde ich sie nur noch auf Wunsch einsetzen. Verliebt habe ich mich auch in die Myriad. Ich habe sie vor ca. acht Jahren für mich entdeckt und einem Kunden aus der Reisebranche „übergeholfen“. Das hat dann Apple gesehen ... Überhaupt nicht anfreunden kann ich mich mit den konstruierten Schriften. Die Futura hab´ ich nicht nur zu oft gesehen, sie gefällt mir einfach nicht. Mal ein Klassiker der Zukunft: Richtig genial finde ich auch die Maiola. Die habe ich in der PAGE gesehen und erst einmal auf Vorrat gekauft. Nun wartet sie hier auf ihren ersten Einsatz. In der VALUE wurden mal tschechische Entwürfe vorgestellt – auch da waren ein paar herrliche Fonts dabei.
Markus Wäger Geschrieben April 21, 2006 Geschrieben April 21, 2006 Da mir nichts ›zu peinlich‹ ist habe ich mir vor Jahren einen Buchstaben in den Pelz brennen lassen. Und zwar einen einer Schrift die zu manchen Zeiten und bei manchen Typografen als peinlich galt. Mit den sonnigsten Grüßen. Markus. »Born to be peinlich«
Niklaus Geschrieben April 21, 2006 Themen-Ersteller Geschrieben April 21, 2006 Ich mag zum Beispiel die Antique Olive sehr.…Und habe sehr lange überlegt. …Ich hab's diskutiert mit Kollegen. Und alle waren völlig perplex, als ich mich für die Antique Olive entschied. Keiner findet sie schön. Viele bemängelten den typographischen Wert. Ich fand sie schön. Hallo? Ich halte das für eine ausgesprochen elegante Schrift – auch andere Entwürfe von Roger Excoffon (Choc, Mistral oder jene merkwürdige aus den gerasterten Streifen) sind m. E. sehr chic, mais oui!
RobertMichael Geschrieben April 21, 2006 Geschrieben April 21, 2006 Da mir nichts ›zu peinlich‹ ist habe ich mir vor Jahren einen Buchstaben in den Pelz brennen lassen. hübsch. hätte ich einen stälernen körper hätten auch schon einige typen auf mir platz gefunden, ich habe aber für mich entschlossen das tattoos nicht zu mir passen. das X ist ja noch i. o. ein 'a' sehe da anders aus ... ;) kennt ihr die helvetica swash? wenn die mal einer digitalisiert bin ich der erste der die kauft ...
Markus Wäger Geschrieben April 21, 2006 Geschrieben April 21, 2006 ;) :( Zum Thema peinlich fällt mir doch noch was ein. Ich stehe zu allen meinen Lieben was Schrift angeht. Da ist mir einfach keine peinlich. Aber: Ich liebe Emoticons. Markus.
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