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Journal-Kursiv von 1913 und Solidaritäts-Adresse

Empfohlene Beiträge

Liebe junge Kollegen,

heute habe ich eine sehr seltene Fraktur-Variante gedruckt: Eine Journal-Kursiv der Ludwig Wagner A.-G., Leipzig, nach einem Entwurf von Rudolf Engelhardt, die ich Euch hier zeigen möchte. Nur so, weil sie so schön ist. Und weil kursive Fraktur-Versionen sehr selten waren in dieser Zeit. Auf Anhieb fällt mir noch die Weiß-Fraktur kursiv ein von 1909.

Nebenbei bemerkt möchte ich Euch an den morgigen 1.Mai und als alter Bleisatz-Kollege daran erinnern, daß dies auch Euer Tag ist, der Tag der Arbeit.

In den Siebziger Jahren gab es vom Chef 5 Mark - Maigeld.

Zum 1.Mai gab es ein Pflichtprogramm. Man traf sich mit den Kollegen zur Mai-Kundgebung, manche liefen auch beim Demonstrationszug mit. Man hörte dann ein bißchen den Reden der Gewerkschafts-Funktionäre zu,, trank ein Bier mit den Kollegen, schimpfte ein bißchen auf den Chef und, das war wirklich so, spürte die Solidarität.

Wir Jungen spöttelten ein bißchen über die älteren Schriftsetzer-Kollegen, denen bang ums Herz war, wenn sie an die aufkommende Fotosatz-Zeit dachten. Uns konnte keiner was - in der Graphischen Industrie gab es Vollbeschäftigung. Junge Setzer mit abgeschlossenen Lehr- und Gehilfenjahren, die bereit waren, sich zur Weiterbildung im Fotosatz zu melden, wurden händeringend gesucht. Und wir konnten uns die Stelle tatsächlich aussuchen.

Von diesen Zeiten sind wir lange, lange und ganz weit weg. Heute gibt es keinen Klassenkampf mehr - aber auch keine Klassen-Solidarität. Vermutlich empfindet Ihr Mediengestalter Euch nicht mehr als zur Arbeiterklasse zugehörig. Das ist nachvollziehbar. Habt Ihr ein Pendant gefunden? Eine Solidargemeinschaft, in der gilt: Zusammen sind wir stark? Oder habt Ihr Euch auseinander dividieren lassen und pflegt den Nimbus des starken Einzelkämpfers?

Das war früher anders. "Ihr da oben, wir da unten", um einmal Bernt Engelmann und Günter Wallraf zu zitieren, war noch Realität. Vieles lag im argen, aber man hielt schon mehr zusammen als heute.

Ich wünsche Euch einen sonnigen 1.Mai und sende Euch solidarische Grüße aus dem Preußischen Bleisatz-Magazin.

Journal-Kursiv:

http://www.bleisetzer.de/index.php?targ ... 0004&pic=a

Georg

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Lieber Genosse Georg,

war heute anlässlich des ersten Mai in der Klaus Staeck Ausstellung in Chemnitz.

Was die kursive Fraktur angeht, im Studium ist mir im Kalligrafieunterricht mal eine wunderschöne Kupferstecherfraktur begegnet von Mathias Merian, glaub ich. Wenn Du mal sowas im Musterbuch hast, würd ich mich freuen es zu sehen. Aber wahrscheinlich gibt es die als Druckschrift nicht.

Leider sitze ich gerade im Büro und muss nacharbeiten, soviel zum Tag der Arbeit,

Bye

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Genau deswegen haben Leute sie so verwendet!

Klar, ist eine fettere Schnitt die bessere Auswahl, zumindest in meiner Augen. Aber Schriftsetzer haben früher so gearbeitet. Fettere Versionen von Textschnitte ist etwas, dass erst während des 19. Jahrhunderts in der Entwicklung kam, denke ich (siehe Antiqua- und Grotesksatz). Aber die Kunst, die Fraktur zu setzen, geht auf die 16. Jahrhundert zurück.

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Von Albert Kaprs "Fraktur: Form und Geschichte der gebrochenen Schriften", Seite 214:

Bei Fraktur als Grundschrift hat die Schriftmischung eine lange Tradition: Man verwendet für die hervorzuhebenden Passagen eine Schwabacher, die durch ihren anderen Duktus und ihre andere Fette auszeichnet. Auch möglich, aber eher in Überschriften als im Text, ist eine gotische Schrift als Auszeichnung.

Danach folget ein Beispeil, aber ich habe weder Kamera noch Scanner momentan bei mir.

Mit Sicherheit muss mann eine PASSENDE Schwabacher auswählen. Nur weil die Walbaum Fraktur und eine "spezifische Schwacher Schrift in digitalen Form" nicht gut aussieht, heißt nicht, dass dies keine Möglichkeit ist.

Leider unter alle die gebrochene Schriftarten ist es die Schwabacher, von denen es am wenigsten gute digitale Fonts gibt.

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Natürlich gibt es unterschiedliche Fraktur- bzw. Schwabacher und unter diesen befinden sich bestimmt manche die besser miteinander korrospondieren... Aber als "ungläubiger Thomas" glaube ich erst etwas, wenn ich es sehe :D

Falls jemand Bildmaterial zur Mischung Fraktur/Schwabacher hat, bitte posten.

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>…oder ein Paar Worter in der Schwabacher zu setzen, wenn der Text sonst in einer Fraktur war.

fraktur-auszeichungen.gif

3) Walbaum Fraktur und Schwabacher - ich finde das passt nicht zusammen...

Bitte bei Verwendung von gebrochenen Schriften auf den richtigen S-Gebrauch sowie auf die Verwendung von Ligaturen achten.

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:-)

Schmissig, der letzte Kommentar.

Heute drucke ich eine Trump-Deutsch.

Vielleicht kommen da auch wieder so zahlreiche Kommentare und eine so angeregte Diskussion.

Ich mag dieses Forum mittlerweile sehr.

Ihr diskutiert so unaufgeregt und kollegial miteinander.

Georg

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@Ligaturix

- Wo mache ich einen "s"-Fehler?

Am Silbenende und damit insbesondere am Wortende steht stets das runde S, deswegen auch Schluss-S genannt. Ich vermute, dass diese Regelung die Esszett-Schreibung des 20sten Jahrhunderts in Deutschland sehr beeinflusst hat. Auch dort gab es für scharfes S im Auslaut die bekannte Extrawurst … Der S-Fehler war demnach in »Textauszeichnung« versteckt, fehlende Ligatur war ch. Diese wird übrigens fast immer auch im gesperrten Text gesetzt!

Zurück zur Schrift! Hier ein Beispiel für einen Frakturentwurf (Fraktur, Schwabacher, Textur, Initialen) aus den Neunzigern von Yannis Haralambous. Auszeichnung einmal durch Sperrung, einmal durch Schriftmischung mit Schwabacher.

Fraktur.png

Jetzt, da ich die Datei online gestellt habe (Datei-Upload im Forum funktioniert z.Zt. anscheinend nicht), sehe ich, dass die Sperrung mit Standardmaßen für Fraktur wohl etwas übertrieben ist. Naja, ging ja auch eher um die Schwabacher.

Gruß, Georg,

der hofft, dass er nicht doch noch ein langes S an falscher Position übersehen hat.

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Ich lese sehr viele antiquarische Bücher, die zum großen Teil in Gebrochenen Schriften gesetzt sind. Manchmal in gut lesbaren, manchmal in nicht so gut lesbaren (z.B. Maximilian). Diese Bücher erschienen erstmals zumeist in der Zeit zwischen 1900 und 1940.

Auszeichnungen im Fließtext von Sachbüchern finde ich im Vergleich zu aktueller Fachliteratur sehr viel seltener. Und wenn, sehr häufig als gesperrte Worte, manchmal auch in halbfett, aber immer aus derselben Schrift. In Büchern aus der Zeit ab ca. 1930 finden sich auch Auszeichnungen einzelner Worte, die aus einer Antiqua gesetzt sind.

Georg

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So weit ich sehe, war der Höhepunkt der phantasievollen Auszeichnung im 18. Jahrhundert erreicht. Außer kursiver Fraktur – das gibt es, glaube ich, nirgendwo – werden beinahe sämtliche mögliche Auszeichnungsarten, gerne auch in ein- und demselben (Fraktur-)Text, verwendet:

– fette Fraktur

– gesperrte Fraktur

– größerer (bzw. kleinerer) Schriftgrad

– Schwabacher (wiederum auch fett / groß / gesperrt)

– Antiqua

– kursive Antiqua

– kursive und gesperrte Antiqua

etc.

Dieses Set von Auszeichnungsarten bot weit umfassendere Möglichkeiten als heute.

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So weit ich sehe, war der Höhepunkt der phantasievollen Auszeichnung im 18. Jahrhundert erreicht. Außer kursiver Fraktur – das gibt es, glaube ich, nirgendwo – werden beinahe sämtliche mögliche Auszeichnungsarten, gerne auch in ein- und demselben (Fraktur-)Text, verwendet:

– fette Fraktur

– gesperrte Fraktur

– größerer (bzw. kleinerer) Schriftgrad

– Schwabacher (wiederum auch fett / groß / gesperrt)

– Antiqua

– kursive Antiqua

– kursive und gesperrte Antiqua

etc.

Dieses Set von Auszeichnungsarten bot weit umfassendere Möglichkeiten als heute.

Wobei dies ja auch schon fast inflationär und ohne System war.

Wir wurden in den 70er Jahren gelehrt, Auszeichnungen sparsam einzusetzen. Und halbfett zu setzen. Ich meine mich sogar zu erinnern, daß es ausdrücklich nicht als Auszeichnung galt, im Fließtext ein Wort kursiv zu setzen.

Der Fließtext bekam so eine normierte Ordnung. Jeder wußte, daß dies nun als Auszeichnung gemeint war bzw. ist. Denn diese Regel gilt ja auch heute noch.

Diesen Mix, den es im 18.Jahrhundert gegeben haben mag, entspräche in der heutigen Zeit doch einer Auszeichnung im Helvetica-Fließtext mit einer Bison-Schreibschrift - nicht wirklich prickelnd.

Georg

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Wobei dies ja auch schon fast inflationär und ohne System war. Wir wurden in den 70er Jahren gelehrt, Auszeichnungen sparsam einzusetzen. Und halbfett zu setzen. Ich meine mich sogar zu erinnern, daß es ausdrücklich nicht als Auszeichnung galt, im Fließtext ein Wort kursiv zu setzen.

Da muss ich vehement widersprechen: Der von Dir – zu Recht – angeprangerte Stilmix gilt wohl eher für das 19. Jahrhundert. Im 18. Jahrhundert hatte das Ganze durchaus System und war (in der Regel) gut durchdacht. Die Auszeichnungsarten wurden keineswegs wild durcheinander verwendet, sondern gezielt eingesetzt: etwa größerer Schriftgrad für Eigennamen, Antiqua für Fremdwörter, Sperrung zur Hervorhebung, Schwabacher für Zitate, kursive Antiqua für fremdsprachliche Zitate etc.

Das ergibt in der Regel ein durchaus homogenes Satzbild und kann sehr übersichtlich sein. Größere Auswahl schließt ja (die für Dich so wichtige) Ordnung und Normierung nicht aus: Gerade bei komplizierten – wissenschaftlichen – Werken ist die größere Auswahl der Auszeichnungen recht nützlich. – Dass man einfach Schriften wild mischte, weil es vermeintlich ‹schön› aussah, das begann erst so richtig im 19. Jahrhundert.

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