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Postkarten-ABC zum Sammeln oder Verschenken …

Schlafende Setzerei

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Geschrieben

Ich dachte mir, zum beschaulichen Wochenausklang erzähle ich Euch noch vom Märchen der schlafenden Setzereien.

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Schlafende Setzereien gibt es noch überall in unseren deutschen Landen. Oft weit vor dem Krieg in den 20er Jahren vom Großvater oder Urgroßvater gegründet, ständig erweitert, im Krieg zerstört, nach dem Krieg ergänzt, ernährten sie die Familien und gaben darüber hinaus vielen Kollegen Lohn und Brot.

Auf dem Bild ist nur eine Seite einer Bleisatz-Gasse zu sehen:

4 Steckschrift-Schränke mit je 3 Zügen (Reihen) mit je 18 Schubladen, also insgesamt 216 Schubladen voller Schriften von 16 p bis 72 p Schriftgröße. In Reihe gestellt erreichen die vier Schränke eine Länge von 4,20 m. Jede volle Schublade hat ein Gewicht von durchschnittlich 16 kg. In den Schranken befinden sich also fast 3.500 kg Schriften.

Auf der anderen Seite der Gasse stehen die Schränke mit den Brotschrift-Setzkästen, in denen die entsprechenden Schriftgrößen von 6 p bis 14 p lagern. Und zu den großen Schränken gehören dann auch noch die diversen Auf- und Anbauten für das Blindmaterial - allein das wird ein Gewicht von ca. 1.000 kg haben. Diese Schriftenschränke wiegen ca. 500 kg pro Stück und vier davon stehen dort.

Alles ist ein seinem Platz: Winkelhaken, Kolumnenschnur, Ahlen, einfach alles. In einer Ecke steht eine manuelle Andruckmaschine, Marke Korrex, Modell Berlin. Das bedeutet DIN A2-Überformat.

Im Einsatz der Produktion war diese Setzerei in der Mitte der 80er Jahre. Die Schränke sind neuester Generation, gebaut von der Satzmöbel-Abteilung der Schriftgießerei Ludwig & Mayer, gehörten zum Modell "Hammerschlag". Bestehen aus Holz mit einem grünen Anstrich, der diesem metallischem Design entsprechen sollte.

Mitte der 80er Jahre wurde die Setzerei geschlossen. Der Familienbetrieb struktuierte um, ist heute eine moderne Offset-Druckerei mit einer Mac-Vorstufe und Repro.

Und dann ist sie eingeschlafen und man hat sie vergessen...

Niemand störte sie, niemand hat dort geräubert.

Es ist alles noch da, bis morgen.

Morgen holen wir sie ab.

Und die ganzen schönen Schriften, von denen ich einige nicht einmal vom Namen her kenne, werden dann wieder zurückkehren in ihre ursprüngliche Funktion: Den Satz und den Druck.

Bleisetzer

P.S.: Denkt daran - wenn Ihr von einer schlafenden Setzerei hört, sagt mir Bescheid, damit ich sie wecken kann.

Geschrieben

Schlafende Druckereien...

1983 haben die Kieler Nachrichten die Druckerei Hansen in Preetz übernommen. Bis dato war die Druckerei mit Nyloprint-Klischees, also Polymerdruckplatten, beliefert worden, um die lokale Preetzer Zeitung zu drucken.

Als Azubi war ich dabei, die völlig verstaubten Bleisatzschubladen auszuräumen. Wir haben für die Akzidenzsetzerei der KN, die zwei Bleisatzgassen und eine Linotype besaß, die brauchbaren Schriften und Matrizen übernommen, und ich hatte bei der Gelegenheit einige Aufnahmen gemacht.

Die erste blickt aus einem der Fenster im Erdgeschoss, wo es im Winter bitterkalt gewesen sein musste:

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Das zweite zeigt zur Linken eine Presse, mit der die flache Bleisatzform in ein pappeartiges Material gepresst wurde. Diese Matrize wurde dann im gebogenen Zustand ausgegossen, so dass ein Stereo, also die halbe Rotations-Buchdruckform, entstand. Das wurde wahrscheinlich mit dem beheizten Gerät rechts gemacht.

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Gedruckt wurde die Form auf einer uralten Buchdruckrotation, das letzte Nylo lag noch ungewaschen in der Maschine:

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So sah die Auslage der Maschine aus:

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Aber viel schöner noch war die alte Linotype, hier ein Blick auf die Klaviatur:

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Dies ist der Elevator, eine Art maschineller Winkelhaken, in den die Matrizen hineinfielen und wo sie zur ganzen Zeile ausgeschlossen wurden:

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Und hier der Blick auf den Kopf der Maschine, ein noch heute stolzer Name in der typografischen Welt:

1261_g_2.jpg

Wer die Bilder mag, kann sie sich hier hochaufgelöst herunterladen:

http://www.global-type.org/Druckerei.670.0.html

Viel Spaß!

Lars

Geschrieben

Ich habe auch noch ein Foto für Dich:

Das ist ein sogenannter Lilliput.

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Das ist ein Gerät, mit dem man bei der Zeitung eine Mater einer ganzen zuvor im Bleisatz gebauten Seite herstellte.

Grundsätzlich wurde eine solche Zeitungsseite aus verschiedenen Teilen zusammengebaut: Maschinensatz, Linien, Klischees, Vignetten. Letztendlich aber brauchen die Drucker ein Ganzseiten-Klischee.

Die Mater ist die Zwischenstufe. In das Bett kam die handgesetzte Zeitungsseite - locker 40 kg schwer. Darüber kam das Matern-Material, eine Papp-Pampe, eher breiig. Unter hohem Druck und Hitzezuführung wurde sodann die Mater gepresst. So entstand ein seitenrichtiges Negativ-Abbild der Zeitungsseite.

Von dieser Mater wurde nun wiederum ein seitenverkehrtes Positiv-Abbild aus Blei erstellt. Davon wurde gedruckt. So daß auf dem Papier wieder ein seitenrichtiges Positiv-Abbild entstand.

Ich selbst habe in der Bleisatz-Zeit nicht bei der Zeitung gearbeitet, erst viel später, als ich schon vom Fotosatz weg in der Welt der Redaktionssysteme gearbeitetet habe.

Wir haben damals die ZaS zum Bundestagswahlkampf zentral in Düsseldorf hergestellt, aber mit -zig Lokalseiten und einem Wechsel bis 21 Uhr.

Gedruckt wurde übrigens u.a. auch bei den Kieler Nachrichten - Siemens-System in der Druckvorstufe, richtig? Atex ist dort niemals reingekommen..

Gott grüß die Kunst, Kollege.

Georg

Geschrieben
Gedruckt wurde übrigens u.a. auch bei den Kieler Nachrichten - Siemens-System in der Druckvorstufe, richtig? Atex ist dort niemals reingekommen..

Ja, das System kam von Siemens bzw. Hell als 100prozentiger, in Kiel ansässiger Siemens-Tochter. Der Belichter war die „Digiset“, der meines Wissens erste digitale Belichter überhaupt. Hier ein Bild:

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Dr.-Ing. Rudolf Hell hat übrigens nicht nur das Telefax erfunden, sondern auch den Klischographen und die weltweit ersten (analogen) Scanner. Das waren auch später die besten Maschinen. Hier ein Bild eines Trommelscanners von Hell:

1261_hellscanner_1.jpg

Und hier das Chromacom, das im Bereich digitale Bildverarbeitung Maßstäbe gesetzt hat:

1261_chromacom_2.jpg

Es gibt auf Wikipedia einen durchaus lesenswerten Beitrag zum Lebenswerk dieses genialen Erfinders, diesem Gutenberg des 20. Jahrhunderts:

http://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Hell

Lars

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