Markus Wäger Geschrieben Oktober 23, 2006 Geschrieben Oktober 23, 2006 Hallo, in der letzten Ausgabe ›Graphische Revue Österreichs‹ schrieb Christian Gutschi (?) einen Artikel über aktuelle Schrifttrends. Da stand unter Anderem zu lesen, es sei wissenschaftlich belegt, dass Botschaften an gebrochenen Schriften besser haften blieben (mal sinngemäß wiedergegeben). Was könnte er damit meinen oder kennt gar jemand eine Untersuchung auf die er Bezug genommen haben könnte? Liebe Grüße und die besten Wünsche für die neue Arbeitswoche. Markus.
Bleisetzer Geschrieben Oktober 23, 2006 Geschrieben Oktober 23, 2006 Man kann sehr leicht immer wieder feststellen, daß Gebrochene Schriften Diskussionen auslösen. Diese Schriften sind emotional stark beladen. Sie polarisieren. Deshalb gibt es auch den Schriftzug des Preußische Bleisatz-Magazin in der Koch-Fraktur. Die Assoziationen mit dem Wort "Preußen" erhöhen diese Polarisierung noch. Folge: Dadurch ist innerhalb sehr kurzer Zeit gelungen, das PBM als "Marke" einzuführen. Sogar, in einen ja wirklich kleinen Markt, als allgemein bekannte Marke. Ich stelle mir das immer so vor, daß ein Besucher erst einmal einen Adrenalin-Stoß bekommt, wenn er auf die Seite kommt. "Ne, nä? Das gibt's doch nicht wirklich, oder?" Danach gibt's zwei Möglichkeiten: a) Er sucht verbissen nach Belegen für seinen "Erstverdacht". Und findet nichts. Dafür anderes, was diesem eindeutig widerspricht. b) Sein Nostalgie-Gefühl ist positiv angesprochen und er beginnt, auf der Seite zu stöbern. Egal - beides ist im Sinne des PBM. Denn in beiden Fällen folgt dann oft auf einer ganz anderen Webseite ein Hinweis auf das PBM. Mit Vermerk "Gugge mol, wie skurril." Oder so. Mit den Adjektiven muß man dann halt auch leben. Aber so, glaube ich, funktioniert der Einsatz von Gebrochenen Schriften in atypischen Bereichen. Georg
Ralf Herrmann Geschrieben Oktober 23, 2006 Geschrieben Oktober 23, 2006 es sei wissenschaftlich belegt, dass Botschaften an gebrochenen Schriften besser haften blieben (mal sinngemäß wiedergegeben). Such doch nochmal den Original-Wortlaut raus, und vor allem, ich welchem Zusammenhang das stand. Ansonsten ist doch alles spekulativ. Georgs Deutung ist nur eine von vielen Möglichkeiten. Es könnte auch eine »alte« Aussage aus den Zeiten des Fraktur-Antiqua-Streites sein. Man könnte genauso dagegen argumentieren: Wenn ich einem jüngeren Menschen heute einen Text in gebrochenen Schrift vorlege, bleibt überhaupt nichts »haften«, weil es überhaupt keiner mehr lesen kann. Ralf
Markus Wäger Geschrieben Oktober 23, 2006 Themen-Ersteller Geschrieben Oktober 23, 2006 Wenn ich dran denk, werd ich zu Mittag das Heft wegen des exakten Wortlautes mit nehmen. Mehr als mein sinngemäßes Zitat ist daraus aber echt nicht zu entnehmen. Kennt hier jemand diesen Christian Gutschi? Vielleicht kann er ja eine Stellungnahme dazu abgeben. Leider war beim Artikel keine E-Mail verzeichnet. Aber ich kann ja auch mal Google fragen und versuchen ihn direkt zu kontaktieren. Ich halt euch auf dem Laufenden. Greetinx. Markus. PS: Der Mann heisst Gutschi. Hab die Website gefunden: http://www.medienpsychologie.at
Markus Wäger Geschrieben Oktober 23, 2006 Themen-Ersteller Geschrieben Oktober 23, 2006 Graphische Revue Österreichs, 2004/6 Cristian Gutschi: »Revival der Frakturschriften: Die gebrochenen Schriften waren wegen ihrer kurzen Verwendung im Nazireich verpönt — nur internationale Zeitungsköpfe und gemütliche Eckkneipen verwendeten diesen Schrifttypus, von dem es mittlerweile mehr als 300 verschiedene digitale Fonts gibt. Doch vor Kurzem kam der Schuhhersteller Nike — in der folge auch Reebok und sogar Designer wie Joop! — auf die Fraktur. Passend zum Hype, erschien kürzlich das herausragende Buch ›Fraktur mon amour‹ — das erste Kompendium digitaler Frakturschriften. Bei der heutigen Jugend gilt der Formenreichtum der bildhaften Schriftzeichen als ›cool‹, und es sieht danach aus, dass Frakturschriften nun immer häufiger verwendet werden. Schließich konnte wissenschaftlich belegt werden, dass an den differenzierten Buchstabenformen der Fraktur besser haften bleiben als an den grundlegend abstrakten formen klassischer Groteskschriften. Und wer ein Joop!-Shirt mit Fraktur trägt, leistet einen wichtigen Beitrag zur Ehrenrettung der gebrochenen Schriften, indem deren konnotierte Schriftgeschichte ausgelöscht und in einen neuen Kontext gestellt wird.« Allfällige Schreibfehler sind wahrscheinlich auf meinem Mist hineingewachsen. Greetinx. Markus.
RobertMichael Geschrieben Oktober 23, 2006 Geschrieben Oktober 23, 2006 > Schließich konnte wissenschaftlich belegt werden, dass an den differenzierten Buchstabenformen der Fraktur besser haften bleiben als an den grundlegend abstrakten formen klassischer Groteskschriften. hmm, wissenschaftlich belegt – so, so ... wo denn? würde mich mal interessieren, schreib doch mal den autor an. "dass an den differenzierten Buchstabenformen der Fraktur besser haften bleiben" ähm, was bleibt haften?
Ralf Herrmann Geschrieben Oktober 23, 2006 Geschrieben Oktober 23, 2006 Dann hat es Georg ja mit seiner Deutung doch recht gut getroffen. Allerdings trifft das ja nicht nur auf gebrochene Schriften zu, sondern auf alle möglichen Display-Typen, die sich von den glatt-gelutschten Frutiger-Klonen abheben. Ich denke da zum Beispiel an Schriften wie Farao oder Salmiak. Bei solchen Schriften bleibt man wirklich buchstäblich eher »hängen« als bei irgendeiner Grotesk. Wenn man im Supermarkt den Blick über ein Regal schweifen lässt, bemerkt man diesen Effekt deutlich. Ralf
Markus Wäger Geschrieben Oktober 23, 2006 Themen-Ersteller Geschrieben Oktober 23, 2006 Ja. Diese Deutung hat was. Allerdings sehe ich daran nicht, dass an der Schrift eine Botschaft hängen bleibt — indem ich meine Botschaft quasi drauf stecken kann und die Schrift als Transprotcontainer fungiert —, sondern dass sie eine Botschaft in sich beinhalten (oder darstellt) und viel mehr der Betrachter an der ›ungewohnten‹ Form hängen bleibt. Ich hab den Autor mal angeschrieben und warte jetzt auf eine Antwort. Liebe Grüße. Markus.
Bleisetzer Geschrieben Oktober 23, 2006 Geschrieben Oktober 23, 2006 Was ich persönlich ganz wichtig finde: "Und wer ein Joop!-Shirt mit Fraktur trägt, leistet einen wichtigen Beitrag zur Ehrenrettung der gebrochenen Schriften, indem deren konnotierte Schriftgeschichte ausgelöscht und in einen neuen Kontext gestellt wird." Die Sache mit "Sender und Empfänger" stimmt ja. Wichtig ist erst einmal, was der Empfänger empfindet, nicht, was der Sender aussagen will. Wenn wir resignieren und mit einem "Das ist heutzutage nun einmal so" akzeptieren, daß Gebrochene Schriften mit Nazi-Zeug assoziiert werden, dann geben wir diese unsere Schriften freiwillig auf. Und wenn wir zu diesem Schluß sogar in Diskussionen kommen (hier, auf Typophile oder auch in einem Blog, an dem sich auch welche von Euch hier beteiligt haben im Oktober), dann überlaßt Ihr diese Schriften nicht nur still und leise den Nazis und sie haben noch 60 Jahre nach Kriegsende gewonnen, sondern Ihr gebt sie aktiv heraus und sagt "Nehmt sie Euch und nutzt sie für Euer Nazi-Zeugs." Wir haben mit den Gebrochenen Schriften ein hervorragendes Werkzeug, um z.B. in der "Bleiwüste" mit Rubriken-Anzeigen von Fachblättern aufzufallen. Die Anzeige des PBM im Deutschen Drucker knallt mit dem Fraktur-Schriftzug sofort jedem an den Kopf. Fast alle anderen Anzeigen gehen unter, obwohl sie teilweise zweifarbig und/oder größer gestaltet sind. Ich habe derzeit nicht schon wieder Lust auf eine Nazi-/Fraktur-Diskussion. Aber der Einsatz von Gebrochenen Schriften funktioniert - it works. Neu-Gotische für's Schuhgeschäft: Georg
Zakazfoto Geschrieben Oktober 23, 2006 Geschrieben Oktober 23, 2006 Ich habe mich bezüglich meines in Kürze anstehenden Diploms mit Albert Kaprs Buch "Fraktur. Form und Geschichte der gebrochenen Schriften" intensiver auseinandergesetzt und habe auch den Eindruck, dass die Fraktur aufgrund ihrer Geschichte die angeblich "besser lesbare" Schrift sei. Zumindest ist dieser Eindruck stark haften geblieben. Und natürlich darf man diese "Lesbarkeit" nicht an heutigen Maßstäben messen, da die meisten eben keine Fraktur mehr lesen können. Aber aufgrund ihres Formenreichtums (Ligaturen, langes "s", etc.) kann ich mir vorstellen, dass dieses "geschlossenere Bild" tatsächlich den Lesefluß und die bessere Lesbarkeit fördert. Aber das ist auch nur mein Eindruck dieser Recherche. -- Nochmal kurz editiert: Hat jemand Beispiele für diese Joop-Aktion? Würde mich interessieren.
Willi Geschrieben Oktober 23, 2006 Geschrieben Oktober 23, 2006 Hi, also erstens finde ich die das hier gerade voll spannend und ich freu mich auch riesig über den Studenten in Heidelberg. Zu Heidelberg: Für mich haben die die beste Writerscene in ganz Deutschland liegt wohl daran, dass ich von denen mit 14 das Graffiti kennengelernt habe. Jetzt aber zur Fraktur. Also am anfang unseres Schuljahres hat unser Lehrer in München gleich von diesem Trend gequatscht und uns auch das Buch Textur mon amour vorgestellt. Auch haben wir ein Schriftstück von den Nazis gesehen auf dem sie die gebrochenen Schriften verbieten und andererseits selbiges Dokument damit gesetzt haben. Aber die Blödheit der Nazis ist ein anderes Thema. Ausgerechnet heute, wo ich das Forum in der Schule entdeckt habe auf der Suche nach Infos für die Frutiger habe ich einen Vortrag über die Futura und Paul Renner gesehen. Auch in dieser Präsentation war wieder das Schriftstück drin und das Thema wurde wieder angesprochen. Das Süddeutsche Zeitungsmagazin hat auch eine große Zahl an Seiten über Mode damit gestaltet und es sogar auf den Titel gebracht. Ein großteil unserer Klasse besitzt auch T-shirts und unsere Schulleiterin war sogar auf einer Lehrerkonferenz mit solch einem T-shirt vertreten. Auch im HipHop werden diese Schriften verwendet. z.B. Snoop Dogg und Eminem D12. Also der Hipe ist in vollem Gange. Und auch an uns ist dieser Kelch nicht vorbeigegangen. Zum Leidtragenden unserer Klasse. Wir müssen nämlich bis Mittwoch drei DIN A3 Blätter abgeben einmal Fraktur, einmal Textur und eines davon eigen entworfen. Hab jetzt ein einhalb und werde mich jetzt noch bis 24 Uhr hinsetzen und schreiben. Im Moment liebe ich diese Schriften Und zur Lesbarkeit für Jugendliche. Zumindest die werdenden Grafiker und Setzer können sie lesen. Und die ganzen Metaller, Gothiks, Hiphoper and so on auch. lg Willi
Tholan Geschrieben Oktober 23, 2006 Geschrieben Oktober 23, 2006 @ Willi Und, kommst de klar mit den vier s? S, s (rund-s), ſ (lang-s, mit Alt + 383) und ß? Neue oder alte Rechtschreibung? Thomas
Willi Geschrieben Oktober 23, 2006 Geschrieben Oktober 23, 2006 Nein hab leider immer noch nicht angefangen wird langsam Zeit aber euer Forum is noch sehr interessant. War noch am lesen und schreiben. Übrigens ich muss das ganze mit der Feder und nicht am Computer schreiben. Das heißt schief sind sie auch noch etwas. Aber vielleicht kann ich deine Tipps schon bald gebrauchen möcht mir nämlich ein T-shirt mit Kommunikationsdesign in Fraktur drucken. lg Willi
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