Esia Geschrieben November 29, 2006 Geschrieben November 29, 2006 Da ich mich gerade ein wenig mit den gebrochenen Schriften beschäftige, Schwerpunkt Schwabacher, stieß ich darauf, dass genau wie das runde auch das lange s in den Antiquaschriften bis Ende des 18. Jahrhunderts geläufig war. Bis auf diesen Wikipedia-Artikel: http://de.wikipedia.org/wiki/Langes_s habe ich jedoch noch nichts weiter zu diesem Thema gefunden. Interessieren tut mich vor allem, warum das lange s verschwand. Im Artikel steht, dass es in Frankreich mit der Revolution fast spontan verschwand und im Rest Europas nach und nach. Jedoch aus welchen Beweggründen wird nicht genannt. Hat jemand eine Idee oder Quellen? mfG Esia
Esia Geschrieben Dezember 28, 2006 Themen-Ersteller Geschrieben Dezember 28, 2006 schade, dass niemand eine idee hat :( mfg esia
Lars Kähler Geschrieben Dezember 28, 2006 Geschrieben Dezember 28, 2006 Ich finde ja interessant, dass es in Frankreich nach der Revolution spontan verschwand. War die Glyphe aus irgendwelchen Gründen politisch obsolet? Und wenn ja, warum? Die Römer haben ja auch kein J benutzt, weil es das noch nicht gab. Andere Zeichen sind wohl einfach nicht mehr in Gebrauch. Die Schrift Minos-A aus Kreta ist bis heute nicht vollständig dechiffriert, und die Hieroglyphen können erst seit 1822 durch die Wiederentdeckung durch Jean-François Champollion gelesen werden. Lars
Norbert P Geschrieben Dezember 28, 2006 Geschrieben Dezember 28, 2006 ... warum gab es denn überhaupt unterschiedliche "s"? Normalerweise macht man doch sowas (Buchstaben erfinden), wenn man unterschiedliche Laute wiedergeben will. Könnten Gründe in der Lautverschiebung bzw. -verarmung liegen?
Ingo Preuß Geschrieben Dezember 29, 2006 Geschrieben Dezember 29, 2006 Kann sein; muss aber nicht. Es gab noch eine ganze Menge anderer Buchstaben, die heute nicht mehr existieren - und nicht nur historische seien genannt: neben dem 'lang-s' gab es auch mal ein 'rund-r'. Das Zeichen für Pfennig wird nur noch der Ordnung halber aufgelistet; das Interrobang war der Versuch, ein Konglomerat von Ausrufe- und Fragezeichen zu schaffen. Hat sich nie durchgesetzt; dennoch mit einen Unicode-Point [uni203D] geadelt. Schrift ist eben etwas lebendiges; etwas, was nicht statisch einmal 'erfunden' für alle Zeiten gültig ist. Die schleichende Abschaffung eines Buchstaben kann man momentan auch beim ß beobachten. In 150 Jahren wird es diesen wundervollen (deutschen) Buchstaben sicher nicht mehr geben. Also: genießen wir seine momentane Verwendung und freuen und jedes Mal, wenn er uns über den Weg fließt... [preusss]
Psocopterus Geschrieben Dezember 30, 2006 Geschrieben Dezember 30, 2006 Normalerweise macht man doch sowas (Buchstaben erfinden), wenn man unterschiedliche Laute wiedergeben will. Och, man kann mit unterschiedlichen Buchstaben auch Satzanfänge markieren oder Substantive und Substantivierungen (Großbuchstaben). Man kann vergessene Zeichen wiederbeleben um Postfachkennungen von Serveradressen zu trennen (at-Zeichen). Im Übrigen ist die Zuordnung von Lauten und Buchstaben alles andere als ein-eindeutig: Ich-Laut und Ach-Laut werden beide mit »ch« wiedergegeben. Das Deutsche kennt mindestens vier verschiedene Weisen den Buchstaben R auszusprechen. Im Deutschen haben wir sechzehn unterschiedliche Vokale, die mit nur acht verschiedenen Buchstaben wiedergegeben werden. Die Lautfolge [mo:r] kann »Moor« oder »Mohr« geschrieben werden, je nachdem ob es um norddeutsche Sümpfe oder zentralafrikanische Mitbürger geht. Viele historische Aspecte ;) bestimmen das Schriftbild: placieren, plazieren, platzieren waren alle mal richtig, wenn es um die Erzeugung eines bestimmten Tones geht würde ich heute noch »placieren« wählen. Wenn ich mir nach meinem Linguistikstudium die Sprachentwicklung so ansehe, fühle ich mich machmal wie Heinz Sielmann bei der Betrachtung einer seltenen Schildkröte – die Frage nach dem Warum stellt sich nicht. Schöne Grüße, Georg
Werner Fritzsche Geschrieben Dezember 30, 2006 Geschrieben Dezember 30, 2006 ... warum gab es denn überhaupt unterschiedliche "s"? Normalerweise macht man doch sowas (Buchstaben erfinden), wenn man unterschiedliche Laute wiedergeben will. Könnten Gründe in der Lautverschiebung bzw. -verarmung liegen? Da musst Du bei den alten Griechen zu fragen anfangen. Möglicherweise ist das Gefühl für die Bedeutung der Silbe im Wort daran beteiligt. Was aber das deutsche sz angeht - das es nie geben hat, so haben das Nürnberger Drucker der Lutherzeit zu verantworten. Luther schrieb nämlich ... und sie assen ihr Brot etc. mit einem langen und einem runden s. (Luther, Bibel 1545) Werner.
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