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Zum wahrscheinlich x-ten Mal: Capitalis Monumentalis

Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Hallo zusammen,

hier in dem Forum bin ich ein Neuling - also guten Tag zunächst einmal.

Für ein kleines Projekt für einen hieseigen Verein hab ich ein paar Urkunden erstellt und dabei als Auszeichnungsschrift eine Capitalis Monumentalis verwendet. Da es sich um einen kleinen Verein mit begrenzten Finanzen handelt, hab ich einen freien Font genommen (gibts imTeX CTAN Archiv). Naja - wirklich sauber gezeichnet ist der nicht und das war der Anstoss es mal selber zu versuchen.

Ich hab eine sehr gute Nachzeichnung der CM von Jan Tschichold in einem Buch, ausserdem ein paar gute Fotos der Originalinschrift. Mittels Scanner, Bildbearbeitung und so hab ich dann vernünftige, hochaufgelöste Bitmaps bekommen. Die hab ich dann als Hintergrundebene in fontforge importiert. Jetzt bin ich dran mit den linken und rechten Rändern, dem Kerning usw zu experimentieren (ich bin ja kein Profi, pures Hobby und Spass an der Freud). Und dazu hab ich ein paar Fragen und hätte gerne mal ein paar Tipps.

Bei einigen CM Schnitten ist mit aufgefallen, dass O, C, G unter die Basislinie geht, im Original ist das aber nicht der Fall - ist das aus optischen Gründen besser? Bei einem Schnitt war sogar fast der ganze Strich des O unterhalb der Basislinie. Und wenn man

die Buchstaben leicht unterschneiden lässt - sollte man dann die Höhe trotzdem wieder auf Versalhöhe setzen, als den Buchstaben eigentlich etwas grösser machen?

Bei den Abständen und zum Kerning eine Frage: Sollte man sich dort an das Original halten oder doch eher nach eigenem Gefühl die Abstände/Kerning machen um ein schönes Bild zu erreichen. Einige "Unsauberkeiten" des Original sind ja sicher auch den verwendeten Werkzeugen zuzuschreiben.

Die Serifen beim Original sitzen eigentlich gerade auf den Linien, wirken aber gekehlt wegen ihrer dreidimensionalen Ausführung. Sollten man auch dann bei einer zweidimensionalen Darstellung eine leichte Kehlung machen (etwa 1/2 Punkt)?

Beim Nachzeichnen und einem genauen Betrachten des Originals sowie der Nachzeichnung von Jan Tschichold ist folgendes aufgefallen:

- die Punze des O ist eine gleichmässige Ellipse mit einem x/y Achsenverhätnis von etwa 1:1,25.

- das Achsenkreuz der Ellipse ist um etwa 11 Grad nach links gegnüber der Achse des O-Kreises gedreht.

- diese 11 Grad tauchen auch an anderen Stellen wieder auf, beispielsweise ist die Tangente der beiden Punzen im B ebenfalls um etwa 11 Grad nach links gedreht. Die Punzen des B sind ebenfalls etwa Halbellipsen in einem ähnlich Verhältnis wie die Punze des O.

Viele Grüsse

Werner

Geschrieben

Lieber Werner

du sprichst hier gerade eine Menge Punkte an. Die Beantwortung aller deiner Fragen würde ziemlich weit führen – und gehört eigentlich schon in den Studienbereich eines Schriftgestalters.

Etwas vorweg: Wenn Du Besitzer der Adobe Creative Suite 2 bist, dann hast Du eine schöne Capitalis Monumentalis mitgeliefert bekommen: Die Trajan. Sie bezieht sich auf die berühmte Trajan-Säule in Rom, welche den State of the Art der Capitalis Monumentalis darstellt.

Eine CM sauber zu digitalisieren, setzt nebst typografischem KnowHow und technischem Detailwissen eine Menge von historischem Wissen voraus; keine einfache Aufgabe.

Herzliche Grüsse.

Christoph

Geschrieben

Lieber Werner,

die Trajan von Tschichold wäre eindeutig die Richtige für Dich. Die kostet allerdings Lizenzgebühr. Es besser machen zu wollen, kostet Dich locker mindestens zehn Jahre hauptberufliche Beschäftigung mit dem Schriftentwurf – ohne jede Garantie auf ein Gelingen. Alles andere wäre öffentlich ausgelebter Größenwahn. Betriebswirtschaftlich zu rechtfertigen wäre das wohl auch kaum.

Vielleicht passend zur kommenden TYPO ein kleines Musikbeispiel?

"Also neulich hat meine 5jährige Tocher auf der Mundharmonika was gespielt, das war glaub ich von Wolfgang Amadeus Bach, das wollte ich dann auch mal für ein Gartenfest von meinem Kleingartenverein verwenden. Das darf aber nichts kosten. Also habe ich mich an meine Farfifa-Heimorgel gesetzt und das Stück zu Ende komponiert. Dabei ist mir aufgefallen, dass bei Johann Amadeus Beethoven immer 4,5 Töne pro Sekunde gespielt werden, bei Friedrich Mozart aber 5,17 Töne. Und die machen auch immer so ti-tü-ti mittendrin. Machen die das absichtlich oder sind das nur Unsauberkeiten, die aus der damaligen grunzsteinzeitlichen Grobmotorik herrühren? Immerhin gab es noch kein Wikipedia und kein OpenSource damals."

Versteh mich richtig, lieber Werner – das ist ein langer Weg. Wir heissen Dich willkommen, falls Du durchkommst. Für eine Online-Universität nehmen wir hier allerdings entschieden zu wenig Gebühren.

Gruß, H.

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Iwan Reschniev: eine Schriftfamilie basierend auf Schriftentwürfen von Jan Tschichold.
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