Comic Fonts (war: Wer das liest ist doof)

[Philipp]

mit einer der beschissensten Schriften des digitalen Zeitalters

Vielleicht erklärt mir mal einer in dem Kontext, was denn so schlimm ist an der Comic Sans. Natürlich ist sie irgendwie krakelig, aber das soll und muß sie ja auch sein, das ist ihr Sinn. Und ihre Aufgabe gelingt ihr m.E. auch besser als der Chalkboard, der sie laut Typowiki zum Verwechseln ähnlich sieht (für mich nicht nachvollziehbar; die Chalkboard ist ja längst nicht so krumm und schief wie eine hingekritzelte Handschrift nun einmal ist).

Aber überall findet man diese Haßtiraden, die sich nur teilweise auf die Verwendung der Schrift beziehen, sondern wie hier auf die »beschissene« Schrift selbst. Also konkret gefragt: wie hätte man eine Comicschrift anders machen müssen?

[TYPOGRAFSKI]

die typowelt bietet uns so viele möglichkeiten, ich finde es schwach

wenn man eine »unbeliebte« schrift nimmt und einen flachen spruch

damit schreibt, das ist nicht witzig sondern traurig.

[Schwalbenkoenig]

Nicht alles was hinkt ist ein Vergleich, aber:

Wer ist schuld, wenn ein Messer einen Menschen verletzt? Das Messer? Oder der, der das Messer führt? Die Comic Sans ist – wie viele Schriftdesigns – nicht schlecht an sich, sondern nur zu oft zu schlecht eingesetzt. Lieber Typografski, hast du noch das SinCity-Poster parat, wo die Comic Sans eingesetzt war? Passend wie ich meine.

Edith: Den selbstverfassten Quatsch oben geändert … :?

[Schwalbenkoenig]

Hier das SinCity-Poster:

.

… bei sin city hatten sie ja die comic sans vervendet (…) man muss zugeben, dass sie dort nicht negativ auffällt

(…) auf dem plakat und auf dem cover, unten rechts.

[Norbert P]

Wo ist denn da die Comic Sans? War die nicht nur auf 'nem spanischen Poster oder so?

Auf welche (vielfältige) Weise man Comicschriften gestalten kann, sieher hier:

http://blambot.com/

[Schwalbenkoenig]

Von Directed by bis Quentin Tarantino meines Erachtens. Sie hamsi aber noch ein wenig slanted, glaub ich.

[Schwalbenkoenig]

Auf welche (vielfältige) Weise man Comicschriften gestalten kann, siehe hier:

http://blambot.com/

Und hier: Comicraft.com.

[TYPOGRAFSKI]

ich habe nichts gegen comic sans, finde aber den shirt entwurf nicht gut, oder darf ich das nicht sagen?

würdet ihr so was anziehen?

[Philipp]

Jetzt bin ich aber immer noch nicht klüger! Das war ja auch wieder nur in Richtung fehlerhafter Anwendung der Schrift, nicht deren Untauglichkeit selbst.

Und auch die Beispiele anderer Comicschriften sind schön und gut, aber ob diese oder jene besser geeignet sind, hängt ja wohl sehr von der restlichen Zeichnung ab. Wenn die Zeichnungen des Comics z.B. weder Strichstärkenunterschiede noch Kleksbildung beim Stiftaufsetzen aufweisen, sollte die Schrift das m.E. auch nicht haben. Damit fällt ein Großteil der Beispiele auf den Seiten schon aus.

Und was genau soll an den Exponaten von Alter Ego bis Zud Juice besser sein? Ich lasse mich da wirklich gerne überzeugen, habe hier ja auch schon viel gelernt, aber ich finde zur Comic Sans-Hetze nirgendwo Argumente, über die man nicht entsprechend (jetzt auch von mir ein hinkender Vergleich) manche Perle der Rockmusik beschissen finden müßte, nur weil sie dauernd im Supermarkt gedudelt wird.

Wo sind jetzt also die Comic Sans-Hasser, die mir erklären, was an der Schrift (nicht an der Verwendung) »beschissen« ist?

[Schwalbenkoenig]

Wo sind jetzt also die Comic Sans-Hasser, die mir erklären, was an der Schrift (nicht an der Verwendung) »beschissen« ist?

Ich weiß nicht ob du mit dieser Frage hier jetzt an der richtigen Adresse bist, aber sieh dir einmal in Jürgen Sieberts Fontblog den Eintrag Ban Comic Sans an. Da findest du einiges an Für und Wider an Meinungen.

PS: Achja, eigentlich sollte doch ND sich dazu erklären …

[RedHead]

Hallo,

Tal Leming hat vor kurzen eine neue Comic- Schrift mit dem Namen Burbank bei House Industries rausgebracht:

http://www.houseind.com/index.php?page=showfont&id=565

Sie umfasst 20 Schnitte und soll sich auch für den Mengensatz eignen.

MfG

Patrick

[RobertMichael]

für den mengensatz kannste die burbank total vergessen, das gemeine g sticht so hervor das jedes druckbild fleckig aussieht, gut sieht man das in der aktuellen page-ausgabe. ich bin richtig erschrocken und daran hängengeblieben als ich die seite mit dem beitrag über die burbank aufschlug. erstaunlich das house industries sowas zulässt.

[Norbert P]

Nun, abgesehen von der Verwendung (man müsste mal ernsthaft drüber nachdenken, was all die Benutzer dazu bringt, diese Schrift für alles und jedes zu verwenden - irgendetwas muss sie wohl haben), mal eine Gegenüberstellung einer "richtigen" Comic-Lettering-Schrift ("Alterego", oben) und Comic Sans (unten). Das spricht dann wohl in puncto Qualität für sich (oder eben auch nicht).

[Schwalbenkoenig]

man müsste mal ernsthaft drüber nachdenken, was all die Benutzer dazu bringt, diese Schrift für alles und jedes zu verwenden - irgendetwas muss sie wohl haben

Meine Meinung: Wie immer ist es die einfache Verfügbarkeit. Vorinstalliert. Gratis. Ohne Nachzudenken zu verwenden. Und ein wenig anders. Da steht ganz groß "Das ist jetzt aber nichts Offizielles!" drauf. Oder aber auch "Das ist für Kinder!" Ich habe noch keinen Kinderarzt bei uns gesehen, der nicht in Comic Sans schreibt.

[Norbert P]

Hm, jetzt wird's interessant, vielleicht moderiert das mal jemand in einen Comic Sans Thread um.

Ich arbeite ja auf einem Mac und hatte lange Zeit keinen Windows-Rechner mehr in den Fingern. Aber letztens schon. Da sind ja sooo viele Schriften vorinstalliert, da könnte jeder alles benutzen. Ungewöhnliches Zeugs ist da auch zuhauf drunter. Also, warum immer die Comic Sans? Einer meiner Freunde ist gelernter Schriftsetzer und verwendet diesen Font ebenfalls in allen möglichen Privatsachen. Irgend etwas an der Schrift muss für den Allgemeinbrauch schlicht und einfach sympathisch sein. Aber was? Ich weiß es nicht, ich finde die Schrift einfach nicht gut (aussehend und gemacht). Aber sie ist so verdammt erfolgreich. Vielleicht ist es eine gewisse Gesichtslosigkeit. Die passt zu jedem CHrakter, so wie ein Zeitungs-Tages-Horoskop.

Und zum Thema Kinderarzt: Im Kinderbereich gibt's einfach keine (oder nur wenige) Schriften, die sich wirklich eignen und einigermaßen zugänglich sind (ist mir schleierhaft, warum). Da nimmt man dann das, was man schon hat.

[Schwalbenkoenig]

Hmm, bevor ich meinen Rechner für heute zumache, noch schnell eine gewagte These: Vielleicht liegt’s ganz einfach auch am Namen? Wäre sie genauso erfolgreich würde sie – wasweißich – Horror Sans heißen?

Schönen Abend allerseits.

[TYPOGRAFSKI]

ich glaube der ottoschriftnormalverbraucher findet die schrift symphatisch genau so wie er bestimmt solche möbel schön und gemütlich findet.

jedem was er mag.

[Dieter Stockert]

Wo sind jetzt also die Comic Sans-Hasser, die mir erklären, was an der Schrift (nicht an der Verwendung) »beschissen« ist?

Hassen tue ich die Comic Sans nicht. Sie ist ja eigentlich auch gut lesbar. Nur wird ihre Verwendung im Deutschen schon dadurch unmöglich gemacht, daß sie keine richtigen Anführungszeichen hat. (Aber da ist sie ja in guter Gesellschaft mit einigen anderen Windows-Systemschriften.)

[Dan Reynolds]

http://www.spreadshirt.net/shop.php?op= ... id=4518620

[Philipp]

Nun, abgesehen von der Verwendung (man müsste mal ernsthaft drüber nachdenken, was all die Benutzer dazu bringt, diese Schrift für alles und jedes zu verwenden - irgendetwas muss sie wohl haben)

Dazu müßte man dann wohl Menschen befragen, die sie tatsächlich benutzen, und die findet man hier wohl nicht. Die Schuldirektorin hier am Ort macht alles mit Comic Sans, und zwar nicht nur für die Schüler. Die hat mir auch mal 'ne Protokollvorlage damit geschickt. Die frage ich mal, wenn ich sie treffe.

Offenbar (Kinderarzt, Kindergarten, Schule) wird sie also bevorzugt im »kindlichen Umfeld« eingesetzt. Wegen des Comic-Image? Da muß ich mal unseren Ältesten befragen, ob das auch wirklich ankommt.

eine Gegenüberstellung einer "richtigen" Comic-Lettering-Schrift ("Alterego", oben) und Comic Sans (unten). Das spricht dann wohl in puncto Qualität für sich (oder eben auch nicht).

Okay, jetzt kommen wir in Richtung meiner Antwort! Das ist ein guter Vergleich, denn beide Schriften wollen offenbar dasselbe. Nur fehlt mir vermutlich der Blick für »Qualität«. Was ich spontan denke:

* Unten stören mich heftig die zu großen Weißflächen um das »A« (aber ich weiß, daß andere ein zu stark gebügeltes Schriftbild nicht mögen).

* Das »S« oben ist Unfug. Niemand schreibt so ein »S«. Ich erwarte von so einer Schrift aber, daß sie auf mich wirkt wie echt geschrieben.

* Das »D« der Comic Sans habe ich noch nie geglaubt. Von einem Linkshänder vielleicht, aber der Rest ist ja eher Rechtshänder. Sticht für mich spontan hervor. Das verkrüppelte »B« kommt im Text gnädigerweise nicht vor ...

* Oben ist der »Punkt« vom Ausrufzeichen albern, aber das ist wohl eine Geschmacksfrage.

* Die Kursiven bzw. Schrägen fallen bei beiden deutlich zu schwach aus und verfehlen damit ihre normale Funktion. Aber braucht eine Comicschrift überhaupt einen Kursivschnitt? Schreibt ein Comicautor manchmal kursiv?

Soweit der erste Blick eines Laien, möglicherweise repräsentativ für all die begeisterten Comic Sans-Freunde. Und nun erklärt mir bestimmt jemand, woran ich bei einem solchen Font Qualität wirklich erkennen könnte?

[...] daß sie keine richtigen Anführungszeichen hat.

Das ist in diesem Fall ein Argument. Bei Verdana usw. tut mir das nicht weh, da ich ohnehin normalerweise Guillemets benutze, aber im Comic sollten es wirklich normale deutsche Anführungszeichen sein.

Übrigens schon einmal danke für die Antworten und für die Umsiedlung des Threads in die passende Gruppe!

[Philipp]

So, jetzt mache ich mal die Ingrid:

Offenbar (Kinderarzt, Kindergarten, Schule) wird sie also bevorzugt im »kindlichen Umfeld« eingesetzt. Wegen des Comic-Image? Da muß ich mal unseren Ältesten befragen, ob das auch wirklich ankommt.

Das habe ich auf Kosten seines zeitigen Zubettgehens sofort erledigt. Hier kommt das Ergebnis einer höchst repräsentativen Umfrage unter 1 (einem) achtjährigen Drittkläßler. Vorauszuschicken sei noch, daß er als einer der wenigen in seiner Klasse lieber Schreibschrift als Druckschrift schreibt (letztere wird heutzutage als erste gelehrt). Der einzige Comic, den er kennt, sind Die Schlümpfe.

Das Ergebnis: die Comic Sans funktioniert! Unter neun Schriften machte sie den dritten Platz, übertroffen nur von zwei Zierhandschriften.

Der Versuch: ich setze ihn vor eine Textprobe der hastig zusammengestellten Schriftauswahl: Palatino, Frutiger, Futura, Maximilian, Optima, Comic Sans, Holla, Snell Roundhand, Zapfino.

Daraus erstellte er seine aufschlußreiche Hitliste:

1. Snell Roundhand

2. Zapfino

3. Comic Sans

4. Holla

5. Palatino

6. Optima

7. Frutiger

8. Futura

9. Maximilian

Wobei er sich zwischen den ersten beiden nicht endgültig entscheiden wollte (die Zapfino ist im übrigen die einzige, deren Namen er alleine gekannt hat).

Es ist eine deutliche Tendenz sichtbar, daß die schlichteren Schriften bei ihm wenig gut ankommen:

* lieber die Handschriften als die Druckschriften

* von den Druckschriften lieber die mit Serifen

* unter den serifenlosen verlieren die mit konstanter Strichstärke

* und darunter hat die geometrische wieder das Nachsehen

(Die Maximilian läuft offenbar außer Konkurrenz; er kann gebrochene zwar gut lesen, mag sie aber nicht.)

Unter diesen Gesichtspunkten ist es beachtlich, daß die Comic Sans noch vor der Holla landet. Die Chalkboard habe ich ihm dann auch mal gezeigt, aber von der wollte er gar nichts wissen. Als ich dann noch mit Tabitha, Textile und Apple Casual anrückte, mußte er wirklich dringend ins Bett ...

Also: abwegig ist es offenbar nicht, die Comic Sans für Kinder einzusetzen.

[Bleisetzer]

ich habe nichts gegen comic sans, finde aber den shirt entwurf nicht gut, oder darf ich das nicht sagen?

würdet ihr so was anziehen?

Vielleicht ist es nahe an einem Sakrileg, das so offen zu sagen? :D

Entschuldige, aber ich genieße als Bleisetzer gerade sehr, das fragen zu dürfen..

Georg

[Bleisetzer]

Kann es nicht auch so sein, daß bestimmte Leitfiguren in der Typographie-Szene eine Art Lemming-Effekt erzeugen, indem sie Dogmen zu Schriften in die Typo-Welt setzen?

Dies empfinde ich übrigens nur als menschlich, keinesfalls als verwerflich von Leithammel oder Lemming.

Etwas ähnliches gab es vor einigen Monaten zum Thema "Helvetica" auf Typophile.com Eine ganze Reihe Teilnehmer speiten verbal in vorbeugender Demut aus, als jemand etwas positives über die Helvetica schrieb. Dieselben Leute relativierten ihre gedanklichen Ergüsse, nachdem ein, zwei der dortigen Leitfiguren auf die Verdienste der Helvetica hinwiesen.

Ich möchte das nicht werten, nur als Frage in diesen virtuellen Raum stellen.

Georg

[Schwalbenkoenig]

Philipp, dankeschön für den Kindertest. Ist zwar nicht aussagekräftig vor Gericht, aber sagt doch schon ein bisschen was (für das sind wir Österreicher immer zu haben, a bisserl was!). Und natürlich herzlichen Dank auch dem jungen Achtjährigen fürs Versuchskaninchen. Erstaunlich, dass er die Zapfino schon beim Namen kennt, Respekt!

Was ich nicht verstehe in dem Zusammenhang den Einleitungssatz "Jetzt mach ich mal die Ingrid". Hmwiewas? Ingrid? Wieso Ingrid?

Seis drum.

Georg, der Verdacht mit den Alphatieren hat was. Der ist sogar sehr überlegenswert. Obschon bedenklich.

[Schwalbenkoenig]

Aja, bei der Wohnmöbelsituation von THL oben musste ich schmunzeln.

Und, ja *hüstel*, Dieter: Das Problem richtige Anführungszeichen ist keines für so viele Leute dass ich die Zahl gar nicht nennen kann. Um es so zu sagen. Sozusagen.