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Warum immer wieder Helvetica?

Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Hallo Forum!

Ich beschäftige mich zur Zeit wieder intensiver mit der "Helvetica" -

und untersuche sie nach Aspekten des Funktionalismus und Formalismus.

Was denkt ihr, warum die "Helvetica" immer noch so gerne und in verschiedensten Kontexten verwendet wird?

Was macht die "Helvetica" so funktional und was ist formalistisch an ihr?

Bin auf Eure Antworten gespannt.

Es grüsst,

Schoengeist.

Geschrieben

Vielleicht ist der Zeitpunkt dieser Frage kurz nach der Première des weltweit diskutierten Kinofilms zu diesem Thema, na sagen wir: etwas ungünstig gewählt.

Beste Grüße

FlorianG

Geschrieben

Ich hoffe noch auf ein wenig versiertere Antworten.

Mir geht hier nicht um ein "abfeiern" der Helvetica, oder um allgemeine Floskeln à la "und natürlich war es DIE schrift ... in den 60ern bis 90ern", sondern viel mehr um eine fundierte Meinung, wie im Eingangspost ebreits erwähnt, bezüglich formalistischen und funktionalsitschen Gesichtspunkten.

Es grüsst,

Schoengeist.

Geschrieben

Irgendwie, finde ich, hast Du den richtigen Stil beim Schreiben nicht so ganz getroffen.

Vielleicht solltest Du einmal ein wenig daran feilen?

Mit freundlichem Gruß

Georg

Geschrieben
Was denkt ihr, warum die "Helvetica" immer noch so gerne und in verschiedensten Kontexten verwendet wird?

Was macht die "Helvetica" so funktional und was ist formalistisch an ihr?

primär ist sie doch einfach überall verfügbar und für laien überall passend. warum da jetzt so postmodernismus-kram (oder was auch immer diese ismen ausdrucken sollen) reininterpretiert werden muss, sehe ich irgendwie nicht ein.

interessant könnte für dich eine diskussion auf typophile.com über die "haas unica" sein - google findet den thread mit der sucheingabe "site:typophile.com haas unica" ("-zeichen weglassen). team77 (die die unica gemacht haben) hatten, soweit ich informiert bin, das ziel, eine "verbesserte" helvetica/univers herzustellen - noch glatter, noch neutraler, noch informativer. und die BP neutral ist auch ein sehr interessantes konzept in diese richtung - sicher auch mit google zu finden.

und ja, wenn du nach 3 beiträgen und 3 antworten bereits so über ein dir unbekanntes forum urteilen möchtest, wirst du dir nirgends viele freunde machen - da hat bleisetzer recht.

Geschrieben

man könnte genauso sagen – warum immer wieder die helvetica diskusion?

irgendwann ist man zu müde darüber zu diskutieren.

wenn du infos für ein aufsatz/artikel brauchst dann solltest du vielleicht erstmal deine meinung äussern und sehen – ob es jemand sonst noch so sieht.

was machst du beruflich/ oder was studierst du?

Geschrieben

Danke erstmal für Eure Antworten. Dank auch Thierry Blancpain!

Zu Bleisetzer: Ich denke ich treffe meinen Stil beim schreiben schon recht gut und formuliere auch präzise (s. Eingangspost).

Wenn ich denke, der Helvetica-Film gibt mir die Antwort auf meine Fragen, sehe ich ihn mir an und stelle keine Fragen hier.

So bin ich z.B. der Meinung, dass die Helvetica einen ausgezeichneten Grauwert besitzt, was ja ein Argument des Funktionalismus wäre; sie aber häufig einfach nur verschwenderisch formal eingesetzt wird - daraus ergibt sich sicher auch zu Recht eine Fragestellung wie "warum immer wieder die Helvetica Diskussion?".

Andererseits ist dieses Phänomen "Helvetica" nicht von der Hand zu weisen, und ich versuche mich diesem anhand von, ich wiederhole mich, funktionalen und formalen Gesichtspunkten zu nähern.

Geschrieben

ein guter grauwert ist leider nicht genug für eine schrift, welche grundsätzlich nicht unbedingt für lange texte geeignet ist - die argumente sind dir ja wohl bekannt: wenig kontrast in der strichstärke, vertikale gewichtung, etc..

der helvetica-film zeigt übrigens durchaus positionen auf. norm findet man solle die schrift nur in einer grösse und einem gewicht verwenden (bzw. finden sie das allgemein bez. typografie). wim crouwel liebt sie für ihren funktionalismus und meint, dass das halt einfach daran liege dass er mit der helvetica designer wurde. vignelli findet sich sowieso supertoll. und spiekermann findet sie scheisse, weil sie für ihn keine persönlichkeit hat.

schau dir den film an.

Geschrieben

Auf die Experten-Meinungen würde ich wenig geben. Man kann das einfach nicht objektiv beurteilen. Frage mal einen Mac-Benutzer warum er in funktionaler Hinsicht seinen Mac so toll findet, oder die Besitzer dieser roten Schreibmaschinen von Olivetti damals (wie hießen die noch?). Da kommt nichts sinnvolles heraus. Einen Helvetica-Liebhaber nach dem Geheimnis dieser Schrift zu fragen ist das Gleiche.

Das mit der nicht vorhandenen »Persönlichkeit« ist natürlich in der Tat ein entscheidendes Erfolgskonzept der Helvetica. Ich denke da immer an die wissenschaftlichen Experimente zur Schönheit: Man nehme hunderte beliebige Gesichter und berechne daraus das mathematische Durschnittsgesicht. Heraus kommt ein extrem »neutrales«, aber dennoch auf nahezu jeden menschen »schön« wirkendes Gesicht. Wenn es keine Ecken und Kanten gibt, kann man sich auch nicht daran stoßen …

Mit der Helvetica verhält es sich ebenso. Natürlich trifft das auch auf andere Schriften zu (etwa Frutigers Klassiker). Die Helvetica war aber einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Und »Helden« braucht man überall. So wird die Helvetica eben seit Jahrzehnten als ein solcher durchgereicht …

Ich halte es jedenfalls für vergebene Mühe, das »Geheimnis« der Helvetica zu suchen – das ist genauso sinnlos, wie Einsteins Gehirn in Scheiben zu schneiden.

Ralf

Geschrieben

Da ist bestimmt wahres dran, ich nenne es "Aura".

Was die Experten-Meinung angeht, da gehe ich auch mit Dir d'accord - deshalb habe ich ja hier den Thread überhaupt gestartet.

Trotzdem bin ich weiter auf der Suche nach "des Pudels Kern" mit den gewählten Termini (Funkt./ Formal.), gerade weil ich versuchen will so wenig emotional wie möglich an die Helvetica zu gehen.

Erstaunlicherweise finde ich z.B. die Helvetica im Fliesstext etwas "holprig" um hier mal ein gegen den Funktionalismus stehendes Argument in die Runde zu werfen.

Es grüsst,

Schoengeist.

Geschrieben

Mir gefällt die Helvetica zum Beispiel nicht – ohne dass ich ganz genau sagen kann warum. Ich glaube mir sind einfach die Buchstaben zu breit und die Kleinbuchstaben zu groß. Sie wirkt mir persönlich auch zu altbacken und vielleicht ein wenig langweilig :?

Aber funktionieren tut sie schon gut. Bei der Zeitung, wo ich als freier Mitarbeiter ab und an Kleinanzeigen gestalte, bringt sie in Zusammenarbeit mit ihrer schmalen und fetten, schwarzen Variante am schellsten brauchbare Ergebnisse.

Geschrieben

Ich denke, dass die Helvetica eine sehr gute Schrift ist. Leider etwas

verbraucht, aber unheimlich zeitlos, was mir gut gefällt. Zu häufig wird sie

von Laien benutzt, weil sie eben keine andere Schrift zur Hand haben und

man mit ihr nich so viel falsch machen kann, weil sie eben so neutral ist.

Sie wird von vielen Pseudo-Gestaltern als langweilig und antiquiert

bezeichnet, was sich aber als schlichtweg völlig falsche Einschätzung

entpuppen sollte. Richtig eingesetzt ist sie nämlich wirklich sexy. ;)

Liebe Grüße

Christoph

Geschrieben

Sorry Wladimir ... meine Plädoyer war natürlich nicht an dich gerichtet ...

hatte meinen Beitrag quasi zeitgleich mirt Dir geschrieben. Es ist natürlich

auch nur meine Meinung und auch Geschmacksache.

Geschrieben

Guten Abend liebes Typoforum,

Ich dacht man ließt erst ein Buch und geht dann in den Film?

mir hat von Lars (hardcorer) Müller >Helvetica<, gut gefallen, weil es aufzeigt und nicht alles erklären will (wie Ralf Herrmann schön beschrieben hat).

Sehr schön gemacht. Format: 15,6 x 12 cm. Schöne Bindung, normales Blättern bietet professionelle Arbeiten, durch die im Aussensteg perforierten Seiten, werden beim Aufreißen alltägliche Arbeiten sichtbar. Innerhalb des Buches ist wohl nicht nur die Helvetica zum Einsatz gekommen, der Verleger macht auf Abweichungen aufmerksam, ich habe leider keine eingeschlichene Folio, Akzidenzgrotesk oder weitere Beispiele ausfindig machen können – muß nochmal ran!

Das Buch ist wohl nichts, um während dem Kinofilm sinnstiftende Kommentare, um Frauen zu beeindrucken abzugeben, aber es bietet einen klitzekleinen Einblick.

(für nur am Rande Typo-Interessierte natürlich ein alter Hut mit langem Bart).

Ich prognostiziere: das unbegreifliche Helvetica-Königreich zu zerstören wird scheitern! Viele haben es versucht, und Laurenz Brunner mit seiner Akkurat, war kein schlechter Vorschlag.

Liebe Grüße,

Schmorkohl

Geschrieben

kann es daran liegen, daß die helvetica als schrift nicht vom wort/inhalt ablenkt? quasi der inbegriff von "form follows function" bzw "weniger ist mehr"? einen text mit ihr zu versauen ist (fast) unmöglich). sie wertet nicht den inhalt, kommt in sehr vielen sprachen gut daher und paßt sich ihnen problemlos an. und vielleicht liegt´s ja auch an der bezeichnung HELVETICA, daß sie neben ihrem ursprung eine "neutrale" haltung suggeriert.

Geschrieben
Sorry Wladimir ... meine Plädoyer war natürlich nicht an dich gerichtet ...

hatte meinen Beitrag quasi zeitgleich mirt Dir geschrieben. Es ist natürlich

auch nur meine Meinung und auch Geschmacksache.

Da bin ich ja beruhigt – hatte mir schon lauter böse Kommentare überlegt :twisted:

Aber Du hast natürlich auch recht. Ich will auch keiner Schrift absprechen, dass sie richtig eingesetzt sexy wirken kann – einschlägige Erlebnisse mit Times und Arial haben mich eines besseren belehrt (falls ich jemals Vorurteile gegenüber einer Schrift besessen haben sollte).

Geschrieben
Ich will auch keiner Schrift absprechen, dass sie richtig eingesetzt sexy wirken kann – einschlägige Erlebnisse mit Times und Arial haben mich eines besseren belehrt.

Aber bitte nicht die Arial mit der Helvetica vergleichen.

Grüße

Christoph

Geschrieben

Ich glaube, daß "Helvetica-Königreich" ist schon lange keines mehr.

Die Helvetica steht für die sozialdemokratischen 60er und 70er Jahre.

Bereits vor dem Fall der Mauer regierte die Frutiger. Eine schöne Nachfolgerin, welche eigentlich für den damaligen Trend zur Leistungsgesellschaft, verbunden mit dem Shareholder-Value-Prinzip als einziges wirtschaftliches Dogma und der Globalisierung des Kapitals (Reagan/Thatcher/Kohl) nichts kann. Wie denn auch, du Blödmann.

Seit dem wir im 21. Jahrhundert und im Zeitalter des Öko-Totalitarismus leben (die Politik hat leider keine weiteren Aufgaben mehr, als Verbote und Regelungen zur Einschränkung der persönlichen Freiheit aufgrund ökologischer oder demografischer Horrorszenarien zu erlassen), gibt es einen verstärkten Trend zur "humanistischen" Variante der Serifenlosen (z.B. Meta). Ist das vielleicht nur Nostalgie oder geht es um Vortäuschung falscher Tatsachen?

Einfach gesagt: Wir alle wünschen uns (ausgenommen natürlich die Profiteure der Globalisierung, sprich: Couponschneider) die "guten alten Zeiten" wieder. Deshalb der Retro-Kult um die Helvetica. Zeitgemäß ist sie bestimmt nicht mehr.

Gruß, Sharif

Geschrieben

Der Thread scheint sich zu entwickeln. ;)

Dnke erstmal für die zahlreichen Beiträge bisher, interessant ist das überwiegend emotional, sprich subjektiv, argumentiert wird, was letztendlich auch zeigt, dass wir zu unseren Schriften eben ein teilweise sehr inniges Verhälltniß pflegen. ;)

Hat jemand noch "formale" bedenken an der Helvetica?

Geschrieben

Ich denke, dass es bei Schriften zwar formale Aspekte gibt, letztlich aber ein subjektiver Eindruck überwiegt. Das ist wie mit Bildern, die können toll gezeichnet sein, müssen mir aber noch lange nicht gefallen.

Geschrieben

Formal könnte man sagen dass aufgrund der in sich geschlossenen Zeichenformen (vergleiche e und o) die Formendifferenzierung im Vergleich zu offeneren Schriften wie Frutiger, Thesis, etc. leidet.

Je nach Einsatzzweck kann das durchaus problematisch sein, in anderen ist es wieder fast zu vernachlässigen.

Ähnliches Thema auch hier (Vergleich Univers / Helvetica):

http://typophile.com/node/33301

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