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Majuskelschreibweise abschaffen (war: das Eszett wird erwach

Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Zum einen gibt es im Deutschen kein Wort, dass mit "ß" beginnt und zum anderen bildet der Umriss von Wörtern aus Kapital- oder Großbuchstaben stets nur ein verschieden langes Rechteck, das, obzwar feierlich und streng, nicht immer leicht als Ganzes erfasst werden kann. Der selbe Wortlaut ist in der Minuskelschreibweise durch Ober- und Unterlängen und dazu, seit der Renaissance, durch den i-Punkt kräftig artikuliert.

Wörter aus Großbuchstaben müssen wir eigentlich buchstabieren; Wörter aus Kleinbuchstaben aber erfassen wir im Zusammenhang, als Wortbilder. Erst die Minuskelschrift hat der unbegrenzten Ausbreitung jeder Art von Bildung den Weg geebnet.

Sicherlich eignen sich die Versalen gut für Buchtitel und für alle architektonischen und feierlichen Aufgaben, jedoch ist heutzutage, in Zeiten, in denen kaum jemand die Ursachen verfehlter Schriftanordnungen zu erkennen in der Lage ist und eine Skizze einer Ladenüberschrift nicht zu beurteilen weiss, ob die Buchstaben als solche wohlgeformt sind und ob ihr Rhythmus geglückt ist, darüber nachzudenken, Hinweistafeln u. ä., mit einer Versalie gefolgt von Gemeinen, also gewöhnlich, zu schreiben.

Großbuchstaben müssen immer leicht gesperrt und ihre Buchstabenzwischenräume ausgeglichen werden. Weites Sperren soll man vermeiden; das geringste Durchschnittsspatium ist anderthalb Punkt.

Solange dies nicht in die Köpfe der Wald- und Wiesensetzer der Behörden und Ämter, Schulen und Universitäten und Privathaushalten durchgedrungen ist, sollte auch nicht über ein großes "ß" in der Majuskelschreibweise nachgedacht werden.

PS: Schönen Gruß von Herrn Tschichold; habe mir erlaubt ihn hier zu aus seinem Buch, "Erfreuliche Drucksachen durch gute Typographie" auszugsweise zu zitieren.

Geschrieben
Wörter aus Großbuchstaben müssen wir eigentlich buchstabieren; Wörter aus Kleinbuchstaben aber erfassen wir im Zusammenhang, als Wortbilder.

Damals (und leider oft auch heute noch) verbreiteter Irrglaube.

Erst die Minuskelschrift hat der unbegrenzten Ausbreitung jeder Art von Bildung den Weg geebnet.

Wow! Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Ein echt starkes Stück! Damit sind hebräisch schreibende Menschen also keiner höheren Bildung fähig?

Weites Sperren soll man vermeiden; das geringste Durchschnittsspatium ist anderthalb Punkt.

Solange dies nicht in die Köpfe der Wald- und Wiesensetzer der Behörden und Ämter, Schulen und Universitäten und Privathaushalten durchgedrungen ist, sollte auch nicht über ein großes "ß" in der Majuskelschreibweise nachgedacht werden.

Da heute jeder »DTP macht« entspricht diese Aussage noch weniger der Realität. Für den Laien (und Behörden) ist Versalsatz unvermeidlich, für den Grafiker ist es ein nützliches Auszeichnungsmittel (Kapitälchen).

Fazit: Großschreibung abschaffen ist utopisch und eine Lösung der Eszett-Problematik unumgänglich.

Ralf

Geschrieben

Damals (und leider oft auch heute noch) verbreiteter Irrglaube.

Verstehe ich nicht. Ist doch klar ersichtlich, dass "Typographie" vom Auge besser zu erfassen ist als "TYPOGRAPHIE"

Wow! Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Ein echt starkes Stück! Damit sind hebräisch schreibende Menschen also keiner höheren Bildung fähig?

Natürlich ist das nicht so! Ich bin jedoch der Meinung, dass in Versalien gesetze und gedruckte Texte unendlich schwer zu lesen sind und das mit der griechisch-römischen verglichen, alle übrigen Schriften der Welt, sogar die mit der unseren verwandten hebräischen und arabischen Buchstaben, undeutlich und weniger einprägsam sind. Mag sein, dass das ein hebräisch schreibender Mensch anders sieht.

Da heute jeder »DTP macht« entspricht diese Aussage noch weniger der Realität. Für den Laien (und Behörden) ist Versalsatz unvermeidlich, für den Grafiker ist es ein nützliches Auszeichnungsmittel (Kapitälchen).

Nicht jeder macht DTP. Viele versuchen DTP zu machen. Zwischen Typo-Laien und Behörden mache ich in Sachen Typo keinen Unterschied. Und warum ist es unvermeindlich in der Majuskelschreibweise zu schreiben? Muss jedes HINWEISSCHILD versal gesetzt werden? Muss z. B. in einem Schreiben einer Behörde im Fließtext eine Frist versal und fett dazu geschrieben werden? So ein Blödsinn! Dafür gibt es die Kursive. Sie gibt zwar die erforderliche schwache Unruhe, flimmert aber nicht und „schreit” den Leser nicht an.

Fazit: Großschreibung abschaffen ist utopisch und eine Lösung der Eszett-Problematik unumgänglich.

Die Großschreibung abzuschaffen ist sicherlich utopisch. Aber vielleicht sollte man auch dem Laien versuchen zu erklären, dass mit Schrift umzugehen keineswegs einfach ist, dass viele der heutigen Drucksachen lärmende Orgien wildgewordener Buchstaben und selbstbewusst auftretender Wurstigkeit sind. Selbst mit schöner Schrift wird man häßliche Typographie machen, wenn man von ihrer Anordnung nichts versteht.

Hierzu benötigt der so genannte Laie das nötige Rüstzeug, schon im frühesten Stadium seiner allgemeinen Ausbildung. Und so lange diese grundsätzlichen Dinge nicht geklärt sind, sollte meiner Meinung nach auch nicht über ein Versales ß nachgedacht werden. Die Profis beschäftigen sich leider viel zu wenig damit dem Laien grundsätzliches der Typo zu vermitteln. Das geht wahrscheinlich auch mit einem versalen Eszett, ja.

Buddy Casino

Geschrieben

Aber vielleicht sollte man auch dem Laien versuchen zu erklären, dass mit Schrift umzugehen keineswegs einfach ist, dass viele der heutigen Drucksachen lärmende Orgien wildgewordener Buchstaben und selbstbewusst auftretender Wurstigkeit sind. Selbst mit schöner Schrift wird man häßliche Typographie machen, wenn man von ihrer Anordnung nichts versteht.

Hierzu benötigt der so genannte Laie das nötige Rüstzeug, schon im frühesten Stadium seiner allgemeinen Ausbildung. Hierzu benötigt der so genannte Laie das nötige Rüstzeug, schon im frühesten Stadium seiner allgemeinen Ausbildung. Und so lange diese grundsätzlichen Dinge nicht geklärt sind, sollte meiner Meinung nach auch nicht über ein Versales ß nachgedacht werden.

Ich baue gerne Möbel. Nur für mich, so für den Hausgebrauch. Jeder Schreiner würde über meine Werkzeuge (natürlich aus dem Baumarkt) und meine Arbeitstechniken (evolutionär-autodidaktisch) wahlweise in Lachen oder Tränen ausbrechen. Zu recht, denn fachlich sind meine Werke wahrscheinlich, nein mit Sicherheit, Murks — auch wenn ich vorzüglich schlafe und unfallfrei am Tisch essen kann. Warum aber sollte ausgerechnet er mir das richtige Schreinern beibringen müssen? Und warum sollten neu entwickelte Möbelbeschläge so lange nicht auf dem Markt kommen, bis jeder richtig schreinern kann?

Wer es richtig und gut haben will, gehe zum Fachmann! Davon leben auch wir schließlich. Wir sollten uns eigentlich sogar freuen über jeden, der ß und Konsorten falsch einsetzt und nicht müde werden, darauf hinzuweisen. Wie öde wäre es denn, wenn wir uns nicht mehr daran hoch ziehen könnten?

Walter

Geschrieben

Verstehe ich nicht. Ist doch klar ersichtlich, dass "Typographie" vom Auge besser zu erfassen ist als "TYPOGRAPHIE"

Das Thema wurde hier und an anderer Stelle schon mehrfach ausführlich diskutiert. Wenn es dich interessiert, suche nach »Parallel Letter Recognition«.

Und warum ist es unvermeindlich in der Majuskelschreibweise zu schreiben? Muss jedes HINWEISSCHILD versal gesetzt werden?

Versalsatz ist die Auszeichnungsart von Otto Normal. Das wird sich mittelfristig nicht ändern (lassen).

Aber vielleicht sollte man auch dem Laien versuchen zu erklären, dass mit Schrift umzugehen keineswegs einfach ist, ... Die Profis beschäftigen sich leider viel zu wenig damit dem Laien grundsätzliches der Typo zu vermitteln.

Genau aus diesem Grund gibt es Typografie.info, mein Zeichen-setzen-Buch etc. Also ich tue mein Bestes! :wink:

Ralf

Geschrieben
Ich bin jedoch der Meinung, dass in Versalien gesetze und gedruckte Texte unendlich schwer zu lesen sind und das mit der griechisch-römischen verglichen, alle übrigen Schriften der Welt, sogar die mit der unseren verwandten hebräischen und arabischen Buchstaben, undeutlich und weniger einprägsam sind.

Die einzige nicht-lateinische Schrift, die ich beherrsche, ist das Chinesische. Das hat nicht mal Buchstaben. Aber es ist x-mal deutlicher und einprägsamer, wenn auch schwieriger zu erlernen. Z.B.: um gesprochenen Text mitzuschreiben, braucht ein Chinese kein Steno, "schnell" zu schreiben genügt völlig.

Außerdem: Wenn ich an die Handschriftproben in einem anderen Thread denke, waren da auch zwei Kollegen dabei, die handschriftlich Versalien schreiben, statt des "bequemeren" Systems, das sie in der Schule gelernt haben. Und wenn ich es recht vetsanden habe, tun sie das, weil es so für sie einfacher ist.

Nur zwei Punkte, an denen die Auffassung, dass die gemischt-geschriebene Lateinisch-Griechische Schreibweise irgendwie "überlegen" sei, wackelt. (Unsere Zahlen sind arabisch, man stelle sich vor, wir würden immer noch römisch zählen ...)

Diese Art der "Kulturvergleiche" ist Nonsens. Und wir sollten alle Möglichkeiten, die uns unser Verschriftungssystem uns bietet, nutzen. Inklusive Versalsatz - und warum auch nicht ab und zu mal was wiederbeleben, wie das Versal-ß? Die Zeit wird dann schon zeigen, ob es was genützt hat.

Geschrieben
PS: Schönen Gruß von Herrn Tschichold; habe mir erlaubt ihn hier zu aus seinem Buch, "Erfreuliche Drucksachen durch gute Typographie" auszugsweise zu zitieren.

Bitte markiere doch deutlich, wo Du selbst Deine Meinung schreibst und wo Du aus einem (notabene gut 50 Jahre alten) Standardwerk zitierst. Die eigene Rede einfach kurzerhand in die eines Großen des Fachs übergehen zu lassen, empfinde ich leicht anmaßend.

Gruß

FlorianG

Geschrieben

Es gibt, ich glaube auch hier im Forum, genug Beispiele für falsches Minuskel-SZ in handgeschriebenen Schriften und auch in Drucksachen. Warum sollte denn nicht der Versuch gemacht werden, das durch ein MAjuskel-SZ zu verbessern, wenn die Möglichkeit dazu besteht? Und die ist jetzt besser als je zuvor.

Sicherlich wird es dann langweiliger, weil sich hier kaum noch jemand über das falsche ß im Versalsatz so richtig schön aufregt.

Flosemann

Geschrieben
Nur zwei Punkte, an denen die Auffassung, dass die gemischt-geschriebene Lateinisch-Griechische Schreibweise irgendwie "überlegen" sei, wackelt. (Unsere Zahlen sind arabisch, man stelle sich vor, wir würden immer noch römisch zählen ...)

Schnell, schnell, zwischendurch: Norbert, Du hast meine volle Zustimmung zu Deiner Gegenrede jede Form der Xenophobie betreffend, auch der typografischen. Kleine Richtungskorrektur: Unsere Zahlzeichen stammen aus dem indischen Raum. Kann leider grad nicht nach Literatur fahnden, das ist aber gut belegt.

Bin wieder weg.

Henning

Geschrieben

... die Araber haben sie direkt von den Indern, wir haben sie nur indirekt von denen :wink:

Immerhin waren "wir" im Abendland so oder so nicht in der Lage, die "Null" zu erfinden.

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