Igelchen Geschrieben Juni 17, 2007 Geschrieben Juni 17, 2007 Es gibt zahllose Fonts, die für den Einsatz in Fließtext in Frage kommen: Aldus, Bembo, Caslon, usw. Bislang habe ich immer den Font gewählt, der mir persönlich am sympathischsten, d. h. am besten lesbar erschien. Aber gibt es da eigentlich auch feste Regeln, die man an bestimmten Charakteristika festmachen kann? Damit meine ich nicht, ob mit oder ohne Serifen, sondern mehr solche Sachen, wie die Art der Serifen (schräggestellt, beim Mittelbalken des E, usw.) oder ob Bögen (z.B. beim P) geschlossen sind, etc. Wählt man für einen Roman anders als z.B. für einen Geschäftsbericht. Oder kommt es am Ende eher auf die Erfahrung und den Geschmack des Setzers an?
Sebastian Nagel Geschrieben Juni 17, 2007 Geschrieben Juni 17, 2007 Hui, das ist eine allumfassende Frage... 1. Tendenziell gibt es für jede Art von Werkstück eine "gängige" Art von Schrift. Was nicht heißt dass Abweichungen davon unpassend sein müssen. Es hängt alles davon ab was man ausdrücken will, dafür braucht es Erfahrung mit Schrift, Text- und Medien-Verständnis, Wissen um den Adressaten, etc. 2. Dann kommen technische Faktoren ins Spiel: Bietet die Schrift alle Zeichen die ich brauche? Für einen Geschäftsbericht brauche ich Tabellenziffern. Sind die nicht enthalten, scheidet der Font aus... 3. Habe ich die Schrift schon verfügbar, bzw. kann ich und der Kunde sie mir leisten? 4. Bleiben dann mehrere Schriften zur Auswahl, werden wohl auch persönliche Vorlieben des Gestalters oder des Kunden eine Rolle spielen.
Sebastian Nagel Geschrieben Juni 17, 2007 Geschrieben Juni 17, 2007 ad 1: Ein Beispiel: Will ich beim Setzen eins Romans auf Nummer Sicher gehen, werde ich eine Garamond oder ähnliches wählen. Will ich vielleicht historisch färben, wird es eventuell etwas wie eine Jenson, Caslon etc. Das sind schon Abweichungen, funktionieren aber immer noch. Will ich experimentieren, setze ich mal auf eine serifenlose Antiqua (wie die Syntax). Will ich schockieren, vielleicht auf die Futura bzw. Avenir (als besser lesbare Variante). In so einem Fall müsste der Autor/Verlag aber schon dahinterstehen, das ist zu ungewöhnlich als dass man es einfach so machen könnte. Oft sind die Schriften aber auch vorgegeben. Geschäftsberichte werden in aller Regel in der Hausschrift des Unternehmens gesetzt.
Igelchen Geschrieben Juni 17, 2007 Themen-Ersteller Geschrieben Juni 17, 2007 Danke für die rasche Antwort. dafür braucht es Erfahrung mit Schrift, Text- und Medien-Verständnis, Wissen um den Adressaten, etc. Wenn ich mich also entschiede für einen Roman z. B. Berling zu wählen, wäre das nicht grundsätzlich falscher als z.B. Caslon. Es könnte höchstens sein, dass der Kunde sagt, ihm gefällt das nicht. Oder, von der anderen Seite: Wenn ich zwei Setzer damit beauftrage meinen Jahresbericht zu gestalten, bekomme ich zwei Ergebnisse, von denen ich eines mehr mag, die aber beide typographisch korrekt sein können. Sind dann Dinge wie Buchstabenabstände, Zeilenabstände, Schriftgröße, Zeilenlänge, Freiraum usw. maßgeblicher für guten Satz als minimale Unterschiede in der Buchstabengestaltung?
Sebastian Nagel Geschrieben Juni 17, 2007 Geschrieben Juni 17, 2007 Wenn ich mich also entschiede für einen Roman z. B. Berling zu wählen, wäre das nicht grundsätzlich falscher als z.B. Caslon. Es könnte höchstens sein, dass der Kunde sagt, ihm gefällt das nicht. So ist es. Wenn beide Schriften die Anforderungen erfüllen (im Fall eines Romans: Lesbarkeit, keine Ablenkung vom Text, ökonomischer Platzverbrauch) kommen die Punkte 2-4 ins Spiel. Oder, von der anderen Seite: Wenn ich zwei Setzer damit beauftrage meinen Jahresbericht zu gestalten, bekomme ich zwei Ergebnisse, von denen ich eines mehr mag, die aber beide typographisch korrekt sein können. ja. Es gibt bestimmt mehr als eine Schrift, die für so eine Arbeit passend ist. Wobei eben im Fall Geschäftsbericht meistens die Hausschrift verwendet wird, es sei denn die ist wirklich völlig unpassend ausgesucht worden. Dann ist aber was generell faul mit dem Corporate Design des Unternehmens. Sind dann Dinge wie Buchstabenabstände, Zeilenabstände, Schriftgröße, Zeilenlänge, Freiraum usw. maßgeblicher für guten Satz als minimale Unterschiede in der Buchstabengestaltung? Wichtiger wie die minimalen Unterschiede zwischen zwar generell passenden Schriften. Man kann natürlich mit einer völlig dummen Schriftwahl alle weiteren Bemühungen abschießen, aber generell kann man fast mit jeder professionellen Schrift was ansprechendes gestalten. An alle: Bitte weitere Meinungen, das Thema kann ich nicht allein beantworten :)
Igelchen Geschrieben Juni 17, 2007 Themen-Ersteller Geschrieben Juni 17, 2007 Ich hab’s früher so gemacht wie die Meisten: Alles nach Geschmack ausgesucht. Das Ergebnis war dann „Geschmackssache“. Irgendwann habe ich mich mit einigen Grundlagen befasst, habe aber bis heute keine Regeln zu Fontauswahl im engeren Sinne gefunden. Vielleicht, weil es die gar nicht gibt.
Gast Geschrieben Juni 18, 2007 Geschrieben Juni 18, 2007 Sebastian Nagel hat das Thema bereits erschöpfend ausgeführt. Regeln gibt es ja zum Glück kaum - da bist auf ein bisschen Stilkunde und viel Erfahrung/Geschmack angewiesen. Die Schriftwahl ist der Punkt, bei dem ich jeweils am meisten Zeit verplempere. Es gibt so viele schöne Schriften und Unsicherheit schwingt auch immer mit. Jetzt langsam beruhigt sich das ein bisschen durch die Einsicht, dass gepflegter Satz wichtiger ist als die 100-%-Schrift. Deshalb setze ich heute mehr Zeit ein, um Wort-, Zeichen, und Zeilenabstände, Schriftgrade, Satzbreiten usw. sorgfältig zu definieren. Scot Hanson (http://iso50.com/iso50.html) zum Beispiel setzt sehr oft die Avant Garde ein. Aber so, dass man sie kaum mehr wiedererkennt. Wer nimmmt schon freiwillig die Avant Garde?
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