Meine Einzigartigkeit ist meine Schönheit

[Dieter Stockert]

Hallo zusammen,

die Kontaktgruppe "Strohhalm" für Betroffene von Ess-Störungen bei uns am Gesundheitsamt macht heuer eine öffentliche Veranstaltung mit dem Thema "Meine Einzigartigkeit ist meine Schönheit". Dazu soll ein Banner erstellt werden (ca. 250 cm breit) mit dem Motiv, das hier zu sehen ist (also keine Dünenlandschaft, sondern ein Tuch). Der Text unten links und rechts ist festgelegt, ich hoffe aber, man kann dort mit der Schrift noch etwas machen (links Frutiger, rechts Helvetica Condensed Bold). Gesucht ist nun eine passende Schrift für den Text, der das Banner zieren soll, eben das genannte Thema "Meine Einzigartigkeit ist meine Schönheit".

Hat jemand Vorschläge?

[Poms]

Vielleicht eine freundliche Slab-Serif – PMN Caecilia (etwas ernster) oder Chaparral (menschelt mehr).

Oder die Dolly von underware, um eine lebendige Antiqua zu nennen.

[Gast njr]

Guten Tag Dieter

Ich könnte mir zu diesem sensiblen Thema eine gut lesbare, persönliche Handschrift* vorstellen – das würde auch die Aussage "Meine Einzigartigkeit ..." optisch unterstützen.

Beste Grüße,

Norbert

* Wie wärs mit deiner eigenen? Sie hat was feines, weiches, vielleicht verletzliches (wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf, sonst lösch' ich das sofort wieder). Probier das doch mal ...

[Bleisetzer]

Meine Meinung:

"Meine Einzigartigkeit ist meine Schönheit"

Diese Aussage ist nicht steigerungsfähig.

Ich empfinde ihn als wunderschön gewählt in Bezug auf das Thema.

Denn er bringt das Problem haargenau auf den Punkt.

Ich meine, man sollte eine Schrift wählen, die ohne jeden Zweifel genau diesem Anspruch entspricht. Und dies durch ihre Anmutung sowohl dem Laien als auch dem Fachkundigen vermittelt.

Rudolf Koch

Koch-Antiqua oder Koch-Kursiv.

Das wäre meine Wahl.

Georg

[Dieter Stockert]

Vielleicht eine freundliche Slab-Serif – PMN Caecilia (etwas ernster)

Hm, ich weiß nicht. Ist die vielleicht nicht etwas arg dünn? ... Ach Blödsinn, es gibt ja nicht nur den Light-Schnitt ... Hm, ich weiß trotzdem noch nicht. Slab Serif, in diese Richtung hätte ich dabei überhaupt nicht gedacht. Ich werd's mal über Nacht wirken lassen.

oder Chaparral (menschelt mehr).

Ja, ein bißchen. Es ist im Großen und Ganzen dieselbe Richtung wie die Caecilia.

Oder die Dolly von underware, um eine lebendige Antiqua zu nennen.

Die kommt bei den Kolleginnen sicher besser an.

Vielen Dank, ich werde berichten.

[Dieter Stockert]

[...] eine gut lesbare, persönliche Handschrift [...]Wie wärs mit deiner eigenen? Sie hat was feines, weiches, vielleicht verletzliches (wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf, sonst lösch' ich das sofort wieder). Probier das doch mal ...

Natürlich darfst Du das sagen, und ich finde das höchst interessant. Mir selber kommt meine Handschrift eher unordentlich, zerstückelt, ohne Schwung und Linie vor.

Ein Graphologe würde vielleicht sagen können, daß die Schrift nicht von einer Frau ist, und fast alle Leute, die bei uns wegen Ess-Störungen kommen, sind Frauen. Da könnte vielleicht besser eine Kollegin ihre Handschrift zur Verfügung stellen.

Wie sieht das denn mit der Qualität aus? Das Banner ist 250 cm breit, würde ein meinetwegen mit 1200 dpi eingescannter Schriftzug in der entsprechenden Vergrößerung noch reichen, damit's nicht zu verpixelt aussieht? Mit so großen Formaten habe ich keine Erfahrung.

[Dieter Stockert]

Koch-Antiqua oder Koch-Kursiv.

Das wäre meine Wahl

Danke, Georg. Aber das angesprochene Klientel ist sehr problembehaftet. So schön die beiden Koch-Schriften sind, ich empfinde sie für diesen Zweck als zu kunstvoll.

[Alfons]

Vielleicht die Codex? Sie sieht etwas handschriftlich aus und ich könnte

mir vorstellen, dass die Frauen gefällt. (etwa gleich: Calligraphic 421)

Gruss Alfons

[Gast njr]

[…] eher unordentlich, zerstückelt, ohne Schwung und Linie vor. […]

Das hätte ich so nie zu formulieren gewagt . Aber präzis diese Schriftstimmung wollte ich ansprechen. Hinsichtlich der "Zielgruppe" (man muss sich ja fast schämen!) sehe ich gerade diese Qualitäten als sehr treffend. Und zum feinen Tuch tät's auch noch passen. Würde dir jetzt sehr gerne sofort ein kleines Muster machen. Aber leider geht mein Zug demnächst und meine Handschrift ist sowieso total unpassend …

Ein Graphologe würde vielleicht sagen können, daß die Schrift nicht von einer Frau ist, und fast alle Leute, die bei uns wegen Ess-Störungen kommen, sind Frauen. Da könnte vielleicht besser eine Kollegin ihre Handschrift zur Verfügung stellen.

Meines Erachtens hier unerheblich, was der Herr Graphologe sagen können könnte. Es geht bloß darum, Betroffene in einem sehr flüchtigen Augenblick visuell abzuholen (Banner). Wie auch immer: die Idee, deine Kolleginnen schreiben zu lassen, find' ich sicher einen Versuch wert.

Wie sieht das denn mit der Qualität aus? Das Banner ist 250 cm breit, würde ein meinetwegen mit 1200 dpi eingescannter Schriftzug in der entsprechenden Vergrößerung noch reichen, damit's nicht zu verpixelt aussieht? Mit so großen Formaten habe ich keine Erfahrung.

Das dürfte kein Problem sein. Erkundige dich aber besser bei deinem Servicebüro betreffs Printerauflösung. Weitere Möglichkeit: Handschrift im Illustrator vektorisieren. Auf die große Betrachterdistanz wären die resultierenden Vektorunschönheiten wohl marginal.

Schönen Abend noch und Grüße,

Norbert

PS: Schwung und Linie hat sie aber schon, deine Handschrift!

[Schlaflos]

Nur ein Vorschlag: Das Banner besticken oder die Hauptbotschaft mit kleinen Stoffstücken zu nähen? Das würde die "Einzigartigkeit" wirklich betonen. Schrift: Entweder wirklich eine Handschrift oder im Stil der U-Bahn-Scheibenkratzer.

Alex

[Schwalbenkoenig]

Darf ich auch noch ein wenig Senf dazugeben?

Ich würde da auch eine Handschrift passend finden. Am besten eine mit mehreren Alternativbuchstaben um das Schriftbild aufzulockern.

Am liebsten die brandneue Olicana von Nick Cooke, die sogar Durchstreichungen und Tintenkleckse beinhält (wie von Hrant Paparazian angeregt). Die Entstehungsgeschichte davon gibts hier.

Wenns eher eine kalligraphische Anmutung haben sollte, sollte man sich

Ministry Script von Ale Paul ansehen.

Galaxie Cassiopeia wäre auch mit OT-Alternates geladen, nur gefällt mir da das S nicht so sehr.

Ein ganz anderer Ansatz wären diese Hybrid-Kalligraphiefonts (kann man die so nennen?) von Eduardo Recife (Misprinted Type) wie z. B. Mosh, Nars, Porcelaine, Selfish, u.a.

Apropos: Geht's jetzt eigentlich um den Schriftzug »Strohhalm« oder um den wunderbaren Satz »Meine Einzigartigkeit ist meine Schönheit«?

Wie auch immer: Gutes Gelingen.

[hey]

Da fällt mir dieser erkennbar weibliche Handschrift-Font ein (es ist einer von den guten Freefonts, aber bei solchen Handschriften hat händischer Ausgleich ja noch nie geschadet).

[Gast njr]

Nur ein Vorschlag: Das Banner besticken oder die Hauptbotschaft mit kleinen Stoffstücken zu nähen? Das würde die "Einzigartigkeit" wirklich betonen. Schrift: Entweder wirklich eine Handschrift oder im Stil der U-Bahn-Scheibenkratzer.

Alex

Das Folgende passt jetzt wirklich nur zum Thema "Sticken", im Sinne eines Beitrags zur Machbarkeit ...

1993 kam in der Schweiz ein Plakat für eine Spirituose in den Aushang, dessen Vorlage tatsächlich von Appenzellerinnen (Frauen aus dem Kanton Appenzell) in traditioneller Handstickerei ausgeführt wurde. Machte damals – trotz Reproduktion – einen sehr echten Eindruck. Leider habe ich nichts größeres mehr gefunden ...

(Dubach Werbeagentur, 1993. Die Schlagzeile lautete im sehr speziellen Appenzeller Dialekt: "Fö daa heeme zeescht d Froue möse frooge." ... Hochdeutsch: "Dafür mussten wir zuerst die Frauen fragen." Wortspielerei, weil Appenzell als letzter Schweizer Kanton das Stimm- und Wahlrecht für Frauen einführte ...)

Schönen Tag weiterhin,

Norbert

[Bleisetzer]

Ich möchte doch noch einen Kommentar abgeben.

"Meine Einzigartigkeit ist meine Schönheit"

Menschen mit Eß-Störungen haben ein großes Problem mit der Akzeptanz des eigenen Körpers. Das ist nichts harmloses, sondern vor allem bei jungen Menschen (Mädels wie Jungs) kann es zu lebensbedrohenden Zuständen kommen. Das ist allen klar, denke ich.

Und als 52jähriger, der seit ca. 40 Jahren ein wildes Jojo-Dasein fristet zwischen seiner persönlcihen Tiefstmarke von 70 kg bei 1,86 m Größe und 120 kg ein Jahrzehnt später, weiß ich genau, um was es geht.

Der Slogan selbst ist wirklich wunderschön. Weil er den Kern des Problems sehr treffend formuliert. Man könnte sagen: "Verstehe diesen Satz und verinnerliche ihn, dann kannst Du auch Dein Eß-Problem bewältigen."

Mein ursprünglicher Vorschlag, die Koch-Antiqua, sollte diese Perfektion des Slogans widerspiegeln. Dieters Einwand stimmt und ich ziehe den Vorschlag zurück. Es würde eher eine Hürde aufbauen, mutlos machen. Die Koch-Antiqua würde die Ideal-Vorstellung darstellen, nicht die Akzeptanz zum individuellen Aussehen des eigenen Körpers. Also habe ich wieder etwas gelernt.

Den Vorschlag einer Handschrift hatte ich gestern noch gar nicht verstanden. Mir kam das zu... unperfekt vor (immer noch von meinem ersten Standpunkt aus betrachtet). Jetzt habe ich ihn aber wirklich verstanden.Er zeigt ja gerade das Individuelle und kaum etwas ist einzigartiger als eine Handschrift.

Nun würde ich aber diese Handschrift, über die Ihr hier redet, sehr gerne einmal sehen. Offensichtlich gibt es einen Font davon. Wo, bitte?

In typographischer Laien-Demut

Georg

[Gast njr]

Nun würde ich aber diese Handschrift, über die Ihr hier redet, sehr gerne einmal sehen. Offensichtlich gibt es einen Font davon. Wo, bitte?

Wenn du nach meinem Beispiel suchst: Dieters Handschrift (das letzte Muster, 1989):

http://www.typografie.info/typoforum/vi ... c&start=44

Aber – eingehender betrachtet – dürfte die auch noch etwas krakeliger daherkommen. So in Richtung Schlaflos' Vorschlag "U-Bahn-Scheiben-Kratz". Das darf böse sein, verletzt, unsicher, ängstlich, laut. Den Umständen entsprechend ehrlich halt. Die Lesbarkeit muss jedoch gewährleistet sein.

Dieter versuchts vielleicht mal mit den Handschriften seiner Kolleginnen ...

Gruß,

Norbert

[Dieter Stockert]

Ich bedanke mich ganz herzlich für die Äußerungen und Vorschläge. Noch ist nichts entschieden, es könnte sein, daß die Jenny Anklang findet. Vielleicht machen wir's aber auch mit meiner Handschrift. Soll ich berichten?

[Gast njr]

[...] Soll ich berichten? [...]

Ja, bitte! Und, falls möglich, auch zeigen, wie das gelöst wurde.

Grüße und einen guten Tag,

Norbert

[Gast njr]

Schaut doch bitte auch mal da. "Hey" hat da was gefunden, das passt perfekt zum Thema ...

[Gast njr]

Kurzfrechvorlaute Zwischenfrage, lieber Dieter: hat sich hier mittlerweile schon etwas konkreteres herausgeschält?

Grüße,

Norbert

[Dieter Stockert]

Asche auf mein Haupt, ich habe das total vergessen. Die Entscheidung ist inzwischen gefallen, und zwar zugunsten dieses Entwurfs:

Als Schrift für den Spruch hat die Agentur die Printhouse verwendet, der Rest ist Neue Helvetica Bold und Bold Condensed.

[Gast njr]

Mein lieber Dieter ...

Die Asche kannst samt Kübel gleich über meinen Grind ausschütten! Erst motzen und sich dann nicht wieder melden. Typisch, nicht. Entschuldige also meine unanständig lange Warterei. War etwas überschreibig, dahier.

Zum Banner/Plakat. Find's sehr gut! Hätte mir das schon auch irgendwie so vorgestellt. Find's passend, wie die "Handschrift" unsicher-schräg nach links bremst und die Titelzeile derart auch in Frage stellt. Die Verletzlichkeit dieses Seins (du hattest uns das beschrieben) drückt sich krakelig sehr gut aus.

Herzlichen Dank, dass du's gezeigt hast!

Schönen Abend, weiterhin,

Norbert

[Dieter Stockert]

Erst motzen und sich dann nicht wieder melden. Typisch, nicht. Entschuldige also meine unanständig lange Warterei.

Vielen Dank für den Kommentar. Und: Nein, da gibt's nichts zu entschuldigen, weil's ja auch keinen Anspruch gibt, daß Du etwas dazu schreibst. Für mich ist das ok, mir geht's auch manchmal so.