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Die Schriftmuster der Welt in einer Datenbank …

Deppenapostroph?

Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Hallo!

Vielen stehen wahrscheinlich die Haare zu Bergen wenn manch einer seinen Laden mit "Handy's, Pizza's und sonstiges" beschriftet. /ironie

Ich hab mir vorhin ein wenig umgeschaut, bin aber nicht auf eine gerechte Lösung gekommen. Auf teilen Websites wird sogar diese Anwendung "Igor's Tagebuch" als falsch abgestempelt. Kann mir jemand den Hintergrund davon verraten oder einen Link geben wo etwas über die grammatikalisch korrekte Anwendung des Apostrophs steht? Oder ist das eine mehr gestalterische Frage weil ein solcher Apostroph einfach oft riesen Lücken im Wort hinterlässt?

Lieber Gruss

Geschrieben

Es ist keine gestalterische Frage, sondern eine der Rechtschreibung. Der Apostroph steht eigentlich immer nur dort, wo etwas ausgelassen wird. Ob es so oder ob’s so geht. Im Englischen kennzeichnet so ein Apostroph aber auch ein Besitzverhältnis: Mary’s lamb ist das Lamm von Marie. Weil so mancher hierzulande cool oder global oder beides sein will, schreibt er dann Erika’s Biereck statt Erikas Biereck (was richtig wäre). Wobei man sich fragen kann, wie global Erika eigentlich sein muss.

Gar nicht (weder im Deutschen noch im Englischen) gehört der Apostroph zur Bildung der Vielzahl: Plural von Font ist (in beiden Sprachen) Fonts und nicht Font’s.

Weil die Anzahl der Deppen in der Bevölkerung allerdings beachtlich sein muss, angesichts der Vielzahl der falsch verwendeten Apostrophen, hat der Duden, soweit ich mich entsinne, schon klein beigegeben und "erlaubt" den angelsächsischen Genitiv. Interessiert mich aber nicht, denn ich verwende ihn nicht. (Jaja, ich hab trotzdem kein Problem mit der reformierten Rechtschreibung.)

Geschrieben

"Schau" um genau zu sein ...

Nachgereicht: Die Fälle, in denen der "englische" Apostroph erlaubt sein kann:

In Ausnahmefällen kann auch im Deutschen der Apostroph im Genitiv gesetzt werden. Aber nur dann, wenn durch den Apostroph die Grundform eines Namens verdeutlicht wird.

Andrea’s Hanfladen (von Andrea, nicht von Andreas)

Carlo’s Sexkino (von Carlo, nicht von Carlos)

Geschrieben
Schau'

wohl eher Schau’ ...

:D

pssst ... Microboy ;-) Ich verschlimmbessere mich manchmal sachbezüglich gerne und kichere still und leise vor mich hin, wenns (k)einer merkt ...

Zeit, diese Maschine hier auszuschalten ...

Geschrieben

Das Problem mit dem Apostroph s, also beispielsweise "Müller's Druckerei" gab es übrigens auch schon vor 80-100 Jahren. Man findet das bisweilen groß und breit auf den Titeln von Schriftmuster-Katalogen der Buchdruckereien.

Aus diesem Grund und aus einem zweiten glaube ich gar nicht (mehr), daß hier eine Verwechslung mit dem englischen Genitiv-Apostroph vorliegt: Wer so ein Apostroph nutzt, kennt die Deutsche Rechtschreibung nicht. Aber dann ist es unwahrscheinlich, daß er sich an der englischen orientiert, oder?

Georg

Geschrieben

Da sich der falsche ’s-Genitiv aktuell häufig und gerne an englischen oder quasi-englischen Lehnwörtern (Hot Dog bzw. Handy) festsetzt, glaube ich, dass die Inspiration für diesen Fehler heute wohl schon vom Anglizismus kommt ... wobei der Schreiber ja nicht unbedingt die Englische Orthografie beherrschen muss - er/sie hat halt nur so’n Ding schon irgendwo mal gesehen.

Was aber mag jemanden am Anfang des 20. Jh.s dazu bewogen haben?

Geschrieben
Da sich der falsche ’s-Genitiv aktuell häufig und gerne an englischen oder quasi-englischen Lehnwörtern (Hot Dog bzw. Handy) festsetzt, glaube ich, dass die Inspiration für diesen Fehler heute wohl schon vom Anglizismus kommt ... wobei der Schreiber ja nicht unbedingt die Englische Orthografie beherrschen muss - er/sie hat halt nur so’n Ding schon irgendwo mal gesehen.

Was aber mag jemanden am Anfang des 20. Jh.s dazu bewogen haben?

Ja, das frage ich mich auch.

Beispiele, die ich gefunden habe:

Ohlenroth'sche Buchdruckerei Georg Richters, Erfurt

Das Muster dürfte aus der Zeit ca. 1915 sein.

1012_1_169.jpg

Auch Publikationen der Bauerschen Gießerei wurden bisweilen mit "Bauer'sche Gießerei" betitelt.

Das dürfte in dieselbe Richtung gehen.

ZVAB zeigt 351 Fundstellen zu 's Buchdruckerei.

Die Schreibweise des Genitivs war immer gleich, ohne Apostroph, oder?

Könnte es sein, daß man das vielleicht vor der vorletzten Jahrhundertwende mit Apostroph schrieb? Und daß manche Unternehmen dann vielleicht später ihre "Bodenständigkeit" o.ä. demonstrieren wollten?

Pure Spekutlation von mir.

Georg

Geschrieben
Was aber mag jemanden am Anfang des 20. Jh.s dazu bewogen haben?

Ja, das frage ich mich auch.

Beispiele, die ich gefunden habe:

Ohlenroth'sche Buchdruckerei …

Bauer'sche Gießerei…

Es ist einfach so, daß die hochsprachliche Langfassung für die Buchdruckerei des Herrn Olenroth »Ohlenrothesche Druckerei« hieß, auch »Ohlenrothische Druckerei«, analog dazu die Gießerei von Bauer »Bauerische Gießerei«. Der Apostroph war also ein ganz legitimes Auslassungszeichen für diesen Fugenbuchstaben. Später fiel dieser durch umgangssprachliche Verschleifung weg, schließlich wurde die Kurzform zur hochsprachlichen Form und der Apostroph verlor seine Funktion. Das ist eine ähnliche Entwicklung wie bei »in das« >> »in’s« >> »ins«, wobei hier die Ursprungsform parallel zumindest in der Schriftsprache weiterbesteht.

Geschrieben

Danke für die Antworten!

[...] Später fiel dieser durch umgangssprachliche Verschleifung weg, schließlich wurde die Kurzform zur hochsprachlichen Form und der Apostroph verlor seine Funktion. Das ist eine ähnliche Entwicklung wie bei »in das« >> »in’s« >> »ins«, wobei hier die Ursprungsform parallel zumindest in der Schriftsprache weiterbesteht.

Also verstehe ich das richtig; Früher war der Apostroph eine grammatikalisch korrekte Anwendung bis er ganz ersetzt wurde und heutzutage wird er nach belieben angewendet, wobei die Notwendigkeit nicht unbedingt ist? Oder ist das nur die Geschichte wie es im deutschsprachigem Raum entstanden ist? Was war denn das nochmal mit dem englischen?

Andrea’s Hanfladen (von Andrea, nicht von Andreas)

Carlo’s Sexkino (von Carlo, nicht von Carlos)[/i]

Ich dachte diese Anwendung wäre korrekt resp. erlaubt genau so wie das bei Max' oder Andreas' der Fall ist (weil da das 's' bereits der Endbuchstabe vom Namen ist und der Apostroph nur verdeutlicht, dass es sein Eigentum betonen will [patricks schatz]).

Eben habe ich mir diese Beispiele auf Flickr angeschaut. Ist teilweise ein wahres Verbrechen was dort so an Beschriftung gemacht wurde. Als Profi sollte man sich wohl aneignen diesen Apostroph zu vermeiden, obwohl ich die Anwendung bei Worten wie z.B. Bäur'sche nicht schlecht finde, da es ohne diesen Apostroph wie die Arbeit eines Analphabeten aussehen würde.

PS: Was ist mit dem hier falsch?

1243726296_f5cb661c45_m.jpg

Geschrieben
Also verstehe ich das richtig; Früher war der Apostroph eine grammatikalisch korrekte Anwendung bis er ganz ersetzt wurde und heutzutage wird er nach belieben angewendet, wobei die Notwendigkeit nicht unbedingt ist?
Das kann man nicht für jeden einzelnen Fall so sagen, auch früher wurde viel geschlampt, aber für die vom Bleisetzer genannten Beispiele gilt das so.
Was war denn das nochmal mit dem englischen?
Im Englischen gibt es andere Regeln, darauf kann das obengesagte nicht bezogen werden.

Für Mantafahrer gibts den Deppostrophen auch tiefergelegt:

axelsgasthofxe4.jpg

gleich noch mit falschem Schluß-s in Gasthof

PS: Was ist mit dem hier falsch?
Das Divis zwischen Kaffe und Compagnie fehlt. Nach den St. hätte man den Abstand etwas verringern sollen, Kleinschreibung ist immer barbarisch. Arial ist keine Schrift. Sonst ist alles perfekt.
Geschrieben
Der Apostroph war also ein ganz legitimes Auslassungszeichen für diesen Fugenbuchstaben.

"Ein Purpurroth war auf Monika's Wangen getreten ..." (Gutzkow, "Der Zauberer von Rom" von 1858-1861, dort gibt es Dutzende von solchen Stellen) - was wurde da wohl ursprünglich ausgelassen?

Geschrieben
Was aber mag jemanden am Anfang des 20. Jh.s dazu bewogen haben?

Ja, das frage ich mich auch.

Beispiele, die ich gefunden habe:

Ohlenroth'sche Buchdruckerei …

Bauer'sche Gießerei…

Es ist einfach so, daß die hochsprachliche Langfassung für die Buchdruckerei des Herrn Olenroth »Ohlenrothesche Druckerei« hieß, auch »Ohlenrothische Druckerei«, analog dazu die Gießerei von Bauer »Bauerische Gießerei«. Der Apostroph war also ein ganz legitimes Auslassungszeichen für diesen Fugenbuchstaben. Später fiel dieser durch umgangssprachliche Verschleifung weg, schließlich wurde die Kurzform zur hochsprachlichen Form und der Apostroph verlor seine Funktion. Das ist eine ähnliche Entwicklung wie bei »in das« >> »in’s« >> »ins«, wobei hier die Ursprungsform parallel zumindest in der Schriftsprache weiterbesteht.

Verstehe.. danke.

Hat also nichts mit dem Apostroph-s zu tun.

Georg

Geschrieben

1901 hat man - unter Mitwirkung eines gewissen Konrad Duden und in nur drei Tagen - das erste Mal einen gesetzlichen Standard für die deutsche Schriftsprache geschaffen, wenn ich den diversen Netzauskünften glauben will. Dabei hat man aber wohl nicht, wie immer gern gedacht wird, den Bestand festgehalten, sondern die bisherigen Verwendungen entweder als falsch oder als richtig bewertet - daher rührt wohl auch bis heute die Kompetenz des Duden-Verlags. Offenbar war {’s} bis Anfang des 20. Jh.s wohl weder richtig noch falsch.

Geschrieben
Der Apostroph war also ein ganz legitimes Auslassungszeichen für diesen Fugenbuchstaben.

"Ein Purpurroth war auf Monika's Wangen getreten ..." (Gutzkow, "Der Zauberer von Rom" von 1858-1861, dort gibt es Dutzende von solchen Stellen) - was wurde da wohl ursprünglich ausgelassen?

Dort liegt der Fall tatsächlich anders.
Geschrieben
Dort liegt der Fall tatsächlich anders.

Immerhin lange vor 1901 entstanden, handelte es sich vielleicht einfach um einen "gebräuchlichen" sächsischen Genitiv? Wenn sich die Frage nach richtig oder falsch noch so gar nicht gestellt hätte?

Geschrieben
Jetzt wart mal hundert Jahre, dann ist »rassistsch« Hochdeutsch — ohne Apostroph.

Danke für diese exzellente Unterhaltung! Langsam erhol' ich mich wieder vom Lachkrampfstsch.

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