Pachulke Geschrieben März 8, 2008 Themen-Ersteller Geschrieben März 8, 2008 wer stellt diese gullidecke eigentlich her?Gießereien. Früher gab es die in jeder Kleinstadt (man lernt viel über Industriegeschichte bei der Sache), jetzt ist natürlich fast alles zusammenfusioniert.wer entscheidet wie diese auszusehen haben?Standarddeckel wird die Gießerei vom Lager verkaufen, bei Extrawünschen entscheidet natürlich der Kunde, was er will.gibts dafür designer?Das ist eine interessante Frage. Ich überlege seit einigen Jahren, wie ich da ’reinkommen könnte. Das was bisher in Deutschland an Deckeln liegt, kann ein Schriftsetzer auch »designen«, außerdem kann man ja jederzeit bei Bedarf Graphiker hinzuziehen. Drei Dinge halten mich noch davon ab, mich in die Sache hineinzustürzen:1. habe ich auch so genug zu tun 2. hat man es da wohl hauptsächlich mit öffentlichen Auftraggebern (Tiefbauämtern) zu tun und ich habe traumatische Erfahrungen mit den Arbeitsstrukturen öffentlicher Auftraggeber gemacht. 3. bin ich mir nicht sicher, ob man da nicht dreidimensional arbeitende Software brauchen würde, denn wir haben es ja mit einem Relief zu tun. Aber es juckt mich unheimlich in den Fingern, diese Kanalgeschichte commerziell anzugehen, zumal man hier in Deutschland viel Gutes tun könnte. Die meisten Tiefbauämter entscheiden rein funktional und ohne der Ästhetik einen Gedanken zu widmen, dabei ist können sich selbst sehr kleine Kommunen eigene, gestaltete Deckel leisten und so eine extrem preiswerte, dauerhafte Imagewerbung treiben. Es gibt offensichtlich einen Nischenmarkt für Werbedeckel in Kleinstauflagen, aber das ist kein richtiger Grauguß. Ansonsten scheint das werbetechnisch Terra incognita zu sein, vielleicht ist das Medium auch zu langfristig für Werbung, schließlich hat so ein Deckel eine deutlich höhere Lebenserwartung als ein durchschnittliches Unternehmen. Marcus Botsch, der das CD für die Berliner Wasserbetriebe gestaltet hat, durfte auch einen Kanaldeckel entwerfen, stellt diesen aber nicht mal als Referenz auf seiner Netzseite aus. ist das ein ausbildungsberuf?Belieben zu scherzen?
CRudolph Geschrieben März 8, 2008 Geschrieben März 8, 2008 ist das ein ausbildungsberuf?Belieben zu scherzen? Warum? Im Ausbildungsverzeichnis 1993/94 war z.B. »Gummistrumpfstricker« explizit angegeben, staatlich anerkannter Kanaldeckeldesigner kommt mir da ehrlich gesagt deutlich weniger merkwürdig vor!
hey Geschrieben März 8, 2008 Geschrieben März 8, 2008 Aber es juckt mich unheimlich in den Fingern, diese Kanalgeschichte commerziell anzugehen, zumal man hier in Deutschland viel Gutes tun könnte. Die meisten Tiefbauämter entscheiden rein funktional und ohne der Ästhetik einen Gedanken zu widmen, dabei ist können sich selbst sehr kleine Kommunen eigene, gestaltete Deckel leisten und so eine extrem preiswerte, dauerhafte Imagewerbung treiben. Es gibt offensichtlich einen Nischenmarkt für Werbedeckel in Kleinstauflagen, aber das ist kein richtiger Grauguß. Ansonsten scheint das werbetechnisch Terra incognita zu sein, vielleicht ist das Medium auch zu langfristig für Werbung, schließlich hat so ein Deckel eine deutlich höhere Lebenserwartung als ein durchschnittliches Unternehmen. Allerdings ändert sich das im Augenblick, nicht zuletzt weil wegen gestiegener Stahlpreise das stehlen von Kanaldeckeln (sic) nun attraktiv ist . Viele Städte versuchen dem mit markierten Deckeln (oft mit Stadtwappen o.ä. geschmückt) vorzubeugen, andere benutzen nicht leicht entnehmbare Deckel mit Klappscharnier. Es gibt also tatsächlich eine gewisse Nachfrage nach gestaltung. Für die Werbedeckel besitzt eine Firma ein Patent, bei dem Auf einem ähnlich dem Standarddeckeln gebautem Deckel aus Eisenguss eine auswechselbare Messing-, Alu, oder Bronzeplatte aufgebracht wird. Hier ein Beispiel aus der Hansestadt Dortmund: Und nackig:
hey Geschrieben März 8, 2008 Geschrieben März 8, 2008 Und neue Rechtschreibung haben jetzt auch manche:
Pachulke Geschrieben März 8, 2008 Themen-Ersteller Geschrieben März 8, 2008 Ja die Dannhäuser-Deckel sind mir schon immer mal begegnet, aber das Normale ist ja, daß eine Kommune sich eigene Deckel machen läßt. Das wertet gegenüber den häßlichen Betondeckeln das Straßenbild auf. Und da gäbe es in Deutschland tatsächlich Bedarf für etliche »staatlich anerkannte Kanaldeckeldesigner«, wie Norbert so schön schreibt. Aber nochmal die Frage: Mit welcher Software kann man solche 3-D-Reliefs (siehe Blätter) gestalten? Oder wird das gar analog gemacht? Soviel ich weiß, wird für eine »verlorene« Gußform ja eine Holzform gebaut. Ist das teilweise Handarbeit?
hey Geschrieben März 8, 2008 Geschrieben März 8, 2008 Mit CAD-Software, oder? Das scheint doch zumindest nahe zu liegen. Zunächst auf CNC-Fräsen oder oder Fabern ausgegeben. Allerdings lassen die Buchstaben auf vielen auch neuen Deckeln vermuten, dass da auch z.T. Handarbeit passiert, es scheint als würden auch Wachsbuchstaben verwendet.
Pachulke Geschrieben März 8, 2008 Themen-Ersteller Geschrieben März 8, 2008 Zunächst auf CNC-Fräsen oder oder Fabern ausgegeben… Faber, auch Faberrebe, ist eine Rebsorte… :?:
hey Geschrieben März 8, 2008 Geschrieben März 8, 2008 Ups, sollte natürlich Fabber heißen. http://de.wikipedia.org/wiki/Fabber http://de.wikipedia.org/wiki/Computerized_Numerical_Control
Pachulke Geschrieben März 8, 2008 Themen-Ersteller Geschrieben März 8, 2008 Ich sehe schon, ich sollte mich mal mit den technologischen Grundlagen des Gusses auseinandersetzen. Hat hier jemand schon mal mit CAD-Programmen zu tun gehabt?
hey Geschrieben März 8, 2008 Geschrieben März 8, 2008 Vermutlich musst Du da wirklich tiefer einsteigen. Aber vielleicht hilft ja schon eine kleine Nachfrage bei einem Hersteller weiter? Die könnten ja ein interesse haben. Diese Dannhäuser-Werbefritzen doch auf jeden Fall.
Cajon Geschrieben März 9, 2008 Geschrieben März 9, 2008 Es gibt doch auch Kanaldeckel mit austauschbarer Oberseite, die farbig gedruckte runde „Plakate“ haben. Die Lösung wird ähnlich wie bei den austauschbaren Metallplatten sein, nur dass hier noch eine Plexiglasplatte (?) die Werbung abdeckt. Ich find grad kein Beispiel, aber ich hab hier schon mal sowas gesehen.
Pachulke Geschrieben März 10, 2008 Themen-Ersteller Geschrieben März 10, 2008 Es gibt doch auch Kanaldeckel mit austauschbarer Oberseite, die farbig gedruckte runde „Plakate“ haben. Das habe ich noch nicht gesehen, würde mich mal interessieren. Habe mich am Wochenende mal mit einem Modellbauer für Gußformen unterhalten; die Sache ist komplex, es gibt wohl verschiedene technologische Wege von A nach B, wenn ich jetzt mal A als den zweidimensionalen Gestaltungsentwurf und B als den fertigen Deckel setze.
Pachulke Geschrieben März 13, 2008 Themen-Ersteller Geschrieben März 13, 2008 So, hier mal ein kleines Typo-Rätsel: Handelt es sich bei der Schrift auf dem Kanaldeckelausschnitt um ein MS oder um ein SW — oder, anders gefragt: Wo ist hier oben und wo unten? Zusatzfrage: Wie heißt die Gießerei?
RobertMichael Geschrieben März 13, 2008 Geschrieben März 13, 2008 ich denke auch es ist ein SW. was ist das darunter, ein U mit füßen? heißt das StadtWerkeUlm?
Pachulke Geschrieben März 13, 2008 Themen-Ersteller Geschrieben März 13, 2008 …heißt das StadtWerkeUlm? Das ist, zumindest was die regionale Einordnung angeht, schon ziemlich nah dran (ca. 70 km).
hey Geschrieben März 13, 2008 Geschrieben März 13, 2008 Das die Buchstaben umschließende Ding ist wahrscheinlich die Darstellung einer Gussbirne, Öffnung oben. Somit müsste es MS heißen.
RobertMichael Geschrieben März 13, 2008 Geschrieben März 13, 2008 gussbirne? könnte doch auch so ein gusseimer bzw. so eine pfanne wo das heiße eisen drin ist. also in der draufsicht. :?:
hey Geschrieben März 13, 2008 Geschrieben März 13, 2008 Naja, der Deckel scheint aber nicht aus vorindustrieellen Zeiten zu stammen, oder? Ich glaube nicht, dass der Hersteller auf archaische Verfahren verweist.
Pachulke Geschrieben März 23, 2008 Themen-Ersteller Geschrieben März 23, 2008 Zeit für die Auflösung: Es stimmt also tasächlich, es handelt sich um ein MS, das für Michael Streicher (1836-1890), Gründer der Firma »M. Streicher, Eisen- u. Stahlgießerei, Dampfkesselfabrik, Fahrzeugbau« in Bad Cannstatt steht. Ich bin auf das Rätsel gekommen, da man mitunter den Deckel ohne Text, nur mit Logo findet und dann wirklich am rätseln ist, wo denn nun oben und unten ist, zumal das M ja unseren Sehgewohnheiten entsprechend wegen des relativ flachen Winkels der Schenkel wirklich eher als W wahrgenommen wird: Hey scheint also auch mit der Gußbirne rechtzuhaben. Es gibt von dieser Firma noch andere, recht schöne Deckel auf der Straße, leider kaum Informationen im Netz. Ich würde gern noch mehr Streicherdeckel einstellen, aber Imageshack ist wieder so langsam… Dank an alle Mitspieler. Hey gewinnt, wenn er möchte, ein Drainspotter-T-Shirt mit einem Kanaldeckel seiner Wahl.
RobertMichael Geschrieben März 23, 2008 Geschrieben März 23, 2008 gibts eigentlich auch einen typischen deutschen "durchschnittsgullideckel"? eine helvetica unter den gulliabdeckungen? die form und das muster deines ersten MS-deckels finde ich als laie schon ziemlich typisch.
Pachulke Geschrieben März 23, 2008 Themen-Ersteller Geschrieben März 23, 2008 Na klar, da isser — von der Mayerschen Gießerei: von Buderus: … und so kompatibel, daß man hier gleich mal einen Rahmen vom Guß- und Armaturenwerk Kaiserslautern mit einem Einsatz von Eisenhammer Dresden gekreuzt hat: Bei den gegenwärtig hohen Stahlpreisen steht zu befürchten, daß diese gesichtslosen Betondinger sich weiterhin metastasenartig auf Deutschlands Straßen verbreiten.
Typofreund Geschrieben April 6, 2008 Geschrieben April 6, 2008 Hallo, ich freue mich, durch Euch ihr solch eine tolle Sache entdeckt zu haben. Von meinem letzten Besuch in Karlsruhe:
Pachulke Geschrieben April 7, 2008 Themen-Ersteller Geschrieben April 7, 2008 Bei Karlsruhe denk’ ich an Tübingen; man beachte das Ü und nehme es als Beweis, daß die Gießer schon etwas professionelle typographische Unterstützung brauchen könnten: Aber es gibt auch so schöne Sachen wie das Antiqua-Lang-s in Thüringen:
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