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Ihr-Zeichen-Position in DIN 676

Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Ein Kunde pocht auf die DIN 676 für einen Briefbogen. Gibt es für die die Felder Ihr Zeichen, Unser Zeichen, Datum etc. exakte Millimeter-Maße? Selbst mein DIN-5008-Buch bietet mir keine verwertbaren Maße und auch bei den Quellen im Netz hab ich bislang nix eindeutiges gefunden.

Ralf

Geschrieben

Hi Ralf,

ich schau grad in so ein altes Setzerhandbuch. Da steht was von 24,7 mm von linken Rand für Ihr Zeichen (oben) und Betreff (steht unten). Die Grundlinien von Betreff und Ihr Zeichen sind 8,5, bzw. 12,75 mm voneinander entfernt, was glaub ich aufgrund des Standardzeilenabstands bei 'Schreibmaschinen ( 4,25 mm) zusatnde kommt. Leider gibt es keine Angaben für die Position zum oberen Rand des Blattes.

Dußler Kolling, Moderne Setzerei, S.178

Geschrieben

Ganz herzlichen Dank für das Aufwerfen dieser Frage. Weil ich im Hinterkopf abgespeichert hatte, daß ich irgendwo mal einen Maßbogen hatte, war Deine Anfrage mir Anlaß, mal Fächer durchzustöbern, die ich seit Jahren nicht mehr angefaßt hatte. Ein Fest für den Shredder!

Viel zu früh bin ich fündig geworden. (Sonst hätte ich noch länger aufgeräumt.) Ich habe jetzt hier eine (leider ziemlich miese) Kopie des »Normbriefbogens DIN A 4 (DIN 676) Form B« (was auch immer das bedeutet).

»Ihre Zeichen« fängt 24 mm von links an und hat vom Anschriftfenster bis zur Oberlänge einen Abstand von 8,5 mm. Das müßten, wenn ich mich nicht verrechnet habe, 98,5 mm von Papierkante bis Oberlänge »Ihre Zeichen« sein. »Ihre Nachricht vom«, »Unsere Zeichen« und »Tag« sind seitlich nicht bemaßt, da könnte ich bei Bedarf mal nachmessen.

Geschrieben

Ralf,

es hilft dem Verständnis für die Regeln der DIN 676 wesentlich, wenn man sich

in Erinnerung ruft, dass Schreibmaschinen und vergleichbare Schreibautomaten

ein auf Zoll basierendes Transportsystem* verwendet haben.

Eine Schreibmaschinenschrift mit einem 12er Pitch produzierte 12 Zeichen per

Zoll. Verständlicherweise waren die Tabs ebenfalls nach dem Zollsystem anzulegen.

Weil natürlich hierzulande das metrische System angewendet werden musste,

wirken manche Maße merkwürdig krumm. Doch wenn man sich das als Zollmaße

aufschreibt, wird das gleich viel sinniger. Dann werden aus 4,25 mm = 1/6 Zoll

(tatsächlich ca. 4,23 mm!).

Also: Linealeinstellungen auf Zoll oder Pica, Grundlinienraster von Null in

1/6-Zoll-Schritten und los gehts. Ist eigentlich ganz einfach.

*Transport des Schlittens und der Walze (=Zeichenabstand und Zeilenabstand)

  • 2 Wochen später...
Geschrieben

Also: Linealeinstellungen auf Zoll oder Pica, Grundlinienraster von Null in

1/6-Zoll-Schritten und los gehts. Ist eigentlich ganz einfach.

Danke, der Tipp war goldwert und löst die Frage um die exakten Positionen wunderbar.

Trotzdem ein gruseliges System. Zumal ja die Position des Adressfeldes dann doch wieder nach dem metrischen System definiert ist. :shock:

Geschrieben

Ist nur gruselig, wenn man xenophob orientiert ist. :)

Andere Länder u/o andere Zeiten = andere Gepflogenheiten, z.B Maßsysteme.

Hab gestern kurz mit Thomas Maier über das Transportsystem von

Schreibmaschinen und vergleichbaren Geräten gesprochen. Er bestätigte

meine saloppe These, dass es sich wohl immer um ein zölliges System

handelte. Er erinnerte daran, dass die Schreibmaschine ja in den

USA ihre erste Blüte erreicht hat (Remington). Letztlich gab es zwar

Vorläuferssysteme (mangels industrieller Gesellschaftsordnung jedoch

ohne großen Markterfolg), doch da diese vor der Einführung des

metrischen Systems in Europa konstruiert wurden, kann man mit

Gewissheit davon ausgehen, dass auch diese ebenfalls nicht auf

dem metrischen System fußen.

Die Kollision zwischen zölligem und metrischem System finden wir

nicht nur auf dem Briefbogen, sondern auch in der Raumfahrt, wenn ich

mich nicht irre (oder war das Fahrenheit und Celsius? Oder Unzen und

Steine vs. Gramm? :) ). Da fällt mir ein, dass es auf der Welt nur

drei Länder gibt, die nicht das metrische Längensystem verwenden:

die USA, Liberia und Myanmar (=Burma). Honi soit qui mal y pense ...

In der Musik bevorzugen wir das Oktavsystem für unsere Kompositionen -

Inder hingegen verwenden eine anders gestaffele Skala. Wenn indische und

europäische Musiker zusammen spielen (z.B. Beatles meet Ravi Shankar)

dürften ebenfalls interessante Schnittstellendiskussionen entstehen.

So wie bei der damaligen Diskussion um die Deutsche Normschriftlinie,

um mal wieder etwas näher ans Thema zu rücken. Nee, ich kann da

nichts gruseliges in der Technik- und Kulturgeschichte sehen, Ralf.

Adressfeld ist Fensterumschlag ist landesspezifische Gepflogenheit

(andere Länder = andere Formate u/o andere Fensterpositionen).

Deshalb sitzt immer ein Vertreter der Post im Normenausschuss für die

676. Ich war da auch schonmal. Das führt jetzt aber zu weit.

Vielleicht noch eine ergänzendene Präzisierung um meinem Ruf als

Klugscheisser noch schnell gerecht zu werden und um wirklich

niemandem Gelegenheit zu geben, mich an Klugscheisserei noch zu

überbieten. Mein Tipp für eine schnelle und komfortable Übersetzung

der Schreibmaschinenmetrik auf den Computer durch Verwenden

des Pica-Lineals geht natürlich nur, weil seit der DTP-Zeit der typografische

Punkt und daher auch das Pica glatt auf das Zoll gerechnet wird.

Daher ergeben die Punktmaße immer so gruselige metrische Maße. :lol:

Geschrieben
Nee, ich kann da

nichts gruseliges in der Technik- und Kulturgeschichte sehen, Ralf.

Nicht in der Geschichte, aber in der Anwendung ist es gruselig.

Wieviel Prozent schreiben heute noch Schreibmaschine? Diese Maschinenschreiben-DIN-Normen entbehren heute heute jeglicher Grundlage. Das gehört mal kräftig ausgemistet.

Von dem Typo-DIN-Regeln gar nicht zu reden …

Ralf

Geschrieben
Wieviel Prozent schreiben heute noch Schreibmaschine?

Wo? Hier in Deutschland sicher nur noch wenige, aber für genau die ist die

Norm gemacht. Wofür möchte denn Dein Kunde die Einhaltung der Norm?

Nota bene: Da wo in der Norm «kann» oder «soll» steht, kann oder soll

der Anwender auch anders können ohne die Norm zu verletzen.

Diese Maschinenschreiben-DIN-Normen entbehren heute heute jeglicher Grundlage. Das gehört mal kräftig ausgemistet.

Das ist zu starker Tobak, Ralf. Geh mal in eine ländliche Polizeidienststelle

und Du siehst Menschen an Schreibmaschinen. Zu der Zeit, als ich im

Normenausschuss gastiert habe (1992, wenn ich nicht irre), war mein Text

genau der, den Du da vertrittst. Als Folge sind in den Normentext einige

aufweichende Formulierungen aufgenommen worden. An Stelle von

«muss» steht jetzt an vielen Stellen in der Norm «kann» oder «soll».

Dieser Formulierungskompromiss war nötig geworden, weil eben auf

Computersystemen letztlich frei positioniert werden kann. Den

Anwendern von Computersystemen die Freiheit zu geben, ohne

gleichzeitig die Maschinenschreiber vor mechanisch unlösbare Probleme

zu stellen ist das Anliegen der DIN 676 seither. Vermutlich würde die

Norm sogar noch bestehen bleiben, wenn der letzte Maschinenschreiber

vom Revolutionskommitee persönlich erschossen würde. Es ist einfach

so, dass sich manchmal technisch überlebte Lösungen dauerhaft

etablieren - man denke an das QWERTZ-Tastaturlayout ...

Von dem Typo-DIN-Regeln gar nicht zu reden …

Ebenfalls richtig, doch alle neueren Ansätze sind auf höherem Niveau

unbefriedigend. Aber das ist ein anderes Thema.

Geschrieben
Hab gestern kurz mit Thomas Maier über das Transportsystem von

Schreibmaschinen und vergleichbaren Geräten gesprochen. Er bestätigte

meine saloppe These, dass es sich wohl immer um ein zölliges System

handelte.

Ich möchte Euch noch mal ein bißchen mehr verwirren und krame meine Verzeichnisse von Schreibmaschinen-Typen von 1928 und 1940 raus :)

Dort gibt es auf jeden Fall Typen mit metrischem und zölligem Wagenschritt. Bei der üblichen Schriftgröße Pica (ca. 10 Zeichen pro Zoll) gibt es z.B. 1/10", aber auch 2,6 mm und 2,67 mm.

Ebenso wird der Umschalthub mal in Zoll, mal in mm angegeben (metrisch: 6,6 mm, zöllig z.B. .258" [ca. 6,55 mm]).

Welches Maßsystem auf die jeweilige Maschine zutrifft, richtet sich nach dem Herkunftsland der Schreibmaschine.

Jens

Geschrieben
Den Anwendern von Computersystemen die Freiheit zu geben, ohne

gleichzeitig die Maschinenschreiber vor mechanisch unlösbare Probleme

zu stellen ist das Anliegen der DIN 676 seither.

Mag sein ich seh das zu naiv, aber warum braucht man überhaupt diesen kleinsten gemeinsamen Nenner? So ein Kompromiss ist der Feind jeglichen Fortschrittes. Sollen doch die Polizei-Formulare ein Schreibmaschinen-Raster haben. Aber ein normaler Geschäftsbriefbogen wird heute praktisch ausschließlich in Office-Programmen bedruckt. Und Millionen von Word-Nutzern quälen sich den ganzen Tag mit einem System herum, das auf den Beschränkungen der Schreibmaschine beruht. Alles krumme Maße; die Standard-Tabstopps passen nicht auf die DIN-Tabstopps. Das ist doch alles Mist.

Dass man dann einfach Muss-Regeln in Kann-Regeln umbenennt, hilft da überhaupt nichts. Denn die Leute wollen ja Regeln haben. Aber die sollten so einfach wie möglich sein und sich den Rahmenbedingungen des verwendeten Systems anpassen.

Geschrieben
Diese Maschinenschreiben-DIN-Normen entbehren heute heute jeglicher Grundlage. Das gehört mal kräftig ausgemistet.

Das ist zu starker Tobak, Ralf. Geh mal in eine ländliche Polizeidienststelle

und Du siehst Menschen an Schreibmaschinen.

das stimmt zwar, die arbeiten allerdings nicht nach DIN-normen.

die ziehen ein formular in die schreibmaschine und tippen mit ihrem

gekonnten ein-finger-system einfach drauflos. :lol:

Geschrieben

Robert, ich verstehe, Du kennst Polizeidienststellen ... :)

Ralf, das ist keine Frage der Naivität. Man kann einen Wandel evolutionär oder revolutionär herbeiführen bzw. begleiten. Die Funktion der Normenausschüsse ist stabilisierend – Revolutionen sind von dort nicht zu erwarten. Der «Kann-Muss-Kompromiss» soll ja gerade Abweichungen ohne «Normverstoß» möglich machen. Denn es gibt Leute, die ultimativ fordern, der Entwurf müsse mit der DIN 676 übereinstimmen. Nun, durch die Kann-Regelungen sind die Fesseln für die Gestalter in diesen Fällen lockerer ... Im Übrigen gab es schon damals in der Sitzung einen kurzen Moment, in dem allen Beteiligten klar wurde, dass in letzter Konsequenz die DIN 676 in ihrer jetzigen Form ihre Daseinsberechtigung verlieren wird, weil es eben am Ende nur noch darauf ankommen wird, dass die Adresse im Sichtfenster landet. Doch dann haben alle schnell weiter ein paar «Kanns» eingesetzt ... Wenn Du wirklich was ändern willst, musst Du halt beim Deutschen Institut für Normung vorstellig werden. Deine antagonistische Sichtweise «Fortschritt vs. Kompromisse» kann ich gar nicht nachvollziehen.

Jens, das ist ja sehr interessant! Die musst Du mal Thomas Meier zeigen ... 2,67 mm kommt mir bekannt vor, müsste man mal mit den «alten» typographischen Punkt rechnen ...

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