NinaS Geschrieben November 30, 2008 Geschrieben November 30, 2008 Kanadische Forscher haben geklärt, woran Menschen Buchstaben erkennen: Das wichtigste Merkmal für die korrekte Identifikation sowohl von Groß- als auch von Kleinbuchstaben sind die Endpunkte der Linien. Artikel bei wissenschaft-online.de Die Untersuchung selbst scheint noch nicht verfügbar zu sein: Psychological Science listet October 2008 als Current Issue, diese Untersuchung erscheint erst in der November-Nummer.
Sebastian Nagel Geschrieben November 30, 2008 Geschrieben November 30, 2008 Wieder mal so eine Studie ... :? Was heißt das für mich als Schriftgestalter jetzt? "Optimiere die Buchstabenenden, dann ist deine Schrift revolutionär super-lesbar!" ? Ich will nicht sagen dass solche Studien nicht interessant sind, aber daraus, wie Buchstaben wahrgenommen werden, dann den Schluss zu ziehen wie diese gestaltet sein »sollten« – den Schritt schaffe ich nie so richtig ...
Micro Geschrieben November 30, 2008 Geschrieben November 30, 2008 Solche Forschungen sind grundsätzlich hochinteressant und können vielleicht zu noch besser lesbaren Schriften beitragen. Aber die Studie erscheint mir etwas zu simplifizierend, soweit man das aus der Zusammenfassung erkennen kann. Es bedarf zumindest einer Begründung, warum eine Untersuchung über Buchstabenbruchstücke auch Rückschlüsse über die Lesbarkeit vollständiger Buchstaben erlauben soll. Im wahren Leben findet der Mensch nun mal keine Bruchstücke vor sondern ganze Buchstaben, und das Ganze ist wesentlich mehr als die Summe seiner Teile.
Ralf Herrmann Geschrieben November 30, 2008 Geschrieben November 30, 2008 Das wichtigste Merkmal für die korrekte Identifikation sowohl von Groß- als auch von Kleinbuchstaben sind die Endpunkte der Linien. Ach, vor ein paar Wochen sagten die Forscher noch das ultimative Feature wäre das Spacing … Was heißt das für mich als Schriftgestalter jetzt? Das du so weiter machen kannst, wie bisher. So wie ich den Text verstehe, haben sie einfach Buchstaben auseinander geschnitten und die Teile dem Leser präsentiert. Ist doch logisch, dass die Enden und Horizontalen zu höheren Erkennungsraten führen, da sie ja den Buchstaben ausmachen. Ein einzelner Stamm oder eine Viertelkreis sagt dagegen nicht viel aus. Da kann ich nur nochmal meinen Fontblog-Kommentar zitieren: Ich kann weiterhin nur hoffen, dass es irgendwann mal wissenschaftliche Lesbarkeitsstudien unter Einbeziehung von Typo-Profis gibt. Dann könnte man wirklich mal die Parameter durchtesten, auf die es ankommt. Aber solange die Wissenschaftler nur fragwürdige Test mit ihren Windows-Systemfonts machen, und solange sich die Designer nur auf überlieferte Fachweisheiten verlassen und die Wissenschaft dahinter ignorieren, bleibt in diesem Bereich noch viel ungenutztes Potential im Dunkeln.
NinaS Geschrieben November 30, 2008 Themen-Ersteller Geschrieben November 30, 2008 So wie ich den Text verstehe, haben sie einfach Buchstaben auseinander geschnitten und die Teile dem Leser präsentiert. Ich bin gespannt auf den tatsächlichen Fulltext; diese Zusammenfassung scheint schon arg verkürzt (plus nicht für Leute geschrieben, die wissen, was zB eine Serife ist, und schon gar nicht für Schriftgestalter). Vielleicht lässt sich ja das eine oder andere wertvolle wahrnehmungspsychologische Detail aus solchen Untersuchungen lernen, ohne dass man gleich seine ganze Auffassung von Schriftgestaltung in Frage zu stellen braucht.
CRudolph Geschrieben Dezember 1, 2008 Geschrieben Dezember 1, 2008 The spatio-temporal dynamics of visual letter recognition.Fiset D, Blais C, Arguin M, Tadros K, Ethier-Majcher C, Bub D, Gosselin F. University of Victoria, Victoria, British Columbia, Canada. We applied the Bubbles technique to reveal directly the spatio-temporal features of uppercase Arial letter identification. We asked four normal readers to each identify 26,000 letters that were randomly sampled in space and time; afterwards, we performed multiple linear regressions on the participant's response accuracy and the space-time samples. We contend that each cluster of connected significant regression coefficients is a letter feature. To bridge the gap between the letter identification literature and this experiment, we also determined the relative importance of the features proposed in the letter identification literature. Results show clear modulations of the relative importance of the letter features of some letters across time, demonstrating that letter features are not always extracted simultaneously at constant speeds. Furthermore, of all the feature classes proposed in the literature, line terminations and horizontals appear to be the two most important for letter identification. Ähem, also, ich lese da ja etwas von vier Probanden und 26000 Zeichen, nicht sechs Probanden und 52000 Zeichen. Is aber auch völlig gleich, eine Studie, die auf vier/sechs Probanden beruht, kann man doch mit ziemlicher Sicherheit ignorieren. Wenn die Herren mir im Artikel nicht besser verklickern, warum vier Leute für eine solche Studie ausreichend sein sollen, dann kann man mit solchen Daten schlicht nichts anfangen. Vier Leute! Ich fasse es einfach nicht! Von der uppercase Arial letter identification mal ganz abgesehen! Christian
NinaS Geschrieben Dezember 1, 2008 Themen-Ersteller Geschrieben Dezember 1, 2008 Vier Leute! Ich fasse es einfach nicht! Sag mal, was haben die denn für Grundsätze, dass so etwas publiziert wird!? Oder hab ich eine komische Auffassung von Wissenschaft? Ich mein, da kann ich so einen Test auch machen mit einem Kumpel, meinen Eltern und deren Kater oder so.
CRudolph Geschrieben Dezember 1, 2008 Geschrieben Dezember 1, 2008 Naja, Cogn Neuropsychol hat einen Impact Factor von 1,9. Wie sagt ein Kollege von mir immer? Du kriegst schon alles publiziert, die Frage ist nur wo! Katze finde ich ja besonders gut! Nachtrag: Ich finde es ja übrigens besonders schockierend, daß »Wissenschaft.de« so ziemlich alles falsch zitiert, was man nur zitieren kann. Der Erstautor ist korrekt, aber die Zahl der Probanden stimmt nicht, die Zahl der Zeichen stimmt nicht und ich habe mir eben 10 min die Finger wund gesucht, weil sie Psychological Science als Quelle angegeben haben. Ich bin entweder zu doof oder ich finde dort den Artikel einfach nicht. Was sich finden läßt ist der oben zitierte Artikel in Cogn Neuropsychol, welcher mir genau das zu beschreiben scheint, was sie dort zusammenfassen. Das ist m.E. mindestens so schockierend wie der Artikel selber.
Micro Geschrieben Dezember 1, 2008 Geschrieben Dezember 1, 2008 Ich kann mir auch nicht vorstellen, wozu es gut sein soll, nur Großbuchstaben zu untersuchen. Auch wenn ich nicht weiß, was sie mit Bubbles technique meinen, habe ich jetzt eine Idee, wie man den Test besser machen kann: Man streut auf einen längeren normalen Fließtext Flecken, die kontrolliert (computergesteuert) bestimmte Buchstabenteile verdecken. Für unterschiedliche Probandengruppen (jeweils n >> 5) verdeckt man jeweils unterschiedliche Buchstabenteile. Man kann auch den Bedeckungsgrad variieren. Das Verdecken sollte ein Zufallselement enthalten, damit sich die Probanden nicht an einzelne Zeichen gewöhnen. Dann misst man, wieviel Zeit die Probanden fürs Lesen benötigen, und lässt sie einen Fragebogen ausfüllen, der das Textverständnis prüft. Dadurch bekommt man heraus, wie stark das Verdecken bestimmter Buchstabenteile das Lesen beeinträchtigt. Ich stelle meine Idee zur freien Verfügung...
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