Typofreund Geschrieben Juni 14, 2009 Geschrieben Juni 14, 2009 Hallo allerseits, aus dem Nachlass meines Großvaters sind noch viele Dokumente in Kurrent erhalen. Jedoch habe ich speziell bei den Feldpostbriefen - die eher schnell geschrieben wurden - große Probleme sie zu entziffern. Was gibt es für Empfehlungen um das Lesen dieser Schrift zu erlernen? Vielen Dank im Voraus!
Pachulke Geschrieben Juni 14, 2009 Geschrieben Juni 14, 2009 Üben, üben, üben. Der Bund für Deutsche Schrift und Sprache hat in jedem Vierteljahresheft eine Leseübung für deutsche Schreibschrift; das bringt Dich jetzt freilich auch nicht weiter. Jede Handschrift ist halt anders. Kannst Du mal ein Beispiel in guter Auflösung hier einstellen?
Typofreund Geschrieben Juni 14, 2009 Themen-Ersteller Geschrieben Juni 14, 2009 (Grafik anzeigen um das Ganze zu sehen)
Pachulke Geschrieben Juni 15, 2009 Geschrieben Juni 15, 2009 Knifflig. Ca. ein Drittel kann ich spontan lesen; er schreibt seinem liebsten Schatz, daß er zwischen Fünfkirchen und ?? liegt, 4 verschiedenen Dienststellen zugeteilt war und am Ende das EK II bekommen hat. Mit mehr Schärfe, Auflösung und besserer Planlage sowie etwas Zeit könnte ich vielleicht einen großen Teil entziffern. Es wäre auch sicherlich möglich, über den BfDS jemanden zu finden, der das transscribiert, vorausgesetzt, Du bist bereit, gute Kopien davon durch die Gegend zu schicken.
Hesiod62 Geschrieben Juni 15, 2009 Geschrieben Juni 15, 2009 Knifflig. Ca. ein Drittel kann ich spontan lesen; er schreibt seinem liebsten Schatz, daß er zwischen Fünfkirchen und ?? liegt, 4 verschiedenen Dienststellen zugeteilt war und am Ende das EK II bekommen hat. Mit mehr Schärfe, Auflösung und besserer Planlage sowie etwas Zeit könnte ich vielleicht einen großen Teil entziffern.Es wäre auch sicherlich möglich, über den BfDS jemanden zu finden, der das transscribiert, vorausgesetzt, Du bist bereit, gute Kopien davon durch die Gegend zu schicken. Fünfkirchen ist das ungarische Pécs, und ?? würde ich als Agram transkribieren, ein anderer – heute noch in Österreich gebräuchlicher Name – für Zagreb. Er schreibt über Saloniki, Griechenland sei nunmehr Verbündeter der Alliierten, über Belgrad usw., war also auf dem Balkan eingesetzt.Es ist richtig, wenn man eine hochauflösende Kopie hätte, ließe sich der Brief relativ gut transkribieren. Zur Frage: man benötigt einige Übung, um die deutsche Kurrentschrift gut lesen zu können. Mir hat dabei ein Schulprojekt geholfen, das in grauer Vorzeit in der Grundschule (4. Klasse) durchgeführt worden war: ein halbes Jahr lang wurde in allen Fächern nur noch die deutsche Kurrentschrift geschrieben und gelesen. Dieses Training hat mir später während meines Studiums das Lesen handschriftlicher Quellen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts wesentlich erleichtert. Um weiter im Training zu bleiben, verfasse ich heute noch spaßeshalber Notizen in der Kurrentschrift.
Pachulke Geschrieben Juni 15, 2009 Geschrieben Juni 15, 2009 Mir hat in dabei ein Schulprojekt geholfen, das in grauer Vorzeit in der Grundschule (4. Klasse) durchgeführt worden war: ein halbes Jahr lang wurde in allen Fächern nur noch die deutsche Kurrentschrift geschrieben und gelesen. Genau das ist es, was heute fehlt.
DerHannes Geschrieben Juni 15, 2009 Geschrieben Juni 15, 2009 Genau das ist es, was heute fehlt. Nicht, dass ich hier schlechte Laune verbreiten will, aber hat das deutsche Schulwesen nicht größere Probleme? Beste Grüße
Hesiod62 Geschrieben Juni 15, 2009 Geschrieben Juni 15, 2009 Genau das ist es, was heute fehlt. Nicht, dass ich hier schlechte Laune verbreiten will, aber hat das deutsche Schulwesen nicht größere Probleme? Beste Grüße Vermutlich, aber das sollte einen doch nicht daran hindern, besondere Aspekte herauszugreifen.Sub specie aeternitatis betrachtet, wird alles bedeutungslos. Oder kurz gefaßt: 42
Pachulke Geschrieben Juni 15, 2009 Geschrieben Juni 15, 2009 … hat das deutsche Schulwesen nicht größere Probleme? Sicher. Man findet für jedes denkbare Problem ein größeres. Wenn man mit Verweis darauf die kleinen Probleme vernachlässigt, hört man völlig auf, Probleme jedweder Größe zu bewältigen. Es ist einfach peinlich, daß deutsche Schüler nicht mehr lernen, mit deutschen Schriften umzugehen. Man stelle sich vor, die Russen würden so mit der kyrillischen Schrift umgehen oder die Griechen mit der hellenischen. Natürlich geht davon die Welt nicht unter — aber was soll das?
Norbert P Geschrieben Juni 15, 2009 Geschrieben Juni 15, 2009 ... die Russen würden so mit der kyrillischen Schrift umgehen oder die Griechen mit der hellenischen Dieser Vergleich hinkt ja so dermaßen, dass er vom vielen Hinschlagen ganz blutig ist ...
Typofreund Geschrieben Juni 15, 2009 Themen-Ersteller Geschrieben Juni 15, 2009 Ersteinmal vielen Dank für die Hinweise und Tipps. Macht es Sinn anhand eines "Kurrent-Alphabets" die Wörter durchzugehen und versuchen sie zu entziffern oder ist das der falsche Ansatz? Soll ich versuchen mir die Buchstabenformen zuerst einzuprägen und dann zu lesen oder beides eher miteinander erschließen?
Pachulke Geschrieben Juni 15, 2009 Geschrieben Juni 15, 2009 Das kommt auch darauf an, wie weit Du schon in der Materie drinstehst.
Typofreund Geschrieben Juni 15, 2009 Themen-Ersteller Geschrieben Juni 15, 2009 Also das "Mein liebster Schatz" konnte ich auch so entziffern, einige andere Sachen auch, es hakt jedoch relativ oft.
Gast Geschrieben Juni 15, 2009 Geschrieben Juni 15, 2009 Die meisten Menschen der Geburtsjahrgänge vor ca 1930, (die in Deutschland zu Schule gegangen sind), haben die alte Schreibschrift gelernt. Meine älteren Verwandten haben auch ein Gespür für Handschriften aus der Zeit, so daß sie das lesen, und manchmal gar nicht genau zeigen können, woran sie ein Wort erkannt haben. Wenn man es dann weiß, sieht man es auch selber... Vielleicht kannst Du einfach das nächstgelegene Seniorenstift heimsuchen und einen rüstigen Senioren bitten, dir den Brief vorzulesen. Lupe nicht vergessen. Wenn Du dann mitliest, kommst Du schnell "rein".
Alderman Geschrieben August 19, 2009 Geschrieben August 19, 2009 aus dem Nachlass meines Großvaters sind noch viele Dokumente in Kurrent erhalten. Jedoch habe ich speziell bei den Feldpostbriefen – die eher schnell geschrieben wurden – große Probleme sie zu entziffern. Was gibt es für Empfehlungen, um das Lesen dieser Schrift zu erlernen? Mehr als schwierig – der Schreiber hat das, was wir eine Sauklaue genannt haben und die nur entziffern konnte, wer jahrelang mit ihm zusammengelebt hat. Auch wer wie ich mit deutscher Schreibschrift aufgewachsen hat, kann in diesem Text nur wenige Wörter erkennen und müsste der Rest aus dem Zusammenhang heraus erraten. Da müssten schon andere Werkzeuge der Zeichenerkennung aufgefahren werden … frank alderman
Phoibos Geschrieben August 20, 2009 Geschrieben August 20, 2009 moin, mir hat das buch "deutsche schreibschrift. lesen und schreiben lernen" von harald süß geholfen. das hatte mir damals der leiter des hamburger staatsarchivs empfohlen. ciao phoibos
Joshua K. Geschrieben August 21, 2009 Geschrieben August 21, 2009 Auch wer wie ich mit deutscher Schreibschrift aufgewachsen hat, kann in diesem Text nur wenige Wörter erkennen und müsste der Rest aus dem Zusammenhang heraus erraten. Da müssten schon andere Werkzeuge der Zeichenerkennung aufgefahren werden … Ein besseres Werkzeug als das menschliche Auge gibt es sicher nicht. Suche Dir deshalb am besten jemand älteres, der mit der deutschen Schrift aufgewachsen ist und daher viel Leseübung hat. Das Buch von Herrn Süß empfehle ich auch, aber je nachdem wie unsauber die Handschrift ist, wird es für jemanden, der die deutsche Schrift neu erlernt und daher wenig Leseerfahrung hat, natürlich schwierig bis unmöglich sein, sie zu entziffern.
Hesiod62 Geschrieben August 24, 2009 Geschrieben August 24, 2009 Auch wer wie ich mit deutscher Schreibschrift aufgewachsen hat, kann in diesem Text nur wenige Wörter erkennen und müsste der Rest aus dem Zusammenhang heraus erraten. Da müssten schon andere Werkzeuge der Zeichenerkennung aufgefahren werden … frank alderman Es ist einfach eine Übungssache. Ich erwähnte bereits, daß wir in der Grundschule ein halbes Jahr lang ausschließlich die deutsche Schreibschrift verwendet haben.Das hat mich in meinem späteren Studium befähigt, mühelos handschriftliche Quellen des 19. und frühen 20.Jahrhunderts zu entziffern. Auch das Lesen des weiter oben abgebildeten Feldpostbriefes bereitet mir keine Mühe. Man muß nur einen Blick dafür entwickeln und üben, üben, üben ...
dks Geschrieben März 3, 2011 Geschrieben März 3, 2011 Tschuldigung, daß ich eine alten Thread wiedererwecke, aber ich bin auf den Brief gestoßen, als ich zwecks Leseübung Schriftproben über Google-Bildersuche gesucht habe. Ich hatte jedenfalls Erfolg: "Den 5. 11. 44 Mein liebster Schatz! Ich sitze mit einer Anzahl Soldaten im Zuge. Gestern verließen wir Esseg (=Osijek) u. befinden uns nun zwischen Fünfkirchen und Agram (=Zagreb). In unserem Wagen haben wir Stroh eingelegt, so daß das Fahren ganz bequem ist. Ich bin also im Begriff einen neuen Abschnitt meines Kriegseinsatzes anzusteuern. In Saloniki ist unterdessen ein neuer Mieter eingezogen u. damit ist Griechenland praktisch ein Land der Alliierten geworden. Der Einsatz im Raum Belgrad war nicht vorgesehen u. hielt mich 5 Wochen fest. Zum erstenmal erlebte ich dabei etwas von dem was sich tagtäglich an den Fronten abspielt. Nun ist auch diese Zeit abgeschlossen. Ich war während dieses Einsatzes 4 verschiedenen Dienststellen zugeteilt, was ja auch einmal ganz gut ist. Etwas überrascht war ich, als ich zum Abschluß noch das E. K. 2 Kl. überreicht bekam." 1
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