Gast Bis zum nächsten Mal... Geschrieben August 7, 2009 Geschrieben August 7, 2009 Hallo liebe Typophile. Ich bin Buchsetzer, einige Jahre in einem kleinen Verlag tätig. Ich habe jetzt einen Auftrag für einen größeren Verlag nach einer Vorgabe, die ich umgesetzt habe. Es sind wissenschaftliche Texte, die einen eher "klassischen" Satz erfordern. Jetzt hat der Autor einen sehr komplexen Text geliefert mit vielen Zitatblöcken, aufeinanderfolgenden Zitaten, Tabellen... er ist im Prinzip der aufwändigste von allen - daher möchte ich den Satz an ihm ausrichten. Der Satz wird gemacht in Indesign CS3. Nun das Thema. Ich hatte zunächst die Zitate/Dialoge/Verse etc. mit einem 1/2 Punkt kleiner in Größe und Durchschuß gesetzt, damit es optisch etwas aufgelockert wird, komme dann aber natürlich ins Hadern mit der Registerhaltigkeit. Wenn es wenige solcher Formatierungen wären, dann hätte ich die sich ergebenden verschiedenen Abstände vor/nach noch über ein Baseline-Shift etwa ausbalancieren können und keinem wäre was aufgefallen. Da es jetzt aber doch recht komplexe Texte vom Autor sind, würden diese optischen Unausgeglichenheitten dann doch sichtbar werden - die Blöcke gehen von 3-20 und mehr Zeilen, dementsprechend falllen die Abstände /nach recht unterschiedlich aus. Nach vielem Rumprobieren/Austesten/Ausdenken komme ich zu keiner befriedigenden Lösung. Ich habe dann schlußendlich den Durchschuß dieser Blöcke wieder auf den Durchschuß der Brotschrift gesetzt, um das Problem zu umgehen. Optisch funktioniert diese Lösung gerade noch, würde ich sagen, ohne die Registerhaltigkeit aufzugeben. Aber vielleicht hättet Ihr noch technische/gestalterische Tipps für den Umgang mit solchen Geschichten parat? Das Problem ist ja ein grundlegendes, und mich würde mal interessieren, wie gestandene Setzer damit umgehen. --> Eine Leseprobe hier Freue mich auf eine Antwort! Patrick
Alpha Geschrieben August 7, 2009 Geschrieben August 7, 2009 Es ging um Zitatauszeichnung etc, ne? Meinst Du sowas? # Einrücken # Färben/Grau machen # Einrücken mit Balken davor # Kursiv stellen # Andere Schrift # Absatzlinien # Überdimensionierte Anführungszeichen # Hinterlegen # Zitat: davorschreiben # andere Satzart, z.B. Flattersatz Hm, grad fällt mir nicht mehr ein!
ThierryM Geschrieben August 7, 2009 Geschrieben August 7, 2009 von der variante, die zitate einen halben punkt kleiner zu setzen, würde ich abstand nehmen. die größendifferenz ist zu uneindeutig. warum die zitate, die ja offenbar sehr häu?g und für das verständnis des gesamttextes unerlässlich sind, überhaupt kleiner setzen? ich würde es bei der einrückung bewenden lassen. damit ist auch dein zeilenregister gerettet. wenn du sie unbedingt verkleinern willst, dann ganz klar, also um zwei punkt oder so. eine schriftmischung könnte man versuchen. mit, sagen wir, der gill sans hättest du nicht einmal eine wesentlich schlechtere lesbarkeit (was auch immer man ästhetisch von dieser schrift hält). das lesbarkeitsproblem ergibt sich hingegen bei einigen der von alpha genannten auszeichnungsformen (färben, kursivieren, hinterlegen) – oder auch, wenn du auf die bereits verwendete univers zurückgreifst. überdimensionierte anführungszeichen oder irgendwelche linien passen meiner ansicht nach nicht zu der anmutung der gesamten seite. bye thierry
Joshua K. Geschrieben August 7, 2009 Geschrieben August 7, 2009 Anmerkung am Rande: Bitte mache den Verfasser auf den Unsinn seiner (rechtschreibwidrigen) „-Innen“-Schreibung aufmerksam. Einerseits ist die Rede von „MitbürgerInnen“ und „TeilnehmerInnen“, andererseits aber auch von „Gelegenheitsautoren“ – wobei sicher nicht nur männliche gemeint sind.
Pachulke Geschrieben August 7, 2009 Geschrieben August 7, 2009 Da besteht aber das Risiko, daß er die Gelegenheitsautoren auch noch verhunzt, statt die Mitbürger und Teilnehmer zu enthunzen.
Frakturfreak Geschrieben August 7, 2009 Geschrieben August 7, 2009 Also da würde es mit Joshua K. halten dieses -Innen ist einfach unsäglich und sieht auch blöd aus.
Gast Bis zum nächsten Mal... Geschrieben August 8, 2009 Geschrieben August 8, 2009 Guter Hinweis, Danke, werds ihm sagen; zumindest das mit den Gelegenheitsautoren. Was ist daran rechtschreibewidrig? Ein Innen anzufügen, finde ich politisch aber nicht unkorrekt oder was auch immer…
Pachulke Geschrieben August 8, 2009 Geschrieben August 8, 2009 Was ist daran rechtschreibewidrig? Es gibt in der deutschen Sprache solche Binnen-Versalien nicht. Siehe auch hier.
ThierryM Geschrieben August 8, 2009 Geschrieben August 8, 2009 Es gibt in der deutschen Sprache solche Binnen-Versalien nicht. natürlich gibt es die – siehst du ja. es gibt aber auch eine gruppe von leuten, die damit nichts anfangen können (oder sich sogar furchtbar darüber aufregen) und daher diese schreibweise ablehnen. eines zumindest muss man denen lassen, die binnenversalien verwenden: dass sie die duden-regeln mit einer bestimmten absicht außer acht lassen – und nicht willkürlich. ob diese absicht nachvollziehbar und berechtigt ist, wurde hier ja schon diskutiert. bye thierry
Frakturfreak Geschrieben August 8, 2009 Geschrieben August 8, 2009 Guter Hinweis, Danke, werds ihm sagen; zumindest das mit den Gelegenheitsautoren. Was ist daran rechtschreibewidrig?Ein Innen anzufügen, finde ich politisch aber nicht unkorrekt oder was auch immer… Ich halte es für überkorrekt weil es am Ende so aussieht, als würde explizit nur die weibliche Gruppe angesprochen. Wenn schon auf die Unterscheidung wert gelegt wird, sollte man dies am Beispiel der Leser so machen: Liebe Leserinnen und Leser … Wobei mir eigentlich Leser ausreichen würde :D .
ThierryM Geschrieben August 8, 2009 Geschrieben August 8, 2009 Wenn schon auf die Unterscheidung wert gelegt wird, sollte man dies am Beispiel der Leser so machen: Liebe Leserinnen und Leser … klar, aber das bläht den text immens auf. das heißt: wenn man beide gruppen explizit nennen will, ist und bleibt ›LeserIn‹ die kürzeste form. dass bestimmte wörterbücher das nicht absegnen wollen – so what! auch die ästhetischen bedenken kann ich nicht so recht nachvollziehen: ob wir zum beispiel ›Psychotherapeut‹, ›Psycho-Therapeut‹ oder ›PsychoTherapeut‹ schreiben, ist doch reine gewohnheitssache. Wobei mir eigentlich Leser ausreichen würde :D . vielleicht sieht man das als frau anders – keine ahnung. tatsache ist, dass die schreibweise mit binnenversalien (und vielleicht, in bestimmten umgebungen, auch der verzicht darauf) ein gesellschaftspolitisches statement darstellt, weniger ein sprachliches oder typogra?sches. bye thierry
Frakturfreak Geschrieben August 8, 2009 Geschrieben August 8, 2009 Wenn schon auf die Unterscheidung wert gelegt wird, sollte man dies am Beispiel der Leser so machen: Liebe Leserinnen und Leser … klar, aber das bläht den text immens auf. das heißt: wenn man beide gruppen explizit nennen will, ist und bleibt ›LeserIn‹ die kürzeste form. dass bestimmte wörterbücher das nicht absegnen wollen – so what! auch die ästhetischen bedenken kann ich nicht so recht nachvollziehen: ob wir zum beispiel ›Psychotherapeut‹, ›Psycho-Therapeut‹ oder ›PsychoTherapeut‹ schreiben, ist doch reine gewohnheitssache. Noch mal zum mitschreiben: • Psychotherapeut (alles in Ordnung :D) • Psycho-Therapeut (Ergänzungsbindestrich, kann man machen, muss man aber nicht :D) • PsychoTherapeut Wenn LeserIn keine Abkürzung ist, was so ist, sieht es so aus, als hätte es irgendjemand ahnungsloses dahingeschludert!
ThierryM Geschrieben August 8, 2009 Geschrieben August 8, 2009 Noch mal zum mitschreiben jo, mir sind diese regeln bekannt. aber dann sollte man seine ablehnung von binnenversalien damit begründen, dass man sich an gewisse subjektive festlegungen halten will, ohne den eindruck zu erwecken, es gebe einen anderen zwingenden grund. großbuchstaben mitten im wort sind ungewohnt, aber kein erhebliches lesehindernis. dass binnenversalien von vielen als rechtschreibfehler wahrgenommen werden, glaube ich übrigens nicht, höchstens als übermaß an politischer korrektheit – aber das ist, wie gesagt, etwas anderes. bye thierry
Dieter Stockert Geschrieben August 8, 2009 Geschrieben August 8, 2009 dann sollte man seine ablehnung von binnenversalien damit begründen, dass man sich an gewisse subjektive festlegungen halten will, ohne den eindruck zu erwecken, es gebe einen anderen zwingenden grund Naja, für mich ist zumindest beim Binnen-I ein maßgeblicher Grund, dass man solche Wörter nicht sinnvoll aussprechen kann (es sei denn, man löst das auf in "Leserinnen und Leser", aber dann kann man's doch auch gleich so hinschreiben).
Frakturfreak Geschrieben August 8, 2009 Geschrieben August 8, 2009 dann sollte man seine ablehnung von binnenversalien damit begründen, dass man sich an gewisse subjektive festlegungen halten will, ohne den eindruck zu erwecken, es gebe einen anderen zwingenden grund Naja, für mich ist zumindest beim Binnen-I ein maßgeblicher Grund, dass man solche Wörter nicht sinnvoll aussprechen kann (es sei denn, man löst das auf in "Leserinnen und Leser", aber dann kann man's doch auch gleich so hinschreiben). Stimmt! Leser-Innen und was ist mit LeserAußen?
Schnellhase Geschrieben August 9, 2009 Geschrieben August 9, 2009 Haben wir nicht im Deutschen so praktische schriftliche Ausdrucksmöglichkeiten wie den Und/oder-Schrägstrich bzw. das Divis als sog. Ergänzungsstrich? Also, was steht eigentlich Teilnehmern/-innen entgegen? – Doch nur die überhöfliche/unterwürfige Ladies-First-Idee. Und bei Teilnehmerinnen/-n? – Die Holprigkeit bei der Versprachlichung ist schon problematisch. Emanzipation vor! Leser/-innen (Aber der Ergänzungsstrich muss sein, sonst wirds evtl. anzüglich „Leser an innen“ – das geht nur bei z.B. Frankfurt an der Oder!)
Joshua K. Geschrieben August 9, 2009 Geschrieben August 9, 2009 Grammatisches Geschlecht (Genus) und biologisches Geschlecht (Sexus) sind zwei unterschiedliche Dinge. So ist das Kind beispielsweise grammatisch sächlich, biologisch kann es weiblich oder männlich sein. Genau wie die – grammatisch weibliche – Person. Ebenso verhält es sich mit dem generischen Maskulinum: Die männliche Personenbezeichnung steht gleichzeitig für Weib und Mann. Diese Ausdrucksmöglichkeit ist ungeheuer wertvoll, ermöglicht Sie uns doch, von Personen zu sprechen, ohne uns auf ein Geschlecht festlegen zu müssen. In der von Feministen propagierten Sprache fällt diese Möglichkeit weg, man muß jedes Mal ausdrücklich das gemeinte Geschlecht nennen. Damit wird also nicht etwa ein vermeintlicher Sexismus unserer Sprache beseitigt, sondern der Sexismus gerade erst eingeführt! Zwei Beispiele aus der Wirklichkeit, zu welchem grausenerregenden, unaussprechlichen Sprachmist das führt (aus einem Aufsatz in der Deutschen Sprachwelt, der hier auch im Netz steht): „1. Der Kantonstierarzt beziehungsweise die Kantonstierärztin oder der beziehungsweise die an seiner beziehungsweise ihrer Stelle eingesetzte Tierarzt beziehungsweise Tierärztin leitet in fachlicher Hinsicht die Tätigkeit der Fleischinspektoren beziehungsweise Fleischinspektorinnen und Fleischkontrolleure beziehungsweise Fleischkontrolleurinnen. 2. Der Kantonstierarzt beziehungsweise die Kantonstierärztin und der leitende Tierarzt beziehungsweise die leitende Tierärztin können auch die Funktion eines Fleischinspektors beziehungsweise einer Fleischinspektorin ausüben, der Kantonstierarzt beziehungsweise die Kantonstierärztin, der leitende Tierarzt beziehungsweise die leitende Tierärztin und der Fleischinspektor beziehungsweise die Fleischinspektorin die eines Fleischkontrolleurs beziehungsweise die einer Fleischkontrolleurin.“ (Aus einer Verordnung des Schweizer Bundesamtes für Veterinärwesen.) „So wird ein(e) Lernende® zu einer(m) LernbegleiterIn und umgekehrt.“ (Aus einer Dissertation.) Wer wollte ernsthaft behaupten, das sei noch vernünftig lesbar?! Beachtet auch das Thema vom letzten Jahr (mit Verweis zum Augsburger Manifest).
Sebastian Nagel Geschrieben August 9, 2009 Geschrieben August 9, 2009 Wenn das "Innen" wenigstens konsequent anwendbar wäre ... Aber manche Wörter unterscheiden sich ja auch abseits der Endung, z.B. Arzt / Ärztin. Verkrampfte Konstruktionen wie "A(Ä)rztInnen" wollen mir nicht so richtig flüssig durch die Augen ins Hirn rutschen. :? Also beide Formulierungen ausschreiben wenn nötig. Oder rational an die Sache rangehen, dem Text und dem, der das lesen muss, etwas Gutes tun und so schreiben dass es um das jeweilige Thema geht, nicht pauschal um Gleichberechtigung. Da gibt es viele andere Bereiche, in denen ein konsequentes Handeln viel mehr bringen könnten, als in der Sprache.
TobiW Geschrieben August 9, 2009 Geschrieben August 9, 2009 Mein Psychologie-Prof schreibt an der ersten Stelle im Buch mit Hinweis in der Fußnote: … … (besonders für LehrerInnen* in der Sekundarstufe I) … … _______________ * Mit dieser unsäglichen Schreibweise möchte ich Sie nur einmal belästigen. Es ist selbstverständlich, dass bei generisch verwendeten Begriffen immer beide Geschlechter gemeint sind. Das finde ich ist – vielleicht etwas anderes formuliert – ein gute Lösung für politische Korrektheit und typografische Schönheit … Grüße Tobi
ThierryM Geschrieben August 9, 2009 Geschrieben August 9, 2009 Grammatisches Geschlecht (Genus) und biologisches Geschlecht (Sexus) sind zwei unterschiedliche Dinge. warum sollte man nicht den wunsch verspüren, den sexus im genus widergespiegelt zu sehen? den einzigen hinweis, den uns ein text auf den sexus einer person gibt, ist eben das genus. ich kann zumindest nachvollziehen, dass es einige als ›fair‹ oder ›gerecht‹ oder wie auch immer ansehen, beide genus- und damit auch sexusvarianten explizit aufzuführen. Die männliche Personenbezeichnung steht gleichzeitig für Weib und Mann. sie wird von manchen leuten so gebraucht. das ist für texte ausgesprochen ökonomisch – aber man kann nicht leugnen, dass dieses generische maskulinum mit einem nur auf männer bezogenen ausdruck formgleich ist. insofern muss man zugestehen, dass es eine neutrale form nicht gibt – oder kann man einem maskulinum ansehen, wann es generisch gemeint ist und wann nicht? als ausweg aus diesem dilemma bleiben nur die beidbenennung oder anmerkungen, in denen darauf hingewiesen wird, dass alle maskulina generisch gemeint sind. bye thierry
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