Spätbarock? Frühklassizismus? suche alternativen zur lucinde

[Rolli]

Hallo allerseits. Ich suche eine Alternative zur Lucinde. Die Lucinde ist eine wunderbare Schrift von Axel Bertram, zu sehen in seinem Buch "Das wohltemperierte Alphabet" und in Veröffentlichungen vom Lehmstedtverlag Leipzig, die Axel Bertrams Sohn gestaltet. Die Schrift gibt es leider nicht zu kaufen. Ich hab bei Axel Bertram angefragt, der seit drei Jahren immer wieder die gleiche Auskunft erteilt: er hat die Schrift an Linotype zwecks Veröffentlichung gegeben und darf deshalb nicht verkaufen - der Font soll demnächst dort erscheinen. Seit über drei Jahren erscheint die Lucinde also demnächst bei Linotype. Ich hab mittlerweile den Glauben dran verloren und suche nun also nach Alternativen.

Was ist das Besondere an der Lucinde? Sie ist eine Leseschrift zwischen barocker und klassizistischer Antiqua: nicht ganz so steif und vornehm wie Didot und Co., aber deutlich gerader und feiner als Baskerville & Genossen.

Wunderbar zu lesen, auch in kleinen Graden. Schönes Druckbild auch auf raueren Papieren, weil die Serifen und Haarstriche nicht ganz so fein ausfallen - im Gegenatz zu den klassischen klassizistischen Schriften.

Laut Axel Bertram soll die Schrift auch recht sparsam im Platzverbrauch sein, obwohl sie wirklich nicht besonders schmallaufend aussieht.

Sowas suche ich. Als Textschrift für feinen Mengensatz feiner Prosa aus dem 19. Jahrhundert. Also brauch ich einen Regularschnitt mit echten Kapitälchen und einen dazu passenden Kursivschnitt. (Halbfett, Fett, Titling, Condensed etc. nutze ich für sowas sowieso nicht; wenn es aber einen halbfetten Schnitt zusätzlich geben sollte, wäre es umso besser).

Und das möglichst gut zugerichtet und zu einem fairen Preis. Gibt es sowas?

Was Spätbarockes oder Frühklassizistisches?

Danke für alle sachdienlichen Hinweise!

Ich bin sehr gespannt, weil ich schon ziemlich lange nach soetwas suche und bisher noch nichts der Lucinde Vergleichbares gefunden habe ... sehr seltsam angesicht tausender verfügbarer Schriften.

[Carlito Palm]

ich fürchte den meisten hier geht’s wie mir: kannst du vielleicht einen scan der lucinde reinstellen? dann tun wir uns alle leichter.

[Carlito Palm]

ohne jetzt was gesehen zu haben und nur auf grund deiner beschreibung: würde dir die corporate A passen?

[specimen=Gerade u. Leicht:199597lb]10827[/specimen:199597lb]

ist halt eine moderne interpretation deines themas

(wenn ich das richtig verstanden habe)

[Scobal]

@rolli

hast du dich eigentlich auch direkt an linotype gewandt?

was sagen die denn zur veröffentlichung deiner lucinde?

abgesehen davon fällt mir so spontan die romain von b&p ein:

http://www.bpfoundry.com/fonts/cuts.htm?font=3

[Joshua K.]

Wie Carlito würd ich diese Lucinde gerne mal sehen! :D

Schau Dir aber mal diese beiden an:

http://betatype.com/node/35

[specimen=Frühklassizistisch:2yf5yqg8]7347[/specimen:2yf5yqg8]

[StefanB]

Deine Beschreibung passt auch ganz gut auf die Fleischmann, welche sowohl barocke Züge – vor allem in der Kursiven – als auch Klassizismus-nahe Formmerkmale aufweist.

[Rolli]

Hallo allerseits. Vielen Dank für die vielen Antworten bisher.

Die DTL Fleischmann sieht ganz gut aus und kommt meinen Intentionen schon sehr nahe, ist aber sauteuer. Die Romain war ein guter Tip. Auf der Webseite der Schriftenschmiede der Romain wird noch eine der Lucinde näherkommende neue Schrift angekündigt: eine NEW FOURNIER, die sehr verheißungsvoll aussieht, aber wohl auch erst im Entstehen ist. Ich werde das mal im Auge behalten.

Die Corporate A hatte ich auch schon mal in Erwägung gezogen, aber sie gefällt mir nicht wirklich, die Mittelhöhe ist zu hoch, sie sieht irgendwie sehr kalt aus und außerdem finde ich Firmenschriften von Großkonzernen in feingeistigen Büchern nicht so prickelnd. Die Bulmer ist ganz schön, aber eigentlich auch nur eine typische klassizistische, von der etwas robusteren Sorte.

An Linotype hab ich gemailt, mal sehen, obs ne Antwort gibt. Auf diese naheliegende Idee da mal zu fragen bin ich irgendwie nie gekommen ...

Von der Lucinde hab ich versucht einen Scan zu machen - ich versuch ihn mal hier rein zustellen - hab das noch nie gemacht - entschuldigt etwaige Qualitätsmängel. Ihr könnt auch unter http://www.lehmstedt.de die schrift sehen - im Verlagsnamen und bei einigen Büchern.

Mir gefällt halt wahnsinnig, wie schön die Textschrift läuft. Die Versalien sind gar nicht so spektakulär, aber die Gemeinen bestechen m.E. durch ihre sehr schönen kalligrafischen Strichdicken, die sie vermutlich so sehr von den steifen klassizistischen Klssikern unterscheiden. Ist nur ne Vermutung, ich bin nur Schriftanwender und kein Entwerfer. Herr Bertram hat mir mal verraten, dass der Ausgangspunkt seines Entwurfes eine Schreibmaschinenschrift gewesen sei ... was man gar nicht vermuten möchte.

Also: vielen Dank, ich freu mich aber auch noch über weitere Anregungen und Hinweise.

[Carlito Palm]

beim lesen deines ersten beitrags ist mir gleich die baskerville eingefallen, bis du sie später erwähnt hast bzw. ausgeschlossen hast. jetzt wo ich deinen scan sehe ist sie mir wieder eingefallen. vielleicht doch einen blick wert? von der anmutung halbwegs nahe?

[specimen=Zeugnisse:id5ek568]23862[/specimen:id5ek568]

[Rolli]

Ja, stimmt schon, die ITC New Baskerville kommt der Sache sehr nah. Ich hab halt bisher immer ne andere, etwas gröbere Baskerville, mehr dem Bleisatzoriginal entsprechende vor Augen gehabt ...

Baskerville ist eben nicht gleich Baskerville,

Vielen Dank!

[Joshua K.]

Hast Du Dir die Schrift von Betatype, die ich oben erwähnt hab, angeschaut? Schau auch mal bei Elsner+Flake, da gibt’s für 40,–/Schnitt die Typoart-Fassungen von Fleischmann und Fournier. Die unterscheiden sich zwar ziemlich von der (wirklich hübschen) Lucinde, aber vielleicht gefällt Dir ja eine davon trotzdem?

[Poms]

Wenn die Fleischmann grundsätzlich interessant sein sollte, kannst du dir auch mal die FB Farnham ansehen.

http://www.fontbureau.com/fonts/Farnham/styles

[StefanB]

Vielleicht wäre auch die Ingeborg eine erschwinglichere Alternative?

[Rolli]

hab antwort bekommen von linotype. die lucinde soll "dieses jahr noch wahrscheinlich" erscheinen. in 16 schnitten.

schaumermal.

[Robert01]

Lehmstedt gefällt mir (nicht nur als alter Leipziger) sehr gut. Was mich wundert, das ich keine Infos zu Schriften von Axel Bertram finde, es gibt ausser Lucinde noch Solomo, Rabenau und andere Schriften. Oder doch und ich finde es nur nicht?

[Gast TypoLion]

schöner thread- es macht mal wieder spaß hier unterwegs zu sein und ja - zu diesem thema fällt mir die "Granjon" ein (linotype), eine wunderbare schrift.

[Robert01]

Stimmt, Granjon ist sehr schön. Danke für den Tipp!

Aber was ist nun mit Axel Bertram? Ich finde nichts!