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Schrift gesucht

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Geschrieben

Hallo,

ich bitte um Hilfe zur Beschriftung eines Grabmals. Vom Steinmetz, der den Stein aufpoliert, ist zum Thema Schrift keine Hilfe zu erwarten. Er sagte, er habe ganz viele Schriften zur Auswahl ... nämlich 14. Davon eine Fraktur, mehrer Schreibschriften und ansonsten könne er auch eine Schrift entwerfen. (Ach nö, lieber nicht.)

Das Grabmal ist ca. 60 Jahre alt. Nach einem Todesfall in der Familie mußten wir uns mit der Neugestaltung des Familiengrabes beschäftigen. Wir haben uns entschieden das alte Grabmal nicht zu ersetzen. Aber es soll aufgearbeitet und neu beschriftet werden. Zuvor war eine Frakturschrift eingemeißelt und die vordere Fläche war vollständig mit der Schrift bedeckt.

Auf dem Stein soll nur noch " Familie XXXXXXXXXX" stehen. Der Nachname hat 10 Zeichen. Die Schriftart soll nunmehr aber auf keinen Fall eine Fraktur sein. Die würde geschichtlich zwar zu dem Stein passen, aber nicht zu dem Menschen der kürzlich gestorben ist. Schreibschriften, Kursiv etc. schließen sich aus. Ich würde gerne eine klassisch, schöne Bildhauerschrift finden.

Hier ist ein Foto des Grabes, vom tristen Monat April.

Über Hilfe würde ich mich sehr freuen.

2rxw2n9.jpg

Geschrieben

Also, so eine Grabinschrift ist ... anspruchsvoll :D Du bist ja momentan an dem Punkt, wo die Inschrift nicht mehr zur bestatteten Person passt, also nicht mehr neutral genug ist (was sie vor 60 Jahren noch gewesen sein mag, als gebrochene Schriften in Deutschland noch gebräuchlich waren). Ein Grabmal ist aber ja auch etwas unheimlich persönliches, vielleicht möchte man da gar nicht zu neutral werden ... Um Dich da vernünftig beraten zu können, müsste man schon etwas mehr über die Umstände, also eure Familie wissen, und das möchtest Du vermutlich in der unkontrollierten Öffentlichkeit des Internets nicht so ausbreiten ... Mein Ratschlag wäre daher, Dich einfach mal nach einem anderen Steinmetz umzusehen; mithin finden sich sogar noch welche, die wissen, dass man Versalien sperrt, und so einer könnte Dich dann auch auf einer professionellen und persönlichen Ebene beraten :D

Geschrieben

Ja, das trifft das Dilemma in allen Bereichen exakt.

Wir haben mehrer Steinmetze aufgesucht. Jeder hatte Kataloge mit Steinen und Schriften, die an sich schon eine Beleidigung für das Auge sind. Das soll wohl nach dem Baukastenprinzip funktionieren und verbirgt praktischerweise auch gewisse handwerkliche Defizite. Schriftarten, Schriftgrößen haben bei keinem der Steinmetze auch nur Erwähnung gefunden.

Der Steinmetz mit den 14 Schriften, ist nett und umgänglich, handwerklich nicht schlimmer als all die anderen, mit denen wir gesprochen haben. Deshalb hat ihn die Auftraggeberin (die ich nicht bin), völlig entnervt von den unergiebigen, vorangegangenen Besichtigungen, leider beauftragt.

Ich habe aber ein Veto und stemme mich gegen die Fraktur. Nur muß jetzt bald eine Alternative gefunden werden. Ich dachte an eine klassiche Schrift in Versalien, zentriert und 2-reihig sollte die Innschrift dann sein.

Geschrieben

Nur ein Zwischengedanke: Wenn der Steinmetz nix kann, warum dann nicht zu einem Bildhauer gehen? Der kennt sich einerseits mit dem Material aus und andererseits setze ich dort eine genügend große Ahnung von und Beschäftigung mit Kunst, Geschichte und Design voraus.

Geschrieben

Ich hab mal ein wenig gesucht und bin über jenen gestolpert: http://www.steinmetz-czaikowski.de/grab ... tarten.php

KB112 täte mir auf Anhieb gefallen und könnte zu dem schweren, dunklen Stein passen. Denk auch dran dass du mit der Farbe der Schrift oder der Oberfläche der ausgemeißelten Buchstaben weitere Gestaltungsmöglichkeiten hast. Licht–Schatten, glänzend–matt etc. Da kann auch eine Fraktur halbwegs modern werden.

Geschrieben

Okay, was nicht ist ist nicht :D Klassisch und versal, das schreit im Prinzip nach der Trajan, gestaltet nach der Inschrift in der Trajanssäule. Viel klassischer wird's nicht mehr, zumindest nicht in unseren lateinischen Versalien :wink:

Ich würde das aber genau überdenken: Versalien müssen G E S P E R R T werden, also mit einem Abstand zueinander gesetzt, oder gemalt oder gemeißelt oder gehäkelt werden. Und diese Abstände sind nicht gleichmäßig zu setzen, sondern sie richten sich nach den Buchstaben zwischen denen sie stehen: Es soll also erreicht werden, dass die Buchstaben optisch einen einheitlichen Block bilden. Wenn Du dem Steinmetz eh schon nicht viel zutraust, solltest Du Dich vielleicht fragen, ob er dieser Aufgabe gewachsen ist. Weiterhin nimmt eine solche Zeile dann natürlich auch mehr Platz ein, als eine gemischte, ungesperrte; Deinem Foto entnehme ich, dass der Stein eher Schmal ist, entsprechend müssen die Buchstaben also kleiner werden, um Platz zu finden. Fragt sich, ob das so gewünscht ist :)

Geschrieben

Anderer Gedankengang (und vermutlich ziemlich kostspielig):

Unter den gegebenen Umständen – der Steinmetz scheint Mängel beim individuellen Schriftsetzen aufzuweisen – wäre es evtl. sinnvoll, einen Grafiker mit entsprechendem typografischen Können zu engagieren. Dieser könnte einerseits auf spezielle Wünsche des Auftraggebers eingehen und eine astreine Vorlage herstellen und andererseits sich fachlich mit dem Steinmetz austauschen, was wie machbar ist und darauf im Entwurf reagieren.

Geschrieben

Danke. Die Trajan gefällt mir sehr gut.

Ich finde Versalien ideal passend zu Charakter und symetrischem Aufbau des Grabmals. Aber es stimmt, der Stein ist schmal. Das Problem, daß aufgrund der Proportionen und bei einer gesperrten Schrift die Schrifthöhe eventuell zu gering wird, hat mich auch beschäftigt. Da der Stein Schwarz und die Schrift wohl Weiß werden soll, wird sie optisch noch kleiner wirken.

Deshalb hatte ich mich zuvor zusätzlich nach einer Nicht-Versalien Variante umgeschaut. Und dachte, dann zwischen beiden Varianten später in der Originalgröße eine Auswahl zu treffen. Hier ein Beispiel. Die finde ich als Schriftart auch ganz gut, vielleicht etwas zu eng gestellt.

1h2qrl.jpg

Wenn ich mich dann für eine Schrift entscheide, bleibt immer noch das Problem des 14-Schriften-Steinmetzes. Ich überlege gerade, ob es machbar ist, daß ein Bildhauer eine Vorlage anfertigt und der Steinmetz die einfach nur handwerklich ausführt?

Geschrieben
… Ich überlege gerade, ob es machbar ist, daß ein Bildhauer eine Vorlage anfertigt und der Steinmetz die einfach nur handwerklich ausführt?

Klar ist das machbar, bleibt nur die Frage, ob da dein unflexibler Meißelmeister mitspielt. Aber für Geld machen die in der Regel alles.

Geschrieben

Folgendes zu den Berufen Bildhauer und Steinmetz:

Ein Steinmetzmeister verfügt auf jeden Fall über die nötige technische Ausrüstung um Grabplatten zu beschriften. Der Meissel wurde längst durch computergesteuerte Graviermaschinen ersetzt. Ob nun der Steinmetzmeister über das nötige typografische Wissen verfügt, ist eine andere Frage.

Bei der Berufsbezeichnung Bildhauer kann es sich um einen gewerblichen Bilhauer handeln, der mehr oder weniger kunsthandwerkliche Arbeiten, wie zum Beispiel Restaurierungen alter Skulpturen oder Neuanfertigung von Skulpturen an Kirchen etc. anfertigt. Auf jeden Fall in erster Linie ein handwerklich orientierter Beruf. Ob dieser nun ein guter Schriftentwerfer ist, hängt auch davon ab, in welche Richtung dieser sich spezialisiert hat und welche Fachschule er besucht hat.

Beim Bildhauer kann es sich aber auch um einen Absolventen einer Kunsthochschule handeln. Der ist in erster Linie künstlerisch ausgebildet und wird wenig Interesse an einer Grabgestaltung zeigen. Er wird wahrscheinlich seine Arbeiten in Galerien etc. ausstellen.

Ein sicherer Weg, Deinen Auftrag zu realisieren wäre:

Der Schriftentwurf wird von einem Typografen oder Grafiker in Absprache mit einem Steinmetzmeister vorgeommen. Der Steinmetz setzt mit seinem technischen Wissen den Entwurf um.

Eine Anmerkung noch zu der oben erwähnten Bemerkung Versalzeilen müssen gesperrt werden. Bitte nicht. Versalzeilen sollten in erster Linie ausgeglichen werden.

Geschrieben
Eine Anmerkung noch zu der oben erwähnten Bemerkung Versalzeilen müssen gesperrt werden. Bitte nicht. Versalzeilen sollten in erster Linie ausgeglichen werden.

Ich zitiere hierzu mal Jan Tschichold, Erfreuliche Drucksachen durch gute Typographie, Auflage von 2001 im MaroVerlag, Seite 63 ff:

»2. Großbuchstaben müssen immer leicht gesperrt und ihre Buchstabenzwischenräume ausgeglichen werden, Weites Sperren soll man vermeiden [...] Es müssen nicht nur die Distanzen zwischen den Buchstaben gleich groß erscheinen [...], sondern mit Rücksicht auf die in den meisten Wörtern enthaltenen weiten Buchstaben wie N, H, U, O müssen alle Einzelzeichen von so viel weißem Raum umgeben sein, daß diese breiten Buchstaben nicht lochbildend wirken können. [...] Daß Versalien stets gesperrt werden müssen, ist daher als ewige Regel anzusehen und jeder Meinung entzogen.«

Ich gehe davon aus, dass Du darauf hinweisen wolltest, dass man die Buchstaben bitte nicht zu weit auseinanderzerren soll :D

Geschrieben

Genau. Wir meinen beide dasselbe.

Jan Tschichold spricht vom Sperren und Ausgleichen zugleich. Seine Aussage entstand in einer Zeit, wo sich die Schriftbilder auf starren Bleikegeln befanden. Da konnte eigentlich, wollte man die Letter nicht beschädigen, nur dazugegeben werden. Deshalb wahrscheinlich seine Formulierung.

Wie weit die Leerräume zwischen den Versalien bei einer Grabinschrift gehalten werden, hängt natürlich von mehreren Vorgaben ab: Größe der Schrift, der Steinplatte, Oberfläche und Farbe des Steins, Farbe der Schrift usw.

Geschrieben

Bei Schriften scheiden sich die Geister.

Spontan würde ich ne Bodonie "probieren".

Falls aber doch ne Schreibschrift in Frage kommen sollte,

warum eigentlich nicht ?

Könnte ich "unverbrauchtes", gut zu lesendes anbieten.

http://www.grafik-fonts.de

Ansehen, aussuchen. Ne Mail genügt - kostet dann ja auch nix :-)

( nur bei diesem speziellen Fall )

Geschrieben

Ich habe bisher zwei Grabstein-Inschriften gestalten dürfen. Das ist wirklich eine sehr persönliche Angelegenheit.

Ich habe für den einen Grabstein, der für eine alte Dame bestimmt war, eine Berkeley Old Style italic verwendet, die ich für die Gravur noch leicht bearbeiten musste, da die Serifen zu zart ausfielen. Für die andere Grabinschrift, die für einen älteren Herren gedacht war, habe ich die Aviano Serif verwendet (leicht gesperrt). In beiden Fällen passen die Schriften zu den Menschen, an die sie erinnern sollen.

Edit: Schreibfehler

Geschrieben
[...] Berkeley Old Style italic [...] Aviano Serif [...]

Die Berkeley ist schön :D Konnte das kleine e vernünftig in Stein übertragen werden, mit seiner Stupsnase? Die Aviano... Hmm... :D Ich glaub, wenn mir die mal auf einem Friedhofsspaziergang über den Weg liefe, wär mein erster Gedanke: »Former Marine«... Aber wenn's passt... :D

Das ist wirklich eine sehr persönliche Angelegenheit.

Allerdings, und dass es sich in diesem Fall auch noch um ein Familiengrab handelt macht es nicht leichter, dazu eine Meinung abzugeben... :D

Geschrieben

Kathrinvdm, die Toten sind die Einzigen "Kunden",

die sich hinterher nie beklagen :hammer: Wie sollten sie auch.

Deine Schriftenwahl ehrt Dich.

Aber wieso sterben eigentlich immer die Älteren :cry:

Geschrieben

@ Minimalist

Ja, das hat gut geklappt mit der e-Stupsnase. Zusätzlich hatte ich auch das ß noch modifiziert, weil im Namen die Buchstabenkombination „ßs“ vorkam. Für ein schöneres Wortbild habe ich dem ß eine Unterlänge gegeben.

Bei der Aviano auf dem Grabstein wird in diesem Kontext vermutlich keine unpassende Assoziation entstehen. Es wirkt einfach sehr würdig und klassisch und ein bisschen streng. Und das passt ganz gut. :)

Geschrieben
Kathrinvdm, die Toten sind die Einzigen "Kunden",

die sich hinterher nie beklagen :hammer: Wie sollten sie auch.

Deine Schriftenwahl ehrt Dich.

Aber wieso sterben eigentlich immer die Älteren :cry:

Jaha, aber die Hinterbliebenen könnten sich beschweren. So sie die Grabstätte denn besuchen.

Geschrieben
Aber wieso sterben eigentlich immer die Älteren :cry:

Na hör mal! Das ist denen bestimmt so auch lieber, als wenn sie jung gestorben wären :D

Zusätzlich hatte ich auch das ß noch modifiziert, weil im Namen die Buchstabenkombination „ßs“ vorkam. Für ein schöneres Wortbild habe ich dem ß eine Unterlänge gegeben.

:biglove: Deine Mühen ehren Dich, um mal mit Herrn Geiger zu sprechen, ebenfalls. Immerhin gibt es, wie ich aus der Beobachtung wild vorkommender »Strassen« schließen muss, Leute, die auf ein ß nicht mal spucken würden, wenn es in Flammen stünde... :(

Bei der Aviano auf dem Grabstein wird in diesem Kontext vermutlich keine unpassende Assoziation entstehen. Es wirkt einfach sehr würdig und klassisch und ein bisschen streng. Und das passt ganz gut. :)

Na, »Former Marine« ist ja nicht unpassend, in dem Sinne dass das per se eine negative Assoziation wäre. Irgendwie sagt der Charakter der Schrift eben »Marine Corps« zu mir. Würde beispielsweise auch gut in den Vorspann von Starship Troopers passen, da sie auch nicht altmodisch oder so aussieht. Wobei... Die Satire ist so schon fast unerträglich... :D

Geschrieben
Leute, die auf ein ß nicht mal spucken würden, wenn es in Flammen stünde...

Hihi, und ich "alter Knochen" kenne noch die Zeiten, als der Fotosatz was ganz besonderes und Neues war. Die Buchstaben kamen aus den amerikanischen Landen und kannten weder ä, ö, ü und natürlich auch kein ß. Wir bestellten dann immer ein gemeines L und die Ziffer 3, damit wurde fleißig das Fehlende ß zusammengeklebt.

Aber noch vor der ganzen Technik kam öfter ein Lithograf ins Haus und erstellte mit Bleistift, Zirkel und Pinsel die Headlines für Lord Extra Anzeigen.

Monat für Monat. 4 Millionen guter, alter D-Märker gingen dabei jährlich drauf.

Der olle Gutenberg "rotiert" heute noch im Grab :mrgreen:

Geschrieben
Danke. Die Trajan gefällt mir sehr gut.

oh nee. nicht die.

im prinzip keine schlechte schrift, aber auf jedem zweiten hollywood-filmplakat verwendet. ich würde so eine assoziation jedenfalls nicht bis zum ende meiner tage auf dem familiengrab sehen wollen.

Aber es stimmt, der Stein ist schmal.

spontan fällt mir die ellington vom steinmetz (stone carver richtig übersetzt?) und kalligrafen michael harvey ein. die läuft schmal, hat den rustikalen duktus des bildhauers und ist nicht so statisch, wie die üblichen grabstein-schriften:

[specimen=RIPOSI IN PACE:33e543ts]14681[/specimen:33e543ts]

alternativ die serifenlose schwesterschrift strayhorn:

[specimen=RIPOSI IN PACE:33e543ts]43788[/specimen:33e543ts]

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