Sebastian Nagel Geschrieben November 19, 2010 Geschrieben November 19, 2010 Polemik: Ist es nicht auch ein Stück weit so, dass sich im Bereich Grafik/Illustration ziemlich viele Leute sammeln, die das "mal eben" als schönes, kreatives Studienfach gewählt haben, weil sie halt nicht wirklich wussten, was sie sonst machen sollten? (und Rechtswissenschaften war viel zu langwierig, Landschaftsplanung zu langweilig, und Sinologie in Kombination mit Altnordisch dann doch etwas zu wenig aussichtsreich?) Da heute einfach jeder kreativ und individuell ist (das redet uns das Konsummarketing ständig erfolgreich ein), ist das Studium ensprechend hip und attraktiv, und die Zeit geht mit viel Spaß und einer sehr guten Rechtfertigung so dahin ... bis dann das Ende des Studiums gekommen ist, man hat seine Diplomarbeit über eine Herzensangelegenheit oder die Interpretation von Rückständen in Staubsaugerbeuteln gemacht, und hat jetzt die Wahl: Unternehmen, Agentur, oder Selbstständigkeit. Und da stellt sich dann halt heraus, ob man im Studium irgendwann ein wirkliches Interesse und Talent entwickelt hat ... Die, die das haben, sind fein raus - sie haben verstanden was sie machen, wissen wie's geht, und auch wie man es argumentiert. Die werden ihre Stunden zum angemessenen Stundensatz verkaufen können, oder machen was ihnen wirklich Spaß macht. Die, die das nicht haben, werden es trotzdem probieren. Die einen kriegen einen "langweiligen" Bürojob (das ist ja ok). Die anderen müssen aber auch noch über die Runden kommen, und überschwemmen, auch weil der Einstiegshürden sehr gering sind, den Markt, ohne wirklich verstanden zu haben, was sie machen oder was benötigt wird. Und so enstehen dann Stundensätze von 30 Euro – es gibt zu viele Anbieter, die zu diffus und unreflektiert agieren, und Abnehmer, die entweder nicht wissen, was sie brauchen oder kaufen, oder aber ganz geziehlt das einkaufen, was ihren Anforderungen genügt, dabei aber nicht zu teuer ist. (Diese Art von Anbieter geht dann irgendwann wieder raus aus dem Bereich Gestaltung und macht was "komplett anderes", aber bis dahin sind die nächsten nachgerückt die den kargen Boden beackern.) :?
Carlos Geschrieben November 19, 2010 Geschrieben November 19, 2010 Warum können Anwälte rechnen und Architekten auch? Warum tun Designer dies nicht? Die Mehrzahl der Architekten können ebensowenig rechnen. Festanstellung gibt es in den wenigsten Fällen und als Freiberufler arbeitest du wirklich für 25.– €. Tatsache! Dazu kommt das horrende Haftungsrisko. Meine Berufshaftpflich hatte vor 8 Jahren noch ca. 800 Euro gekostet - inzwischen müsste ich ca. 1.800 Euro bezahlen und das auch nur für Jobs die ich neben meiner Festanstellung (Werbeagentur) erledige und nur Entwurfsplanung und Genehmigungsplanung beinhalten. Bei Werkplanung und Bauleitung wäre die Versicherungsprämie noch weitaus teurer. Also – volles Risiko und Spaß! Ich wüsste auch nicht, welchen andern Beruf ich ausüben wollte. Gerade bei Architekten gibt es eine beliebte Konstellation: Architekt(in) - Lehrer(in), somit doch eine „gesunde“ witschaftliche Basis.
Uwe Borchert Geschrieben November 19, 2010 Geschrieben November 19, 2010 Hallo, Na ja, es gibt durchaus viele Kunden, die ihre eigene Kompetenz einzuschätzen wissen (und die Sache lieber anderen überlassen) … aber eben nicht die Kompetenz des Beauftragten, sprich: erkläre diesem Kunden, warum du drei Mal so lange brauchst und drei Mal so teuer bist (und auch ein drei Mal besseres Ergebnis ablieferst) als dein billiger Mitbewerber, wo doch beide Ergebnisse gleich gut aussehen?! :wink: Bereits das Werten des Aussehen ist nicht so ohne weiteres für einen Außenstehenden nachvollziehbar. Gelegentlich sind es wirklich nur Kleinigkeiten die alles runterziehen. Ich sehe das auch nicht so richtig, habe aber genug ausgebildete Grafiker in meinem Bekannten- und Freundeskreis von denen ich mich des öfteren belehren lasse. Das Bewerten ist alles andere als einfach. Bereits dafür braucht man eine/n Fachmann/Fachmännin. Es gibt da noch ein anderes Problem: Der Dumping-Mitbewerber wird riskant wirtschaften. Er kann daher sehr schnell ausfallen. Je nach Auftrag interessiert das den Auftraggeber aber gar nicht. Oder aber der Auftraggeber ist nicht in der Lage dieses Problem zu verstehen. Auch das würde ich nicht grundsätzlich ausschließen. Wenn so ein Ausfall eintritt sieht es zappenduster aus. Alle Vorlagen befinden sich noch in den Händen des Pleitier, der nun wichtigeres zu tun hat als unlukrative Fragen zu beantworten. Viel wichtiges Wissen zum Nachbau fehlt. Der Geiz-ist-Geil-Auftraggeber weiß u.U. nicht mal welche Schriften und Sonderfarben verwendet wurden. Da dauert es dann eine Weile bis die neuen Briefbögen, Speisekarten oder Kataloge sinnvoll nachgebaut werden können. Und diese Zeit kann dann ganz schnell ganz viel Geld kosten. MfG
Kathrinvdm Geschrieben November 19, 2010 Geschrieben November 19, 2010 Polemik: Ist es nicht auch ein Stück weit so, dass sich im Bereich Grafik/Illustration ziemlich viele Leute sammeln, die das "mal eben" als schönes, kreatives Studienfach gewählt haben, weil sie halt nicht wirklich wussten, was sie sonst machen sollten? Na ja, wenn Du an die staatlichen Schulen schaust, da ist der Auswahlprozess ganz schön hart, um im kreativen Bereich zugelassen zu werden – besonders im Fach Illustration. Die zweitägigen Aufnahmeprüfungen sind nicht von schlechten Eltern. Ich kann nur für Hamburg sprechen, aber da ist es wirklich schwer, an den begehrten Studienplatz ranzukommen und die Professoren, die vor den Aufnahmeprüfungen die Bewerbungsmappen selektieren, wissen ganz genau, wen sie zu den Prüfungen zulassen und wen nicht. Obendrauf kommen dann aber noch unzählige Privatschulen und einige von ihnen sind deutlich lässiger bei der Auswahl neuer Schüler, bei manchen scheint vorhandene Finanzkraft einen wichtigen Ausschlag für die Aufnahme zu geben. Und da es mittlerweile einfach sehr viele Schulen gibt, strömen an jedem Semesterende haufenweise neugebackene Designer auf den Markt … Es gibt sicherlich lausige Absolventen beider Ausbildungsformen und Überflieger ebenso, aber alles in allem kann man sagen, dass es insgesamt zu viele Leute gibt, die aus den Schulen, HAW und Unis auf den Markt gespuckt werden. Das macht den Markt nicht einfacher, denn so gibt es immer Leute, die aus purer Existenznot – oder weil sie es nicht besser wissen – zu unrealistischen Sätzen arbeiten.
Uwe Borchert Geschrieben November 19, 2010 Geschrieben November 19, 2010 Hallo, Na ja, wenn Du an die staatlichen Schulen schaust, da ist der Auswahlprozess ganz schön hart, um im kreativen Bereich zugelassen zu werden – besonders im Fach Illustration. Problem: Grafiker ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Da sind auch einige/viele größenwahnsinnige Mediengestalter mit im Becken. MfG
Akm Geschrieben November 19, 2010 Geschrieben November 19, 2010 Da sind auch einige/viele größenwahnsinnige Mediengestalter mit im Becken. Heyyyyyyyy! Das »mit im Becken« ist sicherlich ein Problem, für das die Mediengestalter aber mal gar nichts können. Und sich Grafiker zu nennen, ist für mich nicht unbedingt der Ausdruck von Größenwahn, sondern der Versuch, mit einem Begriff deutlich zu machen, was die angebotene Dienstleistung umreißt. Und da der Begriff nicht geschützt ist, wird er auch recht inflationär verwendet und ich ertappe mich oftmals dabei, dass ich abwertend vermute, dass da mal wieder einer einen auf Design macht … aber nicht wirklich Ahnung hat. Grenzen sich die studierten Grafiker von den ungelernten nicht vermehrt durch den Begriff AD ab? Bei uns in der Agentur wurde zumindest niemand Grafiker genannt. Ich biete auch Gestaltung an. Und bin, obwohl unstudiert, nicht unbedingt schlechter, wobei ich allerdings auch meine Grenzen kenne. Aber Akzidenzen gehen allemal. Grafiker würde ich mich dennoch nie nennen, weil ich viel zu stolz auf meinen Beruf bin, den es in der Form nicht mehr gibt.
Carlos Geschrieben November 19, 2010 Geschrieben November 19, 2010 Grafiker ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Da sind auch einige/viele größenwahnsinnige Mediengestalter mit im Becken. ... aber genauso gibt es die studierten „SchwarzKittelGraphiker“, die nicht einmal eine druchfähige PDF-Datei erstellen können und gefühlte 50 % können nicht mal: http://typefacts.com/artikel/grundlagen/bindestrich-gedankenstrich
Pachulke Geschrieben November 19, 2010 Geschrieben November 19, 2010 ... aber genauso gibt es die studierten „SchwarzKittelGraphiker“, die nicht einmal eine druchfähige PDF-Datei erstellen können und gefühlte 50 % können nicht mal:http://typefacts.com/artikel/grundlagen/bindestrich-gedankenstrich … und das regt dann wieder pedantische Schriftsetzer wie mich auf, wenn sie die Ergebnisse irgendwelcher creativen Höhenflüge (relativ) hochbezahlter Graphiker sehen, die aber z. B. grammatisch oder typographisch völlig danebenliegen.
Uwe Borchert Geschrieben November 19, 2010 Geschrieben November 19, 2010 Hallo, Da sind auch einige/viele größenwahnsinnige Mediengestalter mit im Becken. Heyyyyyyyy! Ich wusste es! Sofort fühlt sich da jemand auf den Slips getreten. Aber ich stehe weiterhin zu meiner Aussage. *fußaufstampf* Grenzen sich die studierten Grafiker von den ungelernten nicht vermehrt durch den Begriff AD ab? Ist doch egal! Entweder eine/r kann es und ist Grafiker oder eine/r kann es nicht. Das Studium ist da fast nachrangig. Es ist nur eine Möglichkeit an die notwendigen Grundkenntnisse heranzukommen. Eine Ausbildung als Schriftsetzer scheint nach meinen subjektiven Beobachtungen eine gute Alternative dazu darzustellen. Aber danach kommt das echte und harte Lernen. MfG
Uwe Borchert Geschrieben November 20, 2010 Geschrieben November 20, 2010 Hallo, ... gefühlte 50 % können nicht mal: http://typefacts.com/artikel/grundlagen/bindestrich-gedankenstrich Ich habe da alles richtig. Bin ich deshalb vielleicht Grafiker? :? Ohne Neffen und mit Nichten! MfG
Carlos Geschrieben November 20, 2010 Geschrieben November 20, 2010 Überdurchschnittlich - Note 1 und LOB
Akm Geschrieben November 20, 2010 Geschrieben November 20, 2010 Ist doch egal! Entweder eine/r kann es und ist Grafiker oder eine/r kann es nicht. Das Studium ist da fast nachrangig. Es ist nur eine Möglichkeit an die notwendigen Grundkenntnisse heranzukommen. :? Aber ist das zu DEM Da sind auch einige/viele größenwahnsinnige Mediengestalter mit im Becken. nicht jetzt ein Widerspruch? Denn nach deiner neuen These müsste es auch größenwahnsinnige und studierte Grafiker, Schriftsetzer, Druckvorlagenhersteller, Lithografen etc. geben, sprich: diejenigen eben, die sich in dem Metier betätigen, aber relativ talentfrei unterwegs sind, doch vom Gegenteil überzeugt sind!?
Uwe Borchert Geschrieben November 20, 2010 Geschrieben November 20, 2010 Hallo, Also da kann ich erst mal keinen Widerspruch sehen. Denn ... Denn nach deiner neuen These müsste es auch größenwahnsinnige und studierte Grafiker, Schriftsetzer, Druckvorlagenhersteller, Lithografen etc. geben, sprich: diejenigen eben, die sich in dem Metier betätigen, aber relativ talentfrei unterwegs sind, doch vom Gegenteil überzeugt sind!? Ja. Das ist korrekt. Menschen mit ausgeprägten Dunning-Kruger-Syndrom findet man immer wieder. Die Mediengestalter machen eine auffällig große Gruppe, daher ist es am einfachsten auf denen rumzuhaken. MfG
Gast ChristianBüning Geschrieben November 22, 2010 Geschrieben November 22, 2010 @ Uwe: wenn wir uns innerhalb der Branche in den Kaffee spucken, hilft das vermutlich nicht viel. Es wird viel Geld für Design ausgegeben, nur kommt davon nicht so viel bei den Designern an. Wir als Berufsverband wollen das ändern.
Gast bertel Geschrieben November 22, 2010 Geschrieben November 22, 2010 … daher ist es am einfachsten auf denen rumzuhaken. … Solange du nicht auf ihnen rumhackst ist es ja gut. Noch besser du würdest damit gleich aufhören.
Uwe Borchert Geschrieben Dezember 4, 2010 Geschrieben Dezember 4, 2010 Hallo, Das wollte ich ewig schon nachtragen, aber habe es immer wieder verschleppt ... Es wird viel Geld für Design ausgegeben, nur kommt davon nicht so viel bei den Designern an. Wir als Berufsverband wollen das ändern. Ich bin da nicht ganz sicher wie die Abgrenzung zwischen Design und Marketing in der Buchhaltung läuft. Eine echte Trennung ist schwierig? Und Marketing ist in einigen Fällen nichts anderes als eine fingierte Dienstleistungslieferung um Geld zu verschieben. Das Verfahren ist uralt, allerdings wurden in den letzten Jahren aus fingierten Warenlieferungen (in den 1980ern noch üblich, idR für Steuerhinterziehung und Subventionsbetrug) dann im Laufe der Jahre Dienstleistungen, da diese schwerer zu kontrollieren sind. Bei Dienstleistungen kann das Verfahren auch für Korruption verwendet werden. Das Geld geht dann raus aus der ersten Kasse, rein in die zweite Kasse. Aus dieser Kasse geht es dann idR über die Abrechnung anderer fingierter Dienstleistungen (z.B. Beraterhonorare) weiter. Gehe davon aus, dass ein nicht unerheblicher Teil der Umsätze so zustande kommt und in den seltensten Fällen entdeckt wird ... so kein Buchhalter ausplaudert. Und selbst dann scheint es schwierig zu sein diesen Sachverhalt auch vollständig aufzuklären. Die vorgeblichen Umsatzsteigerungen für Design können also durchaus ein verschleierter Anstieg der Korruption sein. Billige Praktikanten gibt es an den Hochschulen massenhaft, das Verfahren ist extrem preisgünstig durchzuziehen, im Gegensatz zu den fiktiven Warenlieferungen der 1980er. Noch billiger geht es nur mit Croud-Sourcing. MfG
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