Ernieknolfson Geschrieben Juli 15, 2011 Geschrieben Juli 15, 2011 ich bin gerade daran, ein buch mit vielen zitaten zu setzen. die zitate beinhalten teilweise rechtschreibefehler (aus den quellbüchern, nicht aus dem word-manuskript) (z.b. in’s). gibt es da eine regel, wie damit zu verfahren ist? falsch lassen oder berichtigen? und wenn wir gerade dabei sind: wie stehts mit (mirko)typografischen fehlern in zitaten? soll man den schluder (unsauberes arbeiten) der «setzer» der originalbücher einfach übernehmen?
Kathrinvdm Geschrieben Juli 15, 2011 Geschrieben Juli 15, 2011 (bearbeitet) Hallo Ernie Ich würde Schreibfehler, die augenscheinlich auf schlichten Tippfehlern basieren, korrigieren. Fehler, die hingegen erst durch spätere Änderung der Rechtschreibung zu Fehlern geworden sind, würde ich beibehalten. Sprich: Alte Rechtschreibungen würde ich beibehalten – viele Autoren bestehen ja sogar ausdrücklich darauf, dass eine ältere Rechtschreibversion bei ihren Werken zur Anwendung kommt. Hochdeutsche Fehler, die durch die Mundart oder gezielte sprachliche Eigenheiten des Urhebers zustande kommen, würde ich unbedingt beibehalten. Satzfehler, die definitiv von Dritten hinzugefügt wurden, würde ich ausbügeln. bearbeitet Juli 15, 2011 von Kathrinvdm
Minimalist Geschrieben Juli 15, 2011 Geschrieben Juli 15, 2011 Seh ich auch so Was eindeutig ein Fehler ist, bzw. einer war, als der Autor gelebt hat, würde ich korrigieren. Alles was offensichtlich beabsichtigt ist sollte drin bleiben. Und Typofehler müssen raus, die hätten schon raus gemusst, bevor Du zitierst ...
Sebastian Nagel Geschrieben Juli 15, 2011 Geschrieben Juli 15, 2011 dafür gibt es doch das [sic!] ("wirklich so!") http://de.wikipedia.org/wiki/Sic! D.h. Fehler, die vom Zitierenden bemerkt werden, können so als solche markiert werden, ohne dass man sie stillschweigend korrigiert. Mikrotypografische Anpassungen würde ich machen, solange sich dadurch inhaltlich nichts verfälscht. Man zitiert ja in der Regel den Inhalt, nicht die Form.
Dieter Stockert Geschrieben Juli 15, 2011 Geschrieben Juli 15, 2011 Duden Taschenbuch Wie verfaßt man wissenschaftliche Arbeiten, S. 43: »Auch muß jede Manipulation eines wörtlichen Zitats erkennbar bleiben.« Und S. 130: »Wird eine Quelle bzw. ein Auszug daraus im Wortlaut wiedergegeben, so muß das Zitat der Vorlage auch in den kleinsten Details einschließlich der Zeichensetzung entsprechen. Jeder eigene Eingriff in die Quelle, insbesondere jede Auslassung oder Ergänzung ... muß eindeutig sichtbar gemacht werden.« 1
Kathrinvdm Geschrieben Juli 15, 2011 Geschrieben Juli 15, 2011 Und wenn wörtliche Rede zitiert wird? Gilt dann als Vorlage der Text desjenigen, der es als erster in die Schriftform gebracht hat? Und wie verhält es sich bei Übersetzungen fremdsprachiger Zitate?
Dieter Stockert Geschrieben Juli 15, 2011 Geschrieben Juli 15, 2011 Duden Taschenbuch S. 131: »Die Frage, ob man eine fremdsprachige Quelle im Original oder in deutscher Übersetzung darbietet, läßt sich nur im Blick auf die Art der Quelle sowie den intendierten Leserkreis beantworten. Quellen mit sprachlichem Eigenwert, die beispielsweise für ein philologisches Fachpublikum bestimmt sind, sollten schon darum im Original wiedergegeben werden, weil jede Übersetzung zugleich Interpretation und damit subjektive Veränderung des Materials bedeutet. Wendet sich die Veröffentlichung an einen weiteren Leserkreis, dessen Vertrautheit mit der Fremdsprache nicht vorausgesetzt werden kann, so empfiehlt es sich, dem Originaltext jeweils in Klammern eine Übersetzung beizufügen bzw. nur mit Übersetzung zu arbeiten. Dabei ist durch Anmerkung kenntlich zu machen, ob man selbst übersetzt hat oder wessen Übersetzung man zugrundelegt.« Und S. 127: »Fremdsprachige Einschübe in einem deutschen Text, auch solche, die als sprachlicher Beleg oder Beispiel dienen, werden unterstrichen [heutzutage wohl eher kursiviert, Anmerkung von mir], z.B. _wĩfmon_, _entente cordiale_, _loc. cit._ Die Unterstreichung entfällt, wenn es sich um Zitate aus fremdsprachigen Quellen handelt, die bereits durch Anführungszeichen bzw. bei längeren Zitaten durch Einrückung ... vom deutschen Text eindeutig abgesetzt sind. Namen von Organisationen, geographischen Objekten, Schiffen usw. werden nicht unterstrichen ...« Und weiter: »Bietet man für eine fremdsprachige Wendung wie z.B. _loco citato_ eine deutsche Übersetzung oder Definition an, so wird diese in halbe Anführungszeichen gesetzt: ›am angegebenen Ort‹. Das gleiche gilt für Begriffe und Wendungen, die als solche Gegenstand der Berachtung werden, z.B.: ›Phantasie‹ und ›Einbildungskraft‹ werden in der deutschen Romantik ...«
Ralf Herrmann Geschrieben Juli 15, 2011 Geschrieben Juli 15, 2011 Duden Taschenbuch Wie verfaßt man wissenschaftliche Arbeiten, S. 43: Wobei wissenschaftliche Arbeiten ja nun auch wieder eine Kategorie für sich sind. Deren Regeln gelten nun nicht zwangsläufig für Zitate in anderen Textarten.
CRudolph Geschrieben Juli 15, 2011 Geschrieben Juli 15, 2011 Recht hast Du, es war aber durchaus wichtig, dies anzumerken, das wird in den Naturwissenschaften z.B. nämlich recht ernst genommen. Titel im Literaturverzeichnis sind mir da immer wieder ein Dorn im Auge. Es ist generell üblich daß z.B. Gen-Namen kursiviert werden. Gerade bei älteren Papern wird das aber im Titel nicht immer konsequent gemacht. Zitiert man dies so wie es formal sein müßte, dann wird einem das vom Journal mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder geändert und formal falsch (aber eben als korrektes Zitat) abgedruckt. Dies aber nur als Anmerkung/Erfahrung aus meinem Berufsalltag. Grüße, Christian
Mach Geschrieben Juli 15, 2011 Geschrieben Juli 15, 2011 Wie Ralf gesagt hat: Es kommt immer auf die Textsorte an. So sind etwa die gewöhnlichen Neuausgaben der Klassiker schon immer stillschweigend an die jeweils neue Rechtschreibung angepasst worden.
Dieter Stockert Geschrieben Juli 15, 2011 Geschrieben Juli 15, 2011 So sind etwa die gewöhnlichen Neuausgaben der Klassiker schon immer stillschweigend an die jeweils neue Rechtschreibung angepasst worden. Und das bei Kleist mit verheerenden Auswirkungen auf beispielsweise den Sprachrhythmus.
Kathrinvdm Geschrieben Juli 15, 2011 Geschrieben Juli 15, 2011 … Und das bei Kleist mit verheerenden Auswirkungen auf beispielsweise den Sprachrhythmus … Du hast dafür nicht zufällig ein Vorher-Nachher-Beispiel parat? Das würde mich brennend interessieren, ich mag Kleists Werke nämlich sehr.
Dieter Stockert Geschrieben Juli 16, 2011 Geschrieben Juli 16, 2011 Du hast dafür nicht zufällig ein Vorher-Nachher-Beispiel parat? Ich habe vor Jahren mal ein paar Stellen im Vergleich gesehen, und ich erinnere mich, dass allein durch Kleists originale Kommasetzung ein ganz anderer Rhythmus entstand als in der normalisierten Ausgabe. Aber parat habe ich das natürlich nicht mehr. Vielleicht ist aber für Dich das Interview mit Roland Reuss, einem der Herausgeber der Brandenburger (und nun auch der Münchner) Ausgabe interessant: http://www.kultiversum.de/Schauspiel-Theaterheute/Heinrich-von-Kleist-Roland-Reuss-Interview.html? Da sagt er beispielsweise auch etwas über Füllworte, die man Kleists Gedichten nachträglich verpasst hat. 1
Kathrinvdm Geschrieben Juli 16, 2011 Geschrieben Juli 16, 2011 Interessanter Artikel – vielen Dank Dieter! Da bekomme ich sofort Lust, Kleist mal wieder aus dem Regal zu nehmen. Ich liebe das Käthchen von Heilbronn! Vor vielen Jahren gab es davon mal eine absolut faszinierende und wunderbare Inszenierung am Hamburger Schauspielhaus. Die habe ich gleich mehrfach besucht …
Ernieknolfson Geschrieben Juli 18, 2011 Themen-Ersteller Geschrieben Juli 18, 2011 vielen dank für alle inputs zum thema.
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