Jump to content
Dein Geheimtipp für perfekte Typografie – Jetzt 40% Rabatt sichern!

Case Sensitive Klammern bei gemischten Schreibweisen?

Empfohlene Beiträge

Gast Peter Glaab
Geschrieben

Hallo zusammen,

beim Setzen eines Textes mit vielen geklammerten Texteinschüben stehe ich vor diesem Problem: case sensitive Klammern bei Versalien zu verwenden ist ein nettes Feature, wenn die Schrift über entsprechende Klammern verfügt, die ihre Form nicht ändern, sondern nur nach oben rutschen (z.B. Fedra Sans). Aber wie setze ich, wenn in kurzen Abständen oder innerhalb einer Klammer gemischte Schreibweisen vorkommen (Zeile 3 und 4, s. Abb.)? Ich tendiere momentan dazu, alle Klammern als Versal-Klammern zu behandeln, wenn sie direkt nebeneinander vorkommen.

3172

Viele Grüße,

Peter

post-19594-1355407751,4259_thumb.jpg

Geschrieben

Für meine Augen stehen z.B. bei der »(x-Höhe)« die Klammern sowieso optisch etwas zu tief. In diesem Sinn würde ich Dir beistimmen und vermutlich konsequent die Versal-Variante verwenden.

Das ist aber nur meine ganz unprofessionelle Meinung.

Grüße,

Christian

Geschrieben

Im Bleisatz gibt es nur eine Art Klammer im Setzkasten. Mir ist schon gelegentlich aufgefallen, daß die Klammern mancher Schriften ungünstiger sitzen als andere, aber verändern kann man das in einem Brotschriftgrad nicht, deshalb ist mir diese Problemlösung neu. Wenn du dich im digitalen Satz um dieses Detail kümmerst, korrigiert du dann in einem Text jedes Klammerpaar einzeln? Ist ein solcher Aufwand gerechtfertigt? Bei einem klammerreichen Text steigt doch der Preis für diese Feinkorrektur merklich an, oder?

Geschrieben

Bei langen Fließtexten korrigieren ich das nicht, aber bei Briefbögen und Visitenkarten verschiebe ich die Klammern schon einen Hauch nach oben wenn sie zu tief hängen. Das sieht sonst einfach falsch aus, besonders, weil bei Telefon- und Faxnummern nur eine Null in den Klammern steht, die sofort verrät, wenn die Klammern nicht gut sitzen.

Gast Peter Glaab
Geschrieben
Im Bleisatz gibt es nur eine Art Klammer im Setzkasten. Mir ist schon gelegentlich aufgefallen, daß die Klammern mancher Schriften ungünstiger sitzen als andere, aber verändern kann man das in einem Brotschriftgrad nicht, deshalb ist mir diese Problemlösung neu. Wenn du dich im digitalen Satz um dieses Detail kümmerst, korrigiert du dann in einem Text jedes Klammerpaar einzeln? Ist ein solcher Aufwand gerechtfertigt? Bei einem klammerreichen Text steigt doch der Preis für diese Feinkorrektur merklich an, oder?

Dieses Feintuning hängt erst mal von der Schrift ab. Wenn das Verschieben der Klammern einen besseren Satz ergibt, dann macht es bei überschaubaren Text für mich Sinn. Den Aufwand kann man relativ in Grenzen halten, indem man für Klammern ein Zeichenstilvorlage erstellt und dann per Suchen und Ersetzen alle Klammern mit dieser Case Sensitive Funktion belegt. Dann wäre es eine einheitliche Lösung. Daher auch meine Frage, ob man „normale“ oder „höher gestellte“ Klammern mischen kann? Ich finde es eigentlich wichtiger, etwas Luft zwischen dem folgenden oder vorherigen Zeichen und der Klammer zu geben, wenn es zu eng zugeht.

Geschrieben

Mich stört es, wenn nebeneinanderstehende Klammern verschiedene Höhen haben. Ich würde im Fließtext einheitlich etwas nach oben gerückte Klammern verwenden; da Oberlängen wesentlich häufiger sind als Unterlängen, wirkt es so auch bei Kleinbuchstaben m.M.n. ausgeglichener.

Geschrieben
Ich finde es eigentlich wichtiger, etwas Luft zwischen dem folgenden oder vorherigen Zeichen und der Klammer zu geben, wenn es zu eng zugeht.
Das hat mit der Höhe der Klammern nichts zu tun. Die Schrift sollte so zugerichtet sein, daß die Klammer etwas Fleisch hat. Im Bleisatz habe ich noch nie am Wort klebende Klammern spationieren müssen. (Und das sagt ein denkbar penibler Setzer, der noch mit Seidenpapier in Petit-Schriften ausgleicht, wenn es nötig erscheint.)

Eine unterschiedliche Klammerhöhe darf im Text nicht sichtbar werden, so wären nebeneinanderstehende Klammerpaare in gleicher Höhe zu setzen. Das heißt auch, daß mit Suchen und Ersetzen in einem Werksatz nichts gewonnen ist, weil man den gesamten Text nach jeder Korrektur durchsehen müßte, ob dieses Problem auftritt. Kann man auch mit der Suchfunktion machen, ist aber in meinen Augen überflüssige Liebesmüh, wenn die Schrift selbst eine halbwegs anständige und gut zugerichtete ist. Da stören kleine Akzente den Lesefluß nicht.

Entscheidend ist nicht das Detail in der Regel-Anwendung, sondern der Entwurf nach den weniger genau definierten Regeln der Kunst. Es gibt wenige Autoren, die das einräumen. Man kann es bei Paul Renner lesen: der Satzspiegel sei zwar berechenbar, aber wie er seitlich letztlich auf der Seite steht, kann man nur in einem aufgeschlagenen Blindband festlegen, also nicht allein geometrisch. Auch wenn es inzwischen die Möglichkeit gibt, den Bundschatten digital auf dem Bildschirm zu imitieren, kann man damit noch nicht die Steifigkeit des Papiers und die Art der Bindung so nachahmen wie im körperlichen Buch. In einem fadengehefteten Buch springen die Seiten nach oben, der Satzspiegel wird nach außen gesetzt. In der Klebebindung bleiben sie aufgeschlagen viel leichter liegen, der Satzspiegel kann also weiter nach innen rutschen. Das festzulegen, läßt sich nicht in Berechnung fassen.

Auch das Detail im Schriftsatz wird derzeit überbetont. Gutenberg hat nach unvollkommener Handschrift unvollkommene Lettern geschnitten. Viele Details sind im Bleisatz aus technischen Gegebenheiten unvollkommen geblieben. Das hat den Büchern der berühmten Drucker (Manutius usw.) aber auch ihren Charme verliehen. Die Bedeutung von Regeln im Schriftsatz wird überschätzt. Es ist nicht jedes Detail in eine Regel zu fassen: Ich nenne nur eine irrige Regel des Versalausgleichs, wie sie unterrichtet wird: Gleiche Buchstabenpaare bekommen gleiche Spationierung. Diese Regel verkennt, daß Wörter aus Versalien hellere und dunklere Partien haben (L und U sind in Serifenschriften viel heller als E und B) und der Gesamteindruck einer Zeile durch Anwendung dieser Regel nicht gleichmäßig zu bekommen ist. Wenn dunkle Buchstabenpaare in einem dunklen Wortteil stehen, sind sie diesem anzugleichen. Stehen sie zwischen hellen Buchstaben, sind sie weiter zu sperren. Man wundert sich manchmal sehr, wenn man das gut ausgelichene Wort sieht und dann nachzählt, womit man es harmonisiert hat. Die Regel ist ihrem Ursprung nach falsch. Im Schriftsatz entscheiden nicht die Geometrie, nicht das Rechnen, nicht das Schema, sondern das Sehen. Und das läßt sich nur an meisterlichen Arbeiten schulen, also man muß gute Bücher anschauen.

Ob in Werken die Klammern etwas höher oder tiefer stehen, ist irrelevant. Ein Entwurf muß von enormer Güte sein, wenn er nach Abtötung aller Unregelmäßigkeiten des Schriftsatzes noch lebendig ist. Das gibt es sicherlich, aber ich habe es nur selten gesehen. Mir ist die kleine Ungenauigkeit in einem guten Wurf viel lieber als die auf die Spitze getriebene Präzision in einem langweiligen oder überkandidelten Design.

In Akzidenzen kann man sich der Klammer-Frage widmen, aber ich meine, auch hier kann die Unvollkommenheit einer ansonsten sehr guten Schrift charmant sein. In der Bleisatz-Typoart-Garamond gehen die Klammern über die gesamte Schrifthöhe, es gibt im Setzkasten deshalb auch nur eine Art, keine linke und rechte, und es läßt sich an der Höhe nichts machen. Die murmelartige Mediäval-Null zwischen den großen Bogen der Klammern ist für mich ein Bild, an dem ich nichts ändern wollte. In der Futura von der Bauerschen Gießerei sind die Klammern in der Höhe verkürzt, sie reichen nicht bis zur Unterlänge, und sie enden auch oben unterhalb beispielsweise der Versal-Null. Perfekt sieht es nicht aus, aber es zeigt die Handschrift von Paul Renner. Die Schrift ist mit ihren Eigenheiten ein historisches Zeugnis. In der digitalen Variante hat Neufville (Bauersche) das geändert. Auch das ist in Ordnung. Das Medium hat sich gewandelt, und man kann die Schrift verbessern. Aber entscheidend für gute typografische Arbeit ist die Standhöhe der Klammern im Werksatz gewiß nicht.

Detailtypografie wird derzeit überschätzt: Man sieht oft Randausgleich in der Kolumne in häßlichem Satzspiegel. Ganz zu schweigen von den in der Mehrzahl seit fast zwanzig Jahren grauenhaften Schutzumschlägen für Bücher. Hier hat die mit dem digitalen Satz hereingebrochene Scheußlichkeit noch kein Ende gefunden, noch immer wird für die Belletristik kursive Serifenschrift gesperrt und gebogen. Das ist, als würde man Bushaltestellen und Parkanlagen stadtweit mit rosa Schaukelstühlen ausstatten. Aber weiter abschweifen sollte ich nicht mehr, es ist Sonntag, das Parkett muß noch vor dem Kirchgang gebohnert werden!

  • Gefällt 2
Geschrieben

Danke, Du sprichst mir aus der Seele! Ich setzt zwar äußerst selten Bücher, aber ich kann Deine Auffassung für den Bereich des Corporate Designs gut nachvollziehen. In verschiedenen Designagenturen habe ich erlebt, wie nach Entwicklung von Logo und Corporate Design für Kunden Gestaltungshandbücher aufgesetzt wurden, die mit unfassbar festgezurrten Anwendungsregeln zu verhindern suchten, dass ungeübte Anwender Schindluder mit den neu erschaffenen Gestaltungselementen treiben. Klar: Gewisse Grenzen zu setzen ist sinnvoll, um ein einheitliches optisches Erscheinungsbild zu etablieren und zu bewahren. Aber die Design-Manuals sind teilweise so dermaßen strikt abgefasst, dass sie bei Sonderfällen (ungewöhnliche Formate zum Beispiel) verhindern, dass die optisch ansprechendste und sinnvollste Gestaltung zur Anwendung kommt. Stattdessen werden in blindem Gehorsam Regeln befolgt, die zu wirklich seltsamen Ergebnissen führen. Beispielsweise, wenn die Breite von Überschriften für Anzeigenlayouts minutiös vorgeschrieben wird und dies zur Folge hat, dass bei einer etwas zu langen Headline ein einzelnes Wort in die zweite Zeile rutscht und da seltsam verloren herumsteht. Ich bin sehr dafür, im typografischen Zweifelsfall für die Schönheit und gegen die Regel zu entscheiden. Ich denke, wenn man die Regeln kennt und vor allem den Sinn, der ihnen zugrunde liegt, dann kann man sie im Zweifelsfall auch bewusst brechen – so lange das Resultat das Vorgehen rechtfertigt.

Geschrieben (bearbeitet)

Ich gleiche Klammern in der Höhe (und auch in den horizontalen Abständen) in zwei Fällen aus:

– in Titeln, auf Plakaten, bei Experimentellem, wo die Schrift tendenziell zum Bild wird

– bei schlechten bzw. schlecht digitalisierten Schriften, bei denen für die Form und Zurichtung der Zeichen abseits des Alphabets und der Ziffern nahezu kein Aufwand mehr betrieben wurde (da sind die Klammern dann aber oft nicht die schlimmste Unzulänglichkeit)

Bei meinen eigenen Schriftentwürfen achte ich allerdings penibel auf sowas, denn wenn ich mir vorstelle, dass an einer schlecht fallenden Kombination (z.B. f) der Anwender das in den meisten Fällen genau so wird stehen lassen, korrigiere ich es lieber 1x im Schriftentwurf, als mich hinterher über schlechte Anwendung zu ärgern. Wissend, dass nie alle Eventualitäten berücksichtigt werden können ...

bearbeitet von Sebastian Nagel
Gast Peter Glaab
Geschrieben

@ Martin

Der Gesamteindruck ist auf jeden Fall wichtiger, als ein Mikro-Detail im Satz, das im Zweifel nur ein hartgesottener Erbsenzähler entdeckt. Mir ist auch aufgefallen, dass eine im Schriftbild sehr gleichmäßig wirkende Schrift nicht unbedingt die Qualität der Gestaltung und die Leseatmosphäre verbessert . Es hängt ganz vom Inhalt des Textes und der Leser-Zielgruppe ab, wie und mit welchen Mitteln gesetzt wird.

Ich stimme mit Sebastian überein, Details haben natürlich ihre Berechtigung, wo sie auffallen können und die Qualität des Entwurfs unterstützen. Bei einer Visitenkarte, die wertig wirken soll und z.B. in einer edlen Antiqua gesetzt ist, werde ich jedes Detail genau beurteilen und ggfs. fein tunen – auch die Klammern. Soll die Visitenkarte eher informell wirken, können Unregelmäßigkeiten natürlich charmant und passend sein.

Geschrieben

Da besteht in diesem Forum sicherlich Übereinstimmung: Man tut das Nötige. Ich habe auch schon in einem Satz für eine Visitenkarte sowohl in Bleisatz als auch mit der Typewriter von P22 digital Buchstaben in der Höhe minimal versetzt, damit es mehr nach Schreibmaschine aussieht. Das kann im Prägedruck auf voluminösen Karton reizvoll sein. Und störende Details in feinem Satz bekämpfen wir ständig, einige Dinge kommen immer wieder: Punkte in E-Mail-Adressen, die nach dem r eine Lücke reißen; überhaupt der zu eng stehende Punkt in Internetadressen, während er nach dem www ordentlich Fleisch hat; das Ziffernpaar 74 in Minuskelform, das weiter steht als es soll; das @-Zeichen, das in dem meisten digitalen Schriften (löbliche Ausnahme: die Schriften von Robert Slimbach) katastrophal blödsinnig aussieht und aus einer anderen Schrift genommen werden muß; meine einsame Entscheidung, im Bleisatz für sch nicht die ch-Ligatur zu verwenden usw. usf.

Wer genau hinschaut und repräsentative Drucksachen setzt, wird das alles bemerken, auch wenn der Kunde keine Ahnung davon hat. Wir arbeiten zu zweit in meiner Werkstatt, und manchmal sage ich nach einem zu langen Kampf um ein Visitenkartendetail und allzu langem Rein und Raus mit der Druckform in die und aus der Maschine: Es reicht! So genau hat in den letzten 600 Jahren (jaja, nur 571) kein Mensch Schrift gesetzt, Schluß mit dem Seidenpapier, Imprimatur!

Aber im Werksatz sieht man furchtbar viele schlechte Haupttitel, Inhaltsverzeichnisse, Druckvermerke (was isn die Mehrzahl von Impressum?), aber das InDesign-Häkchen für den Randausgleich hat man gefunden. Da steht dann die Seite mit dem guten Grauwert und den begradigten Rändern zu tief auf der Seite oder einfach nur gesichtslos, gleichgültig, willkürlich. Das ist oft ein trauriges Bild.

Der Nennung von Sebastian für die Fälle von Klammerkorrektur stimme ich zu, so halte ich es auch.

Geschrieben
Ich hätte ja geraten »Impressi«, aber Konrad sagt »Impressen«.

Impressum ist doch ein Neutrum, also müsste es doch, wenn schon die lateinische Pluralform verwendet wird, Impressa heißen.

Geschrieben
Auch das Detail im Schriftsatz wird derzeit überbetont. Gutenberg hat nach unvollkommener Handschrift unvollkommene Lettern geschnitten. Viele Details sind im Bleisatz aus technischen Gegebenheiten unvollkommen geblieben. Das hat den Büchern der berühmten Drucker (Manutius usw.) aber auch ihren Charme verliehen.

So sehr ich den Ausführungen auch insgesamt zustimme – ich möchte doch ein »Aber« einflechten, gerade was die Betonung der Details angeht. Nicht als Kritik sondern mehr als Anmerkung bzw. als vergleichende Betrachtung aus dem Bereich der Orchestermusik.

Worauf kommt es bei einer guten Interpretation eines Orchesterwerkes an? Es ist fast schon eine Tradition, daß man speziell von Russland bis nach Amerika einen »Gradienten« erhält, was Ausdruck und Details angeht. Die Mehrzahl der amerikanischen Orchester sind technisch auf einem sehr hohen Niveau. Die Intonation ist hervorragend und technische Details sind sehr ausgearbeitet und präzise. Dies geht aber oftmals auf Kosten des Ausdrucks und amerikanische Interpretationen sind oftmals sehr »glatt«.

Bei den russischen Orchestern ist es eher umgekehrt – da wird enorm am Ausdruck gearbeitet, da geht man zur Sache und »macht Musik«, auch wenn dies manchmal auf Kosten von Intonation und Präzision geht.

Konzeptionell gefällt mir genau dies eigentlich viel besser – es geht schließlich in erster Linie um den Ausdruck, die Interpretation der Inhalte eines Stückes und nicht nur um das saubere »Herunterbeten« gelernter Inhalte (einer der Gründe warum ich persönlich mit sehr jungen Solisten meist wenig anfangen kann – oftmals fehlt eine gewisse Tiefe in der Interpretation). Trotzdem ertappe ich mich zunehmend dabei wie ich die älteren Aufnahmen austausche. Ich kann, gerade bei wiederholtem Hören, insbesondere intonatorische Schwachstellen einfach nicht mehr ertragen. Es geht eben auch sauber und musikalisch ausdrucksvoll – einer der Gründe warum ich persönlich die Mehrheit von Barockkonzerten, in welchen auf historischen Instrumenten gespielt wird, nicht leiden kann.

In gewisser Weise läßt sich dies genau das obige Problem projizieren; es ist ein Abwägen zwischen der Arbeit an Details und dem Gesamtausdruck und in gewisser Weise muß jeder für sich definieren was ihm lieber ist. Trotzdem fallen mir eben Unzulänglichkeiten zunehmend ins Auge; Unzulänglichkeiten die sich heutzutage problemlos aus der Welt schaffen lassen.

Die Klammern sind da nur eines von vielen Beispielen, aber ich stolpere fast täglich über genau dieses Problem. Unten ein Beispiel der Anselm Sans Pro von Herrn Štorm. Ich mag seine Arbeiten. Ralf hat seine Schriften einmal als quirkig bezeichnet – und mir persönlich gefällt das. Es verleiht ihnen einen ganz eigenen Charakter. Das ändert nichts daran daß ich die verrutschten Klammern nicht mehr sehen kann – solche Quellenangaben durchziehen in den Biowissenschaften die Fließtexte.

3186

Das Studium herausragender Werke ist wichtig, man darf dabei aber nicht vergessen daß wir uns eben auch entwickeln. Zu Bachs Zeiten war die Postkutsche die schnellste Reisemöglichkeit, heute sind Reisen in Düsenflugzeugen für viele der Alltag. Man muß sich einfach für sich selber überlegen ob man eine fünftägige Reise von Berlin nach Paris als willkommene Abwechselung sieht, oder ob einen das langsame Vorankommen in den Wahnsinn treibt. Das läßt sich im Grunde nur individuell entscheiden, aber es ist eine Entscheidung die man dem Gegenüber nicht aufzwingen kann.

Die technischen Möglichkeiten machen die Detailversessenheit zu einem Teil unserer heutigen Gesellschaft. Was geht wird auch gemacht, was langfristig zu einer Gewöhung führt – wie bei mir zu einer Aversion gegenüber intonatorischen Schwächen. Und ich sehe auch beileibe nicht ein, warum ich mir das »aberziehen« sollte, auch wenn ich manchen älteren Aufnahmen durchaus nachweine. Man darf den Überblick, die Balance zwischen Details und Inhalt, nicht verlieren, aber m.E. ist es eben überhaupt nicht falsch an beiden zu arbeiten und eben auch historische Unzulänglichkeiten heute besser zu machen.

Grüße,

Christian

post-13053-1355407752,3022_thumb.jpg

  • Gefällt 1
Geschrieben
die verrutschten Klammern

3186

Diese Klammern sind nicht verrutscht. Sie gehen über die ganze Höhe, man kann sie weder nach unten noch nach oben schieben. In dieser Schrift scheint vielmehr die Zurichtung mangelhaft zu sein, sofern man das an einem vergrößerten Foto überhaupt beurteilen kann. "et" steht jedenfalls zu eng. Und das Komma müßte man wohl an die 7 schieben, was ich in einer Fußnote nicht verlangen würde, auf einer Visitenkarte aber unbedingt. Bei den Klammern gibt es hier in der Vergrößerung einen vorn zu engen und an der schließenden im Vergleich zu weiten Raum wegen der Versalziffer 1, die nach Bleisatztradition für Tabellen auf Halbgeviert gepflanzt wurde. Klammern sind aber an sich keine wichtigen Satzzeichen. Sie wirken immer technisch.

Natürlich ist das Detail als solches wichtig, aber nicht jedes. Klammerpositionen in Fußnoten sind drittrangig, und wer sich darum kümmert, muß als Gesamtentwurf in Titelei, Satzspiegel und Ausstattung eine Meisterleistung abliefern, die es rechtfertigt, sich mit einem so marginalen Ding zu beschäftigen wie der Klammerposition in wenig gelesenen 6-Punkt-Zeilen. Und im obigen Beispiel ist, wie gesagt, ein vertikales Verschieben nicht möglich, jedenfalls nicht, ohne den Kegel zu verlassen, und das wäre falsch.

Die Fußnote ist unschön, weil auf der kleinen Strecke vier Schriften zum Einsatz kommen: Kapitälchen, kursive Gemischtschreibung, gewöhnliche Gemischtschreibung und Versalziffern. Wenn man das in einer Renaissance-Antiqua und mit Minuskelziffern gesetzt hätte, würden das Bild gleich freundlicher werden. Das meine ich mit Detailaufmerksamkeit: die Schriftwahl ist hier das bedeutendere Problem, an der Klammer kann das nicht repariert werden.

Wichtig ist der detailrichtige Satz in Titeln, allen Überschriften, in einem Motto, in jeglichem Teil einer Buchseite, der sie prägt. Wichtig ist die leichte Spationierung des Ausrufezeichens und dergleichen, weil die Lektüre sonst behindert würde. Aber Klammerhöhe? Die Klammerposition fällt weniger auf wegen einer Abweichung in der Höhe, sondern wenn die Zurichtung nicht stimmt.

Ich gebe auch einen Vergleich: Es gibt sehr viele Menschen, die sich das "Deppenapostroph" als modisches Objekt ihrer Sprachkritik zu eigen gemacht haben, aber keine drei Sätze ohne "von daher" oder "vor Ort" oder "ebent halt" und dergleichen von sich geben können oder die überhaupt gar nichts zu sagen haben, wenn sie den Mund aufmachen.

Ich setze hier auch immerzu falsche Anführungen, aber mir ist die Mühe zu groß, immerzu Satzzeichen umherzukopieren. Ich hoffe, ich habe nicht mit allzu großer Dummheit um mich geworfen und kann es mir leisten, die falschen Anführungen zu übersehen.

Geschrieben

Ich hoffe, ich habe nicht mit allzu großer Dummheit um mich geworfen und kann es mir leisten, die falschen Anführungen zu übersehen.

Aber überhaupt nicht, im Gegenteil, die Präsenz bereichert das Forum ungemein!

Noch einige kurze Anmerkungen: es handelt sich bei dem Zitat nicht um eine Fußnote in 6 pt sondern es würde so im Fließtext zitiert werden, also in Leseschriftgrößen. Zudem tauchen solche Zitate durchaus in Präsentationen auf slides auf – dort in Größen von 24 pt aufwärts. Die Auszeichnungen sind ein Extremfall. Formal wurden vorallem früher Autorennamen durch Kapitälchen ausgezeichnet und einige Verlage tun dies noch heute. »et al.« wird mal kursiviert, mal nicht, auch das hängt am jeweiligen Verlag. Und Mediävalziffern sind im naturwissenschaftlichen Druck eher eine Seltenheit. In diesem Sinn ist das Zitat durchaus ein Extremfall, ist aber durchaus in dieser Form anzutreffen (wenn natürlich auch nicht gesetzt in der Anselm Sans Pro).

Trotzdem: die Klammer hängt optisch oben auf dem R; ich empfinde dies ästhetisch als störend. Und offenbar geht nicht nur mir das so, denn verschiedene angemerkte Schriften in dieser Diskussion haben ja angepaßte Klammern für den Gebrauch mit Versalien. Wie es bei gut ausgebauten Schriften mittlerweile auch Halbgeviertstriche gibt, welche auf die Höhe der Versalien ausgerichtet sind. Und das ist auch gut so, denn bei Seitenangaben mit Versalziffern, wie man sie in wissenschaftlichen Publikationen zu Hauf findet, hängen auch hier die auf die Minuskeln ausgerichteten Halbgeviertstriche einfach durch.

Gast Peter Glaab
Geschrieben
Diese Klammern sind nicht verrutscht. Sie gehen über die ganze Höhe, man kann sie weder nach unten noch nach oben schieben.

Mir geht es wie Christian, ich empfinde, dass die Klammern nach unten durchhängen und würde sie einen Tick nach oben schieben. Ich denke es wäre spannend, die Meinung eines Durchschnitts-Lesers zu hören. Vielleicht ist das ein Detail, das sonst niemanden stört. Mich persönlich stört es.

Deine Aussage führt aber zu einer weiteren spannenden Frage: wie verhält es sich zwischen dem traditionellen Bleisatz und den Möglichkeiten des digitalen Satzes? Sollten wir uns ganz bewusst an den »Einschränkungen« des Bleisatzes orientieren, oder aber die Möglichkeiten des digitalen Satzes bewusst ausschöpfen? Ich finde, dass nicht alles was machbar ist, auch sinnvoll ist. Wenn ich mir die typografischen Schmankerl einer Open-Type-Schrift anschaue, dann gibt es sicherlich eine Reihe von Dingen, die ich nur mit einem gesunden Hintergrundwissen richtig einsetzen kann. Aber es gibt eben auch solche Funktionen wie die Case-Sensitiven-Klammern oder der optisch leicht verkürzte Bogen eines ›f‹ bei kritischen Buchstabenkombinationen (›f)‹ z.B. bei der Novel Pro), die mir durchaus sinnvoll erscheinen.

Geschrieben

Wenn der Durchschnittsleser, also der typografische Laie, die Klammern bemerkt, sind sie schlecht gesetzt. Wie es Frutiger so hübsch formulierte: Wenn ich mich abends noch an die Form des Löffels vom Mittagessen erinnern kann, war es eine schlechte Löffelform. Die Klammer muß unauffällig sein, und wenn man etwas über die Zeilenhöhe schiebt, wie kann es dann unauffällig sein? Man kann es auch so sagen: Alles, was man nicht bemerkt, ist möglich. Also dann auch das geringfügige Schieben. Aber in dem gezeigten Beispiel ist ja die seitliche Stellung entscheidend. Die Klammern hängen nicht, so wenig wie ein Buchstabe mit einer Unterlänge hängt.

Natürlich soll man im digitalen Satz besser setzen als mit Blei. Tradition heißt nicht, Unzulänglichkeiten zu erhalten. Gutenberg hat die handschriftliche Typografie ja auch nicht erhalten, er hat den Blocksatz zu einer neuen Qualität gebracht, inklusive Randausgleich. Nur muß die Verbesserung so unauffällig vonstatten gehen, daß sich niemand die Löffelform bis zum Abend merkt.

Geschrieben
Wie es Frutiger so hübsch formulierte: Wenn ich mich abends noch an die Form des Löffels vom Mittagessen erinnern kann, war es eine schlechte Löffelform.

Mit Verlaub: das Zitat in dieser Form ist einfach falsch. Ich vermute stark es ist aus dem Zusammenhang gerissen, aber in dieser Kurzform ist es einfach realitätsfremd. Natürlich sollte mir nach einem Essen der Löffel nicht mehr im Gedächtnis geblieben sein als die Suppe oder die Unfähigkeit, die Letzte zu essen. Der Löffel muß seinen Zweck erfüllen, aber er kann, sofern er dies tut, zusätzlich auch noch gut gearbeitet sein.

Gerade gestalterisch und typografisch weniger bewanderte Leute bewundern Dokumente, welche gekonnt gestaltet sind. Weil sie sich positiv von den schlecht gestalteten Dokumenten abheben, welche unser Alltagsleben dominieren. Es ist dieser Kontrast, welcher den Leuten im Gedächtnis bleibt. Im übertragenen Sinn ist es vielleicht nicht explizit der Löffel, an welchen sie sich erinnern, sondern das komplette Besteck, erinnern tun sie sich aber und das ist natürlich beabsichtigt.

Und was die Bewertung typografischer Details durch »Durchschnittsleser« angeht: das ist auch so ein gefährliches Terrain! Ich bin eigentlich immer extrem dafür, weil es oftmals eben genau aufzeigt, daß gute Typografie und Gestaltung funktioniert weil sie eben genau funktioniert (bei Ligaturen z.B.; aber darüber habe ich schon öfters geschrieben). Ich wundere mich dann aber z.T. auch immer wieder über die Meinungen der Leute. So werden z.B. im Kreis meiner Kollegen Mediävalziffern grundsätzlich strikt abgelehnt. Sähen nicht gut aus, seien »anders« und »komisch« und damit nicht akzeptabel. Mit viel Mühe sehen sie irgendwann selber daß sich diese Ziffern in Fließtexten besser ins Schriftbild einfügen – diese Erkenntnis hält aber weniger als 24 h. Wie schon gesagt, im naturwissenschaftlichen Satz werden sie sehr selten eingesetzt – das ist dann die Macht der Gewöhnung.

Bei dem Beispiel der Klammern handelt es sich mit Sicherheit mal wieder um eine gestalterische und funktionelle Diskrepanz. Die Klammern funktionieren genau so wie sie sind. Wenn die Anselm Sans gut gesetzt ist und man die Inhalte interessant findet, dann liest man eben einfach – Herr Štorm ist ein viel zu guter Schriftgestalter als daß dies nicht funktionieren würde. Beim »Setzen« der Texte lese ich aber eben nicht, schaue vermutlich oftmals den Text in zu großen Vergrößerungen am Bildschirm an etc. – und ärgere mich dann über etwas, was mir persönlich als ästhetisches Manko erscheint. In diesem Sinn macht der Grundlinienversatz die Klammer für mich genau unauffälliger – weil die Klammer dann nicht mehr oben auf den Versalien klebt. Überragen tut sie diese sowieso, ob das nun mehr oder weniger der Fall ist interessiert zumindest mein ästhetisches Empfinden weniger als »Kollision«.

Geschrieben

Du könntest zwischen der beginnenden Klammer und dem R eine größere Laufweite eingeben. Das hätte den positiven Nebeneffekt, das die Räume (zwischen der abschließenden 1 und der Endklammer) sich angleichen würden.

2. Man könnte anstatt mit einem Versal-R auch mit einem Kapitälchen-R deinen Namen beginnen, das würde zumindest die "Kollision" verhindern.

Schöner wäre natürlich der Einsatz von Mediävalziffern. Zusätzlich auch aus Stilgründen, wenn man schon mit SC arbeitet schreit es ja förmlich nach OSF.

So finde ich die Mischung, irgendwie seltsam "bunt".

Geschrieben

Du hast da vollkommen recht, so ist es aber in der naturwissenschaftlichen Literatur. Kunterbunt gemischt. Verbesserungsmöglichkeiten gibt es natürlich viele, die Verlage legen aber offenbar keinen Wert darauf.

Spaßenshalber habe ich mal einige übliche Vertreter zur Veranschaulichung eingestellt.

EMBO Reports:

3188

Molecular Cell:

3189

Genes & Development:

3190

Genetics:

3187

Die Qualität der Journale variiert, im Großen und Ganzen sind aber alle Vertreter sehr angesehen.

post-13053-1355407752,3199_thumb.jpg

post-13053-1355407752,3624_thumb.jpg

post-13053-1355407752,4162_thumb.jpg

post-13053-1355407752,4482_thumb.jpg

Geschrieben
Mir geht es wie Christian, ich empfinde, dass die Klammern nach unten durchhängen und würde sie einen Tick nach oben schieben. Ich denke es wäre spannend, die Meinung eines Durchschnitts-Lesers zu hören.

Ich bin zwar kein Durchschnittsleser, aber ich sage trotzdem mal was dazu: Mir fällt ohne weiteres kein Beispiel ein, wo ich an den Klammern rücken würde, solange sie bei gemischtem Satz richtig sitzen. Das ist ein bisschen so ähnlich wie das Spiel, eine Zeile mit einem farbigen Hintergrund zu versehen: in den allermeisten Fällen wird ein Grafiker/Typograf mit zwei Gehirnzellen die Zeile so setzen, dass sie mit Ober- und Unterlängen optisch mittig auf diesem Hintergrund säße – selbst wenn in der speziellen Zeile keine Unter- oder gar Oberlängen vorkommen. Das ist in meinen Augen die einzig richtige Satzweise. Denn früher oder später kommt der Punkt, wo doch mal eine Ober- oder Unterlänge in den Kasten muss, und dann sieht es schlimm aus. Und den Durchschnittslerser/-verbraucher/-benutzer etwas zu fragen ist ohnehin eine ganz schlimme Angewohnheit: beobachten, ja, wenn das notwendig ist, aber fragen ...?

Wenn der Durchschnittsleser, also der typografische Laie, die Klammern bemerkt, sind sie schlecht gesetzt. Wie es Frutiger so hübsch formulierte: Wenn ich mich abends noch an die Form des Löffels vom Mittagessen erinnern kann, war es eine schlechte Löffelform.

Sehr schönes Zitat :-D

Mit Verlaub: das Zitat in dieser Form ist einfach falsch. Ich vermute stark es ist aus dem Zusammenhang gerissen, aber in dieser Kurzform ist es einfach realitätsfremd. Natürlich sollte mir nach einem Essen der Löffel nicht mehr im Gedächtnis geblieben sein als die Suppe oder die Unfähigkeit, die Letzte zu essen. Der Löffel muß seinen Zweck erfüllen, aber er kann, sofern er dies tut, zusätzlich auch noch gut gearbeitet sein. [...] Es ist dieser Kontrast, welcher den Leuten im Gedächtnis bleibt. Im übertragenen Sinn ist es vielleicht nicht explizit der Löffel, an welchen sie sich erinnern, sondern das komplette Besteck, erinnern tun sie sich aber und das ist natürlich beabsichtigt.

Mit Verlaub, aber das Zitat ist genau richtig :-D Wenn Du Dich nämlich an die Löffelform erinnerst, dann ist sie aufgefallen, und das soll sie nicht: der Löffel war dann zu tief, zu seicht, zu eckig, oder hat sich sonstwie im Mund oder in der Hand doof angefühlt – schlecht, für ein Werkzeug. Was anderes ist, wenn Du den Löffel toll fandest, vielleicht schön poliert, nicht billig anmutend ... Aber da wirst Du normalerweise den Finger nicht genauer drauflegen können, weil Du gar nicht das Wissen hast um zu beurteilen, warum das Erlebnis jetzt so toll war und Du dringend ein Set neue Löffel brauchst ... ;-) Nur wenn es nicht gut war, dann weißt Du genau, dass Du den Löffel kaum in den Mund bekommen hast, ständig die Suppe runtergelaufen ist oder Dir eine Stelle am Mittelfinger weh tut :-D

Geschrieben
Mit Verlaub, aber das Zitat ist genau richtig :-D Wenn Du Dich nämlich an die Löffelform erinnerst, dann ist sie aufgefallen, und das soll sie nicht: der Löffel war dann zu tief, zu seicht, zu eckig, oder hat sich sonstwie im Mund oder in der Hand doof angefühlt – schlecht, für ein Werkzeug.

Nein, Du belegst hier den Löffel ausschließlich mit negativen Attributen und behauptest dann, auf positive Attribute ließe sich nicht der Finger legen. Ich esse häufig genug in der Kantine mit ganz normalen Löffeln, welche mir absolut nicht auffallen. Die funktionieren einfach, sind aber völlig funktional – und sind alles Andere als Paradebeispiel für besonders gute Löffel. Ein edler Löffel der gut gearbeitet ist hat definierte Eigenschaften die ihn von der Massenware abhebt und darauf kann man genau so seinen Finger legen wie das Billig-Exemplar von Aldi mit nicht abgeschliffenen Kanten, an denen man sich die Lippen aufreißt. Der Vergleich ist in dieser Form einfach viel zu undifferenziert als daß man ihn wirklich »global« einfach gelten lassen könnte.

Und es kommt ja auch auf den Kontext an:

Wenn der Durchschnittsleser, also der typografische Laie, die Klammern bemerkt, sind sie schlecht gesetzt.

Hierauf bezog sich das Zitat, und das stimmt so auch nicht, denn ich denke die Mehrzahl der Kollegen hier im Forum würden bestätigen, daß der Einsatz von Mediävalziffern im Fließtext dem Einsatz von Versalziffern vorzuziehen ist. Wie bereits ausgeführt würde das meinen Kollegen hier sofort und unmittelbar auffallen. Und das soll dann schlechter Satz sein? Mitnichten, denn das ist ja eine Gewöhnungsfrage, eine Konditionierung sozusagen.

Andersherum geht es auch: keinem meiner Kollegen hat »von Natur aus« etwas gegen die Comic Sans einzuwenden. Also ist das jetzt doch eine ausgesprochen gute und funktionale Schrift? Wohl kaum, oder? Wenn man sich dann mit den Kollegen zusammen die Formen betrachtet und studiert, dann sehen sie ganz schnell ein, warum es bessere Schriften gibt. Genau so funktioniert es aber auch mit den Klammern. Wenn ich diese Zitate hier vergrößert darstelle und die Kollegen frage ob ihnen etwas auffällt, dann bemerken einige schon daß die Klammern und die Versalien nicht optisch ausgeglichen sind. Und genau dann bemerken sie das hinterher auch in Fließtextgrößen. Ich kann daraus nur schließen daß dies im Grunde über die Qualität überhaupt keine Aussage zuläßt. Sonst hätten wir auch nicht so viel schlechten Satz.

Geschrieben
Man kann es auch so sagen: Alles, was man nicht bemerkt, ist möglich. Also dann auch das geringfügige Schieben. Aber in dem gezeigten Beispiel ist ja die seitliche Stellung entscheidend. Die Klammern hängen nicht, so wenig wie ein Buchstabe mit einer Unterlänge hängt.

Ich finde sehr wohl, daß die Klammern hängen. Unterlängen kommen wesentlich seltener vor als Oberlängen, deshalb wirken Klammern meiner Meinung nach am passendsten, wenn sie weiter nach oben über die Mittellänge reichen als nach unten.

Du forderst einerseits, gewisse „charmante“ Unzulänglichkeiten beizubehalten, andererseits aber müsse der Löffel unauffällig sein. Das läßt sich schwierig unter einen Hut bringen.

Die Klammern fallen im gezeigten Fall auf, und zwar in meinen Augen deutlich mehr als die Zurichtung der Schrift. Darum würde auch ich versuchen, ihre Stellung zu verbessern. Am besten wäre wohl, die Klammern wären unten etwas kürzer.

Geschrieben
Mir fällt ohne weiteres kein Beispiel ein, wo ich an den Klammern rücken würde, solange sie bei gemischtem Satz richtig sitzen.

Da gebe ich Dir im Prinzip vollkommen recht. Die Klammer kann nicht plötzlich kontinuierlich an die Inhalte angepaßt werden – das wäre Unsinn. Und es kommt eben auch immer auf die Form der Klammern an.

Aber schau Dir noch mal ein weiteres Beispiel aus meinem Alltag an:

3191

So sehen oftmals Literaturverzeichnisse aus. Findest Du nicht daß das im Grunde an allen Ecken und Enden kneift? Die Klammern sind bei der Myriad Pro relativ neutral, aber die eckigen Klammern sitzen doch einfach in Relation zu den Versalziffern zu tief. Das sieht aus als würden die zu kleine Schuhe tragen. Und der Halbgeviertstrich ist in diesem Kontext auch zu tief; ich habe im zweiten Beispiel mal einen Grundlinienversatz eingefügt. In InDesign kann man sowas über GREP etc. völlig problemlos realisieren. Für den Informationsgehalt ist es m.E. erachtens wirklich völlig egal wie man es macht, man kann auch den Divis benutzen, die Erfaßbarkeit wird nicht geschmälert. Aber ästhetisch schöner finde ich den angepaßten Halbgeviertstrich damit trotzdem.

Die Probleme werden durch den Einsatz von Mediävalziffern insgesamt gemildert und es stört mich deutlich weniger, daß die 3 unten etwas aufsitzt. Das liefert in meinen Augen eher Halt als daß es mich stört. Gemacht wird das in der Praxis aber nun mal einfach nicht.

post-13053-1355407752,4733_thumb.jpg

Erstelle ein Benutzerkonto oder melde dich an, um zu kommentieren

Du musst ein Benutzerkonto haben, um einen Kommentar verfassen zu können

Benutzerkonto erstellen

Neues Benutzerkonto für unsere Community erstellen. Es ist einfach!

Neues Benutzerkonto erstellen

Einloggen

Du hast bereits ein Benutzerkonto? Melde dich hier an.

Jetzt anmelden

Unser Typografie-Netzwerk

Typography.guru – der englischsprachige Ableger von Typografie.info.
FDI Type Foundry besuchen
Die Datenbank der Schriftmuster der Welt.
Die besten Typografie-Neuigkeiten aus aller Welt bequem per E-Mail erhalten.
Dein Geheimtipp für perfekte Typografie - Jetzt 40% Rabatt sichern!
×
×
  • Neu erstellen...

🍪 Hinweis:

Wir benutzen funktionale Cookies.