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Bleisatz-Tutorial

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Geschrieben

Hast Du nicht gesehen? Für die Skizze ist ein Bleistift zum Einsatz gekommen. Den Film als »Tutorial« zu bezeichnen, halte ich sowieso für vermessen. »Impressionen« wäre realistischer. Für ein fachlich brauchbares Tutorial hat das ganze — zumindest im Teil, wo es um das Setzen geht — zu viele Fehler. Aber hübsch ist es.

Geschrieben

Am oberen und unteren Abschluß der Form dürfte kein gestückeltes Blindmaterial liegen, da muß ein durchgehender Steg bzw. eine durchgehende Reglette (die man sich im Notfall* auf das gewünschte Maß zuschneiden kann) liegen. Das labile Ausbinden spottet auch jeder Beschreibung, eine weniger stabile Form hätte man da mit einiger Wahrscheinlichkeit schon gequirlt, wenn man sie aufs Fundament schiebt. Natürlich »funktioniert« das, wie im Film gezeigt, zwar unfallfrei (weil die Form so grob strukturiert ist), aber in einem Tutorial müßte man ja zeigen, wie es nach Fachstandard gehandhabt werden sollte, also so, wie es ein Lehrling unter der kritischen Aufsicht des Meisters machen müßte.

* Für regelmäßige Maße, die auf ganze Konkordanz ausgehen, hat man ja ohnehin Regletten und Stege daliegen, Regletten zuschneiden müßte man also nur für unregelmäßige Kolumnenbreiten. Und selbst da haben sich in einer gut sortierten Setzerei meist ausreichend Regletten und Stege in allen denkbaren Längen angesammelt.

Geschrieben

Ganz so streng würde ich es nicht sehen. Die Arbeit ist ganz in Ordnung, zumal für eine Hochschulwerkstatt, die für Schnupperkurse eingerichtet ist. Wo liegt denn sonst ein leeres Setzschiff eigens auf einem Brett im Stehsatzregal? Und einen Arbeitsplatz ohne vernünftig sortierten Reglettenvorrat gibt es auch nur im Museum. Die Ausstattung mit Blindmaterial ist natürlich nicht für die tägliche Arbeit eingerichtet.

Die falsch gelegte Kolumnenschnur erfüllt hier ihren Zweck, die muß ja nur ein bißchen halten, weil der Satz nicht gelagert und nur einmal bewegt wird. Richtig ausgebunden aber wird mit mindestens dreimaliger Umwicklung, einen so großen Satz sollte man mehrfach umschnüren. Wäre der Satz im Stehsatzregal geparkt worden, hätte es ihn in der Tat bald gequirlt.

Eine durchgehende Reglette würde sich durchbiegen und den Satz mehr verquirlen als der gestückelte Steg, gehört also nicht an Kopf und Fuß einer Kolumne. Höchstens eine eiserne in Cicero-Stärke. Und so lange Stege verwendet der Setzer gewöhnlich nicht, sofern er keinen speziellen Plakat- oder Zeitungssatz-Arbeitsplatz hat, sondern holt sie sich vom Drucker. Also als Setzer würde ich stückeln, der Drucker würde einen langen Schließsteg dagegen legen. Aber die winzigen Stücke haben freilich nichts verloren im Kopfsteg, und ein Seitensteg wird nicht mit ausgebunden. Das ist für uns Setzer und Drucker ungewohnt gemacht, und es ist für die berufliche Praxis untauglich. Aber ein Student darf das, zumal er ein passables Ergebnis zustande bringt.

In meiner Werkstatt wäre mir allerdings die Hand ausgerutscht, wenn der Lehrling erst die Form schließt und dann klopft. Aber das kann auch falscher Filmschnitt sein. Richtig geht es so: Zuerst wird die Form leicht angeschlossen, dann werden die Buchstaben vorsichtig auf eine Höhe geklopft, und zwar nicht mit einem schadhaften Klopfholz wie hier im Film, wo die Auflage fehlt, und dann wird mit regelmäßigem Wechsel Höhe und Breite reihum handfest geschlossen, nicht zugedonnert. Hier hatte das Schloß vielleicht etwas zu viel Spiel. Zwischen Hammer und Klopfholz fehlt das Leder, das gewöhnlich auf das Holz genagelt ist. Später verwendete man auch weichere Kunststoffe, die auf das Holz geklebt wurden. Immerhin ein Gummihammer.

Die Zurichtung ist falsch: Unter eine Letter werden nicht zwei gleiche Schnipsel nebeneinander gelegt, weil sie verrutschen und die benachbarten Lettern an den Kanten heben können oder die unterlegte Letter zum Kippeln bringen, sondern es werden ganze Stücken hinter den Buchstaben geklebt. Das Seidenpapier fehlt ganz, die Zurichtung im Film ist eine grobe.

Der Film ist aber recht hübsch gemacht, meine ich, in einer Hochschule rechnet niemand mit gutem Handwerk, da gibt es eben nur Einblicke. Wobei meine Bleisatz-Kurse vor ein paar Jahren an der FH Potsdam anders waren. Ich habe Regelwerk unterrichtet, weil das in meinen Augen zum Einblick gehört und die Lehre erst durch Klarheit und Genauigkeit entsteht. Tutorial ist ein so unscharfer Begriff, daß man darunter auch gut ausgeleuchtete und animierte, verklimperte Bilderfolgen verstehen kann. (Richtige Musik für den Drucker klingt beispielsweise so.)

  • Gefällt 2
Geschrieben
Das ist für uns Setzer und Drucker ungewohnt gemacht, und es ist für die berufliche Praxis untauglich. Aber ein Student darf das, zumal er ein passables Ergebnis zustande bringt.
Das meinte ich. Deshalb: »Impressionen aus dem Hochschulalltag« paßt sicher besser als »Tutorial«.
Tutorial ist ein so unscharfer Begriff …

Zumindest verstehe ich darunter eine lehrhafte Gebrauchsanweisung. Das sollte dann schon fachgerecht sein.

(Richtige Musik für den Drucker klingt beispielsweise so.)
Wunderschön. Das hätte im Forum einen prominenteren Platz verdient als so versteckt in einem Link daherzukommen. Erinnert mich
.
  • Gefällt 1

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