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Schriften, Lizenzen, Urheberrecht (aus Mythos Schriftlizenzen)

Empfohlene Beiträge

Geschrieben

(Dieser Beitrag erschien ursprünglich zu dem Artikel Mythos Schriftlizenzen und wurde wegen Verstößen gegen die Community-Regeln vom Administrator in einen neuen Strang abgetrennt.)

Anmerkung zum Thema Urheberrecht für Schriften und »Schriftlizenzen«

Seit einiger Zeit versuchen Font Foundries und Schriftenhändler durch massive PR- und Lobbyarbeit den Eindruck zu erwecken, dass Schrift durch Urheberrechte, Patentrechte, Lizenzrechte oder sonstige Persönlichkeits- oder Schutzrechte, ähnlich wie Musik, geschützt und geregelt wären oder sein müssten. Um diesen Eindruck etwas zu relativieren, eine kurze Anmerkung ...

Bekanntlich zählt Schrift seit Jahrtausenden zum Kulturgut der Menschheit und Typographie seit Jahrhunderten. Auch digitale Fonts, beispielsweise Webfonts, können deshalb nichts anderes als Kopien (Klone) und Adaptionen Jahrhundert alter Typometrie sein. Deshalb sind Buchstaben bzw. Schriften im Sinne des Urheberrechts aufgrund ihrer geringen »Schöpfungshöhe« weltweit nicht schutzfähig. Im Ergebnis wurde bisher deshalb die urheberrechtliche Schutzfähigkeit von Werkschriften weltweit (!) in allen entschiedenen Fällen verneint, ihnen also der urheberrechtliche Schutz konsequent verweigert. Und das ist auch gut so!

Font Fountries und Schriftenhändler versuchen nun deshalb durch einen Trick, der auch durch massive PR- und Lobbyarbeit flankiert wird, »Schrift« als »Schriftsoftware« mittels eines Lizenzvertrages, also Rechte an der Nutzung einer bestimmten Schriftsoftware zu ihren Bedingungen zu verkaufen. Diese neue Gepflogenheit ist allerdings mehr als fragwürdig, denn um Dritten ein Nutzungsrecht an gewerblichen Schutzrechten einräumen zu können, müsste eigentlich eine Font Foundry über die dafür benötigten Patente, Urheberrechte, Gebrauchsmuster oder eingetragene Marken etc. verfügen.

Auch die Frage, ob es sich bei einem Font um ein Computerprogramm handelt, ist weltweit mehr als umstritten. Bisher wurde auch »Schriftsoftware« im Ergebnis die für Anwendersoftware benötige Schöpfungshöhe generell verweigert. Gleiches gilt selbst für einen einfachen Gebrauchmusterschutz für Fonts. So wurde beispielsweise 2006 in einem aufsehenerregenden Musterprozess das von Microsoft ® angemeldete Gemeinschaftsmuster der »Segoe UI« für nichtig erklärt. Nur der Name »Segoe Ul« ® konnte als Warenzeichen eingetragen werden.

Fachjuristen gehen davon aus, dass die in Deutschland, Österreich und in der Schweiz verwendeten »Lizenzverträge« sittenwidrig sein könnten und höchstrichterlich keinen Bestand haben werden. Daran dürften auch neue Font-Technologien, beispielsweise die plattformübergreifenden OpenType-Formate, nichts ändern.

In Anbetracht dessen, dass Font Foundries bis Ende der 1970er Jahre ihre Schriften noch per Preis pro Kilo und als Meterware verkauft haben und sie bis um das Jahr 2000 nicht einmal zur klassischen Typographie gezählt wurden (geschweige denn zum Grafikdesign), ist der Wunsch nach »Lizenzen« zwar verständlich, aber wohl auch buchstäblich habgierig und in Folge besseren Wissens für alle kontraproduktiv. Denn auf den Punkt gebracht ist Schriftgestaltung im besten Falle Handwerk, heute überwiegend nur noch eine schlichte Dienstleistung – aber um Himmels Willen kein nennenswerter schöpferrischer Akt! Und seien wir ehrlich: Einmal abgesehen von der geradezu babylonischen Schriftenvielfalt, stagniert die Schriftgestaltung seit Jahrzehnten substantiell. Der Schriftbestand der früheren Jahrhunderte wird nur verwaltet, wiederverwertet, monitär ausgebeutet oder ideologisch vereinnahmt.

Das heißt aber nicht, dass gut zubereitete Qualitätsschriften nichts kosten dürfen. Quid pro quo! Aber keinesfalls über Lizenzen, Page Views oder sonstige auflagen- oder medienbezogene Abrechnungssysteme. Die Rechtsfolgen für Designer, Unternehmen und alle anderen User wären unabsehbar und somit nicht akzeptabel. Das mögliche Sperren von Websiten per einstweiliger Verfügung zur Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes, Reihenabmahnungen, irrwitzige Schadensersatzforderungen und sonstige juristische Scharmützel gehörten dann zum Alltag. Und was folgt als nächstes? Vielleicht Lizenzen nach Seitenzahl und Auflage eines Buches?

Gott bewahre uns vor US-Genmais und den Rechtsanspruch auf lizenzfähige »Schriftsoftware«!

Geschrieben
… Gott bewahre uns vor US-Genmais und den Rechtsanspruch auf lizenzfähige »Schriftsoftware«!

… und vor den Fotografen, die genau jenes System perfekt für sich auszunutzen wissen. Da du hier als "Grafikdesigner und Fotograf" auftrittst, sollte dir das ja nicht fremd sein. Fotos dürfen nicht nachgestellt werden, man muss pro Auflage, Verbreitungsgebiet und Abbildungsgröße bezahlen, die Nutzung ist zeitlich begrenzt und so weiter und so fort. Selbes System, selbe Problematik.

Geschrieben
Denn auf den Punkt gebracht ist Schriftgestaltung im besten Falle Handwerk, heute überwiegend nur noch eine schlichte Dienstleistung – aber um Himmels Willen kein nennenswerter schöpferrischer Akt!

Man kann deutlich erkennen, dass es Beinert bei seinem Artikel in erster Linie nicht um Weitergabe von Wissen geht, sondern um Polemik und Halbwahrheiten. Bleiben wir z.B. bei der Beinertschen Behauptung, dass 2006 in einem aufsehenerregenden Musterprozess Microsoft das Gemeinschaftsmuster für die beantragte Marke der Segoe UI nicht mal den einfachen Gebrauchmusterschutz erhalten hatte. Wenn also sogar diese mächtige Firma Microsoft keinen nennenswerten Gebrauchmusterschutz für eine Schrift erhalten kann, dann wird es wohl keine Firma erhalten. Aber wieso hatte Microsoft seinerzeit diesen Schutz nicht erhalten...?

Gehen wir in der Zeitleiste etwas zurück. Da gibt es zwei Artikel, die etwas Licht ins Dunkel bringen könnten - der erste bei Wikipedia (Zitat) Gegen Microsofts Eintragung der Schriftart beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt als Gemeinschaftsgeschmacksmuster erhob Linotype erfolgreich Einspruch. Das Amt erklärte den Schutz der Segoe UI für nichtig und bezeichnete in der Entscheidungsbegründung nach Vergleich des Druckbilds das Geschmacksmuster als mit der Frutiger oder Frutiger Next „identisch“.

Also nicht aus prinzipellen Erwägungen, wie uns Beinert glaubend machen will, indem er Wunschdenken mit Halbwahrheiten verbindet. Das entsprechende Urteil kann auch hier als PDF eingesehen werden. Des Weiteren möchte ich auch in diesem Zusammenhang nochmals auf (m)einen Artikel verweisen, der im (stillgelegten) typeFORUM veröffentlicht wurde: Schriftendiebstahl als Prinzip.

Kurzum: der Artikel von Beinert suggeriert dem Leser, dass man Schriften nur illegalerweise mit einem Lizenzvertrag schützen könne; Schriften seien frei und keinesfalls schützenswert und/oder schützbar. Das ist (gelinde gesagt) Unfug. Beinert will mit seiner Kreativität ebenfalls Geld verdienen und würde es nicht nett finden, wenn man seine Gestaltungen plagiert. Und würde sich notfalls auch juristisch dagegen zur Wehr setzen. Ebenso Fotografen, Komponisten, Maler, Bildhauer und Schriftsteller - kurzum all jene, die mit Kreativität auch immaterielle Produkte erzeugen (wie z.B. Musik) und durch ein (auch juristisch formuliertes) Übereinkommen der Gesellschaft die Benutzung reglementieren.

So soll er es auch bitte jenen gönnen, die in mühevoller, jahrelanger Arbeit Schriften herstellen, die man per Lizenz in Druck und Web verwenden kann. Andernfalls empfehle ich ihm mal das Gestalten einer verwertbaren Schrift, die er nach Fertigstellung der kreativen Gemeinschaft kostenlos zur Verfügung stellt. Ich helfe ihm dann gern bei Detailfragen.

Sorry, ich hätte Herrn Beinert mehr Sensibilität und Wissen bei diesem Thema zugetraut...

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Geschrieben

mir persönlich ist es egal*, welchen namen man dem kinde gibt, gute arbeit muss auch gut entlohnt werden.

* ganz egal nicht, als privatnutzer ohne kommerzielle interessen empfinde ich die gängelung einiger lizenzen als frechheit, doch da ich kein geld damit verdiene, erlaube ich es mir, mich dann über das eine oder andere hinwegzusetzen.

Geschrieben

Hallo,

… und vor den Fotografen, die genau jenes System perfekt für sich auszunutzen wissen. Da du hier als "Grafikdesigner und Fotograf" auftrittst, sollte dir das ja nicht fremd sein. Fotos dürfen nicht nachgestellt werden, man muss pro Auflage, Verbreitungsgebiet und Abbildungsgröße bezahlen, die Nutzung ist zeitlich begrenzt und so weiter und so fort. Selbes System, selbe Problematik.

Das kommt so in den Medien erst mal rüber, ist aber nicht ganz korrekt. Bei dem in England beurteilten Fall handelte es sich um das bewusste Nachstellen eines Fotos um Lizenzgebühren für das Original zu sparen und (!) um sich als Trittbrettfahrer an den Laden mit den Verwertungsrechten für das Original zu klammern. So gesehen wurde das Nachmachen der CI eines Souvenierladens in betrügerischer Absicht von einem benachbarten Teeladen bemängelt. Die hatten zuerst sogar einfach das Original geklaut. Das Urteil dazu gibt es auch im Netz und es ist etwas differenzierter zu lesen als die Berichterstattung der Medien zum Thema.

Blöde wird es nur, wenn die verkürzte Darstellung in den Medien sich in den Kopfen festfrisst und die normative Kraft der kollektiven Dummheit wieder mal zuschlägt. Dann haben wir genau das von Dir beschriebene Problem. Wobei aber das Recht in GB etwas anders aussieht wie das in D, daher das ganze noch nicht 1 zu 1 übertragbar wäre.

MfG

Geschrieben

Uwe, wenn du mich zitierst, dann bitte richtig. Ich hab von keinem englischen Fall geschrieben (ich kenne auch keinen, hast du auch für mich einen link?) und meine Aussagen man muss pro Auflage, Verbreitungsgebiet und Abbildungsgröße bezahlen, die Nutzung ist zeitlich begrenzt und so weiter und so fort kommt nicht "in den Medien so rüber", sondern ist hier in Deutschland geltenden Lizenzbedingungen entnommen. Wen du mit "kollektiver Dummheit" meinst, ist mir auch nicht klar. Mich? Dich?

Geschrieben
http://www.heise.de/tp/blogs/6/151307 mit weiterführenden links

Danke.

@Uwe: Von derartigen Fällen habe ich aber nicht gesprochen, sondern von Fotografie. (Und weil ich schon den Widerspruch höre: Dass heute jede Fotografie retuschiert ist, ist bekannt. Es ging mir um die Bildkomposition an sich, nicht um eine grafische Individualisierung.)

Geschrieben
Um diesen Eindruck etwas zu relativieren, eine kurze Anmerkung ...

Da ich nicht ganz verstehe, wohin der Artikel eigentlich zielt, eine Frage:

Angenommen dieser Fall:

  • ich zeichne über die Jahre 2011-2012 einen "neuen" Schriftentwurf (basierend auf den jahrhunderte alten lateinischen Antiqua-Formen, aber verschieden genug, dass ein versierter Schriftanwender das als eigenständige Schriftart erkennt)
  • ich biete diesen Schriftentwurf in einem gebrauchsfertigen, in heutiger Produktionsumgebung einsetzbaren digitalen Font an
  • ich empfinde, dass das eine Menge (meinetwegen größtenteils handwerklicher) Arbeit war, und ich möchte das in diesem Fall nicht einfach der Allgemeinheit zur Verfügung stellen, sondern eine gewisse finanzielle Anerkennung vom Interessenten

Was wäre dann deiner Meinung eine akzeptable Nutzungsbedingung / Lizenz / Vergütung?

Oder aber: Geht es hier darum, das derzeitige Lizenzmodell für digitale Schriften in Frage zu stellen, oder die verhältnismäßig neue Idee, man könnte Schrift ja auch "per Zeile, per Seite, per Seitenaufruf, ..." lizenzieren?

Zu ersterem Fall: in der Annahme, dass wir weiterhin neue Schriften brauchen, bzw. auch die technische Darbietungsform bestehender Schriften sich durch neue Produktionsanforderungen verändert: wer wäre motiviert, jenseits von altrustischen Gründen, diese Arbeit zu leisten, wenn sie nicht vergütet würde?

Zum zweitem Fall: offensichtlich gibt es im Bereich Fotografie-Lizenzierung – trotz des Irrsinns der dort betrieben wird – einen Markt für diese nutzungsabhängigen Lizenzformen. Solange wir von einer freien Marktwirtschaft ausgehen, bin ich der Meinung Anbieter sollen diese Lizenzierungsform ausprobieren – der Kunde wird das entweder annehmen oder scheitern lassen (da ich mich ständig über diese Sache im Bereich Fotografie ärgere, wäre ich froh, es würde nicht klappen).

Geschrieben

Wenn der Schriftanbieter die angebotene Schrift nicht selber gezeichnet (entworfen) hat, sondern im Grunde nur beispielsweise eine alte Bleisatzschrift "abgekupfert" hat - muß der nicht auch eventuelle Rechteinhaber (falls es noch sowas gibt? Bei längst dahingegangenen Schriftgießereien dürfte das wohl sehr schwierig sein. Aber bei noch lebenden Schriftschöpfern oder gestorbenen Schriftschöpfern mit lebenden Erben könnte es doch so etwas geben ...) beteiligen?

Ich komm nur auf die Frage, weil z.B. RMU momentan aller paar Tage "neue" Schriften bei myfonts einstellt, damit aber meist nix Neues zeigt, sondern den Typoartkatalog bald abgearbeitet haben dürfte und auch in aller Offenheit verkündet, dass das Schriften beispielsweise von Thannhaeuser, Kapr oder Wunderlich sind. So sehr ich mich freue, daß diese Schriften nun auch digital verfügbar sind, so sehr wundert mich es, dass man das anscheinend darf ...

Wenn man das wirklich darf, kann ich mir schon vorstellen, dass der Herr Beinert nicht ganz Unrecht haben könnte - denn wo wollte man dann die Grenze ziehen? Ich meine jetzt in dem Sinn: Wenn ich eine frei verfügbare, tonnenweise verkaufte Bleisatzschrift "klaue" - mach ich mich mit einer digitalen Version tatsächlich zum "Urheber", obwohl ich der doch gar nicht bin, und hab dann wirklich "Urheberrechte"?

Daß neue, selbstentworfene Schriften ein anderes Thema sind leuchtet mir ja ein ...

Oder gibt es keine Rechteinhaber an (beispielsweise) Bleisatzschriften?

Geschrieben

Du bist nicht Urheber der speziellen Buchstabenform, sondern deren Beschreibung in Vektoren, Bits und Bytes. Die Form des Buchstabens darf also plagiiert werden, nicht aber die Software, also die reine technische Umsetzung. Ich vergleich das mal mit einer Fotografie der Bavaria: Durch deine Aufnahme hast du nicht das Urheberrecht an der Bavaria, sondern an deinem speziellen Foto davon.

Geschrieben
Ich vergleich das mal mit einer Fotografie der Bavaria: Durch deine Aufnahme hast du nicht das Urheberrecht an der Bavaria, sondern an deinem speziellen Foto davon.

nur, wenn du eine gewisse schöpfungshöhe erreichst.

aber letztlich ist das urheberrecht und die vergütung von immaterialgütern ein weites feld. auch wenn ich vom zur zeit gegebenen urheberrecht und die wegelagerei der kontentmafia nichts halte, so bin fest überzeugt davon (und bereit), den schöpfern von immaterialgütern für ihr schaffen eine entlohnung zu geben. und momentan geht diese entlohnung anbetracht der gesetzeslage und der "geiz ist geil"-mentalität nur via lizenzen.

Geschrieben

Ich habe diese Beinert’sche »Anmerkung« aus meinem Fachartikel abgetrennt, da die Inhalte weder sachlich richtig, sorgfältig recherchiert oder in akzeptablen Ton geschrieben sind. Typografie.info ist voll von Foren-Diskussionen in denen die rechtliche Schutzwürdigkeit von Schriften im Sinne des Urheberrechts, des Software-Schutzes und des Markenschutzes ausführlich und neutral diskutiert wurde. Auch die von Herrn Beinert gern attackierten Anbieter wie FontShop berichten z.B. im FontBlog immer wieder ganz offen, wie Schriften geschützt und eben nicht geschützt sind. Die ominöse »Schriften-Lobby« vor der uns hier ein Märtyrer warnen will, gibt es nicht und der Artikel bringt keinerlei neue Informationen, die wir hier nicht alle schon kennen. Einzig neu, ist die gänzliche Infragestellung eines einvernehmlich etablierten Systems, ohne selbst eine Alternative anbieten zu können.

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Ich habe diese Community angelegt, um mich mit anderen Betrachtungsweisen auseinandersetzen zu können. Das ist sozusagen das Wesen dieser Community und ich mache diese hier praktisch täglich. Worauf es ankommt, ist natürlich der Tonfall. In dem Ausgangsartikel dieses Strangs wird nicht sachlich und fachlich diskutiert, sondern bewusst provoziert und polemisiert. In einer Zeit, wo die Designdisziplinen ohnehin um Wertschätzung ihrer Arbeit ringen müssen, spricht hier ein Designer einer kompletten Design-Disziplin (also seinen Typedesigner-Kollegen) ab, überhaupt schöpferische Arbeit zu leisten, ganz zu schweigen von persönlichen Verunglimpfungen bestimmter Personen (einschließlich mir).

Das ist Ordnung. Jeder kann sagen was er denkt. Ich werde mir das nicht annehmen und bin auch nicht nachtragend. Aber erstmal völlig unangemessen austeilen, um Aufmerksamkeit und Reaktion zu provozieren, ist nicht mein Stil und auch nicht der Stil, den wir hier in dieser Community pflegen. Deswegen werden ich auch nicht auf irgendeinen der Punkt in der Beinert’schen Anmerkung eingehen, auch wenn sie sich teilweise leicht widerlegen ließen. Wie gesagt: wir haben das hier alles schon ausführlich in wesentlich sachlicherer Weise diskutiert.

Zur Polemik des Ausgangsartikels sollten dann die Community-Regeln greifen, die da sagen: Trolle bitte nicht füttern.

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  • Gefällt 1
Geschrieben
Wenn ich eine frei verfügbare, tonnenweise verkaufte Bleisatzschrift "klaue" - mach ich mich mit einer digitalen Version tatsächlich zum "Urheber", obwohl ich der doch gar nicht bin, und hab dann wirklich "Urheberrechte"?

nein, nicht an den schriftformen. aber die nachträgliche optimierung für den computersatz (kerning, ot-features, allgemeines "rundmachen") stellt vielleicht eine schöpfungshöhe dar. aber losgelöst von diesen fragen, solltest du berücksichtigen, dass das ganze erstellen eines fonts sehr viel zeit, wissen und erfahrung beansprucht, denn sonst könnte es ja jeder... ;)

Geschrieben
nur, wenn du eine gewisse schöpfungshöhe erreichst. …

Nicht ganz, auch Fotografien ohne Schöpfungshöhe sind als Leistungsschutzrecht des § 72 UrhG geschützt. Das genau aufzudröseln führt jetzt aber zu weit …

Geschrieben
… Zur Polemik des Ausgangsartikels sollten dann die Community-Regeln greifen, die da sagen: Trolle bitte nicht füttern.

Dazu bedarf es aber einer Richtigstellung, damit in der speziellen Materie unbedarfte Besucher (die meisten werden keine Fachidioten sein und hier Licht ins Dunkel erhoffen) von Herrn Beinert nicht auf eine falsche Fährte gelockt werden. Mit deinem Kommentar ist das ja nun geradegerückt.

Geschrieben
Nicht ganz, auch Fotografien ohne Schöpfungshöhe sind als Leistungsschutzrecht des § 72 UrhG geschützt. Das genau aufzudröseln führt jetzt aber zu weit …

würde das bedeuten, dass ein wiederkehrendes motiv mit dem bus und dem gebäude im hintergrund auch in deutschland geschützt werden könnte?

Geschrieben

Das müsste ein Gericht entscheiden. Der Schutz eines Konzepts wird aber erfahrungsgemäß nicht durchzusetzen sein (und hat auch gar nichts mit dem Urheberrecht zu tun). Wenn jetzt eine Bildmarke aus rotem Bus vor schwarzweißem Big Ben nebst Skyline eintragungsfähig war und also eingetragen wurde, wäre das wieder was anderes. Das sollen aber bitte die Damen und Herren Rechtskundigen beurteilen, ich bin nur der Busfahrer.

Geschrieben

Hallo,

Uwe, wenn du mich zitierst, dann bitte richtig. Ich hab von keinem englischen Fall geschrieben (ich kenne auch keinen, hast du auch für mich einen link?) und meine Aussagen man muss pro Auflage, Verbreitungsgebiet und Abbildungsgröße bezahlen, die Nutzung ist zeitlich begrenzt und so weiter und so fort kommt nicht "in den Medien so rüber", sondern ist hier in Deutschland geltenden Lizenzbedingungen entnommen. Wen du mit "kollektiver Dummheit" meinst, ist mir auch nicht klar. Mich? Dich?

Nachdem der Fall mit dem colorkey Doppeldeckerbus gerade durch die Presse geht und auf Deine Aussage so schön gepasst hat ... Das ist auf Heise-Foto zu finden. Siehe:

http://www.heise.de/foto/artikel/Urteil-Wie-das-Bild-eines-roten-Busses-das-Urheberrecht-verletzt-1423127.html

Die kollektive Dummheit ist kein individuelles Problem, daher betrifft sie uns früher oder später alle. Die Darstellung in den Medien kann zu einer Verschiebung in der Gesamtwahrnehmung in der Gesellschaft führen. Und dann sind schnell nachgestellte Fotos plötzlich illegal.

MfG

Geschrieben

weil mir das wirklich nicht klar ist - ich will wirklich keinen Schriftgestalter provozieren, sondern einfach nur meine anscheinend falschen Vorstellungen geraderücken. Wenn hier der falsche Platz dafür sein sollte, wäre ich auch über einen Link zu einem Thread, wo folgende Fragen beantwortet werden sehr dankbar:

Die Form des Buchstabens darf also plagiiert werden, nicht aber die Software, also die reine technische Umsetzung. Ich vergleich das mal mit einer Fotografie der Bavaria: Durch deine Aufnahme hast du nicht das Urheberrecht an der Bavaria, sondern an deinem speziellen Foto davon.

Das hieße also tatsächlich, dass SchriftFORMEN nicht geschützt werden können? Weil der Begriff "Schöpfungshöhe" genannt wurde: Ich hatte mir immer eingebildet, jede neue Schrift müsse entweder ein Minimum an neuen oder abgewandelten Formen haben (und "wieviel" und was "neu" ist, darüber streiten dann im Streitfall Gerichte) und das sei dann die "Schöpfungshöhe" oder aber: eine neue Schrift ist eben nicht "neu", sondern eine digitale quasi Kopie einer solch alten Schrift, für die es keinen Schutz mehr gibt (vergleichbar dem Urheberrecht in der Literatur, wo nach 70 Jahren in der Regel der Schutz erlischt). Von daher hatte ich mich schon immer gewundert, wie es möglich ist, daß identische oder fast identische Schriften von verschiedenen Anbietern lizensiert werden können - es mir aber damit erklärt, dass es halt so alte Schriften sind und oder ein Urheber nicht zu ermitteln ist und/oder nicht klagt. Und meist sind es ja auch die Klassiker, die dutzendfach von verschiedenen Fontschmieden angeboten werden ...

Wenn nun aber die Schöpfungshöhe auch "nur die Umsetzung in ein digitales Format" sein kann: Das mag ja vor ein paar Jahren noch richtig viel Arbeit gewesen sein, diese Arbeit ist doch aber dank Verbesserung der Software - soweit ich das als Nichtschriftschöpfer beurteilen kann - wesentlich leichter und schneller geworden. Den Eindruck bekomme ich zumindest angesichts des teilweise erstaunlichen Outputs einiger Schriftschmiede. Und wenn nun bei den Buchstabenformen auf bereits fertige zurückgegriffen werden kann, ist ja ein Teil - sogar ein wesentlicher, weil kreativer und zeitaufwendiger Teil - der Arbeit schon erledigt. Und da frage ich mich dann schon, ob es noch gerecht ist, wenn derjenige, der für die Schriftformen verantwortlich zeichnet, im Grunde leer ausgeht und derjenige, der diese Schriftformen digitalisiert, "die ganze Kohle" einsteckt. Was den Digitalisierer - dessen Arbeit zweifellos irgendwie bezahlt werden muß - sicher nicht reich macht, aber den eigentlichen Schriftschöpfer ja völlig leer ausgehen lässt.

Mir ist dieses Problem eigentlich erst deutlich geworden, seitdem ich vor ein paar Tagen die Digitalvariante der Maxima von Gert Wunderlich gesehen habe: egal wie man über die Schrift und den Mann denkt, aber der hat jahrelang an dieser Schrift gearbeitet. Und jetzt kommt halt einer, der innerhalb von meinetwegen ein paar Monaten diese jahrelange Arbeit digitalisiert hat und damit Geld verdient oder zumindest verdienen will, die Schrift umbenennt und nur im Kleingedruckten verrät, woher sie eigentlich wirklich ist. Das ist m.E. natürlich ein extremer Fall, weil die meisten Schriftschöpfer von Bleisatzschriften unbekannt oder schon ewig tot sind und die meisten Schriftgießereien ja auch verschwunden sind - aber Gert Wunderlich lebt ja meines Wissens sogar noch ...

Naja, vielleicht ist er ja auch dran beteiligt, aber dann würde die Schrift doch vermutlich auch weiterhin Maxima heißen?

Und der Vergleich mit einem Foto hilft mir da nicht weiter: wenn ich jemanden fotografiere, kann ich das auch nicht veröffentlichen, wenn derjenige nicht einverstanden ist ... auch wenn ich das Foto gemacht habe.

Oder haben Kapr, Wunderlich und ein paar andere alte Ossis (oder auch ältere Schriftentwerfer von sonstewo) einfach nur (aus welchen Gründen auch immer) versäumt die eigenen Schriften zum Patent oder Geschmacksmuster oder was auch immer anzumelden und fallen nun dafür rein, indem sie quasi frei kopiert werden dürfen?

Wäre es nicht auch richtig, wenn man so vehement wie die meisten hier für die anständige Bezahlung und Lizensierung von digitaler Schrift eintritt, auch genauso vehement für eine Beteiligung der Schriftformenverursacher einzutreten - soweit das möglich ist? Vielleicht auch wieder ähnlich dem Urheberrecht in der Literatur oder so ...

Ich wäre sehr dankbar, wenn vielleicht sogar der eine oder andere Schriftgestalter, der wie auch immer schon vorhandene Schriften nutzt oder meinetwegen auch umbaut, hier mal seine diesbezügliche Meinung kundtun würde ...

Ich freue mich zwar bekanntlich immer wieder drüber, wenn es mal wieder eine Schrift, die bisher nur in Blei existierte, auch in die digitale Welt geschafft hat ... war mir aber dieser ganzen urheberrechtlichen Zwickmühlen nie bewußt.

Schönen Dank für erhellende Antworten oder Links!

Geschrieben

Wäre es nicht auch richtig, wenn man so vehement wie die meisten hier für die anständige Bezahlung und Lizensierung von digitaler Schrift eintritt, auch genauso vehement für eine Beteiligung der Schriftformenverursacher einzutreten - soweit das möglich ist?

Das gehört ja irgendwo zusammen. Wenn ich eine Schrift bei Fontshop z. B. lizensiere bekommt der Gestalter eben einen gewissen Prozentsatz ab. Bei kleinen Foundries sind ja sogar oft die Gestalter auch die Herausgeber ...

Geschrieben

Ich gehöre wohl ein wenig zu denen, die alte Bleischriften neu veröffentlichen. Ich sage, ein wenig, denn erstens habe ich die Schrift nicht ursprünglich selber digitalisiert (es war Peter Wiegel), und zweitens interessieren mich in erster Linie die intelligenten Informatik-Dinger, die sich heutzutage in Schriften hineinprogrammieren lassen.

Die Leute, die ursprünglich die Schriften gestaltet haben, leben schon lange nicht mehr. Darüber hinaus stelle ich die Schriften – wie schon Peter Wiegel – als offene Software zur freien Verfügung; ich verdiene also keinen Rappen daran. Aus diesen Gründen habe ich ein ruhiges Gewissen dabei. Ich könnte es hingegen nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, eine Schrift von Leuten abzukupfern, die noch leben oder erst kürzlich verstorben sind, und ich würde ebenfalls keine Schrift kopieren, die nicht unter einer soliden freien Lizenz angeboten wird (was auch viele Schriften ausschliesst, die gratis zu haben sind).

Es ist aber doch so, dass einiges an Arbeit in den Schriften steckt, auch wenn ich das nur als Hobby betreibe. Ich habe also Verständnis und Respekt für diejenigen, die ihre Schriften nur gegen Entgelt anbieten.

  • Gefällt 1
Geschrieben
Das hieße also tatsächlich, dass SchriftFORMEN nicht geschützt werden können?

Doch, sie können geschützt werden, und zwar durch die gebührenpflichtige Eintragung eines Geschmacksmusters für höchstens 25 Jahre.

Siehe auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Rechtsschutz_von_Schriftzeichen

Im übrigen bin ich der Meinung Karl Klingspors, den Martin Z. Schröder hier zitiert hat: http://www.typografie.info/2/showthread.php/25521-Karl-Klingspor-über-die-Nachahmung-von-Druckformen

Geschrieben
Mir ist dieses Problem eigentlich erst deutlich geworden, seitdem ich vor ein paar Tagen die Digitalvariante der Maxima von Gert Wunderlich gesehen habe: egal wie man über die Schrift und den Mann denkt, aber der hat jahrelang an dieser Schrift gearbeitet. Und jetzt kommt halt einer, der innerhalb von meinetwegen ein paar Monaten diese jahrelange Arbeit digitalisiert hat und damit Geld verdient oder zumindest verdienen will, die Schrift umbenennt und nur im Kleingedruckten verrät, woher sie eigentlich wirklich ist.

ich verstehe dich, allerdings hat das der gesetzgeber wohl irgendwann mal so entschieden.

ich persönlich finde das auch nicht ok was einige schriftgestalter hier tun, auf der anderen seite freut es mich natürlich auch das diese schriften jetzt auch digital verfügbar sind. allerdings sollte man niemanden etwas vorwerfen, sofern man nicht weiss ob er die rechte geklärt hat. herr wunderlich und einige typoart-schriftentwerfer leben ja noch, sofern ist es schon möglich das er RMU diese gefragt hat. auch weiss keiner so genau wer heute die rechte an den schriftenj hat. theoretisch liegen sie beim inhaber der typoart nach der wende übernommen hat.

sinnloser find ich es allerdings bei schriften wie Graphique, Brocken und Stanford — also schriften die es so schon gibt bzw. die schon digitalisiert wurden. sicher herr unger hat hier und da die zeichen etwas ausgebaut und erweitert und auch verändert aber für mich sieht das immer aus wie 'auf den zug mit aufspringen' bzw. 'schnelles geld machen'

generell kann man sich sicher schriftformen schützen, denn das patent und markenamt nimmt sowieso fast alles an und ich glaube auch nicht das wenn ich eine FF Meta 1:1 nachzeichne und als font herausbringe, herr spiekermann oder FSI mich das einfach so machen lassen würden. ich denke mal es kommt mehr auf den richter an, bzw. wie man seine klage vor gericht vorbringt, nur weil es da mal ein urteil gab, das die form als solches nicht schützenswert ist muss das nichts bedeuten. man muss nur die kraft und das geld haben dies dann vor gericht auch durchzustehen.

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