Jump to content
Jetzt die »Hot New Fonts« bei MyFonts durchstöbern.

Sylfaen als Buchschrift?

Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Ich will, als völliger Typographie-Anfänger, der nicht viel mehr Hintergrund hat als gute Word-Kenntnisse und lebenslange Aufmerksamkeit auf die Typographie von Büchern, ein in Kleinauflage zu druckendes Memoirenbuch gestalten. Um zu den vielen Aufgaben nicht noch neue zu schaffen, würde ich gerne mit Windows Systemschriften arbeiten. Für den Fließtext (oder wie sagt man?) soll es eine Serifenschrift sein. Das Seitenformat soll 210 x 133 mm sein, Seitenzahlen sollen unten und außen stehen, Kolumnentitel wird es nicht geben. Die Vorauswahl des Ausdrucks von Probeseiten hat zu folgenden drei Alternativen geführt:

1. Palatino Linotype 8,5 p, Zeilenabstand 12 p (Alternativ Schriftgrad 10 p, Zeilenabstand 13 p)

2. Sylfaen 10 p, Zeilenabstand einfach (Alternativ Schriftgrad 11 p, Zeilenabstand einfach)

3. Lucida Bright 8,5 p, Zeilenabstand 1,2-fach (habe noch nicht probiert, was das in typ. Punkten wäre)

(In der engeren Wahl waren auch Garamond, Cambria, Calisto, Century)

Mit der Palatino mache ich meiner Meinung nach nichts falsch. Warum ich sie trotzdem nicht schnurstracks ansteuere: sie sieht so edel aus (für die Garamond gilt das, wie ich finde noch in höherem Maße) - so kann man auch Goethe setzen. Das zu gestaltende Buch finde ich sehr lesenswert, aber es ist erkennbar nicht von einem Literaten geschrieben, gelegentlich ist es in Ausdruck oder Aufbau etwas unbeholfen, anderes wieder ist sehr schön gelungen. Insgesamt wäre mir eine nüchternere Schrift lieber, die auch zu der Zeit passt - die erzählten Geschehnisse stammen überwiegend aus den 30er bis 50er Jahren. Die Lucida Bright macht mir nicht nur einen sachlicheren, sondern auch einen etwas geschäftsmäßigen oder technischen Eindruck, erinnert mich ein bisschen an einen bestimmten Typ broschierter Lehrbücher, die ich im Studium benützt habe. Die Sylfaen scheint mir von ihrer Anmutung her gut zu passen. Eine größere Nüchternheit scheint sich mir (ich sag es halt, wie ich es sehe) mit einem Hauch von Fremdheit zu paaren (Exotik wäre sicher zu viel gesagt, aber in die Richtung scheint es mir zu gehen) , und sie sieht nicht "modern" aus, sondern das Schriftbild scheint mir gut mit der Zeit, mit Nationalsozialismus, Krieg, Nachkriegszeit zusammenzustimmen. (Ich finde, dass letzteres z.B. bei der Lucida nicht der Fall wäre. Diese Affinität zu der Zeit überrascht mich eigentlich angesichts der Art, wie die Buchstaben geschnitten sind; das Charakteristischste scheint mir das Abecken der Formen sein, die in Antiquaschriften häufig tropfenförmig geschnitten werden.) Vom Ausdrucksgehalt der Schrift wäre also die Sylfaen meine Wahl. Aber ich mache mir Sorgen, ob es eine gute Schrift für ein längeres Buch ist (ca. 350 Seiten). Wenn ich meine Probeseiten lese, dann meine ich eine minimale Unruhe wahrzunehmen, und ich bin mir nicht sicher, ob sie nicht vielleicht auf Dauer ermüdet. Ein ebenfalls typographisch interessierter Freund kann das nicht nachvollziehen, sondern ist von der Sylfaen hellauf begeistert.

Von daher die Frage an erfahrenere Gestalter: Gibt es Bedenken gegen die Verwendung der Sylfaen als Buchschrift? Hat jemand Erfahrungen mit dieser Schrift? Und natürlich die Frage, ob mein Eindruck vom Charakter der Schrift von Fachleuten so nachvollzogen werden kann. Im übrigen bin ich auch für sonstige Anregungen und Vorschläge im Zusammenhang mit dem Projekt dankbar.

Noch eine Anmerkung: Dies ist tatsächlich das erste Mal, dass ich mich an einem Forum beteilige. Ich bitte um Verständnis, falls mit dem Antworten etwas nicht richtig klappen sollte.

Gast Schnitzel
Geschrieben

Hallo und herzlich willkommen :huhu:

Kann das sein, dass die Sylfaen keinen echten Italic- oder Bold-Schnitt hat?

Das wäre für mich ein Grund sie nicht für ein Buchprojekt einzusetzen. Auch, wenn du erstmal meinst, diese nicht zu brauchen, wär’ ich vorsichtig, es kommt nämlich immer anders als man denkt :nicken:

Geschrieben

Danke für diesen ersten wichtigen Hinweis. Ich habe mir gerade die Zeichen vergrößert und angeschaut, und es sieht in der Tat danach aus, dass die Kursiven und Fetten nicht eigens geschnitten wurden. Dazu passt, dass kursiver Text (hab ich mir jetzt nur am Bildschirm angeschaut) einigermaßen charakterlos aussieht, sehr schräg, aber nicht sehr kursiv ... In meinem Betriebssystem kann ich die Fontdateien nicht finden, die sind wohl versteckt. Wo stecken die denn? Müssten es bei eigenem Schnitt getrennte Dateien für die Kursiven und die Fetten sein?

Das Buch ist fertig, wird nur noch Korrektur gelesen. Fette Auszeichnung brauche ich definitiv nicht, gerade habe ich die Datei auf kursive Auszeichnung durchsucht, etwa 200 kursiv formatierte Leerzeichen und 10 kursive Satzzeichen umformatiert und festgestellt, dass nur an vier Stellen des Textes einzelne Wörter kursiv gesetzt sind. An einer Stelle würde ich dies sowieso ändern, an zweien sollen Wörter im Satz betont werden - was doch auch, und vielleicht besser, durch Sperrung zu erreichen wäre? - und nur die vierte macht Schwierigkeiten, denn hier soll ein fremdsprachiges Wort im deutschen Text als solches gekennzeichnet werden - als Notlösung könnte man Anführungszeichen setzen (es ist eine Berufsbezeichnung, die es im Deutschen nicht gibt), oder man könnte die ungeliebte Kursive verwenden oder vielleicht durch eine schönere, halbwegs passende, aus einem anderen Font ersetzen? Ich stelle mir vor, dass Perfektionismus eine wesentliche Voraussetzung für einen guten Typographen ist, aber wegen einer Notlösung für ein einziges Wort eine andere Schrift zu nehmen, ist vielleicht doch nicht zwingend. (Obwohl mir zugegebenermaßen nicht behaglich dabei wäre.)

Geschrieben

Deine Fonts sind in c:/windows/fonts oder Systemsteuerung->Schriftarten.

Hast Du ein neueres Windows/Microsoft Office? Dann schau Dir doch auch mal die Constantia an. Die hat auch schöne Minuskelziffern :)

Geschrieben

Habe bei den Font-Dateien nachgeschaut, und es gibt für die Sylfaen nur eine Datei (Standard), im Gegensatz zu Palatino, Garamond etc.

Minuskelziffern: Auch das ist ein Gesichtspunkt den ich nicht bedacht habe, vielen Dank. Die Jahreszahlen würden sich dann sicher schöner in den Text integrieren. Das scheint ja in der Windows-Ausstattung eine Seltenheit zu sein.

Constantia: Dummerweise kann ich z.Zt. nicht aus Vista ausdrucken, habe deshalb aus XP gearbeitet. (In Vista scheint es auch Lucida Bright gar nicht mehr zu geben, wie ich gerade bemerkt habe.) Am Bildschirm kann ich eine Schrift nicht beurteilen, aber die Constantia scheint mir in die Richtung der Palatino zu gehen (in dem Sinn, wie mir z.B. die Book Antiqua Richtung Palatino zu gehen scheint, oder die Sylfaen Richtung Century, oder die Cambria Richtung Lucida Bright - sind diese Gruppierungen nachvollziehbar?). Mir wäre es lieb, wenn ich das Fass der Schriftauswahl nicht nochmal aufmachen müsste, womit ich mir schon mangels Erfahrung schon sehr viel Mühe geben musste. Wenn ich von der Sylfaen abkomme, würde ich glaub doch zu der Palatino greifen, und sei es auch nur aus Gründen der Zeitökonomie. - Trotzdem freue ich mich natürlich über Hinweise auf andere Schriften! Aber am wichtigsten wären mir Einschätzungen zu der Verwendung von Sylfaen als Buchschrift.

Geschrieben
Das Buch ist fertig, wird nur noch Korrektur gelesen.

Wenn Du dann zum Satz noch Meinungen oder Anregungen haben möchtest, stellst Du am besten hier ein paar Musterseiten ein.

Wird das Buch mit Word gesetzt?

Geschrieben

Die Sylfaen ist in meinen Augen in Ordnung: Ich finde sie nicht schlecht und würde gerne einmal ausprobieren, wie sich ein längerer Text in ihr liest. Die Wörter würde ich genauso auszeichnen: die betonten sperren und das Fremdwort in Anführungszeichen setzen.

Geschrieben
Wenn Du dann zum Satz noch Meinungen oder Anregungen haben möchtest, stellst Du am besten hier ein paar Musterseiten ein.

Wird das Buch mit Word gesetzt?

Ja, mit Word, das sich nicht ganz so verhält, wie ich es mir wünschen würde, oder ich beherrsche es nicht genügend. Absatzkontrolle führt z.B. dazu, dass der Satzspiegel um bis zu drei Zeilen kürzer wird - ich finde keine Möglichkeit den riesenhaften Abstand von der Seitenzahl und die Asymmetrie zur gegenüberliegenden Seite erträglicher zu machen. Die Seite im Blocksatz oder unten zu formatieren führt am Kapitelende zur Katastrophe und wäre, selbst wenn es funktionieren würde, ja auch wieder eine extreme Lösung. Also auf die Absatzkontrolle verzichten? Einen Tod muss ich wohl sterben.

Die Vorlage für den Drucker soll dann als pdf-Datei geliefert werden. Wenn mein Autor mit dem Einstellen von Probeseiten einverstanden wäre - wie und wo würde ich das machen? auch als pdf?

Nachtrag: Die ins Auge gefasste Palatino-Schrift soll 9,5 p groß sein, nicht 8,5 p, da muss mir bei der Dokumentation ein Fehler unterlaufen sein.

Danke auch an Joshua K. für die erste Einschätzung der Ästehtik von Sylfaen.

Erstelle ein Benutzerkonto oder melde dich an, um zu kommentieren

Du musst ein Benutzerkonto haben, um einen Kommentar verfassen zu können

Benutzerkonto erstellen

Neues Benutzerkonto für unsere Community erstellen. Es ist einfach!

Neues Benutzerkonto erstellen

Einloggen

Du hast bereits ein Benutzerkonto? Melde dich hier an.

Jetzt anmelden

Unser Typografie-Netzwerk

FDI Type Foundry besuchen
Die besten Typografie-Neuigkeiten aus aller Welt bequem per E-Mail erhalten.
Typography.guru – der englischsprachige Ableger von Typografie.info.
Die Datenbank der Schriftmuster der Welt.
Überschrift: Ein Versalalphabet mit 200 ausdrucksstarken Ligaturen
×
×
  • Neu erstellen...

🍪 Hinweis:

Wir benutzen funktionale Cookies.