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Typojournal 2, Edtiorial

Empfohlene Beiträge

Lieber Ralf

Im Editorial zum Typojournal 2 schreibst du, dass ein Aborigines-Stamm im Norden Australiens keine Begriffe für links und rechts kennt, «… da sie ihre gesamte Umwelt jederzeit mit den Himmelsrichtungen beschreiben können: ‹Pass auf, da läuft eine Ameise über deinen nördlichen Fuß!›».

Verstehe ich sie einfach nicht oder ist diese Aussage ebenso ein Märchen wie jenes, dass Eskimos hunderte Weißnuancen unterscheiden und benennen könnten? Kennen die teilweise naturbelassenen australischen Ureinwohner tatsächlich westliche Kunstworte für Orientierungs-Systeme, die sie in ihren Breiten so wohl kaum selber entwickelt haben (Norden, Süden, Osten, Westen etc.)? Dann nämlich, nehme ich an, würden sie doch rechts und links sicher auch schon selber entdeckt haben …

(Ich wollte dich darauf schon lange einmal ansprechen, vergass es aber immer wieder. Bis ich gestern beim Mittagessen im Büro im sehr lesenswerten Typojournal 2 stöberte …)

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Das man links und rechts »entdecken« könnte oder müsste, ist natürlich auch eine sehr »westliche« Sicht. Sich nicht egozentrisch zu orientieren hat viele Vorteile – und ist auch weiter verbreitet, als man aus unserer Perspektive denkt. Auch in Indonesien, Indien und Nepal wird sich teilweise ausschließlich nicht-egozentrisch orientiert.

(Wer als Mitleser nicht weiß, worum es geht, hier nochmal ein Link zum Thema http://www.zeit.de/2005/01/B-Sprache)

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Danke für den Link und die Aufklärung. Das mit der egozentrischen Selbstfindung in den Räumen habe ich mir so halt einfach noch nie überlegt. Vor- oder Nachteil? In meiner Welt gibts sowohl links wie rechts und alle Himmelsrichtungen. («Wenn du nach Nordosten schaust, siehst du den Piz Sowieso, links unten liegt die Alp Kuhsein. Und pass auf deine beiden Füße auf, sonst bist du nur noch Abfall.»)

Meine Frage, die sich – vermeintlich – ausschließlich auf die Begrifflichkeit bezog, hatte ich wohl etwas umständlich verpackt: Woher kennen Naturvölker rund um den Globus Begriffe wie "Norden" etc? Haben die nicht andere Worte? Sie orientieren sich ja vielleicht eher am Lauf der Sonne, an großen Erhebungen, Bäumen, Bergen und so weiter. Nur darum stolpere ich immer wieder über diesen Abschnitt in deinem Editorial. Das liest sich für mich irgendwie einfach «falsch» …

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Woher kennen Naturvölker rund um den Globus Begriffe wie "Norden" etc? Haben die nicht andere Worte? …Das liest sich für mich irgendwie einfach «falsch» …

Deswegen habe ich doch extra den relativ abstrakten Begriff »Himmelsrichtung« benutzt. Nicht egozentrisch (auf sich selbst bezogen), nicht allozentrisch (auf die Objekte der direkten Umgebung bezogen. z.B. »Hinter dem Haus«), sondern auf weit entfernte Bezugspunkte. Himmelsrichtungen eben. Allgemeiner kann man es nicht fassen.

Diese Bezugspunkte entstehen erwartungsgemäß vor allem aus der Natur heraus. Statt Norden, Süden, Westen, Osten kann das dann in der lokalen Sprache natürlich auch »vulkanwärts« und »seewärts« heißen. Oder die Haupthimmelsrichtungen sind nach bestimmten Göttern benannt. Das ist ganz unterschiedlich, aber das dahinter liegende System dieses 2-achsigen Koordinatensystems findet sich immer wieder.

Das TJ3 hast du wohl nicht? Da habe ich genau dieses Thema nochmal aufgegriffen und in einen längeren Artikel zum Thema Karten lesen eingeflochten.

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Okay … und … doch. Typojournal 3 liegt vor mir, aufgeschlagen, Seite 100, «Sie haben Ihr Ziel erreicht. Das Ende des Kartenlesens.». Ich werde jetzt also hier schweigen. Und da lesen.

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Als Sprachhistoriker fühle ich mich hier jetzt sofort berufen, meinen Senf dazuzugeben – der allerdings schwierig in eine kurze Antwort zu verpacken ist… :-D

Die Unterscheidung der vier Grundhimmelsrichtungen ist ja elementar, da sie auf den Lauf der Sonne innerhalb eines Tages zurückgeht. Was sich auch an der ursprünglichen Bedeutung vieler dieser Bezeichnungen in verschiedenen Sprachen zeigt. Das lateinische oriens z.B. ist abgeleitet vom Verb oriri ‘sich erheben, beginnen’, unser Wort Osten geht zurück auf eine urgermanische Wurzel *aus- mit der Bedeutung ‘aufleuchten’, der Norden wiederum ist über das Indogermanische urverwandt mit dem griechischen νέρτερος ‘unterer’ usw.

Die Bezeichnungen für rechts und links sind hingegen in vielen Sprachen entweder gar nicht vorhanden (das sind mehr als man meinen möchte) oder aber auch sekundär abgeleitet, zumeist ausgehend von einer allgemein als normal angesehen Rechtshändigkeit: recht(s) = richtig, links = falsch. Das Wort recht hat auch heute im Deutschen noch beide Bedeutungen, link taucht außer in seiner Richtungsbedeutung noch in solchen Formen wie link (im Sinne von ‘gemein, hinterhältig’), linkisch u.ä. auf. Die rechte Hand ist also die richtige Hand, die linke die falsche.

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Nach diesem populär- und explizitwissenschaftlichen Richtungsgewitter merke ich – leider etwas spät –, dass ich dich, werter Ralf, mit meinem dummen, unreflektierten Ausspruch, mit dem ich deine Editorialpassage in die Nähe schneeweißelnder Eskimomärchen redewendete, wohl auch beleidigt habe. Ich bitte dich dafür um Entschuldigung und versichere, dass mir diese Dummheit echt leid tut.

Ferner ist mir aber auch die Feststellung doch recht wichtig, dass ich weder Himmelsrichtungsrassist noch Seitenlinker mit rechtslastigen Handpräferenzen bin.

Und ich danke allen für ihre Beiträge, die ich (sofern ich sie überhaupt entziffern und verstehen kann) mit Spannung und auch darum lese, weil ich sie ohne mein Gemotze wahrscheinlich nie und nimmer zu Gesicht gekriegt hätte.

:)

Beste Grüße aus den Bergen, die da einfach stehen. Irgendwo.

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