Ralf Herrmann Geschrieben August 11, 2012 Geschrieben August 11, 2012 Die Musik, die vor hundert Jahren geschrieben worden ist, war nicht für Schellack-Qualität gedacht und wurde auch nicht so kratzig und frequenzreduziert gespielt … Das war auch nicht gemeint. Aber egal. Wir kommen hier von hundertsten ins tausendste mit den Vergleichen von Schriftsatz, Musikdarbietung, Darbietungsarten etc.. Daher lasse ich jetzt weitere Erklärungen mal lieber.
Joshua K. Geschrieben August 13, 2012 Geschrieben August 13, 2012 Innerhalb von Wörtern...benötigt niemand eine Fugenkennzeichnung. Und schon gar nicht so eine selektive wie das s. Daß man sie benötigt, habe ich nie behauptet. Ich benötige auch keine Satz- und Leerzeichen, um einen Text zu entziffern (von Einzelfällen, die ähnlich selten sind wie die Wachstube, abgesehen). Mit Satz- und Leerzeichen kann ich es aber deutlich besser lesen; und mit gekennzeichneten Wortfugen eben noch ein bißchen besser. Das s ist einer der häufigsten Buchstaben vor Wortfugen (wenn nicht gar der häufigste), deshalb ist gerade bei ihm diese Unterscheidung sinnvoll. (Dazu werden ja einige andere Stellen durch Verbünde abgedeckt.) Alles was ich glaube, ist, daß die Vorteile der herkömmlichen Fraktursatzregeln für diejenigen, die damit vertraut sind, die geringfügigen Nachteile für diejenigen, die über das ſ stolpern, aufwiegen. Das kann ich freilich genausowenig beweisen, wie ihr es widerlegen könnt. Würde er heute schreiben würde die Musik anders sein. Eben. Er hat für die damalige Zeit und mit den damaligen Instrumenten im Ohr geschrieben. Das sehe ich wie Dieter. Gerade weil er für heutige Instrumente andere Musik geschrieben hätte, ist die Verbindung heutiger Instrumtente mit seiner damaligen Musik doch ungünstig. (Allerdings will ich Aufführungen mit heutigen Instrumenten nicht verteufeln; ich finde es sogar spannend, zu hören, wie Musik im Vergleich auf alten und neuen Instrumenten klingt.)
Ralf Herrmann Geschrieben August 13, 2012 Geschrieben August 13, 2012 Das kann ich freilich genausowenig beweisen, wie ihr es widerlegen könnt. Na dann wird’s Zeit, dass dieser Test mal unter wissenschaftlichen Maßstäben gemacht wird und danach ist dann hoffentlich Ruhe aus dem »konservativen Lager«. Die Realität wird den besagten Glauben mit Sicherheit widerlegen.
Þorsten Geschrieben August 13, 2012 Geschrieben August 13, 2012 Mit Satz- und Leerzeichen kann ich es aber deutlich besser lesen; und mit gekennzeichneten Wortfugen eben noch ein bißchen besser. Ich verstehe wirklich nicht, warum du vor der Realität so die Augen verschließt. Dass besonders Leerzeichen von Schreibern aller Ebenen als unverzichtbar angesehen werden, ist von Milliarden SMS und Twitter-Nachrichten nachdrücklich bewiesen wurden. SMS- und Twitter-Schreiber kürzen extrem ab und wenden alle denkbaren Tricks (weit jenseits aller etablierten Regeln) an, um mit dem begrenzten Platz auszukommen – aber Leerzeichen sie lassen praktisch trotzdem nie weg. DabeiKönnteIchZurNotJaSoSchreibenUndDamitElfLeerzeichenEinsparen, aber selbst das macht praktisch niemand. Bei Wortfugen ist die Realität komplett anders. Brächte deren Kennzeichnung irgendeinen tatsächlichen (und nicht nur eingebildeten) Nutzen, hätten Schreiber schon Mittel und Wege gefunden, sie umzusetzen. Dass es dafür keinerlei Ansatz gibt, ist der beste Beweis, den man sich vorstellen kann. Alles was ich glaube, ist, daß die Vorteile der herkömmlichen Fraktursatzregeln für diejenigen, die damit vertraut sind, die geringfügigen Nachteile für diejenigen, die über das ſ stolpern, aufwiegen. Das mag schon stimmen, aber wenn, dann wohl aus zwei Gründen: Erfahrene Frakturleser würden das ſ vermissen, weil es ihnen vertraut ist – nicht weil es per se nützlich wäre. Mglw. wird der Löwenanteil von Fraktur von erfahrenen und bewussten Frakturlesern konsumiert und nicht von Menschen, die zufällig oder gegen ihren Willen mit Fraktur konfrontiert wurden. Wenn das stimmt, würde das fehlende ſ die Mehrheit der Frakturleser in der Summe mehr stören als das vorhandene ſ die Minderheit der Frakturleser. Es kommt also, wie überall, wohl auf das Zielpublikum an: eine in Fraktur gesetzte Ausgabe des sollte sicher das ſ verwenden, eine »Brauſe mit Kaugummigeſchmack« sicher nicht. Beim Roſ/sen-Bier kommt es vielleicht darauf an: will es ein Nischenbier für Bildungsbürger (mit konservativem Selbstverständnis) sein oder ein Bier, das die breite Bevölkerung anspricht?
Karl432 Geschrieben August 13, 2012 Geschrieben August 13, 2012 Soweit ich weiß, haben bisherige wissenschaftliche Untersuchungen, ob Fraktur oder Antiqua schneller zu lesen ist, keine wirklich signifikanten Ergebnisse gebracht. Meiner Ansicht nach ist etwas ganz anderes entscheidend: Man liest Muster, keine einzelnen Buchstaben. Daher ist es viel leichter, Text zu lesen, der sich an die gewohnten Regeln hält, weil dies unserer trainierten Mustererkennung entgegenkommt. Deshalb auch der allgemeine Widerwille gegen Rechtschreibreformen aller Art. Wenn ich nun Fraktur nach den alten Regeln lesen gelernt habe, stört es mich und behindert meinen Lesefluss, wenn ich Abweichungen (wie Rund-s statt Lang-s) sehe. Wer hingegen Frakturbuchstaben als Varianten der „normalen“ Buchstaben gelernt hat, den stört es genau andersherum. Insofern: Wenn Fraktur, dann entweder richtig nach alten Regeln, oder konsequent als buchstabenweise Variante der „normalen“ Antiqua, nur bitte kein „regelloses“ Durcheinander! Bei Buchstabenvarianten ist unser Gehirn andererseits sehr flexibel, deshalb wundert mich es überhaupt nicht, dass wie oben beschrieben Kinder leicht Unger-Fraktur-Buchstaben erkennen konnten. Quelle dazu (populärwissenschaftlich): Stanislas Dehaene, Lesen. München, 2010, ISBN 978-3-8135-0383-8. Zum Fugen-Thema: Auch dies ist eine Frage der erlernten Regeln. Die alten Römer und heute noch die meisten fernöstlichen Schreiber (Japanisch, Thai usw.) schreiben überhaupt keine Zwischenräume, wir Deutschen nicht innerhalb bestimmter Wortgruppen (die wir als Komposita ansehen), und die Vietnamesen nach jeder Silbe (die sie dann als einzelne Wörter empfinden). Unsere angeborene Fähigkeit zur Strukturerkennung, auf das gewohnte Schriftbild eingeübt, erkennt die Morphemgrenzen auch in Zweifelsfällen aus dem Zusammenhang. Und unsere Lateinschrift erlaubt gleichmäßige Grauwirkung, die wir als ästhetisch zu empfinden gelernt haben, währen für den Japaner gerade die Helligkeitsunterschiede im Zeichenfluss Orientierung bieten. Es gibt nun Ausnahmen, wo das Schriftempfinden von manch einem die Fuge markiert haben will: Wo die Wortbestandteile zu verschiedenen Wahrnehmungssystemen gehören, zum Beispiel Abkürzungslesen zu Volltextlesen. Manch einer will also schreiben: Info’s über LKW’s, oder mit einem deutlicheren Zeichen: Info`s über LKW`s. Das sieht man zu häufig, als dass man es einem „Deppentum“ zuschreiben könnte, und ich verwende dafür auch nie die beliebte Herabsetzung „Deppenapostroph“. Vielleicht nimmt eine zukünftige Rechtschreibreform, die nicht nur ein Kommitteekompromiss ist wie die vorige, solche Weiterentwicklungen auf. (Schriftentwickler können den Hochabwärtsstrich U+0060 schon mal angemessen als so ein Fugenzeichen gestalten, damit er nicht immer so unansehnliche Löcher in den Schriftfluss reißt. Für den echten freistehenden Gravis ist ohnehin U+02CB da).
Joshua K. Geschrieben August 16, 2012 Geschrieben August 16, 2012 Ich verstehe wirklich nicht, warum du vor der Realität so die Augen verschließt. Dass besonders Leerzeichen von Schreibern aller Ebenen als unverzichtbar angesehen werden, ist von Milliarden SMS und Twitter-Nachrichten nachdrücklich bewiesen wurden. SMS- und Twitter-Schreiber kürzen extrem ab und wenden alle denkbaren Tricks (weit jenseits aller etablierten Regeln) an, um mit dem begrenzten Platz auszukommen – aber Leerzeichen sie lassen praktisch trotzdem nie weg. Du scheinst meinen Standpunkt immer noch nicht verstanden zu haben. Deshalb noch einmal: Ich glaube nicht, daß eine Fugenkennzeichnung im Wortinneren unverzichtbar ist. Sie ist lediglich eine zusätzliche Lesehilfe. Die Schreibweise ohne Verbünde und ohne Unterscheidung von ſ und s ist bereits gut. Aber die Schreibweise mit Verbünden und Unterscheidung von ſ und s ist eben noch ein bißchen besser. So wie beispielsweise eine Kugel Vanilleeis gut schmeckt, und niemand beim Essen Schwierigkeiten hat oder sich gar beschwert, wenn er sie vorgesetzt bekommt — aber eine Kugel Vanilleeis mit Haselnußkrokant und Schokoladensplittern trotzdem noch ein bißchen besser schmeckt. SMS-Schreiber kürzen, wie Du selbst schreibst, häufig möglichst viel ab. Ihnen geht es in keiner Weise um das bestmögliche Ergebnis für den Leser, sondern darum, mit möglichst geringem Aufwand einen noch einigermaßen lesbaren Text zustande zu bringen. Oft wird alles weggelassen, dessen Fehlen nicht zu erheblichen Leseschwierigkeiten führt. Das bedeutet aber freilich keineswegs, daß das, was weggelassen wird, nicht beim Lesen helfen würde! Bei Wortfugen ist die Realität komplett anders. Brächte deren Kennzeichnung irgendeinen tatsächlichen (und nicht nur eingebildeten) Nutzen, hätten Schreiber schon Mittel und Wege gefunden, sie umzusetzen. Dass es dafür keinerlei Ansatz gibt, ist der beste Beweis, den man sich vorstellen kann. Wie etwas im allgemeinen geschrieben wird, beweist überhaupt nichts bezüglich der Lesefreundlichkeit, siehe das SMS-Beispiel. Und wie kommst Du darauf, daß es keinen Ansatz gebe, Fugen zu kennzeichnen? Es gibt dafür die Verbünde und die Unterscheidung von ſ und s, und beides wird immer noch benutzt.
CRudolph Geschrieben August 16, 2012 Geschrieben August 16, 2012 Du scheinst meinen Standpunkt immer noch nicht verstanden zu haben. Deshalb noch einmal: Ich glaube nicht, daß eine Fugenkennzeichnung im Wortinneren unverzichtbar ist. Sie ist lediglich eine zusätzliche Lesehilfe. Im Prinzip vergleichbar mit korrekter Mikrotypografie. Im alltäglichen Gebrauche sind korrekte Anführungszeichen so gut wie ausgestorben. Eine unendliche Zahl von Webseiten und E-Mails kommt gut ohne korrekte Anführungszeichen aus. Es ist ausschließlich der Implementation in gängigen Office-Programmen zu verdanken daß sie von normalen Verbrauchern überhaupt gelegentlich noch benutzt werden und dann oftmals auch nicht absichtlich sondern weil eben eine Ersetzung vorgenommen wird. Das Fazit ist hier doch daß man, bis auf sehr wenige Ausnahmen, sehr gut ohne korrekte Anführungszeichen kommunizieren kann. Trotzdem stoße ich sehr gelegentlich auf Situationen wo es zu Unklarheiten kommt wenn falsche Anführungszeichen verwendet werden. Die korrekten Anführungszeichen halten sich im gepflegten typografischen Satz um auch in diesen seltenen Situationen den Lesefluß unmißverständlich zu halten und klar zu kennzeichnen wo ein Zitat anfängt und wo es aufhört. Natürlich ergibt sich das automatisch aus der Stellung des Zeichens im Verhältnis zum Wort, das korrekte Zeichen dient aber der zusätzlichen Klärung. Ich bin nun wahrlich kein Verfechter des ſ aber die Argumentation erschließt sich mir sofort. (Und korrekte Anführungszeichen benutze ich u.A. deshalb weil mich die falschen irgendwie immer an eine Guillotine erinnern). Vergnügte Grüße, Christian
Ralf Herrmann Geschrieben August 16, 2012 Geschrieben August 16, 2012 Die Schreibweise ohne Verbünde und ohne Unterscheidung von ſ und s ist bereits gut. Aber die Schreibweise mit Verbünden und Unterscheidung von ſ und s ist eben noch ein bißchen besser … eine Kugel Vanilleeis mit Haselnußkrokant und Schokoladensplittern trotzdem noch ein bißchen besser schmeckt. Es ist halt komisch, dass die »Krokant-Variante der Schrift und Schreibung« zufällig dem Stand von vor 100 Jahren entsprechen soll. Wenn das Wortfugen-Problem die Garnierung des Schriftsatzes sein soll, warum dann nicht auch für andere Buchstaben? Warum wird die heute übliche Lösung – nämlich den Bindestrich zur Kenntlichmachung zu benutzen – so konsequent als Lösungsmöglichkeit ignoriert. Ich hab das hier bestimmt schon 20 Mal in den letzen Jahren erwähnt. Da hält man sich einfach die Ohren zu und ruft einfach weiter die Antiqua-Fraktur-Streit-Parolen von vor 100 Jahren in die Menge. Es wird einfach ignoriert, dass man das Wortfugenproblem auch ohne ſ und sogar für sämtliche Buchstaben lösen kann. Augenscheinlich geht es also gar nicht um die Sache, sondern um die Verteidigung der bereits ausgestorbenen Konventionen. Oder warum muss es unbedingt eine ausgestorbene Lösung sein und nicht die heute übliche, die das vermeintliche Problem sogar noch umfassender löst? (Und das würde sowohl für Antiqua-, als auch für Fraktursatz gelten.) Für die Verbünde gilt natürlich das Gleiche. Wenn verbunden dargestellte Digraphen eine Garnierung des Schriftsatzes sind und das Lesen verbessern sollen, warum schaffen wir dann nicht zum Beispiel einen ph-Verbund? Warum soll ch und ck verbunden sein, ph aber nicht? Solche Verbünde würden sogar noch hilfreicher sein als die üblichen Frakturverbünde. Dann könnte ich auch die Wortfugen in Spinnenphobie und Teleskophalter viel schneller erfassen. Ist sowas nicht die Stärke der Verbünde? Warum dann kein ph-Verbund? Wäre doch eine perfekte Garnierung des deutschen Schriftsatzes mit seinen besonderen Wortkombinationen. Man sieht an diesen Beispielen: Es geht nicht um die Sache, sondern darum einen bestimmten Konventionsstand posthum als besser darzustellen. Das funktioniert aber auf faktischer Ebene einfach nicht. Daher sollte man das lieber lassen. Es ist ja auch gar nicht nötig. Die gebrochenen Schriften und ihre besonderen Satzkonventionen haben doch auch aus sich selbst heraus einen besonderen Reiz. Warum dann hier und da und überall immer sofort dieses unnötige Fraktur(-Satz)-ist-aber-wirklich-besser-Gerede. Das ist nicht nur unglaubwürdig – es schadet im Zweifel sogar mehr als es nützt.
Þorsten Geschrieben August 16, 2012 Geschrieben August 16, 2012 Du scheinst meinen Standpunkt immer noch nicht verstanden zu haben. Deshalb noch einmal: Ich glaube nicht, daß eine Fugenkennzeichnung im Wortinneren unverzichtbar ist. Und ich habe das nie behauptet. Sie ist lediglich eine zusätzliche Lesehilfe. Das bezweifle ich. Warum, hat Ralf wieder einmal gut erklärt.
Dieter Stockert Geschrieben August 16, 2012 Geschrieben August 16, 2012 Wenn verbunden dargestellte Digraphen eine Garnierung des Schriftsatzes sind und das Lesen verbessern sollen, warum schaffen wir dann nicht zum Beispiel einen ph-Verbund? Ich denke, dass es Joshua nicht unbedingt darum geht, etwas Neues zu schaffen, weil das für den heutigen Leser vermutlich keine Lesehilfe wäre, sondern eher eine zusätzliche Irritation, zumindest am Anfang, sodass man sich auf die bereits eingeführten Verbünde beschränkt. Dabei fällt mir ein, dass mich vor vielen Jahren, obwohl geübter Leser (auch Fraktursatz), am Anfang das lange s der Antiqua im Reprint der Wieland-Werkausgabe ausgesprochen irritiert und gestört hat. Es war für mich keine Lesehilfe, im Gegenteil.
Pachulke Geschrieben August 16, 2012 Geschrieben August 16, 2012 Wenn verbunden dargestellte Digraphen eine Garnierung des Schriftsatzes sind und das Lesen verbessern sollen, warum schaffen wir dann nicht zum Beispiel einen ph-Verbund? Warum soll ch und ck verbunden sein, ph aber nicht? Solche Verbünde würden sogar noch hilfreicher sein als die üblichen Frakturverbünde. Dann könnte ich auch die Wortfugen in Spinnenphobie und Teleskophalter viel schneller erfassen. Ist sowas nicht die Stärke der Verbünde? Warum dann kein ph-Verbund? Eine ph-Ligatur fände ich wunderbar und auch hilfreich*. Ehrlich gesagt habe ich vor längerer Zeit damit schon mal experimentiert. In gestalterischer Hinsicht hat ein ph-Verbund allerdings seine Tücken. Er bietet sich nicht gerade an. Und eine Ligatur, die nur aus einem Engstand besteht, finde ich unbefriedigend. * Eine ss-Ligatur übrigens auch.
Ralf Herrmann Geschrieben August 17, 2012 Geschrieben August 17, 2012 Ich denke, dass es Joshua nicht unbedingt darum geht, etwas Neues zu schaffen… Schon klar. Es wird aber immer so getan, als ließen sich die Fraktursatzregeln faktisch erklären. Als würden sie einer klaren Logik folgen. Als würde die deutsche Sprache quasi automatisch Verbünde und Sonderbuchstaben wie das lange s hervorbringen bzw. erfordern oder zumindest, dass dies dann der Idealzustand optimaler Lesbarkeit sein könnte. Mit solchen theoretischen Gegenbeispielen will ich nur aufzeigen, dass auf dieser faktischen Ebene nichts zu holen ist, da schon die Fraktursatzregeln selbst keiner rein sachlichen Logik folgen. Auch wenn das seit 100 Jahren einfach gebetsmühlenartig behauptet wird. In gestalterischer Hinsicht hat ein ph-Verbund allerdings seine Tücken. Er bietet sich nicht gerade an. Das gilt für ch-/ck-Verschmelzungen genauso.
Pachulke Geschrieben August 17, 2012 Geschrieben August 17, 2012 Das gilt für ch-/ck-Verschmelzungen genauso. Nein, das kann man so nicht sagen. Zeichne mal ein paar ch-/ck-Ligaturen und dann versuch Dich am ph. Die Schwierigkeit ist eine völlig andere. Besonders bei einer geradstehenden Schrift weiß man gar nicht, wo man da verbinden soll. Wäre das nicht so schwierig, hätten wir heute vielleicht sogar eine ph-Ligatur. Naheliegend ist es ja eigentlich.
Gast bertel Geschrieben August 17, 2012 Geschrieben August 17, 2012 … Wäre das nicht so schwierig, hätten wir heute vielleicht sogar eine ph-Ligatur.Ich glaube kaum, dass Ligaturen entstanden sind, weil es einfach ist, sie zu zeichnen. Naheliegend ist es ja eigentlich.Inwiefern naheliegend?
Ralf Herrmann Geschrieben August 17, 2012 Geschrieben August 17, 2012 Naheliegend ist es ja eigentlich. Und wenn du einmal beim Zeichnen bist, bloß nicht die anderen deutschen Digraphen/Trigraphen vergessen: 1. ch, sch, ph, ng, ie, ou 2. bb, dd, ff, …, ss, ck, tz, dt, aa, ee, oo, ah, äh, eh, ih, …, th, gh, dh, …, (nur in unbetonter Silbe:) el, em, en, er; 3. äu, ei, eu, chs, dsch, (nur in Eigennamen:) zsch, (nur am Stammanfang:) sp und st, (nur im Wortinnern vor Vokal:) ti, (nur am unbetonten Wortende:) ig
Pachulke Geschrieben August 17, 2012 Geschrieben August 17, 2012 Tatsächlich, für die wichtigeren würde ich mir Verbünde wünschen (neben ch, ck, tz also auch ng, ph, sch, st, ie).
Gast bertel Geschrieben August 17, 2012 Geschrieben August 17, 2012 Dann fehlen aber noch die am Wortanfang mit einer Versalie …
Ralf Herrmann Geschrieben August 17, 2012 Geschrieben August 17, 2012 Tatsächlich, für die wichtigeren würde ich mir Verbünde wünschen (neben ch, ck, tz also auch ng, ph, sch, st, ie). Wie definierst du diese Wichtigkeit?
Mueck Geschrieben August 17, 2012 Geschrieben August 17, 2012 In gestalterischer Hinsicht hat ein ph-Verbund allerdings seine Tücken. Er bietet sich nicht gerade an. Und eine Ligatur, die nur aus einem Engstand besteht, finde ich unbefriedigend. *kuliundpapiersuch* *rumkritzel* Naheliegend wäre es, den senkrechten Strich des h in den rechten Bogen des p laufen zu lassen und nicht bis zur Grundlinie ... Aber wie das im konkreten Einzelfall aussähe ... *weiterkritzel* Bei ch böte es sich an, den oberen Bogen spiegelbildlich zum Bogen des h in dessen Stamm laufen zu lassen, sähe herzig aus Hatte schon mal bei einem derzeit festseckenden Fontprojekt mit mehr Ligaturen gespielt und da auch welche für PH, Ph, ph, TH, Th, th, QU, Qu, qu, ... drin, aber der ist gestalterisch so speziell, dass man davon nix verallgemeinern könnte ... * Eine ss-Ligatur übrigens auch. Zwei runde s? Weil langs-s steckt ja in vielen Fonts schon drin, wird aber nach neuer Rechtschreibung oft fälschlich dort verwendet, wo eigentlich ſʒ hingehört Ansonsten böte sich bei den Doppelkonsonanten das gute alte m-Prinzip an: s mit Makron drüber ...
Mueck Geschrieben August 17, 2012 Geschrieben August 17, 2012 Dann fehlen aber noch die am Wortanfang mit einer Versalie … Nicht zu vergessen die mit 2 Versalien für den Versalsatz oder Kapitälchen!
Mueck Geschrieben August 17, 2012 Geschrieben August 17, 2012 Und wenn du einmal beim Zeichnen bist, bloß nicht die anderen deutschen Digraphen/Trigraphen vergessen: 1. ch, sch, ph, ng, ie, ou 2. bb, dd, ff, …, ss, ck, tz, dt, aa, ee, oo, ah, äh, eh, ih, …, th, gh, dh, …, (nur in unbetonter Silbe:) el, em, en, er; 3. äu, ei, eu, chs, dsch, (nur in Eigennamen:) zsch, (nur am Stammanfang:) sp und st, (nur im Wortinnern vor Vokal:) ti, (nur am unbetonten Wortende:) ig Wenn ich so auf meine Sauklaue gucke vom Notizzettel neben mir: Die en-Ligatur verwende ich Und die ung- und ing-Ligatur verwende ich auch, sieht dann schon fast nach arabischen Schritzeichen aus Die chs-Ligatur gibbet doch schon: x! Wird ja sogar schon im Dax notiert!
Ralf Herrmann Geschrieben August 17, 2012 Geschrieben August 17, 2012 Nach gefühlter Häufigkeit. Und warum würde die Häufigkeit die Sinnhaftigkeit/den Nutzen ausmachen?
Joshua K. Geschrieben August 28, 2012 Geschrieben August 28, 2012 Es ist halt komisch, dass die »Krokant-Variante der Schrift und Schreibung« zufällig dem Stand von vor 100 Jahren entsprechen soll. Zufällig ist 1941 die Fraktur und mit ihr das Lang-s abgeschafft worden. Und die Schokoladensplitter (Verbünde) sind in den 70er Jahren mit der Umstellung auf den Lichtsatz außer Gebrauch gekommen. Wenn das Wortfugen-Problem die Garnierung des Schriftsatzes sein soll, warum dann nicht auch für andere Buchstaben? Wie schon mehrmals gesagt: Das s ist einer der häufigsten Buchstaben vor Fugen, möglicherweise sogar der häufigste überhaupt. Daher lohnt sich die Unterscheidung zweier Formen gerade beim s besonders. Zwei Formen aller Buchstaben zu haben hätte natürlich auch Vorteile, wäre aber vielleicht zu viel des Guten: Es wäre abzuwägen, ob der Nutzen zweier Formen eher selten an Fugen vorkommender Buchstaben den Aufwand rechtfertigte. Davon abgesehen muß man sich über folgendes im Klaren sein: Unsere Schrift ist nicht planmäßig erdacht worden, sondern hat sich in der Geschichte nach und nach entwickelt und ist dabei bloß in gewissen Grenzen an unsere Sprache angepaßt worden. Da wir nunmal nichts anderes haben, und die Einführung einer künstlichen neuen Schrift wenig Aussicht auf Erfolg hat, müssen wir uns mit dem, was überliefert ist, begnügen. Das ist sicher nicht das Bestmögliche, aber es ist schon ziemlich gut. Bei der Forderung nach Lang-s und Verbünden geht es also in erster Linie darum, die vorhandenen Mittel so gut wie möglich zu nutzen. Warum wird die heute übliche Lösung – nämlich den Bindestrich zur Kenntlichmachung zu benutzen – so konsequent als Lösungsmöglichkeit ignoriert. Ich hab das hier bestimmt schon 20 Mal in den letzen Jahren erwähnt. Da hält man sich einfach die Ohren zu und ruft einfach weiter die Antiqua-Fraktur-Streit-Parolen von vor 100 Jahren in die Menge. Es wird einfach ignoriert, dass man das Wortfugenproblem auch ohne ſ und sogar für sämtliche Buchstaben lösen kann. Das kann nicht Dein Ernst sein?! Der Bindestrich reißt Löcher in Wörter und unterbricht damit den Lesefluß. Dagegen kann man mit Lang-s und Verbünden gewandt verhalten und nebenbei Fugen markieren, ohne den Lesefluß zu stören. Der Bindestrich ist geeignet, um einzelne Fugen besonders deutlich hervorzuheben; als Ersatz für Lang-s und Verbünde ist er jedoch lediglich eine mangelhafte Notlösung (ähnlich dem SS als ẞ-Ersatz). Für die Verbünde gilt natürlich das Gleiche. Wenn verbunden dargestellte Digraphen eine Garnierung des Schriftsatzes sind und das Lesen verbessern sollen, warum schaffen wir dann nicht zum Beispiel einen ph-Verbund? Hier gilt ebenfalls, was ich oben zum Lang-s geschrieben habe. Ich bin der Meinung, daß man einen Mittelweg gehen sollte, der die wichtigsten Buchstabenfolgen abdeckt. ph gehört in meinen Augen nicht dazu, da der Verbund lediglich in ein paar Fremdwörtern vorkäme; zudem ist die Verbindung graphisch schwierig. Verbünde haben jedoch gegenüber zwei verschiedenen Buchstabenformen (wie beim s) den Vorteil, daß sie nicht eigens gelernt werden müssen. Somit kann jeder, der das möchte, in seine Schriften einen ph-Verbund einbauen. Da hält man sich einfach die Ohren zu und ruft einfach weiter die Antiqua-Fraktur-Streit-Parolen von vor 100 Jahren in die Menge. Man sieht an diesen Beispielen: Es geht nicht um die Sache, sondern darum einen bestimmten Konventionsstand posthum als besser darzustellen. Das funktioniert aber auf faktischer Ebene einfach nicht. Daher sollte man das lieber lassen. Es ist ja auch gar nicht nötig. Die gebrochenen Schriften und ihre besonderen Satzkonventionen haben doch auch aus sich selbst heraus einen besonderen Reiz. Warum dann hier und da und überall immer sofort dieses unnötige Fraktur(-Satz)-ist-aber-wirklich-besser-Gerede. Das ist nicht nur unglaubwürdig – es schadet im Zweifel sogar mehr als es nützt. Lieber Ralf, wie Du siehst, erkläre und begründe ich meine Meinung sachlich und gehe auch auf Eure Argumente ein. Dennoch versuchst Du immer wieder, mich als Dogmatiker hinzustellen. Dabei kommen die einzigen Parolen, die ich hier im Strang finde, von Eurer Seite: Ihr verschließt die Augen vor der Realität — Ihr ruft nur Parolen — Euch geht es gar nicht um die Sache — Ihr wollt doch nur für immer an einem bestimmten Stand festhalten usw. Diese haltlosen Behauptungen zeigen doch, wer hier unsachlich und dogmatisch ist. Und was soll der Verweis auf diese Seiten? Ich weiß, daß die Erklärungen der Frakturfreunde nicht immer richtig und sinnvoll sind; das ändert aber an der Sache nichts und hat auch mit dieser Diskussion hier nichts zu tun. Es geht hier gar nicht darum, ob Fraktur oder Antiqua besser ist, sondern darum, welche Schreibweise (für die Fraktur) am besten ist. Du scheinst meinen Standpunkt immer noch nicht verstanden zu haben. Deshalb noch einmal: Ich glaube nicht, daß eine Fugenkennzeichnung im Wortinneren unverzichtbar ist. Und ich habe das nie behauptet. Wozu dann der Vergleich mit den unverzichtbaren Leerzeichen?!: Ich verstehe wirklich nicht, warum du vor der Realität so die Augen verschließt. Dass besonders Leerzeichen von Schreibern aller Ebenen als unverzichtbar angesehen werden, ist von Milliarden SMS und Twitter-Nachrichten nachdrücklich bewiesen wurden. […] Es wird aber immer so getan, als ließen sich die Fraktursatzregeln faktisch erklären. Als würden sie einer klaren Logik folgen. Als würde die deutsche Sprache quasi automatisch Verbünde und Sonderbuchstaben wie das lange s hervorbringen bzw. erfordern oder zumindest, dass dies dann der Idealzustand optimaler Lesbarkeit sein könnte. Mit solchen theoretischen Gegenbeispielen will ich nur aufzeigen, dass auf dieser faktischen Ebene nichts zu holen ist, da schon die Fraktursatzregeln selbst keiner rein sachlichen Logik folgen. Auch wenn das seit 100 Jahren einfach gebetsmühlenartig behauptet wird. Die Fraktursatzregeln folgen nachvollziehbaren Grundsätzen, und sie sind bis zum Schluß weiterentwickelt worden und daher mit der Zeit auch logischer geworden. Daran wird sich nichts ändern, ganz gleich wie oft Du es gebetsmühlenartig bestreiten wirst. Es mag freilich sein, daß manche den Sinn der Regeln nicht verstehen. 1
RobertMichael Geschrieben August 28, 2012 Geschrieben August 28, 2012 Der Bindestrich reißt Löcher in Wörter und unterbricht damit den Lesefluß. Ich glaube Ralf bezog sich nicht auf die dauerhafte Anwendungen, sondern nur auf die seltenen Fälle in denen der Leser die Wörter vertauschen könnte, sofern dieses nicht durch den Context ersichtlich ist. Bei dem konstruierten Beispiel Wachsstube ist dies hier nicht der Fall. Außerdem bin ich der Meinung das wir uns im Kreis drehen. Joshua und die Befürworter eines lang-s haben Ihre Ansichten, Ralf und Co. haben Ihre Sicht der Dinge... beides wurde klar widerlegt. Mir ist das auch alles zu theoretisch, denn das lang-s wird nicht mehr gelehrt, wenn es jemand von der jüngeren Generationen lesen kann, dann nur weil wir Wortgruppen bzw. Wortformen lesen, ähilnch wie die bepieisle dseeir eipmenerxte. Würde es noch gelehrt werden wäre die Diskussion eine ganz andere – somit ist mir das alles zu theoretisch und ermüdet mich eher.
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