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Anführungszeichen: Guillemets in Belletristik, Gänsefüsschen in Sachbüchern?

Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Hallo zusammen

 

Gut möglich, dass das Thema schon existiert. Ich hab leider nichts gefunden, wusste allerdings ehrlich gesagt auch nicht so genau, wonach ich suchen soll.

 

Mein Problem ist folgendes: Ich bin im Moment daran, eine neue Auflage eines wissenschaftlichen Sachbuchs zu erstellen. Dabei ist mir der ausschliessliche Gebrauch der Gänsefüsschen aufgefallen, der in solchen Texten Standard zu sein scheint (siehe z.B. http://www.amazon.de/Mathematik-f%C3%BCr-Ingenieure-Naturwissenschaftler-Band/dp/383481749X/ oder http://www.amazon.de/Physik-Wissenschaftler-Ingenieure-Paul-Tipler/dp/382741945X/)

 

Frage: Ist das wirklich so und wenn ja, warum? In Zeitungen und in Romanen ist ja die Verwendung von Guillemets der Standard. (Wie herum, sei jetzt mal ausser acht gelassen.) Gibt es da irgendwelche Richtlinien? Eigentlich hatte ich ja vor, auch die Guillemets zu verwenden, aber mittlerweile bin ich etwas verunsichert. Oder hängt das gar vom Verlag ab?

 

Danke im Voraus,

 

Batman

Geschrieben

Hallo!

 

Ich äußere mich mal als Naturwissenschaftler zu dieser Frage.

 

Erstmal geht es ganz allgemein um Sachbücher oder, wie in den verlinkten Beispielen, um naturwissenschaftliche Lehrbücher?

 

In populärwissenschaftlichen Sachbüchern sind mir Guillemets durchaus begegnet ebenso in geistes- oder sozialwissenschaftlichen Texten. Ich meine mich dunkel erinnern zu können, auch schon einmal naturwissenschaftliche Lehrbücher mit Guillemets benutzt zu haben. Wenigstens in der Chemie, der Physik und Mathematik sind auch nach meiner Beobachtung Gänsefüßchen häufiger, eine verbindliche Regel hierzu gibt es meiner Meinung nach nicht.

 

Es gibt aber einige Gründe, die meiner Meinung nach die mehrheitliche Verwendung der Gänsefüßchen erklären:

 

1. In formellastigen naturwissenschaftlichen Lehrbüchern werden meist auch die größer als/kleiner als Zeichen verwendet, gerne auch in doppelter Ausführung (viel größer als/viel kleiner als). Auch spitze Klammern haben ihre Berechtigung. Gänsefüßchen unterscheiden sich optisch stärker von diesen Zeichen, was die Verwechslungsgefahr reduziert. Gerade bei den genannten Beispielen, die sich an Studienbeginner richten ist dieser Punkt nicht zu vernachlässigen. (Am Rande bemerkt:  In manchen Schriften sind das kursive v und das griechische »nu« kaum voneinander zu unterscheiden, trotzdem werden sie in einigen Lehrbüchern in der gleichen Formel(zeile) verwendet.)

 

2. Die Texte der Lehrbücher werden von (Natur-)Wissenschaftlern verfasst, die im Allgemeinen keine (Hobby-)Typographen sind. Naturwissenschaftler arbeiten meistens mit Word, OpenOffice oder LaTeX. Die deutschen und englischen Spracheinstellungen dieser Programme sehen standardmäßig die Verwendung von Gänsefüßchen vor. Vielen meiner Kollegen ist gar nicht bekannt, dass es mit Standardprogrammen auch möglich ist Guillemets zu nutzen (geschweige denn, wie man diese automatisch generieren könnte). Der Aufwand, der für die typographische Nachbearbeitung der Texte betrieben wird, ist dann abhängig von Verlag, Verkaufspreis und Auflage.

Bei einem typischen Standardlehrbuch für Studienanfänger mit hoher Auflage ist der Aufwand für die graphische Gestaltung oftmals höher. Bei gedruckten Dissertationen, speziellen Monographien oder auch in Verlagen puplizierten Vorlesungsskripten wird aber (so sehen die Texte manchmal aus) gedruckt wie angeliefert. Die Zahl der gedruckten (Pflicht-)Exemplare liegt dabei aber oft nur im dreistelligen Bereich.

 

Für was sollen die Anführungszeichen denn verwendet werden: Kennzeichnung wörtlicher Zitate? Auszeichnung fremdsprachlicher Fachbegriffe? Kennzeichnung umgangssprachlicher, wissenschaftlich unpräziser, Erklärungen?

 

Schöne Grüße

Stephan

Geschrieben

Hallo Stephan

Danke für deine Antwort!
 

Erstmal geht es ganz allgemein um Sachbücher oder, wie in den verlinkten Beispielen, um naturwissenschaftliche Lehrbücher?

In meinen konkreten Fall geht es um ein naturwissenschaftliches Lehrbuch.
 

1. In formellastigen naturwissenschaftlichen Lehrbüchern werden meist auch die größer als/kleiner als Zeichen verwendet, gerne auch in doppelter Ausführung (viel größer als/viel kleiner als). Auch spitze Klammern haben ihre Berechtigung. Gänsefüßchen unterscheiden sich optisch stärker von diesen Zeichen, was die Verwechslungsgefahr reduziert. Gerade bei den genannten Beispielen, die sich an Studienbeginner richten ist dieser Punkt nicht zu vernachlässigen.

Danke für diesen Hinweis! Das hatte ich in der Tat nicht bedacht. Allerdings kommen die «viel grösser/kleiner als»-Zeichen in «meinem» Buch nicht vor, insofern ist das vielleicht nicht ganz so wichtig. Und die Gänsefüsschen wiederum haben den Nachteil, dass sie sich optisch nicht so stark von Komma und Apostroph unterscheiden, die ja beide wesentlich häufiger vorkommen.

 

2. Die Texte der Lehrbücher werden von (Natur-)Wissenschaftlern verfasst, die im Allgemeinen keine (Hobby-)Typographen sind. Naturwissenschaftler arbeiten meistens mit Word, OpenOffice oder LaTeX. Die deutschen und englischen Spracheinstellungen dieser Programme sehen standardmäßig die Verwendung von Gänsefüßchen vor. Vielen meiner Kollegen ist gar nicht bekannt, dass es mit Standardprogrammen auch möglich ist Guillemets zu nutzen (geschweige denn, wie man diese automatisch generieren könnte). Der Aufwand, der für die typographische Nachbearbeitung der Texte betrieben wird, ist dann abhängig von Verlag, Verkaufspreis und Auflage.
Bei einem typischen Standardlehrbuch für Studienanfänger mit hoher Auflage ist der Aufwand für die graphische Gestaltung oftmals höher. Bei gedruckten Dissertationen, speziellen Monographien oder auch in Verlagen puplizierten Vorlesungsskripten wird aber (so sehen die Texte manchmal aus) gedruckt wie angeliefert. Die Zahl der gedruckten (Pflicht-)Exemplare liegt dabei aber oft nur im dreistelligen Bereich.

Da hast du leider recht. Allerdings habe ich das grosse Glück, mit Leuten zusammenzuarbeiten, denen die Typografie auch extrem wichtig ist, und deshalb streben wir auch in dieser Hinsicht Perfektion an.

 

Für was sollen die Anführungszeichen denn verwendet werden: Kennzeichnung wörtlicher Zitate? Auszeichnung fremdsprachlicher Fachbegriffe? Kennzeichnung umgangssprachlicher, wissenschaftlich unpräziser, Erklärungen?

Zitate und umgangssprachliche Formulierungen. Beim Durchsehen fällt mir gerade auf, dass man einige Gänsefüsschen (die nicht in eine dieser beiden Kategorien fallen) durchaus durch eine andere Art der Hervorhebung ersetzen könnte.

 

Ich werde mal noch weitere Antworten abwarten – nichtsdestotrotz tendiere ich jetzt tatsächlich eher etwas zu den Gänsefüsschen.

Liebe Grüsse

Batman

Geschrieben

Kann es sein, daß es sich um eine Verwirrung handelt? Ein einzelner Gänsefußabdruck hat durchaus Ähnlichkeit mit einfachen, mit der Spitze nach außen stehenden Guillemets. Die Tüttelchen oben und unten dagegen kann ich nicht als Gänsefuß erkennen, oder muß man da den Kopf irgendwie drehen? Oder den Fuß im Stück braten?

Geschrieben

Ich werde mal noch weitere Antworten abwarten – nichtsdestotrotz tendiere ich jetzt tatsächlich eher etwas zu den Gänsefüsschen.

 

 

Wo erscheint das Buch denn bzw. wo wird es hauptsächlich gelesen werden. Mir scheint, die Konvention ist in Deutschland und der Schweiz nicht gleich. Wohl, weil die Schweizer auch etwas näher an Frankreich sind, wo Guillemets ja die normale Form sind. 

 

Kann es sein, daß es sich um eine Verwirrung handelt? Ein einzelner Gänsefußabdruck hat durchaus Ähnlichkeit mit einfachen, mit der Spitze nach außen stehenden Guillemets. Die Tüttelchen oben und unten dagegen kann ich nicht als Gänsefuß erkennen, oder muß man da den Kopf irgendwie drehen? Oder den Fuß im Stück braten?

 

Ja, hier haben wir wieder so einen Fall, wo sich die (vermeintlich falsche) Konvention schon so verselbstständigt hat, dass es kein zurück mehr gibt ohne noch mehr Verwirrung zu stiften. „Diese Form“ heißt tatsächlich heutzutage Gänsefüßchen, auch wenn man meinen sollte, dass »diese Form« dem Wort eher gerecht wird. Alternativ zu Guillemets gibt es daher übrigens noch »Möwchen«. 

Geschrieben

Welche Art der Anführungszeichen zu verwenden ist, ist meist eine Frage der Konvention: In welchem Verlag erscheint das Buch, gibt es eventuell feste Vorgaben für die Gestaltung? Für welches Fachpublikum ist das Buch geschrieben, gibt es bestimmte typografische Erwartungen dieses Publikums?

Ich habe z.B. für philosophische Texte immer selbstverständlich Guillemets verwendet, bis ich es mit einem Text aus der analytischen Philosophie zu tun hatte und die Autorin darauf hingewiesen hat, dass bei den zahlreichen formelhaften Ausdrücken in Anführungszeichen die Mehrheit der Leser stolpern wird, wenn ich Guillemets verwende. Die Zielgruppe der Texte erwartet einfach eine andere Form. Guillemets hätten durchaus typografische Vorteile gehabt; das war aber zweitrangig, wichtiger war die Konvention.

Geschrieben

Hallo!

 

Ich habe mal einige Lehrbücher, (schwerpunktmäßig Physik, Chemie, speziell physikalische Chemie und Mathematik) meiner Sammlung, bzw. der Institutsbibliothek (physikalische Chemie) durchblättert. Dominierend ist die Verwendung der Gänsefüßchen in naturwissenschaftlichen Lehrbüchern. Meine Stichprobe führt zu folgendem Ergebnis:

 

In englischen Lehrbüchern ausschließlich englische Gänsefüßchen.

 

In deutschsprachigen Büchern der Verlage Wiley-VCH, Springer, Thieme, Teubner, Spektrum und de Gruyter ausschließlich Gänsefüßchen.

 

Pearson-Verlag: Unterschiedlich, einige Bücher benutzen deutsche Guillemets andere Gänsefüßchen.

 

Sauerländer (schweizer Verlag): Französische Guillemets, allerdings handelt es sich dabei um Bücher der organischen und anorganischen Chemie in denen wenig mathematische Formeln vorkommen.

 

Gruß Stephan

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