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Gebrochene Schrift im Dritten Reich

Empfohlene Beiträge

Geschrieben (bearbeitet)

Das „Dritte Reich“ … wurde von Schriftkünstlern, Schriftherstellern
und Druckern in Wort und Bild und Sprachgebrauch in eilfertigem
Tempo angenommen. […]
Kleinbürgerliche Banalität und unaufrichtiges Pathos dokumentieren eine
peinliche Verführbarkeit und Verfügbarkeit. Widerstand wurde schneller
gebrochen, als er bekannt wurde. […]
Das beschämend schnelle Mitmachen offenbarte einen Nationalcharakter,
der uns heute noch zu schaffen macht.

Kurt Weidemann, 1997

bearbeitet von Ralf Herrmann
Betrag wegen der entstandenen Diskussion abgetrennt
Geschrieben

Ich glaube weder, daß jeder, der eine dieser häßlichen Schriften verbrochen hat, deshalb automatisch Nazi war noch daß Kurt Weidemann mit seinen plakativen Formulierungen recht hat und es einen »Nationalcharakter« gibt. Das würde ja bedeuten, daß Kommunisten und Juden und sogenannte Juden (den Nazis ging es nicht um die Religion) keine Deutschen waren.

Geschrieben

Ich glaube weder, daß jeder, der eine dieser häßlichen Schriften verbrochen hat, deshalb automatisch Nazi war...

 

Dass nicht alle Designer von »Schaftstiefel-Schriften«

Parteigänger der Nazis waren, wird am Beispiel von Berthold Wolpe

deutlich. Er emigrierte wegen seines jüdischen Glaubens bereits

1935 nach England. 1934 schuf er mit der »Deutschmeister«

(Wagner, Leipzig) und der »Sachsenwald-Gotisch« (Monotype) zwei für

die damalige Zeit typische Schriften im Stil »schlichte Gotisch«.

Geschrieben

… eine dieser häßlichen Schriften …

 

Ich finde diese Kreuzungen aus Gotischen und Grotesk-Schriften graphisch ziemlich interessant und würde mir wünschen, man könnte in verschiedenen Zusammenhängen unbefangen damit »spielen«, ohne daß im Hinterkopf des Durchschnitts-Rezipienten gleich ein Nazi-Film anläuft.

 

 

 … Juden und sogenannte Juden (den Nazis ging es nicht um die Religion) …

 

Die Frage, ob es sich beim Judentum um eine Religions- oder eine Volkszugehörigkeit handelt, ist zunächst ja unter Juden selbst höchst umstritten (vgl. israelisches Staatsbürgerschafts- und Einwanderungsrecht). Aber das ist ein weites Feld und sicher auch kein Primärthema für dieses Forum.

Geschrieben

Die Frage, ob es sich beim Judentum um eine Religions- oder eine Volkszugehörigkeit handelt, ist zunächst ja unter Juden selbst höchst umstritten (vgl. israelisches Staatsbürgerschafts- und Einwanderungsrecht). Aber das ist ein weites Feld und sicher auch kein Primärthema für dieses Forum.

Unter den säkularisierten deutschen ehemaligen Juden, deren Judentum von den Nationalsozialisten entdeckt und in Rasse umgewandelt wurde, war es nicht umstritten, nehme ich an. Denen war das Judentum eher recht gleichgültig, bis es sich als Schicksal erwies.

Geschrieben

Ich glaube weder, daß jeder, der eine dieser häßlichen Schriften verbrochen hat, deshalb automatisch Nazi war …

 

Das hat ja auch keiner behauptet. Es wird davon gesprochen, was »in Wort und Bild und Sprachgebrauch aufgenommen« wurde. Viele Texte, Schriften und Schriftmuster von Schriftgestaltern und -herstellern bedienen zu der Zeit klar eine nationalistisch geprägte Ideologie und die Schriften empfehlen sich mit ihrer Gestaltung, ihren Namen und Schriftmustern für eine entsprechende Anwendung. Damit ist man freilich nicht automatisch ein Nazi. Gerade die Schrifthersteller mögen womöglich vor allem ans Geschäft gedacht haben und boten eben die nachgefragten Stile der Zeit an. Und freilich kann man den Stil der »schlichten Gotisch« aus Sicht des Schriftgestalters auch völlig unpolitisch sehen. In Verbindung mit entsprechenden Texten und Schriftmustern verlieren sie dann allerdings schnell ihre Unschuld. 

  • Gefällt 2
Geschrieben

Ich finde das Zitat von Kurt Weidemann recht ärgerlich, weil

a) es zu implizieren scheint, daß die genannten Berufsgruppen irgendwie anders sein könnten oder sollten als alle anderen Leute,

b) er womöglich seine eigene Begeisterung fürs Dritte Reich als junger Mann damit auf alle anderen überträgt, quasi als Entschuldigung, aber das weiß ich nicht, das spekuliere ich, weil er auf eine Nazi-Spezialschule ging; und als blutjunger Kriegsfreiwilliger (1940 mußte man schon begeistert sein, um freiwillig in den Krieg zu ziehen, oder?) es zum Leutnant brachte,

c) es durchaus auch unter den genannten Andersdenkende und Widerständler gab, wie auch in anderen Berufsgruppen und

d) es keinen deutschen Nationalcharakter gibt.
 

Der Zusammenhang zwischen dem Wirrwarr Kurt Weidemanns und den Schaftstiefelgrotesken ist mir auch unklar. Diese Schriften sind sicherlich eine deutsche Eigenheit der 1930er Jahre, weil sonst niemand mehr gebrochene Typen hatte, und sie waren ein Versuch, sie ans Industriezeitalter anzupassen, was die Nazis gut gebrauchen konnten, weil sich die alten gebrochenen Typen als modern zu zeigen schienen (in meinen Augen taugen sie einfach grafisch nichts, weil sie klobig sind und ohne Eleganz, es gab da auch andere, die allerdings keine so nationalistischen Namen hatten), und modern waren die Nazis ja. Aber der von Boernie mit dem Bild zum Zitat nahegelegte Rückschluß, eine dieser häßlichen Schriften enthalte schon den ganzen Nationalsozialismus und ihre Schöpfer wären daran erkennbare Nationalsozialisten und das würde irgendwie das Weidemann-Zitat belegen, scheint mir ein Irrtum zu sein.

  • Gefällt 1
Geschrieben

Aber der von Boernie mit dem Bild zum Zitat nahegelegte Rückschluß,

eine dieser häßlichen Schriften enthalte schon den ganzen Nationalsozialismus

und ihre Schöpfer wären daran erkennbare Nationalsozialisten und das

würde irgendwie das Weidemann-Zitat zu belegen...

Entschuldigung, aber was Du mir da in den Mund legen möchtest,

ist völlig inakzeptabel. Hättest Du meine Internetseite »Frakturverbot«

unter www.vau-ef-be.beepworld.de aufmerksam gelesen, würdest Du

sicherlich sachlicher argumentieren!

 

Geschrieben

Ich versteh auch nur Bahnhof, bzw. das, was Herr Schröder auch verstanden hat.

Der »andere Kontext« mag vielleicht irgendwo im Artikel »Frakturverbot« auf boernies Internetseite stehen, aber dafür ist mir der Text dort ehrlich gesagt zu lang. Wäre halt einfacher das Zitat mit einer groben Stellungnahme/Frage ala »seht ihr das auch so?«, oder »was schreibt Weidemann denn für einen Blödsinn da?« zu versehen.

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