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Fette Fraktur ist älter als die Venezianische Renaissance-Antiqua

Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Ich korrigiere gerade die Abschlussprüfung für den Beruf "Mediengestalter Digital und Print".

Und da wollte ich mal eine zweite Meinung einholen, weil die Musterlösung einer Aufgabe nach meiner Meinung falsch ist.

 

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Es geht um die Teilaufgabe a)

Die Musterlösung ist: 3, 1, 2, 4

 

Findet das außer mir jemand merkwürdig?

Geschrieben

Findet das außer mir jemand merkwürdig?

 

Durchaus. Wenn bei der Fraktur der allgemeine Begriff »gebrochene Schrift« maßgeblich sein sollte, dann müßte bei der Renaissance-Antiqua auch der allgemeine Begriff »Antiqua« maßgeblich sein. Bei beiden Begriffspaaren (Antiqua vs. gebrochene Schrift oder Renaissance-Antiqua vs. Fraktur) würde man zu einer anderen  Sortierung kommen, auch wenn man sich beim zweiten Begriffspaar vielleicht um ein paar Jahre streiten könnte.

Aber das falsche Schluß-s in Beiſpiel ist für eine Mediengestalter-Prüfung schon ziemlich starker Tobak.

Geschrieben

Durchaus. Wenn bei der Fraktur der allgemeine Begriff »gebrochene Schrift« maßgeblich sein sollte, dann müßte bei der Renaissance-Antiqua auch der allgemeine Begriff »Antiqua« maßgeblich sein.

Nicht, wenn man von den DIN-Klassifikationsgruppen ausgeht, die die Azubis hier bestimmt lernen mussten.

Aber das falsche Schluß-s in Beiſpiel ist für eine Mediengestalter-Prüfung schon ziemlich starker Tobak.

Ist ja nicht »falsch«, nur nicht »traditionell«.

Geschrieben

Gefragt ist, die Entstehungszeiten der abgebildeten konkreten Schriftbeispiele in die richtige Reihenfolge zu bringen.

 

Hier wird nicht nach Schriftklassifizierungen gefragt, was übrigens zu zeitlichen Einordnung von Antiquas vs gebrochener Schriften wenig taugt, da sich diese zum Teil zeitlich parallel entwickelt haben.

 

Jedenfalls ist doch die abgebildete "Fette Fraktur" aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Und da wäre es doch zumindest denkbar, dass die abgebildete venezianische Renaissance-Antiqua älter sein könnte, oder?

 

Ist das spitzfindig? Genauso wie das falsche s in Beispiel? Immerhin ist der Mediengestalter der Nachfolger des Schriftsetzers …

Geschrieben

Gefragt ist, die Entstehungszeiten der abgebildeten konkreten Schriftbeispiele in die richtige Reihenfolge zu bringen.

 

Wenn dem so wäre, dann wäre die Fette Fraktur (1850) älter als die Berkeley (1983).

 

(Die Aufgabenstellung spricht aber nicht von konkreten Schriftbeispielen, sondern von charakteristischen Schriften vierer Epochen.)

Geschrieben (bearbeitet)

Nicht, wenn man von den DIN-Klassifikationsgruppen ausgeht, die die Azubis hier bestimmt lernen mussten.

Dann sollte aber die Frage entsprechend gestellt sein. Es sollen eben nicht die »Schriftbeispiele« geordnet werden (wie es da steht), sondern die Schriftstile. (Ersteres ist sowieso praktisch unmöglich.)

 

Ist ja nicht »falsch«, nur nicht »traditionell«.

Aber vor 1996 war es eben tatsächlich falsch und bis ca. 1950 gänzlich unüblich. Es gab zwar sehr vereinzelte Ausnahmen davor, aber wenn mich jemand bäte dieses Schriftbeispiel zeitlich einzuordnen, wäre meine Antwort, dass es zu 99,9 % nach 1950 entstanden sei.

bearbeitet von Wrzlprmft
Geschrieben

Dann sollte aber die Frage entsprechend gestellt sein. 

 

Ich versuche ja auch nur zu deuten, wie es gemeint sein könnte. Letztlich prüft die Frage ja etwas ab, was vorher gelehrt wurde. Ohne diese Inhalte zu kennen, kann man sicherlich sagen, dass die Frage zu unklar ist und und verschiedene Antwortkombinationen möglich sind. 

Geschrieben

Wenn dem so wäre, dann wäre die Fette Fraktur (1850) älter als die Berkeley (1983).

 

Danke.

Wenn Beispiel 1 die Berkley ist, dann stimmt ja die Reihenfolge der Musterlösung.

Geschrieben

Wenn Beispiel 1 die Berkley ist, dann stimmt ja die Reihenfolge der Musterlösung.

Nein, dies geht davon aus, dass die Entstehungszeit der individuellen Schriften gefragt ist. Dann wäre aber die korrekte Reihenfolge (vorausgesetzt ich habe alle korrekt identifiziert):
  • Fette Fraktur (1850, 3)
  • Letter Gothic (1962, 2)
  • Berkeley (1983, 1) – andererseits ist die wiederum aus der University of California Old Style (1938) entstanden
  • Shuriken Boy (1996, 4)
So oder so kann niemand ernsthaft von den Prüflingen erwarten, alle Schriften zu identifizieren und auch noch das Entstehungsjahr zu kennen.

Ich könnte mich auch noch auf den Standpunkt stellen, dass die Entstehungszeit der tatsächlichen Beispiele gefragt ist. Dann wäre die korrekte Antwort die Reihenfolge, in der der Mensch, der die Aufgabe erstellt hat, die Beispiele gebastelt hat (und also unbekannt).

Geschrieben

Zumindest wäre es aber zutiefst ungerecht, die Antwort dann als falsch zu werten, wenn der Prüfling jetzt es tatsächlich hin bekommt, die abgebildeten konkreten Schriften genau zu bestimmen, und davon zufällig auch das zumindest ungefähre Erstellungsjahr weiß.

Geschrieben

Gute Lehrer würde Extrapunkte geben für eine schlüssige Alternativlösung. Diese bedürfte allerdings der Erläuterung – ist die Frage, ob dafür in Multiple-Choice-Prüfungen Platz ist. 

Geschrieben

Ich finde allerdings auch Multiple-Choice-Fragen, die zu mehreren richtigen Antworten führen können nicht einmal schlimm, wenn dann die folgende Frage lautet: Wie sind sie auf diese Reihenfolge gekommen. Ist das dann zur angegebenen Reihenfolge schlüssig, sollte das dann auch als Richtig bewertet werden.

Schließlich muss man ja auch lernen, dass es eben recht oft nicht nur eine richtige Lösung gibt, selbst wenn die Lösungen sich zu widersprechen scheinen.

  • Gefällt 1
Geschrieben

Gute Lehrer würde Extrapunkte geben für eine schlüssige Alternativlösung. Diese bedürfte allerdings der Erläuterung – ist die Frage, ob dafür in Multiple-Choice-Prüfungen Platz ist.

Das ’walte Hugo!

 

Es sollte eigentlich nicht zum Schaden der Prüflinge sein, deren richtige Antwort an von der Musterlösung abweicht.

 

Ich habe aber leise Zweifel, dass das alle Prüfer bei dieser bundesweit einheitlichen Prüfung berücksichtigen werden …

Dieser Prüfungsteil ist übrigens nicht Multiple Choice.

 

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