Lars Kähler Geschrieben März 22, 2015 Geschrieben März 22, 2015 Moinsen! Ernsthaftes Anliegen: Wie setzt man korrekt Fraktur, wenn doch die Zielgruppe weder mit den Ligaturen, den Sonderzeichen wie ß (auch dem kleinen) und deutschen Umlauten nichts anfangen kann? Weil sie nämlich Englisch spricht und denkt bzw. Amerikanisch? Ich verrat’s schon mal: Es geht um das umstrittene (ja? bei wem?) »Handbuch der Frakturschriften«, das ich in die englische Sprache übertragen möchte: »Manual of Blackletters«. Im Gegensatz zum eher spielerischen Umgang mit dieser Schriftensippe im Buch »Fraktur mon amour« handelt es sich sich hierbei um den Versuch einer so weit wie nur irgendwie möglichen Übersicht über alle jemals herausgebrachten Frakturschriften. Der Herausgeber wird auch nicht Delbanco sein, sondern ein englischer Verlag. Seite 59 wird auf meinen ausdrücklichen Wunsch hin gestrichen. Politische Aussagen haben IMNSHO in einem Fachbuch nichts zu suchen. P.S.: Auch ein Martin Z. Schröder ist bei dieser Diskussion herzlich willkommen. Er möge nur mit überbordenden Ausbrüchen ein ganz klein wenig zurückhaltender sein als bisher. – Und ganz allgemein gesagt bitte ich darum, diese durchaus ernsthaft gemeinte Anfrage so zu behandeln, dass sich die Moderatoren nicht wieder gezwungen sehen, den Thread zu schließen. Demokratie ist machbar, Frau Nachbar!
Phoibos Geschrieben März 22, 2015 Geschrieben März 22, 2015 Fraktursatz sollte sich imo nach den gebräuchlichen Regeln der Anwender(zeit) richten, vielleicht mit der Ausnahme des Lang-S. Oder Du suchst Dir einen beliebigen Punkt in der Orthographie-Geschichte, erklärst diesen als Point of No Return, ab dem alles nur noch den Bach runtergeht und alles davor für sakrosankt. Oder Du forschst nach statistischen Häufungen in Deiner Zielsprache (BE und AE haben durchaus unterschiedliche Entwicklungen) und entwickelst daraus eine Orthographie.
Ralf Herrmann Geschrieben März 22, 2015 Geschrieben März 22, 2015 http://www.typografie.info/3/topic/31894-langes-s-auch-in-fremdsprachen/
Lars Kähler Geschrieben März 22, 2015 Themen-Ersteller Geschrieben März 22, 2015 Danke, den Thread habe ich jetzt komplett gelesen. Das Dumme an diesen Internet-Diskussionen ist, dass das Thema grundsätzlich zerfledert wird, bis nur noch Fetzen vom Armgelenk herunterhängen, die eigentliche Frage aber so gut wie nie abschließend beantwortet werden kann. Hilfreicher als jeder Link auf wiederum nur ungares Gebrabbel wäre jedoch die konkrete persönliche Aussage gewesen, Ralf. Und da Du Dich glaube ich besser mit aktuellen Trends auskennst als ich, bitte ich ganz konkret um Deine und Eure Empfehlung in diesem Fall. Und – ja – ich habe auch den Wikipedia-Artikel fast komplett gelesen. Ich persönlich neige dazu, das Lang-s eher wegzulassen, da wir ja im Gegensatz zur ersten (deutschen) Auflage nunmehr den Weltmarkt ansprechen. Das »ß« fällt dann auch besser weg, das versale ohnehin. Die Ligatur »st« werde ich nicht verwenden und auch nicht die echten Umlaute, sondern stattdessen ae, ue, oe. Meines Erachtens geht es *nicht* darum, mich für eine bestimmte Festlegung zu entscheiden, die im Übrigen so rein gar nichts mit Orthografie zu tun hat. Das ist Satztechnik reinsten Wassers, aber ich kann doch, nur weil ich selbst ein Deutscher bin, nicht dem Rest der Welt deutsche Regeln verordnen.
catfonts Geschrieben März 22, 2015 Geschrieben März 22, 2015 Ich personlich würde dort, wo englische Texte in Fraktur gesetzt werden sollen, auch eine typisch englische (Old English) Blackletter verwenden, und dann vielleicht eine Tabelle der jeweiligen Stile der gebrochenen Schriften mit ihren besonderen, möglicherweise missverständlichen Buchstabenformen und Ligaturen. Schließlich gibt es ja ähnlich wie in den in Deutschland gebräuchlichen gebrochenen Schriften, mit dem oft als U missverstandenen Am, dem schlanken k, dem aus dem r mit Swash gebildetem x und dem oft als k fehlgedeutetem tz ja auch für unsere Augen ungebräuchliche Formen in den insularen gebrochenen Schriften, z.B. f, g, r, t:
Wrzlprmft Geschrieben März 22, 2015 Geschrieben März 22, 2015 Ernsthaftes Anliegen: Wie setzt man korrekt Fraktur, wenn doch die Zielgruppe weder mit den Ligaturen, den Sonderzeichen wie ß (auch dem kleinen) und deutschen Umlauten nichts anfangen kann? Weil sie nämlich Englisch spricht und denkt bzw. Amerikanisch? Ich denke nicht, dass es irgendeine spezielle Ausprägung des Fraktursatzes gibt, die im Englischen mit irgendeiner Berechtigung »korrekter« anzusehen ist als irgendeine andere, da der Fraktursatz schon lange ausgestorben ist und deutlich weniger gegenwärtig ist als im Deutschen. (Etwas anders ist es mit gebrochenen Schriften im Allgemeinen, um die es hier aber nicht geht, wenn ich das richtig verstehe.) Ich frage mich, wo Probleme mit dem Eszett oder den Umlauten entstehen sollten, da sie in der englischen Sprache eh nicht auftauchen. Die einzige Ausnahme sind deutsche Eigennamen oder Beispiele, die der Leser sowieso nur dann verstehen kann, wenn er des Deutschen mächtig ist, in welchem Falle ihn ein Umlaut oder Eszett auch nicht stören sollte. Letzten Endes hängt die Frage, wie Du etwas setzt davon ab, welches Publikum Du erwartest: Wenn Du möchtest, dass das alles möglichst einfach zu lesen ist, darfst Du den Text gar nicht in Fraktur setzen – was natürlich in einem Buch über Fraktur etwas seltsam ist. Wenn Du den Text in Fraktur setzen möchtest, aber er möglichst leicht lesbar sein soll, würde ich auf eine Fraktur mit möglichst modernen Buchstabenformen zurückgreifen und kein langes s nutzen. Ligaturen können beibehalten werden, da das tz als einzige Ligatur, die Leseprobleme bereitet, im Englischen praktisch nicht auftaucht – genausowenig wie das Eszett und die Umlaute (s. o.). Schließlich kann man dem runden s im Wortinnern den Schwung nehmen. Solltest Du Dich hierfür entscheiden, habe ich schon mal was vorbereitet (die letzen beiden Seiten). Die sonstigen Details des Fraktursatzes (z. B. Sperren als Auszeichnung, Antiqua für romanische Fremdwörter, usw.) dürften kein Problem darstellen. Denkst Du hingegen, dass Deine Leser Freude an einem Fraktursatz haben, der möglichst den deutschen Fraktursatz des 19. und 20. Jahrhunderts nachahmt (aus dem ja die meisten präsentierten Schriften stammen dürften), dann kannst Du auch voll ins Register greifen, und eine ganz normale Fraktur mit langem s nehmen. Für das lange s kannst Du Dich dann entweder an den deutschen Regeln orientieren und Parallelen ziehen oder die typografischen Konventionen nehmen, wie sie weitestgehend üblich waren, sprich: Rundes s am Ende von Wörtern und vor Zeichen mit problematischen Oberlängen, für die keine entsprechende Ligatur existiert; langes s sonst. 1
Ralf Herrmann Geschrieben März 23, 2015 Geschrieben März 23, 2015 Wenn Du möchtest, dass das alles möglichst einfach zu lesen ist, darfst Du den Text gar nicht in Fraktur setzen – was natürlich in einem Buch über Fraktur etwas seltsam ist. Warum sollte das seltsam sein? Ein Buch über Kalligrafie ist ja auch nicht automatisch handgeschrieben. Jenseits von Überschriften würde ich so ein Buch auch nicht in gebrochener Schrift setzen. Die Zielgruppe ist ohnehin schon klein. Man muss sie durch Schriftwahl nicht noch weiter verkleinern. 3
gutenberger Geschrieben März 23, 2015 Geschrieben März 23, 2015 Das Dumme an diesen Internet-Diskussionen ist, dass das Thema grundsätzlich zerfledert wird, bis nur noch Fetzen vom Armgelenk herunterhängen, die eigentliche Frage aber so gut wie nie abschließend beantwortet werden kann. Warum fragst Du denn dann hier noch? Die Lang-S-Frage wurde dort doch sehr zufriedenstellend beantwortet. Ich persönlich neige dazu, das Lang-s eher wegzulassen, da wir ja im Gegensatz zur ersten (deutschen) Auflage nunmehr den Weltmarkt ansprechen. Das »ß« fällt dann auch besser weg, das versale ohnehin. Die Ligatur »st« werde ich nicht verwenden und auch nicht die echten Umlaute, sondern stattdessen ae, ue, oe. Was wäre denn dann noch übrig an Fragen? Wenn du eh in Englisch schreibst, brauchst du doch sowieso nur die Lang-S-Frage klären und gut ist. , das ich in die englische Sprache übertragen möchte Na hoffentlich sind Autor und Verlag eingeweiht und einverstanden. Wobei ich mich schon frage, welcher seriöse Verlag, der "den Weltmarkt anpeilt", eine solche Übersetzung ins Englische oder Amerikanische einem Deutschen überträgt, der obendrein offenbar völlig neu auf diesem Gebiet ist ...
Wrzlprmft Geschrieben März 23, 2015 Geschrieben März 23, 2015 Warum sollte das seltsam sein? Ein Buch über Kalligrafie ist ja auch nicht automatisch handgeschrieben. Jenseits von Überschriften würde ich so ein Buch auch nicht in gebrochener Schrift setzen. Die Zielgruppe ist ohnehin schon klein. Man muss sie durch Schriftwahl nicht noch weiter verkleinern. Ich schrieb ja auch nur »etwas seltsam« und ich denke schon, dass der geneigte Leser nach ein paar Seiten Übung einigermaßen gut vorankommen wird und die Lage also nicht ganz so schlimm ist. Außerdem kann ja auch sein, dass die Zielgruppe Leute sind, die Fraktur »erleben« wollen, oder Fraktur-Enthusiasten anderer Länder. Wer sich ˈÆlɪsɪz Ədˈventʃəz ɪn ˈWʌndəˌlænd kauft, wird sich wohl auch kaum beschweren, dass es nicht Seite an Seite IPA und normales Englisch enthält. Letzten Endes hängt aber alles von der Zielgruppe ab, denn wenn eine hinreichend große solche nicht identifiziert wurde, dürfte das ganze Unterfangen ein ziemlich unprofitables werden.
Lars Kähler Geschrieben März 23, 2015 Themen-Ersteller Geschrieben März 23, 2015 Au weia, was habe ich da bloß ausgelöst hier! Selbst die deutsche, fertige Ausgabe des Handbuchs enthält im Fließtext *keine* Fraktur. Das hätte ich schreiben müssen. Der Verleger wollte das zwar ursprünglich gern, jedoch haben der Verfasser und ich ihm das ausreden können. Verwendet haben wir stattdessen die »Palatino« von Linotype, nur für die Headlines die »Wohe-Fraktur«. Aber auch »nur« für diese war meine Frage berechtigt und ist auch von Euch gründlich diskutiert und gelöst worden. Vielen Dank!
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