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Kurrentsatz-Technik

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Geschrieben

Mein Freund und Kupferstecher!

 

Solche Kurrent-Fibeln waren in der Regel Kupferstiche, für große Auflagen auch Stahlstiche, die dann mir höchstwer Präzision direkt nach der gezeichneten Vorlage von Hand gestochen wurden. Die Kupferstecher dieser Zeit waren wirklich gut, und bekamen wirklich jeden Buchstaben nahezu 100%ig gleich hin.

 

Im Schreibunterricht vor Sütterlin mussten die Kinder ja noch "wie gestochen" schreiben lernen, schafften sie dies nicht, gab es Hiebe mit der Rute auf die ausgestreckten Finger. Dieses "wie Gestochen" war dabei auch sehr wörtlich gemeint, nämlich möglichst genau so wie der gedruckte Stich.

 

Meine Mutter hatte in den 1960er Jahren einen Antiquitätenhandel, und da habe ich so etwas oft im Original gesehen, und es war sehr deutlich erkennbar, dass es sich hier um Tiefdruck handelte.

 

So gesehen waren es eigentlich keine Reproduktionen, sondern letztlich Originale, die da gebunden wurden.

 

Im von Johann Friedrich Kiechel 1788 in Straßburg herausgegebenen Buch "Die teutsche Kurrent- Kanzlei und Fraktur-Schrift in einer theoretisch praktischen Anweisung, zum Gebrauch des Schul- und Privat-Unterrichts" konnte ich anhand der Signatur den Mainzer Kupferstecher Heinrich Hugo Cöntgen identifizieren. Auch viele später erschienenen Schreib-Lehrbüchern waren oft bekannte Kupferstecher im Einsatz.

 

Daher waren derartige Fibeln auch sehr teuer, und wurden dementspechend sehr vorsichtig zu nutzen, sodass sie durch die Hände vieler Schülergenerationen gehen konnten. Auch wurden sie dann nur in der Schule selbst genutzt.
 

  • Gefällt 4
Geschrieben

Um das genau sehen zu können, müßte man mal eine Vergrößerung vor sich haben. Ich glaube nicht, daß diese Seiten von Stichen gedruckt wurden. Das sind keine Tiefdrucke. Ich wußte nicht, daß Fibeln jemals in Stichen gedruckt wurden. Warum soll das Buch auf dem Foto kein Buchdruckwerk sein?

Geschrieben

Je länger ich da drauf starre: nicht vom Stich gedruckt. Radierung – kann ich kaum glauben. Vorlage geschrieben, Chemigrafie, Buchdruck, würde ich in Erwägung ziehen. Ist auf der Rückseite keine Schattierung zu sehen bei schrägem Lichteinfall? Nicht ein Hauch? Dann wäre es Flachdruck. Tiefdruck würde ich angesichts des Fotos ausschließen.

Und ich bin etwas ungläubig, daß Fibeln im Stahlstich gedruckt wurden. Wurde jemals überhaupt ein Buch im Stahlstich gedruckt? Das war doch ein Illustrationsdruckverfahren, für Einlagen.

Geschrieben

Weil diese noch in klassischer Kurrentschrift hergestellten Fibeln aus einer Zeit stammen, wo es einfach noch keine photochemische Reproduktionstechnik gab.

 

Illustrationen in Büchern waren zu dieser Zeit oft Stiche, Farbtafeln Lithografien, und es gab durchaus Seiten mit gemischter Drucktechnik,also erst einmal den Tiefdruck der Illustrationen, die dann i9n einem 2.  Durchlauf damm mit Texten im Buchdruck bedruckt wurden.

 

Schließlich stammen diese Bücher aus einer Zeit, in der noch Daguerrotypien und erste Fotos auf nassen Collodium-Platten nur bei sehr viel Licht, mit minutenlanger Belichtung entstanden. Ab deen späteren 1880er Jahren wurden dann Reproduktionen von Kupferstich-Platten per Galvanoplastik möglich, und somit auch höhere Auflagen durchführbar.

Geschrieben

Es gibt sicherlich sehr vieles, was ich nicht weiß. Von gemischtem Druck zum Beispiel. Auf die Rückseite von einem Stahlstich im Buchdruck drucken? Ich kann mir das nicht einmal vorstellen. Ich würde sogar sagen: Das geht nicht.

Ich glaube: Das auf dem Bild sind keine Tiefdrucke von Stichen. Ich würde keinen großen Betrag darauf verwetten, nur einen kleinen. Ralf, aus welchem Jahr ist das Buch?

Geschrieben

Dann müsste das rechte Bild von Julius Zuber, 1861–1910, sein.

Geschrieben

Ich bleibe bei Buchdruck. Das ist ja dann wahrscheinlich um 1890/1900 gedruckt, und da konnte der Buchdruck alles. Ralf, wenn du das Buch hast und Detailaufnahmen machen willst, also Vergrößerungen, sowohl von den deckenden als auch den abgeschabten Stellen, kann man den Farbauftrag noch genauer sehen. Aber Stahlstichfarbe würde eher abplatzen als abreiben, glaube ich. Die Vorlagen: Ich weiß nicht, warum man sich die Mühe des Stechens für dieses Buch hätte machen sollen. Das ist ja nichts Wertvolles. Also geschrieben und reproduziert für den Buchdruck.

Geschrieben

Ich hab bei einigen ähnlichen Abbildungen gelesen, dass das Holzstich sei. Vielleicht trifft das auch hier zu?

Geschrieben

Man konnte mit Holzstich viel machen, es gab da chemische und mechanische Hilfsmittel. Aber ich würde die beiden Bilder nicht für Holzstiche halten und deshalb auch den Rest nicht. Das wäre doch auch arg aufwendig gewesen. Wozu der Aufwand, wenn man Klischees machen kann. Das konnte man damals. Ich weiß nicht, wann das losging, aber in den 1920er Jahren gab es den vierfarbigen Bilderdruck als Buchdruck, der es dann bald mit dem Rotationstiefdruck zu tun bekam.

Forumsteilnehmer gutenberger versteht von Bilderdruck mehr als ich. Vielleicht schaut er mal drauf?

Geschrieben

Tiefdruck oder Stiche sind das kaum. 


 


Zu dieser Zeit wurden diese Motive und auch Handgeschriebenes eher im Steindruck hergestellt.


 


Lithografen konnten Schriften mit Haar und Schattenstrichen wie Kurrent oder Englische Schreibschriften perfekt seitenverkehrt auf Stein schreiben. 


 


Die Kolumnentitel wurden mittels Umdruckverfahren auf den Stein gebracht. Die Zeichnungen wahrscheinlich direkt auf den Stein gezeichnet. Die eingefärbten Bilder lassen ebenfalls darauf schließen.


 


Genaues ohne die Originale zu sehen ist schwierig zu sagen.


 


Auch wenn zu dieser Zeit die Möglichkeit vom Zinkklische zu drucken bereits vorhanden war, hat das nichts zu sagen. Vom Stein wurde bis in die Mitte des vergangenen Jahrhunderts gedruckt.

  • Gefällt 2
Geschrieben

Mein erster Eindruck war – so aus dem Bauch heraus – auch Lithografie  8-)

Zumindest beim Bild hatte ich das Gefühl, habe mich dann aber wegen der sehr feinen Linien in der Schrift gewundert, weil die doch sehr scharf sind – hatte es erst für verwaschen gehalten. 

Kann man den mit Steindruck höhere Auflagen sinnvoll drucken?

Geschrieben

Aber ist das Rasterbild für Lithografie nicht zu gleichmäßig und fein?

 

Habe allerdings auch schon lang keine farbige Lithografie mehr gesehen …

Geschrieben

Die Gleichmäßigkeit hat mich auch irritiert. Es gab wohl auch schon fotografische Rasterverfahren für die Lithografie. Also Fotolithografie. Ob das auch für Farbe angewendet wurde? Irgendwo habe ich ein großes Flachdruckhandbuch mit allen Technikbeschreibungen, ich weiß leider nicht, wo es steckt.

Geschrieben

Soweit man das anhand dieser Fotos beurteilen kann - also unter Vorbehalt - würde ich auf Buchdruck tippen. Die Schrift scheint mir tatsächlich etwas ins Papier gepresst und auch einen leichten Hof zu haben ... und wäre damit nicht Litho, sondern Buchdruck vom Klischee. Dass man für die Schrift einen Holzstich gemacht hätte, wäre sehr ungewöhnlich und teuer gewesen und so etwas hab ich noch nie gesehen. Bei dem Rasterbild kann ich anhand dieses einen Bildes, auf dem nicht wirklich viel zu sehen ist, noch weniger sicher sein. Würde aber vermuten, dass zumindest die Schwarzstrichbilder sogar mit der Schrift zusammen gedruckt sein könnten und das wäre ja auch die ökonomisch sinnvollste Variante gewesen. Die Farbraster könnten natürlich auch Litho sein ... man müsste halt das Original mal ansehen (und befühlen) können, um sicher zu sein. Oder eben bessere Fotos haben ...
Gemischte Drucke aus Litho (für die Bilder) und Buchdruck (Schrift und Strichabbildungen) waren recht weit verbreitet, weil die Abbildungsqualität im Buchdruck bei mehrfarbigen Bildern doch eher an Grenzen stieß als die im Steindruck ... andererseits aber das Raster eher für Buchdruck spricht. Wobei man damals im Rasterdruck nicht mit den heute üblichen cmyk druckte, sondern oft mit nur drei Farben (andere Bunttöne, dafür kein Schwarz) auskam, die bei anspruchsvollen Arbeiten aber auch auf 6 und mehr Farben erweitert wurden.
Dass man Texte im Buch im Stahlstich gedruckt haben sollte - und das womöglich in großer Auflage - glaub ich auch nicht. Die Fotos sehen ja auch nicht so aus, als würde die Schrift erhaben auf dem Papier stehen. Das preiswerteste Verfahren für solche Sachen war aber damals Ende des 19. Jahrhunderts tatsächlich der Steindruck - er war ja ursprünglich erfunden worden, um Musiknoten und geschriebene Texte billiger als im Buchdruck drucken zu können. Der Herr Senefelder war nämlich eigentlich ein Dramatiker, der seine Stücke unter die Leute bringen wollte und eigens deshalb die Lithografie erfunden hat ... weshalb Litho so aus der Ferne nicht ganz auszuschließen wäre.

  • Gefällt 1
Geschrieben

PS: Es gibt in Berlin und Umgebung noch mindestens zwei Steindruckschnellpressen (die Tabor-Presse in Kreuzberg und die Saal-Presse in Bergsdorf), auf denen bis heute regelmäßig gedruckt wird ... sind natürliche künstlerische Druckwerkstätten ...
Im Hamburger Museum der Arbeit steht - glaube ich - auch so ein Ding herum; im Süden gibt es sicherlich auch noch die eine oder andere weitere Werkstatt. 

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