RobertMichael Geschrieben Mai 22, 2015 Geschrieben Mai 22, 2015 ich gebe dir recht das man keine werte wie goldener schnitt etc. als maßstab für jede buchgestaltung bzw. jedes format, jede seitenanzahl etc.nehmen sollte aber es scheint sich ja keiner dran zu halten, denn wenn ich mit die dicken romane im buchhandel anschaue oder auch die fachbücher der verlage hermann schmidt und co., so sind die spätestens ab der hälfte nicht mehr im bund lesbar. wieso ist es dann die falsche herstellung, wieso reicht es nicht den textblock auf der linken seite einfach in die obere linke und auf der rechten seite in die obere rechte ecke zu verschieben? zu otl: du machst hier den erfolg am layout fest, so weit würde ich nicht gegen. sicher sind das experimente, ich würde aber nicht sagen das sie nicht funktionieren. das problem ist doch eher das maße wie der goldener schnitt gelehrt werden und als standard für buch- und magazinlayout angesehen werden, dass gilt es zu hinterfragen.
Martin Z. Schröder Geschrieben Mai 22, 2015 Geschrieben Mai 22, 2015 Das führt schon von Anfang an in die Irre: (wir reden doch vom goldenen schnitt) Ich glaube nicht. Der Goldene Schnitt spielt in der konventionellen Buchtypografie nur selten eine Rolle. Ich glaube, Wagenbach macht Bücher in diesen Seitenverhältnissen, sonst fällt mir kein bekannterer Verlag ein. In wissenschaftlichen Arbeiten wäre er sicherlich falsch. Wenn Bücher nicht funktionieren, sind sie schlecht gemacht. Ich kann mit der schönen Villardschen Figur ein gutes und ein schlechtes Buch machen, dafür kann die Konstruktion nichts.Das mit dem »einfach schieben« meinst du nicht so richtig ernst. Oder ist Typografie für dich »einfach schieben«? Dazu kann ich wenig sagen, ich finde es nie einfach.
Dieter Stockert Geschrieben Mai 22, 2015 Geschrieben Mai 22, 2015 Das modische Buch von Otl Aicher hat einen so kleinen Fußsteg, daß man die Finger immer auf der Schrift hat.Und es funktioniert wohl auch nur deswegen, weil der Flattersatz die Zeilen auf den linken Seiten nicht durchgehend bis zum Rand füllt.
RobertMichael Geschrieben Mai 22, 2015 Geschrieben Mai 22, 2015 natürlich kann die villardschen figur etwas dafür, denn sie lässt keine breiten innenstege zu. schau ich mir das "meisterbuch der schrift" von tschichold an, so empfinde ich das als gerade noch möglichen wert. viel dicker hätte das buch aber nicht werden dürfen. natürlich meinte ich das ernst. wir hier am computer schieben, es heisst ja nicht das man deshalb typografische konventionen missachtet.
Ralf Herrmann Geschrieben Mai 22, 2015 Geschrieben Mai 22, 2015 Das führt schon von Anfang an in die Irre: Ich glaube nicht. Der Goldene Schnitt spielt in der konventionellen Buchtypografie nur selten eine Rolle. Ja, bitte klassischer Satzspiegel und goldener Schnitt auseinanderhalten. Ein klassischer Satzspiegel über Diagonalkonstruktionen hat gewisse ästhetische und praktische Argumente in Herstellung und Nutzung. Und er ist natürlich vor allem traditionell und damit ein gewohntes und damit erwartetes Bild – das ist ja nicht zu unterschätzen. Die Wahl konkreter Verhältnisse im Sinne des goldenen Schnittes im klassischen oder irgendeinem anderen Satzspiegel ist dagegen eher Vodoo. Ich sehe keine plausiblen Gründe, warum eine errechnete Teilung von 17,5 Millimeter irgendwie automatisch praktischer oder ästhetischer sein solle als 18,5 Millimeter oder irgendein anderer Wert. Zu solchen Vorgaben greift man eher, wenn man hilflos ist und sich nicht auf sein Auge verlassen will, oder aber den Auftraggeber mit dem tollen Begriff goldener Schnitt beeindrucken will. 1
RobertMichael Geschrieben Mai 22, 2015 Geschrieben Mai 22, 2015 ok. dann habe ich wohl den goldenen mit dem klassischen zusammengeworfen. ich meinte den klassischen seitenspiegel. ... und auch der alte klemm (der verschiebt übrigens auch) lehrte das leider so. optik vor nutzbarkeit? form follows funktion wurde anscheind später erfunden. quelle: karl klemm, typografie lehr- und handbuch, band 1
Martin Z. Schröder Geschrieben Mai 22, 2015 Geschrieben Mai 22, 2015 natürlich kann die villardschen figur etwas dafür, denn sie lässt keine breiten innenstege zu. schau ich mir das "meisterbuch der schrift" von tschichold an, so empfinde ich das als gerade noch möglichen wert. viel dicker hätte das buch aber nicht werden dürfen. Ist das Meisterbuch mit der Villardschen Figur konstruiert? Kann ich kaum glauben. Hast du das nachgemessen? So einen Bildband würde ich nicht so einrichten. Tschichold hat ja in seinen Büchern deutlich mehr Möglicheiten angegeben. Ich finde den Bundsteg dort auch etwas zu eng. Wenn man den Außensteg schmal macht und den inneren dann halbiert, dann wird der innere wohl zu schmal werden. Das haben die Leute früher nicht gemacht. Alte Bücher haben keine zu engen Bundstege. Meine Produktionen übrigens auch nicht. Ich hab vor fünf Jahren eine Reihe ausgestattet, die seither im Innern unverändert produziert wird. Fotos davon gibt es hier. Das Lehrbuch von Klemm kenne ich nicht. Aber er handelt in einem kleinen Absatz ab, womit Tschichold ganze Bücher gefüllt hat. Wenn ich das nicht falsch verstehe. Also das sichtbare kleine Stück bei Klemm reicht nicht für Buchentwurfsüberlegungen. Was Ralf anmerkt zur Konstruktion, hat Paul Renner in seinem Typografiebuch beschrieben: Man konstruiere und lege dann die gedruckte Seite in den Blindband und »schiebe« (ja!) die Kolumne dann an eine richtige Stelle. Es kommt nicht auf den konstruierten Millimeter an, die Konstruktion ist eine Hilfe, ein Ausgangsgerüst, damit es eben »willkürfrei« (Tschichold) zugeht. Dieses letzte Schieben für de Feinjustierung kann man nur gut machen, wenn man entweder einen Blindband hat oder weiß, wie sich Format, Bindung, Papier verhalten. Der Typograf muß mit dem Hersteller reden, der Hersteller sich auf die Bindung festlegen und auf alles andere, bevor der Satzspiegel gemacht wird. Die meisten Buchentwürfe werden heute binnen Minuten in Agenturen zusammengenagelt, die Publikumsverlage haben keine angestellten Entwerfer mehr, und sie haben damit auch das Wissen verloren, wie gute Bücher aussehen. Die meisten Verleger verstehen heutzutage nichts von der Form des Buches. Deshalb sind Bundstege zu eng, also wegen Verletzung der Konvention und nicht wegen der Konvention.
catfonts Geschrieben Mai 22, 2015 Geschrieben Mai 22, 2015 Generell kan nich wirklich nur empfehlen, sich sdie Produkte der Binderei anzusehen, von der das Buch dann auch gebunden werden soll. Ich habe so eine Blindbindung eines slovakischen Herstellers, bei diesem Buch ist der Rücken des Buchblocks derart flexibel, das das aufgeschlagene Buch praktisch flach liegt, und selbst ein durchgehendes Bild über den Bundsteg hinweg nicht das geringste Problem darstellen würde. Hier kommt man mit einem schmalen Bundsteg gemäß der Villardschen Figur excelent aus. Ein geradezu exemplarisch misslungenes Beispiel ist dagegen Hendlmeiers Handbuch der Frakturschriften. Hier hat man in Cottbus an der Autobahn eine brettharte Bindung hin bekommen, ausgerechnet bei einem Buch, indem Tabellen über den Bundsteg hinweg reichen. Hier hätte man dann gut daran getan, im Bundsteg 5 mm zusätzliches weißes Papier zu Opfern. Und dann habe ich gerade auf der Seite dieser Druckeri dieses Foto gefunden, eigentlich hätte ich mir die Zeichnung sparen können. Offensichtlich bekommen die beides hin, steif und flexibel...
Martin Z. Schröder Geschrieben Mai 22, 2015 Geschrieben Mai 22, 2015 Das ist keine Frage der Bindungsart. Kein Buchbinder kann das Papier weicher oder steifer machen. Das Verhalten des Papiers wird bestimmt vom Papier selbst und von der Größe der Seite. Je größer die Seite, desto mehr Gewicht zieht sie nach unten, desto unflexibler darf das Papier sein. Dünndruckpapier zum Beispiel legt sich immer auf den Block. Wie groß der Bund sein muß, damit man nicht um die Wölbung herum lesen muß, hängt dann mit der Dicke des Buches zusammen. Ich habe gerade Kellers »Grünen Heinrich« in einer schönen weichen Ziegenleder-Ausgabe vom Insel-Verlag gelesen, gedruckt auf Dünndruckpapier. Das wird wegen seines hohen Preises nur noch selten eingesetzt. Aber auch in diesem Buch war der Satzspiegel zu groß und der Bund zu eng. Es war aber immer noch besser als die neuen Ausgaben, die beide Bände auf Werkdruckpapier in ein Buch sperren, damit es schön billig ist, aber das zu lesen ist wegen seines Gewichtes (1000 Seiten) allzu unluxuriös.
catfonts Geschrieben Mai 22, 2015 Geschrieben Mai 22, 2015 Ich habe ja auch nicht gesagt, dass der Buchbinder das Papier weicher macht, aber im betreffenden Fall liegt eben hinter den einzelnen Heften des Buchblocks fast eine 2mm dicke Schicht recht harter Schmelzkleber, während auf dem anderen Buch hier nur mit einer hauchdünnen Kleberschicht eine Gase aufgeleimt ist.
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