Carlito Palm Geschrieben Oktober 21, 2015 Geschrieben Oktober 21, 2015 und wie sollten diese schriften deiner meinung nach dann bezeichnet werden, wenn »schaftstiefelgrotesk« und »schlichte fraktur« unpassend sind? 1
Ralf Herrmann Geschrieben Oktober 21, 2015 Geschrieben Oktober 21, 2015 Lars, deine Kommentare bringen überhaupt nichts. Wir diskutieren hier ausführlich in verschiedenen Diskussionssträngen über komplexe Dinge an der Schnittstelle von Typografie und Gesellschaftspolitik und die Teilnehmer legen ihre Meinung und ihre Argumente dar, auf dass die anderen sie bedenken können. Du kannst dich daran gern beteiligen. Du kannst uns aber nicht mit kurzen, praktisch unbegründeten Einwürfen vorschreiben wollen, welche Meinung wir annehmen sollen und was wir sagen dürfen. Wenn dir Willbergs Meinung in dieser Sache wichtig ist, dann verweise ich dich wie kürzlich Martin auf eines seiner späteren Bücher (Typolemik/Typophilie), wo er seine Einschätzung über die schlichten Gotisch (je nach Auslegung) wieder zurücknimmt oder mindestens wieder infrage stellt. 4
Lars Kähler Geschrieben Oktober 21, 2015 Geschrieben Oktober 21, 2015 Was ist denn falsch an Ralfs von Dir zitierter Aussage? Warum ist sie halbgar und undurchdacht? Im Interesse der von Dir erwähnten »Youngster« solltest auch Du Deine Aussagen sachlich und fachlich gut begründen und nicht einfach Behauptungen in den Raum stellen. Weißt Du, das tue ich nie. Aus Prinzip nicht. Im Gegenteil: Ich bin so wahrheitsliebend, dass ich gelegentlich hier im Forum meine Contenance verliere …
Lars Kähler Geschrieben Oktober 21, 2015 Geschrieben Oktober 21, 2015 Lars, deine Kommentare bringen überhaupt nichts. Wir diskutieren hier ausführlich in verschiedenen Diskussionssträngen über komplexe Dinge an der Schnittstelle von Typografie und Gesellschaftspolitik und die Teilnehmer legen ihre Meinung und ihre Argumente dar, auf dass die anderen sie bedenken können. Du kannst dich daran gern beteiligen. Du kannst uns aber nicht mit kurzen, praktisch unbegründeten Einwürfen vorschreiben wollen, welche Meinung wir annehmen sollen und was wir sagen dürfen. Nun ist es an mir, mich missverstanden zu fühlen. Neben meiner persönlichen Meinung zu den Beiträgen hier gibt es Regeln und Erfahrungswerte, die nicht großartig durchdacht, sondern stattdessen schlicht angewendet gehören. Sobald man davon abweicht, merkt man eben auch schnell, warum es dieses Regelwerk gibt. Wenn dir Willbergs Meinung in dieser Sache wichtig ist, dann verweise ich dich wie kürzlich Martin auf eines seiner späteren Bücher (Typolemik/Typophilie), wo er seine Einschätzung über die schlichten Gotisch (je nach Auslegung) wieder zurücknimmt oder mindestens wieder infrage stellt. Es gibt doch gar keinen echten Terminus derzeit. Von der Eingruppierung in die DIN her wäre es einfach die Gruppe X. Genauergesagt Xe, »Fraktur-Varianten«. Aber mach’s Dir doch selbst: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Fraktur-Varianten&action=edit&redlink=1
Microboy Geschrieben Oktober 21, 2015 Themen-Ersteller Geschrieben Oktober 21, 2015 Ich bin so wahrheitsliebend … »Wir suchen die Wahrheit, finden wollen wir sie aber nur dort, wo es uns beliebt.« Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach 5
Kathrinvdm Geschrieben Oktober 21, 2015 Geschrieben Oktober 21, 2015 Weißt Du, das tue ich nie. Aus Prinzip nicht. Im Gegenteil: Ich bin so wahrheitsliebend, dass ich gelegentlich hier im Forum meine Contenance verliere … Dann lies Dir doch einfach noch mal Deinen Beitrag durch, auf den ich mich in meinem bezog.
Dieter Stockert Geschrieben Oktober 21, 2015 Geschrieben Oktober 21, 2015 Weißt Du, das tue ich nie.Was tust Du angeblich nie: Deine Aussagen sachlich und fachlich gut begründen oder einfach Behauptungen in den Raum stellen? 1
Martin Z. Schröder Geschrieben Oktober 21, 2015 Geschrieben Oktober 21, 2015 Ende der 20er Jahre lag der Anteil von Frakturschriften in Publikationen bei gerade mal noch 5%. Tendenz fallend. Zwischen 33 und 35 stieg er auf 50%. Darf ich fragen, woher diese Zahlen kommen? Gibt es Untersuchungen dazu? Ich habe das »Gefühl«, daß die erste zu niedrig und die zweite zu hoch ist. Aber was sind schon Gefühle gegen Zahlen!
Ralf Herrmann Geschrieben Oktober 22, 2015 Geschrieben Oktober 22, 2015 Es gibt doch gar keinen echten Terminus derzeit. Doch. Eben jene, die du uns verbieten möchtest – mit seltsamen Argumenten noch dazu, etwa dass der Begriff »selbst erfunden« ist. Na was denn sonst? Was glaubst du wie Fachbegriffe entstehen? Fachbegriffe werden da erfunden, wo sie nötig sind und wenn sie sich durchsetzen, dann sind es die »richtigen« Begriffe, weil sie sich durchgesetzt haben und deshalb funktionieren. Ihr Ursprung ist dabei relativ unerheblich. Hurenkind ist in seiner Entstehung auch nicht gerade »politisch korrekt«, aber dies ist unerheblich, da das Wort in Fachkreisen lediglich als sprachliches Symbol für einen Satzfehler steht. Schaftstiefelgrotesk kann zumindest theoretisch ebenso als neutraler Fachbegriff funktionieren.
pürsti Geschrieben Oktober 22, 2015 Geschrieben Oktober 22, 2015 Darf ich fragen, woher diese Zahlen kommen? Gibt es Untersuchungen dazu? Ich habe das »Gefühl«, daß die erste zu niedrig und die zweite zu hoch ist. Aber was sind schon Gefühle gegen Zahlen! „Der Marktanteil der Fraktur als Werkschrift war bis 1932 auf fünf Prozent gesunken. In den Jahren 1933 bis 1935 nahm er bis auf 50 % zu, sank aber schon vor 1940 wieder rapide ab.“ Ob da jetzt auf Wiki 100% verlaß ich bezweifle ich selber ein wenig. Aber eine eindeutige Tendenz gibt es bestimmt wieder. Und über die Gründe dieser Tendenz braucht man auch nicht lange spekulieren. Bei den Büchern war der Fraktur-Anteil bestimmt größer. Barbara Kastner hat das in Ihrer Dissertation untersucht und in Fachbereiche aufgedröselt.
Pachulke Geschrieben Oktober 22, 2015 Geschrieben Oktober 22, 2015 „Der Marktanteil der Fraktur als Werkschrift …“ Bei den Büchern war der Fraktur-Anteil bestimmt größer. Worauf bitte bezieht sich das Wort »Werkschrift« wenn nicht primär auf Bücher?
pürsti Geschrieben Oktober 22, 2015 Geschrieben Oktober 22, 2015 Also unter Werkschrift versteh ich alles was als Fließtext gesetzt ist. Also auch Zeitungen, Zeitschriften …
CRudolph Geschrieben Oktober 22, 2015 Geschrieben Oktober 22, 2015 Warum nicht? Weil, evolutionsbiologisch, natürlich das Lebewesen zuerst da war. Von der Ursuppe ging es über selbstreplizierende RNA zu einfachen Zellen. Diese haben sich dann über lange Zeiträume zu mehr komplexen Lebewesen entwickelt. Das Huhn, auch wenn es Eier legt, kommt also eindeutig von einem Huhn-Vorläufer, nicht von einem Ei, und dieser Vorläufer wieder von einem Vorläufer. Da die ersten einfachen Zellen keine Eier gelegt haben, kommt garantiert nicht das Ei zuerst. Es sei denn man geht davon aus daß Außerirdische Hühner-Eier gebraucht haben. Was man davon jetzt im Detail hält ist noch mal eine etwas andere Frage, aber nach der traditionellen Theorie ist die Frage nach dem Ei und dem Huhn somit eindeutig beantwortbar. 4
109 Geschrieben Oktober 22, 2015 Geschrieben Oktober 22, 2015 (bearbeitet) Stimmt natürlich, wenn man es bis ganz auf den Ursprung zurückführt. Meine Perspektive und Ansatz ist, dass für eine Entwicklung einer rein terrestrischen Lebensweise von Tetrapoden ein Ei benötigt wird, das auch in trockener Umgebung funktionsfähig ist. Also ein Vorläufer-Ei eines aquatischen oder semi-aquatischen Tetrapoden entsprechende Mutation(en) aufweist, die dies ermöglichen (ledrige Haut, harte Schale etc.). Aber das mit den Aliens könnte auch ... bearbeitet Oktober 22, 2015 von 109
Pachulke Geschrieben Oktober 22, 2015 Geschrieben Oktober 22, 2015 Weil, evolutionsbiologisch, natürlich das Lebewesen zuerst da war. Interessant, daß sich hier darwinistischer und creationistischer Glaube einig sind.
Ralf Herrmann Geschrieben Oktober 22, 2015 Geschrieben Oktober 22, 2015 Und über die Gründe dieser Tendenz braucht man auch nicht lange spekulieren. Korrekt, aber wohl darüber, was man daraus schließt. Ich würde gern ganz generell noch einmal einwerfen, dass Schrift und Schriftanwendungen schon seit tausenden Jahren mit den jeweils vor Ort vorliegenden Machtstrukturen in Verbindung stehen. Wir schreiben hier gerade alle lateinische Schrift als eine Folge von römisch-christlichen Eroberungen, die zu den blutigsten der Menschheitsgeschichte mit Millionen Toten zählen. Und unsere Kleinbuchstaben waren ein geschickter politischer Schachzug von Karl dem Großen – ebenfalls ein skrupelloser Eroberer sondergleichen, der genau wie Hitler das Problem hatte, in den eroberten Gebieten zu viele unterschiedliche Schriften vorzufinden, die die Politik erschwerten. Klebt an der Antiqua als auch das Blut von Millionen? Und wem das alles zu weit in der Vergangenheit liegt: Typoart stand als effektiv staatlicher (wenn auch »volkseigen« genannter) Betrieb der Regierung der gern als Unrechtsstaat bezeichneten DDR näher als irgendeiner, der unabhängigen Schriftanbieter der 1930er-Jahre und Typoart fertigte also logischerweise die »Propagandaschriften« der Machthaber. Klebt also das Blut der Mauertoten an den Schriften der DDR und welche Rolle spielen also die Typoart-Designer dabei? Machen wir einen Unterschied danach, ob sie SED-Mitlieder waren oder nicht? Warum scheint dies alles überhaupt kein Thema zu sein, aber wenn es um die Nazi-Zeit geht ist plötzlich alles anders? 5
Kathrinvdm Geschrieben Oktober 22, 2015 Geschrieben Oktober 22, 2015 Ich glaube, es liegt daran, dass die sehr massive Nutzung dieser einen Schriftgattung durch die Nazis (siehe NSCI) dazu geführt hat, dass die gedankliche Verbindung zwischen beidem da auch heute noch bei sehr vielen Menschen sehr stark und eindeutig gezogen wird. Das würde ich jetzt rein gefühlsmäßig bei den anderen, von Dir genannten Beispielen nicht sehen, beziehungsweise bei den Typoartschriften weiß ich schlicht nicht, wie stark sich die DDR-Führung eines aus einer derer Schriften bestehenden CDs bediente, so dass die Assoziation da (zumindest im Osten) eindeutig DDR-Führung = Typoartschrift XY wäre. 2
Microboy Geschrieben Oktober 22, 2015 Themen-Ersteller Geschrieben Oktober 22, 2015 Weil, evolutionsbiologisch, natürlich das Lebewesen zuerst da war. Von der Ursuppe ging es über selbstreplizierende RNA zu einfachen Zellen. Diese haben sich dann über lange Zeiträume zu mehr komplexen Lebewesen entwickelt. Das Huhn, auch wenn es Eier legt, kommt also eindeutig von einem Huhn-Vorläufer, nicht von einem Ei, und dieser Vorläufer wieder von einem Vorläufer. Da die ersten einfachen Zellen keine Eier gelegt haben, kommt garantiert nicht das Ei zuerst. Es sei denn man geht davon aus daß Außerirdische Hühner-Eier gebraucht haben. Evolutionsbiologisch hat sich das Leben vom Wasser in Richtung Land entwickelt. Lange bevor es Vögel bzw. Hühner gab gab es schon Eier - die von Fischen und ähnlichen Tieren. Nach dem Landgang dieser Tiere haben sich über sehr lange Zeiträume unsere heutigen Hühner entwickelt. Durch Evolution. Vereinfacht gesagt ist unser Haushuhn also irgendwann als Mutation aus einem Ei geschlüpft. Sprich das Huhn kam aus dem Ei und entsprechend war das Ei eher da. Klingt nachvollziehbar oder?
Microboy Geschrieben Oktober 22, 2015 Themen-Ersteller Geschrieben Oktober 22, 2015 Warum scheint dies alles überhaupt kein Thema zu sein, aber wenn es um die Nazi-Zeit geht ist plötzlich alles anders? Der zweite Weltkrieg ist uns deutlich näher als Karl der Große und die DDR war sicher ein Unrechtsstatt, hat aber nicht Millionen Tote hinterlassen. Emotionen lassen sich eben nicht immer durch Fakten korrigieren ...
Martin Z. Schröder Geschrieben Oktober 22, 2015 Geschrieben Oktober 22, 2015 „Der Marktanteil der Fraktur als Werkschrift war bis 1932 auf fünf Prozent gesunken. In den Jahren 1933 bis 1935 nahm er bis auf 50 % zu, sank aber schon vor 1940 wieder rapide ab.“ Ob da jetzt auf Wiki 100% verlaß ich bezweifle ich selber ein wenig. Aber eine eindeutige Tendenz gibt es bestimmt wieder. Und über die Gründe dieser Tendenz braucht man auch nicht lange spekulieren. Bei den Büchern war der Fraktur-Anteil bestimmt größer. Barbara Kastner hat das in Ihrer Dissertation untersucht und in Fachbereiche aufgedröselt. Ich habe den Eindruck, in dem Wikipedia-Zitat wird nicht von Publikationen gesprochen, sondern von der Produktion in Schriftgießereien. Eindeutig ist nicht, was gemeint ist. Das Zitat und seine Quelle sind ohne Original auch nicht prüfbar. Es gibt keine Schrift der DDR, deshalb gibt es da auch keine Zuordnungen. Die meisten Schriften entstehen als (auch international) unauffällig und gebräuchlich, sie folgen den Bedürfnissen. Die Geschichte der pseudogotischen der 1930er Jahre ist einmalig und mit keiner anderen Schriftentwicklung vergleichbar, denn sie entstanden als neue Form einer im Niedergang befindlichen Gattung. Es besteht immer ein Zusammenhang zwischen Form und Zeitgeist. Wie ich schon anderweitig schrieb: Die Schaftstiefelgrotesk ist, wie dieser sprechende und keinswegs neutrale Name schon sagt, die typografische Verbindung von Moderne und militaristischem Nationalismus, die zum Nationalsozialismus wurden. Wenn man diese Schriften von diesem Ruch befreien wollte oder diese Verbindung stärker nachweisen wollte, müßte man zeitgeschichtlich forschen. Das machen aber die Hochschulen nicht. So bleiben die Standpunkte unverändert. Wir könnten natürlich versuchen, hier in diesem Forum zumindest Fragen zu formulieren, die man durch historische Untersuchung beantworten könnte. Fragen zu den Personen, die die Schriften gezeichnet haben und zu den Gießereien, die sie gegossen haben und den Druckereien, die sie gekauft haben. Fragen zur Anwendung und zur Rezeption in ihrer Zeit. Natürlich ist die DDR ein Unrechtsstaat gewesen, aber weder verursachte sie industriellen Völkermord noch Weltkrieg. Wenn es um die Nazi-Zeit geht, ist immer alles »anders«. Fragwürdig vielmehr, wäre es nicht so. Und Emotionen sind natürlich auch Fakten. 1
Pachulke Geschrieben Oktober 22, 2015 Geschrieben Oktober 22, 2015 … beziehungsweise bei den Typoartschriften weiß ich schlicht nicht, wie stark sich die DDR-Führung eines aus einer derer Schriften bestehenden CDs bediente, so dass die Assoziation da (zumindest im Osten) eindeutig DDR-Führung = Typoartschrift XY wäre. Also für mich war z. B. die Super die DDR-Schrift* schlechthin, der typographische Plattenbau sozusagen, es hat einige Jahrzehnte Abstand gebraucht, um mich dieser Schrift einigermaßen neutral zu nähern. Und obwohl die natürlich ganz normal als Gebrauchsschrift verwendet wurde, war sie für mich die typographische Inkarnation der DDR, womit sie emotional natürlich belastet war. Rational muß man sagen: Objektiv kann sie nichts dafür. * Ja, ich weiß, daß die eigentlich älter ist.
Ralf Herrmann Geschrieben Oktober 22, 2015 Geschrieben Oktober 22, 2015 Es gibt keine Schrift der DDR, deshalb gibt es da auch keine Zuordnungen. Da staune ich wirklich Bauklötzer! Da haben wir einen buchstäblich abgeschlossenen Raum mit nur einem Staatsbetrieb für Schriften, der das Schriftbild eines Staates mit auch recht eindeutiger politischer Ideologie logischerweise klar prägt, aber eine Schriften des Staates soll es nicht geben‽ Andererseits haben wir einen über hunderte Jahre eingesetzten Schriftstil, der sich durch freien Wettbewerb von unabhängigen Schriftanbietern permanent gewandelt hat, aber passiert ein solcher Wandel während einer bestimmen Regierung, dann muss die Ideologie der Regierung sich der Schriftform selbst widerspiegeln? Langsam komm ich mir vor, als falle ich auf einen Troll rein. Die Schaftstiefelgrotesk ist, wie dieser sprechende und keinswegs neutrale Name schon sagt … Das kannst du einfach nicht so sagen und ich finde das sehr ärgerlich. Für mich ist der Begriff eindeutig neutral und meine Stimme zählt in unserer Fachsprachgemeinschaft genauso viel wie deine. Du kannst nicht einfach deine Wahrnehmung auf andere extrapolieren und quasi »isso« sagen. Wenn du du solche Fragen so angehst, wäre das sehr bezeichnend. Wenn es um die Nazi-Zeit geht, ist immer alles »anders«. Fragwürdig vielmehr, wäre es nicht so. Natürlich ist die DDR ein Unrechtsstaat gewesen, aber weder verursachte sie industriellen Völkermord noch Weltkrieg. Wir diskutieren die typografische Fachfrage, ob Ideologien in Schriftformen stecken können und ob das in einem konkreten Fall so ist. Inwieweit hängt das davon, was die Vertreter dieser Ideologie in Bezug auf menschliches Leid getrieben haben, oder gar in welchem Maße? Ich weiß, ich bin wieder einmal pragmatisch bis zum Abwinken, so dass es manchen Schmerzen bereiten mag, aber es ist nun mal entscheidend. Die in den Raum gestellten Fragen sind eindeutig sach- und fachlicher Natur. Wenn wir vorgeben, auf dieser Ebene zu reden, aber letztlich von Emotionen geleitet sind, dann hat das keine Zweck. Die Schaftstiefelgrotesk ist … die typografische Verbindung von Moderne und militaristischem Nationalismus, die zum Nationalsozialismus wurden. Das ist deine persönliche These/Meinung/Sichtweise/Wahrnehmung … – was auch immer. Ich habe andere Herleitungen präsentiert. Wenn man diese Schriften von diesem Ruch befreien wollte oder diese Verbindung stärker nachweisen wollte, müßte man zeitgeschichtlich forschen. Das machen aber die Hochschulen nicht. So bleiben die Standpunkte unverändert. Wir könnten natürlich versuchen, hier in diesem Forum zumindest Fragen zu formulieren, die man durch historische Untersuchung beantworten könnte. Fragen zu den Personen, die die Schriften gezeichnet haben und zu den Gießereien, die sie gegossen haben und den Druckereien, die sie gekauft haben. Fragen zur Anwendung und zur Rezeption in ihrer Zeit. Auch dem kann ich nicht zustimmen. Wir sind meiner Meinung nach nicht an einem toten Punkt, weil mehr Forschungen fehlen. Die Forschungen, die du hier in den Raum stellst, gründen sich auf deiner Sichtweise und deinen Prämissen, die es dann zu belegen oder widerlegen gilt. Die von mir präsentierten Herleitungen brauchen aber diese Forschung nicht und könnten sie auch nur infrage stellen, wenn sie unser Wissen über die damalige Zeit komplett auf den Kopf stellen würden, was nicht wirklich zu erwarten ist. Und Emotionen sind natürlich auch Fakten. Nein. 1
Martin Z. Schröder Geschrieben Oktober 22, 2015 Geschrieben Oktober 22, 2015 Super-Grotesk in der DDR: Es gab halt nichts anderes. Aufgefallen ist das aber wahrscheinlich nur Schriftsetzern im Bleisatz. Grafiker haben sich für Plakate und Buchumschläge ihre eigenen Serifenlosen gezeichnet, und die Illustrierten hatten sowieso andere Möglichkeiten.
austerlitz Geschrieben Oktober 22, 2015 Geschrieben Oktober 22, 2015 Ich glaube, es liegt daran, dass die sehr massive Nutzung dieser einen Schriftgattung durch die Nazis (siehe NSCI) dazu geführt hat, dass die gedankliche Verbindung zwischen beidem da auch heute noch bei sehr vielen Menschen sehr stark und eindeutig gezogen wird. Genau: Die gedankliche Verbindung zwischen Fraktur und Nationalsozialismus ist eine weit verbreitete Assoziation von Form und Inhalt. Bei den Schaftstiefelgrotesken ist die Assoziation umso stärker, als ihre Entwicklung mit dem Nationalsozialismus zeitlich zusammenfällt und sie ähnlich wie der Nationalsozialismus für eine neue Verbindung von Deutschtum und Moderne standen. Die Assoziation mit dem Nationalsozialismus ist selbstverständlich nicht die einzige, die es zur Fraktur gibt. Und es gibt verschiedene Arten und Weisen, mit dieser Assoziation umzugehen: Man kann sie stillschweigend hinnehmen – so machen es etwa Brauhäuser oder Zeitungen, wo die Assoziation von Fraktur mit Tradition mehr wiegt –, man kann sich ihrer bedienen oder man kann sie aktiv unterlaufen. Ignorieren sollte man sie aber nicht. Die Assoziation von Fraktur und Nationalsozialismus wird als Gestaltungselement eingesetzt. Ein Beispiel, das dem im Thread Gebrochene Schrift: Symbol des Bösen genannten Spiegel-Cover ähnelt, ist etwa Ortsschild | Storch Heinar. Das liesse sich typografisch überhaupt nicht erklären, wenn es nicht die Assoziation von Fraktur mit Nationalsozialismus gäbe. In einem weiteren Sinn hat wohl auch der Gebrauch von Fraktur in der Metal-Szene mit dem Nationalsozialismus zu tun: Fraktur steht wegen der Assoziation mit dem Nationalsozialismus für Krieg und Gewalt. Ich wüsste nicht, wie es sich sonst typografisch erklären liesse, denn Metal ist ja weder besonders deutsch noch besonders traditionell. Typografische Assoziationen mit der DDR habe ich keine, aber da bin ich in der Schweiz vielleicht einfach zu weit weg. Ich denke auch, dass in nicht-deutschsprachigen Ländern typografische Assoziationen mit der DDR viel weniger verbreitet sind als die typografische Assoziation von Fraktur mit Nationalsozialismus.
Kathrinvdm Geschrieben Oktober 22, 2015 Geschrieben Oktober 22, 2015 Aufgefallen ist das aber wahrscheinlich nur Schriftsetzern im Bleisatz. Unterschätze nicht das Wahrnehmungsvermögen »normaler« Menschen, will sagen: von Menschen, die nicht im grafischen Gewerbe tätig sein. Schriften transportieren eine ganze Menge Informationen zu Ort und Zeit, auch Stimmungen (kühl/freundlich/hart/weich). Und wenn eine Tageszeitung ihre Schrift ändert, dann vermögen die Leser vielleicht nicht auf den ersten Blick zu sagen, dass die von ihnen wahrgenommene Änderung von der neuen Fließtextschrift herrührt, aber die Änderung nehmen sie wohl wahr. So würde ich denken, dass eine Typoartschrift, die über vier Jahrzehnte lang prägnant in nahezu allen Schriftstücken eingesetzt wurde, in der Wahrnehmung der ostdeutschen Bevölkerung eben eng verwoben ist mit der DDR. Das würde ich für vergleichbar halten mit der Tatsache, dass man ein Schriftstück bestimmten Jahrzehnten zuordnen kann oder auch geografischen Regionen, aufgrund der Typografie und Gestaltung. 1
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