ThomasH Geschrieben Dezember 11, 2015 Geschrieben Dezember 11, 2015 Hallo, ich schaue hier sonst nur ab und zu vorbei. Von Hause aus bin ich Linguist, jetzt Lektor und im typografischen Bereich interessiert, aber mehr oder weniger Laie. Das Thema „doppeltes Leerzeichen nach Sätzen“ kam mal wieder in einem englischen Forum auf (und mal wieder nostalgisch). Der englische Wikipedia-Artikel ist ‚ganz nett‘, aber stark auf Englisch und die letzten Jahrzehnte konzentriert. Die vier verlinkten Artikel sind anscheinend nur Übersetzungen von Teilen davon. https://en.wikipedia.org/wiki/Sentence_spacing Die allmählich verschwindende Konvention ist wohl eine Folge einer Tradition, die auf die Schreibmaschine übertragen wurde. Das war anscheinend mehr oder weniger üblich im deutschen Raum und auch sonst. Es ist aber heute anscheinend kein Thema mehr. Jedenfalls habe ich mit einigem Suchen nichts richtig finden können, außer eben zu Englisch. Könnte mir jemand Tipps geben, wo ich mehr zur Geschichte – gerade außerhalb von englischen Texten – erfahren kann? War das vielleicht sogar mal handschriftlich üblich? Vielen Dank schon mal. Thomas Hanke
Martin Z. Schröder Geschrieben Dezember 12, 2015 Geschrieben Dezember 12, 2015 Der Halbgeviertsatz, also Schriftsatz mit Wortabständen in Halbgeviertbreite, war, wenn ich mich recht entsinne, nach Jan Tschichold eine Erscheinung des 19. Jahrhunderts (das späte 18te schließt das mit ein, meine ich), dazu gehörte der vergrößerte Abstand nach dem satzschließenden Punkt, nicht unbedingt ein Geviert stark, oft etwas weniger, manchmal mehr. Das hat sich in Setzereien, die sich typografisch nicht entwickelt haben oder sich für diese Satzweise entschieden, bis ins 20. Jahrhundert gehalten. Ich habe noch 1990 am Setzkasten mit Halbgevierten im Fach für den Wortzwischenraum gearbeitet (widerwillig, füge ich zu meiner Ehrenrettung hinzu, aber es lag nicht in meiner Entscheidung). Schöne Ausgaben namhafter Herausgeber wie Tiemann oder Schauer zeigen schon Anfang des 20. Jahrhunderts regelmäßig ausgeschlossene Zeilen ohne die Löcher nach Satzenden. Meine Klassikerausgaben aus dem 19. Jahrhundert zeigen alle diese Satzweise des vergrößerten Raumes nach satzschließendem Punkt, durch den Blocksatz aber in unterschiedlicher Ausführung. Zu Gutenbergs Zeiten war der Satz extrem eng, die Wortzwischenräume kleiner als im Drittelsatz, der im 20. Jahrhundert zur Regel wurde. Nach Gutenberg hat man bei der Herstellung von Blocksatz oft auch viel weniger Mühe angewandt als der perfektionistische Begründer des Handsatzes und ziemlich regellos Wortzwischenräume sogar vor Satzzeichen gesetzt, um eine Zeile zu füllen, oder riesige Abstände zwischen Sätze gesetzt, um den Block zu erhalten oder einen Absatz zu markieren.»Doppelte Leerzeichen« setzt der Schriftsetzer in der Regel nicht, da er verschieden große Spatien im Setzkasten zur Verfügung hat. Das ist heute im digitalen Satz ähnlich. »Doppeltes Leerzeichen« könnte sich als ungeeigneter Suchbegriff für ältere Literatur erweisen, wahrscheinlich besser: vergrößerter Wortzwischenraum (Wortabstand). Leerzeichen ist meines Wissens kein Fachbegriff aus dem Bleisatz, wir sprechen von Wortzwischenraum, von Ausschluß, Spatien oder nennen Größen in Teilen, also Geviert, Halbgeviert, Drittel, Viertel, Achtel oder gleich in Punktgrößen.Literaturhinweise kenne ich leider nicht. Möglicherweise hat sich jemand vom Berliner »Arbeitskreis Materialität der Literatur« damit befaßt. (http://staatsbibliothek-berlin.de/service/schulungen/wissenswerkstatt/materialitaet/) 2
ThomasH Geschrieben Dezember 12, 2015 Themen-Ersteller Geschrieben Dezember 12, 2015 Hallo Martin, danke erstmal! Das ist doch schon einiges. Ja, das mit dem „Leerzeichen“ stimmt natürlich. Ich achte auch auf die Breiten, wo es machbar ist. Die heutige Nostalgie für „double spacing“ meint echt (die Erinnerung an) einen Block von zwei guten alten Leerzeichen in Courier o. ä. Schriftarten. Ich schau mal weiter. Vielleicht hat ja doch mal jemand getestet, wie „zweimal Space“ je nach Schriftart usw. wirkt. »Doppelte Leerzeichen« setzt der Schriftsetzer in der Regel nicht, da er verschieden große Spatien im Setzkasten zur Verfügung hat. Das ist heute im digitalen Satz ähnlich. »Doppeltes Leerzeichen« könnte sich als ungeeigneter Suchbegriff für ältere Literatur erweisen, wahrscheinlich besser: vergrößerter Wortzwischenraum (Wortabstand). Leerzeichen ist meines Wissens kein Fachbegriff aus dem Bleisatz, wir sprechen von Wortzwischenraum, von Ausschluß, Spatien oder nennen Größen in Teilen, also Geviert, Halbgeviert, Drittel, Viertel, Achtel oder gleich in Punktgrößen.
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