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Typografisch gendern

Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Ich will hier keine gesellschaftspolitische Diskussion anheizen, sondern mein Bemühen, korrekt zu gendern, mit einem halbwegs einheitlichen Schriftbild verbinden.

Das Problem:
Gendern betrifft ja nicht nur Substantive (TischlerIn), die mit einem Binnen-I gegendert werden können, sondern auch Artikel (der/die) und andere Kombinationen, bei denen Wortvarianten nebeneinandergestellt werden und daher die Binnen-I-Verbindung nicht funktioniert.

 

Ich habe mich – für ein möglichst einheitliches Schriftbild ohne viele unterscheidliche Sonderzeichen – daher für Schrägstriche entschieden, bekomme aber manchmal zu hören, dass das mittlerweile out of date ist. Die Altenativen * oder _ scheinen mir ein halbherziger Ersatz, weil sie auch nicht durchgängig gesetzt werden können (und im zweiten Fall Löcher ins Schriftbild reißen).

 

Ich habe kein Problem mit Gendern und finde es notwendig, es sollte allerdings typografisch verträglich stattfinden können. Hat hier die Typografie ihre Meinung dazu, oder sollen sich hier die Gestalter/innen wirklich von Ämtern und Institutionen die Verwendung von Schriftzeichen vorgeschrieben lassen? Gibt es hier Initiativen oder Vorschläge zu Schreibweisen?

Und noch einmal: Ich möchte die typografische Seite diskutieren, nicht das Gendern an sich. Darüber sollten wir weg sein.

Peter Manfredini, Wien

Geschrieben

Also ich sehe keine Steilvorlagen und warum sollte man da nicht unideologisch drüber reden können!?

Allerdings habe ich auch noch keine gelungenen Lösungen gesehen …

Geschrieben

Ich bin über die Diskussion hinaus. Ich will nur einen gangbaren Kompromiss zwischen einer Sprachregelung und einer ordentlichen Typo.

Geschrieben

Ich fürchte, eine typografisch befriedigende Lösung gibt es für dieses Thema nicht.

 

So sinnvoll und notwendig (und außer jeder Frage stehend) eine Gleichberechtigung aller Geschlechter ist: In Gestaltungsfragen – und in Fragen der inhaltlichen Erfassbarkeit des geschriebenen Wortes – gebiert sie leider ausschließlich Schrecknisse. Ich habe bisher jedenfalls keine Lösung gesehen, die das Problem innerhalb der deutschen Schriftsprache zufriedenstellend gelöst hätte.  

  • Gefällt 6
Geschrieben

Ich versuche, Sonderzeichen zu meiden, da sie als Stolpersteine im Lesefluß arbeiten. Entweder gehe ich den unpräzisen Kompromiß via Partizipien ein oder besser noch formuliere die Geschlechter aus. Unsere Sprache ist noch nicht soweit, jegliche Form von Gender und Sexus abzudecken. Binnenmajuskeln, phallische Verkettungszeichen oder Schrägstriche sind auch wieder verpönt, Gender-Gap ist so naja und der Asterisk ist noch so ungewohnt.

Geschrieben

Mich stört es am meisten, wenn die Gender-Konstruktion grammatisch nicht korrekt ist. Ich bevorzuge deshalb Schrägstriche, die so gesetzt werden, dass das Gesamtwort korrekt und die Genderbestandteile erkennbar sind. Ob das veraltet ist, kann ich nicht sagen, im Ernstfall wäre mir das egal, solange das Ergebnis grammatisch und typografisch akzeptabel ist.

Alle Varianten mit Sonderzeichen, über die man stolpert, haben vielleicht ihren Platz in Texten, die sich explizit mit der Genderthematik befassen, in anderen Texten finde ich sie zu auffällig.

  • Gefällt 2
Geschrieben

… Und noch einmal: Ich möchte die typografische Seite diskutieren, nicht das Gendern an sich.

Es gibt keine typografische Seite des Genderns. Entweder du genderst, dann hat das Ergebnis mit Typografie nix mehr zu tun, oder du lässt es, dann kann’s gut werden.

Geschrieben

Ich finde, die meisten Gendermethoden trennen mehr, als das sie für Einheit in der Bewertung sorgen. Bei der gelegenheit: Wie heißt eigentlich ein weiblicher Generalsekretär? Generalsekretärin klingt so nach "Tippse vom General", das kanns ja wohl nicht sein.

 

Meine Idee dazu: Wie wär es, das der - die - das-Problem durch euine gemeinsame Abkürzung zu lösen: d. Schrank, d. Frau, d. Mann, d. Tasse usw.

 

und dann die Generwei so zurückhaltend wie irgend möglich typografisch darzustellen, wie wär Kursiv? Professorin, Tischlerin, Bundesministerin usw.

 

Damit habe ich keine so deutliche Trennung im Wort, aber dennoch eine Unterscheidbarkeit dieser Gendergrenze.

Geschrieben

Die angesprochen Artikel-Problematik nervt mich an der ganzen Geschichte am meisten.

 

der/die Bürger/-in? (Schrägstrich und Bindestrich)

der/die BürgerIn? (Binnen-I)

der_die Bürger_in? (Gender_Gap)

der*die Bürger*in? (Gender-Sternchen)

 

Sieht alles nicht besonders toll aus, da beneide ich diejenigen, die nur ein the für alles brauchen.

Geschrieben

Ich muss gestehen, das ich nicht "grammatikalisch" gendere, sondern immer nur *einen* Schrägstrich setze. Ich meine, das ist erkenbar, und das reicht. Was natürlich immer gut ist: möglichst geschlechtsneutral zu formulieren.

Ich bevorzuge die Schrägstriche, weil sie in sich zumindest einheitlich sind und im Wort keine Gaps erzeugen. Und ich werde es weiter tun, bis mir jemand sagt, das es dezidiert falsch ist (und es bis dahin eine einheitliche Lösung gibt).

 

Ich wundere mich ein bisschen, dass die Gestalter/innen diese Änderung komplett den Institutionen überlassen, anstatt eine lesbare und ästhtetische Lösung vorzuschlagen.

Geschrieben

Was natürlich immer gut ist: möglichst geschlechtsneutral zu formulieren.

Gleich nochmal: wenn du wirklich nur das »Wie« ohne das »Ob« und »Warum« diskutieren willst, solltest du auch aus deinem Äußerungen jegliche entsprechenden Meinungsäußerungen rauslassen. Sonst funktioniert das nicht.

Geschrieben

Ich sehe geschlechtsneutrale Formulierungen nicht als genderspezifischen Auftrag, sondern als Werkzeug zur Vermeidung möglichst vieler Ersatzzeichen. Wenn mich Schrägstriche, Sterne oder Underlines im Satzbild stören, dann versuche ich, möglichst wenige davon verwenden zu müssen.

Ich will hier nicht für das Gendern missionieren. Ich versuche, mich mit den gestalterischen Konsequenzen zu arrangieren. Um nichts anderes geht es.

Geschrieben

Ich wundere mich ein bisschen, dass die Gestalter/innen diese Änderung komplett den Institutionen überlassen, anstatt eine lesbare und ästhtetische Lösung vorzuschlagen.

 

Als Auftragnehmer bist Du halt an das gebunden, was die Richtlinien des Auftraggebers besagen. Zudem ist die Leserschaft zu berücksichtigen, denn eine wunderschöne, nicht den Textfluss sprengende Auszeichnung kann so ungewohnt sein, dass sie nicht erkannt wird. Da das Gender-Thema zum Teil hoch emotionalisiert diskutiert wird, würde das vielleicht sogar zu einem #Aufschrei führen. Dass das Berücksichtigen von Geschlechtern jenseits des maskulinen im Text zum "stolpern" führt, ist übrigens beabsichtigt. Unsere Sprache kann nur drei Geschlechtern Ausdruck geben. Das Stolpern soll zum Nachdenken über die unendliche Grauzone der bis vor kurzem bipolaren Welt anregen. Da dienen die Sonderzeichen als typographische Stolpersteine. Die Möglichkeit, geschlechtsspezifische Wortenden durch x zu ersetzen, scheint da der gangbarste Kompromiß für mich zu sein.

  • Gefällt 1
Geschrieben

Hat das Thema die Hochschulen verlassen? Außerhalb von Hochschulzusammenhängen ist das Thema irrelevant. Deshalb kümmert sich auch kein Typograf um diese Umständlichkeiten. Ich sehe es wie Kathrin: es gibt dafür keine typografisch befriedigenden Lösungen. Als Autor würde ich sagen: es gibt auch keine sprachlich befriedigenden Lösungen, weder mündlich noch schriftlich. Schriftsprache, die man nicht sprechen kann, kann man auch nicht gut setzen.

  • Gefällt 3
Geschrieben

Hat das Thema die Hochschulen verlassen? Außerhalb von Hochschulzusammenhängen ist das Thema irrelevant.

Da irrst Du Dich. Außerhalb der conservativen Käseglocke sickert das immer mehr ins allgemeine Bewusstsein. Insofern ist der Wunsch nach einer typographisch befriedigenden Lösung der Problematik verständlich, auch wenn Deine Reaktion zeigt, dass der Stolperstein weiterhin angebracht ist.

 

Schriftsprache, die man nicht sprechen kann, kann man auch nicht gut setzen.

Dieser Aphorismus ist in dieser Universalität nicht gültig. 

Geschrieben

Hat das Thema die Hochschulen verlassen? Außerhalb von Hochschulzusammenhängen ist das Thema irrelevant. Deshalb kümmert sich auch kein Typograf um diese Umständlichkeiten.

(Hervorhebungen von mir.)

 

Und wenn jemand in deinem Familienkreis betroffen wäre?

Wäre es dann immer noch zu irrelevant und umständlich für dich?

Krasse Meinung, Martin.

Geschrieben

d. Bürgerin (Genderitalic)

(Fettung von mir. Im Original ist »in« kurisv, der Rest aufrecht.)

  1. Herzlichen Glückwunsch, das ist die erste und bisher einzige Antwort im Thema, die tatsächlich auf die Frage eingeht und einen, sogar explizit typografischen, Lösungsvorschlag unterbreitet! :cheer:
  2. Mir erscheint der/die/das Genderitalic (Hast du das eben erfunden, catfonts? Wenn ja, Respekt! Das könnte sich durchaus durchsetzen!) von allen Ansätzen noch am sympathischsten, zumindest wenn nicht umformuliert werden darf und alternativ nur Binnen-I, Schluss-x oder Sonderzeichen in Frage kommen.

 

Hat das Thema die Hochschulen verlassen?

Ja. Eine Verwandte arbeitet für eine evangelische Landeskirche in Deutschland, im Bereich Frauen und Familie. Da wird tüchtig gegendert.

Geschrieben

Ja, de Genderitalic habe ich hier gerade so erfunden, und stelle es unter eine freie Lizenz.

 

Mir waren die anderen Lösungen einfach unsympatisch, das sie gefühlsmäßig genau das Gegenteil bewirken, als beabsichtigt ist, sie grenzen mehr aus, als das sie  für Gleichbehandlung und Gleichwertigkeit sorgen, zudem polarisieren sie auf exakt 2 Geschlechter.

 

Generell finde ich es aber am besten, wenn man einfach die Berufsbezeichnung eben so verwendet, wie der grammatische Genus nun einmal gewohnt ist, denn oft haben eine mit -in gegenderte Berufsbezeichnung einen abwertenden Beigeschmack.

 

Beispiel: der Sekretär hat irgendwie eine hohe Wertigkeit, es ist vein Entscheider, man debnke nur an Generalsekretär, Partei- und Vereinssekretär oder den Staatssekretär, oftmals eben die hohen oder gar höchsten Verwalter.

 

Anders die Sekretärin mit dem Bild der Schreibmaschinen-Bedienerin, die nebenbei bestenfalls noch den Kaffee kocht, sonst aber eben nur das zu Papier bringt, was man ihr diktiert.

 

Schreibt man also "Frau Professor Müller" oder auch "Frau Bundeskanzler Merkel" sagt man doch eigentlich, das hier unabhängig von biologischen Geschlecht eine 100%ige Gleichwertigkeit vorliegt.

Geschrieben

Ich glaube, hier gerät etwas durcheinander, nämlich die Theorie des Gender mit ihrer sprachlichen Umsetzung, die ich für falsch halte, und die Toleranz gegenüber persönlichen Lebensentwürfen, die ich nicht nur selbst aufbringe, sondern auch für andere einfordere, solange diese Entwürfe selbst nicht die persönliche Freiheit anderer beschneiden. Ich kenne nicht nur in meiner Familie niemanden, sondern überhaupt niemanden, der sein eigenes Geschlecht für eine soziale Konstruktion hält. Würde ich jemanden kennenlernen, der sich so sieht, würde ich zwar glauben, dass er sich irrt, es aber als Privatangelegenheit ansehen. Ich würde nicht akzeptieren, wenn dieser Mensch verlangte, dass wegen seiner Ansichten über soziale Konstruktion die Sprache bis zur Unverständlichkeit mündlich und schriftlich "dekonstruiert" wird, sondern seitlich daran vorbeigehen. Die Welt hat Platz für viele Ansichten. Schrägstrich und Binnen-I sind genderfern, weil sie der von Gender-Anhängern vertretenen Ansicht, es gebe viele Konstruktionsmöglichkeiten von Geschlecht, nicht genügen. Gendern bedeutet, das männliche und das weibliche Geschlecht aus der Sprache zu entfernen, deshalb das die Identifikation verhindern sollende X oder die Lücke.

  • Gefällt 2
Geschrieben

… Ich wundere mich ein bisschen, dass die Gestalter/innen diese Änderung komplett den Institutionen überlassen, anstatt eine lesbare und ästhtetische Lösung vorzuschlagen. …

 

Wie ich bereits schrieb: »lesbar und ästhetisch« ist kaum möglich, da zusätzliche Zeichen den den Lesefluss nun einmal empfindlich stören. Ich habe kürzlich für den Bereich Lebensmitteleinzelhandel eine Großveranstaltung durchgestaltet, bei der in allen Drucksachen durchgängig männlich/weiblich formuliert werden sollten. Das war für mein Empfinden ein einziger Krampf! Der Text war am Ende kaum noch erfassbar und in der Länge unschön aufgebläht. 

 

Catfonts’ Vorschlag mit der kursiven Endung gefällt mir da deutlich besser, allerdings kann es hierbei passieren, dass die Kursivierung sich nicht deutlich genug abhebt. Und es besteht überdies die Gefahr, dass bei Formatierung des Textes oder Änderung der Schriftart im Dokument sämtliche Kursivierungen weg sind (sofern es sich nicht um ein Office-Dokument handelt, bei dem die Kursivierungsfunktion über die reine Schnittauswahl hinausgeht). 

 

Im Prinzip müsste der Mensch, um dies zu vermeiden, für die Genderendung eine neue Funktion für die Textverarbeitung einführen, die jede Bearbeitung zweifelsfrei überdauert. Aber! Dann hätten wir gerade mal die Endungen männlich/weiblich gleichberechtigt untergebracht und dabei bliebe immer noch das Artikelproblem. Die ganz grundsätzliche Frage müsste also lauten, wie man die Sprache grundsätzlich so neutral formuliert, dass niemand sich ausgeschlossen fühlt. Denn dass man den umgekehrten Weg ginge und immer mehr Optionen in einen Text hineinstopfte (»Liebe Damen, liebe Herren, liebe Studentinnen, liebe Studentinnen, liebe Jungen und Mädchen …«), führte uns in ein Textchaos, das weder beherrschbar (bedamenbar? befraubar?) noch verständlich wäre. Und mir ein echtes Graus! 

 

Mir kommt bei diesen Diskussionen immer das Segeln als Vergleich in den Sinn: Je besser wir die Segel setzen, desto müheloser und eleganter segeln wir am Wind – je schlechter die Segel gesetzt sind, desto mehr Gewalt benötigen wir, um auf Kurs zu bleiben. Und Gewalt ist keine Option! Übertragen auf die Sprache möchte ich sagen: Wir dürfen ihr keine Gewalt antun, der Sprache, das bringt uns nicht weiter. Der Sprachwandel lässt sich nicht übers Knie brechen, sondern bedarf eines sinnvollen, behutsamen Wandels. Leichter statt schwerer, eleganter sollte die Neuerung ausfallen, statt eine orthografische Monstrosität zu schaffen. 

 

Ich habe keine Lösung für dieses Problem, aber ich denke, eine Wir-Formulierung statt »man« wäre schon mal ein erster Schritt, der nicht so weh tut, weil wir ihn bereits kennen. »Mensch« wäre auch eine denkbare Alternative für »man«. Und was die mannigfaltigen Bezeichnungen des Menschen angeht, da bedarf es vielleicht wirklich einer ganz neuen Endung. Kein »-er« und »-erin« mehr, sondern ganz neu. Und einfach. Mir graust es davor, ganz ehrlich! Andererseits hat sich Sprache während der kompletten Menschheitsgeschichte kontinuierlich gewandelt und ist daran als Ganzes nicht eingegangen. Der Wandel der Sprache hat sich – so würde ich das jetzt einfach mal behaupten – in der Geschichte meist auf dem Wege des geringsten Widerstandes bewegt, wie ein Fluss, der sich bei Bedarf ein neues Bett sucht. Schwere Partikel setzen sich unterwegs als Sediment am Boden ab, leichte Teilchen schwimmen mit dem Strom. In diese Sinne wird es weitergehen und es wird sich zeigen, ob der stete Fluss der Sprache und der Schrift das Thema mit sich tragen wird. 

 

Bis jetzt, und damit kehre ich zur Aussage meines erste Beitrages zurück, habe ich noch keine gangbare typografische Lösung gesehen, die dem Thema in Schönheit gerecht geworden wäre. 

  • Gefällt 5

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