natrix Geschrieben März 31, 2016 Geschrieben März 31, 2016 Liebes Forum, Typografen sind keine Texter, na gut – trotzdem – würde ich gerne mal eure ganz persönliche Meinung zum Thema gendergerechte Formulierung hören. Ein gut gesetzter Text soll auch angenehm zu Lesen sein finde ich. Aber wo ist die Grenze – wo liegt eure Grenze? Wie viele "innens" und "ers" innerhalb eines Textes lesen sich gut, ab wann denkt ihr euch sowas wie: leck mich doch am (da wo unter normalen Umständen kein Licht hinkommt), muss ich wirklich den ganzen Text bis zum Schluss weiter lesen??? Die politischen Standpunkte kennt ihr – womöglich habt ihr bei den regelmäßig gewünschten Textänderungen auch ganz ähnliche Schmerzen – ich würde mich über jedes Feedback von euch freuen. PS: ich kann auch "Arsch" schreiben – aber ich bin noch nicht so lange dabei und möchte daher erst mal behutsam vortragen. 1
Phoibos Geschrieben März 31, 2016 Geschrieben März 31, 2016 Solange wir keine Gleichberechtigung der verschiedenen Gender haben, kann mensch nicht genug S-tolpers-teine in die Texte setzen, bis auch dem letzten Menschen klar ist, wie sehr bereits Sprache Gewalt und Diskriminierung in sich birgt. Da dieses Thema schnell dazu neigt, erinnere ich ganz allgemein noch mal an den Esoterik-Paragraphen. Vielleicht ist das besser in einem anderen Bereich aufgehoben? Und vieles ist auch schon dazu gesagt worden, wie die Suche nach Gender verrät.
Uwe Borchert Geschrieben April 1, 2016 Geschrieben April 1, 2016 Hallo, PS: ich kann auch "Arsch" schreiben – aber ich bin noch nicht so lange dabei und möchte daher erst mal behutsam vortragen. Muss das nicht ÄrschInnen heißen? Wobei das Binnen-I noch angenehmer zu lesen ist wie das Gender*innen-Sternchen. Rein aus typografischer Sicht ist das manchmal ein echtes Desaster und der verbissene Eifer beim Vortragen der Dogmen geht immer von der Zeit für sinnvolle Dinge ab. Ich habe mir da auch grundsätzliche angewöhnt bevorzugt negative Begriffe wie MörderInnen, DiebInnen, VergewaltigerInnen zu gendern. Und bei Protesten kann man sich dann immer auf das Genderitisdogma berufen. Allerdings scheint das viele nicht zum Nachdenken anzuregen. Irgendwie verstehen viele Menschen den Unterschied zwischen sprachlichen und biologischen Geschlecht nicht. Und seinen wir mal ehrlich: Wer zum Arzt muss, dem ist es doch egal ob der Doktor ein Männchen oder Weibchen ist, Hauptsache er macht seinen Job gut. Er? Das ist sprachliches Geschlecht für den Doktor und sagt nix über das biologische Geschlecht aus. Ich halte auch nichts davon ständig Begriffe umzudefinieren und andere Begriffe neu zu erfinden. Dadurch wird die Bedeutung immer schwammiger und es kommt eben genau zu den von Dir schon gezeigten Abwehrreaktionen bis hin zum allergischen Schock. Sprache entwickelt sich im Lauf der Zeit und sie passt sich auch an, aber eine von oben gesteuerte Entwicklung ohne Rückhalt in der breiten Basis ist wenig sinnvoll. Aus der politischen Propaganda kennt man genug Beispiele wie ganz schnell die neuen oder umdefinierten Begriffe auch wieder vom Gegner negativ besetzt wurden. Manchmal wirkt das Ganze auf mich wie eine Beschäftigungstherapie für Aktivisten, damit die nicht auf bessere Gedanken kommen. Aber das klingt schon wieder nach VT und darf hier gar nicht rein ins Forum. MfG 1
natrix Geschrieben April 1, 2016 Themen-Ersteller Geschrieben April 1, 2016 Hallo zusammen, also ich hatte nach "gendergerecht" gesucht und nichts dazu in diesem Forum gefunden. Natürlich ist schon vieles dazu im Internet geschrieben, aber ich dachte ich frag trotzdem mal – bestimmt finde ich hier wen, der eine elegantere Lösung kennt. Mit euren beiden Beiträgen ist aber alles gesagt, vor allem der Satz mit dem Rückhalt in der breiten Basis. So ganz fällt das aus meiner Sicht aber nicht unter den Esotherik-Paragraphen, ich wollte gar keine politische Diskussion starten, nur ein paar Gedanken aus Sicht der Typografen austauschen. Unter "Gender" hätte ich tatsächlich einige Beiträge gefunden, genug Lesestoff um mich mit dem Thema zu versöhnen. Danke für beide Links und den sehr schönen Text. War eine gute Idee von mir hier mal nachzufragen – und ein neues Wort habe ich auch gelernt Aber ihr habt Recht, es ist dann wohl auch genug dazu gesagt/geschrieben worden. Grüße euch
Liuscorne Geschrieben April 1, 2016 Geschrieben April 1, 2016 Mit euren beiden Beiträgen ist aber alles gesagt, vor allem der Satz mit dem Rückhalt in der breiten Basis. So ganz fällt das aus meiner Sicht aber nicht unter den Esotherik-Paragraphen, ich wollte gar keine politische Diskussion starten, nur ein paar Gedanken aus Sicht der Typografen austauschen. Dieser Kommentar provoziert nun doch eine Reaktion. Ich glaube, Typografen sind dazu da, Texten eine angemessene Form zu geben. Typografen geben Romanschriftstellern in aller Regel keine Hinweise, an welchen Stellen ihr Text durch (typografischen) Umbau "besser" gemacht werden könnte; sie sagen Lyrikern nicht, dass die Zeilen des Gedichts doch kürzer sein sollten, weil's dann besser ins Format passt; und Typografen sagen Sachbuchautoren nicht, dass sie vielleicht auf die Wiedergabe mancher Zitate verzichten sollten, weil die sich typografisch so schwer umsetzen lassen (und auch so mühsam zu lesen sind). Warum ausgerechnet beim Thema gendergerechte Sprache NICHT davon ausgegangen werden sollte, dass Autoren sich etwas dabei gedacht haben, so zu schreiben, wie sie schreiben, liegt für mich nicht auf der Hand. Wenn also Genderbezeichnungen im Text auftauchen, sollte man versuchen, so glaube ich, sie so angemessen wie möglich umzusetzen, und sie jedenfalls genauso ernsthaft behandeln wie andere Teile des Textes auch. Was das im konkreten Fall bedeutet, kann man nicht pauschal sagen. Und es gibt sicher Fälle, wo (Genderschreib-)Stil und Intention des Textes so weit auseinanderklaffen, dass ein Einspruch angemessen ist. Aber das gilt für alle Texte gleichermaßen und hat nichts speziell mit dem Thema Gender und Sprache zu tun. Was jedenfalls NICHT hilft, ist plumpe Polemik, wie sie (aus meiner Sicht) Uwe vorgetragen hat. Wenn DAS die Reaktion auf eine typografische Frage ist, dann ist tatsächlich noch NICHT genug zum Thema gesagt. Und Hinweise auf "Rückhalt in der breiten Basis" oder "Mir ist egal, ob Mann oder Frau, Hauptsache ein guter Arzt" sind, vorsichtig gesagt, nicht sehr überzeugend. P.S.: Und jeder kann mal testen, wen er oder sie bei den Bezeichnungen "Typograf", "Lyriker", "Sachbuchautor" ... tatsächlich vor Augen hatte ... 5
Uwe Borchert Geschrieben April 2, 2016 Geschrieben April 2, 2016 Hallo, Was jedenfalls NICHT hilft, ist plumpe Polemik, wie sie (aus meiner Sicht) Uwe vorgetragen hat. Wenn DAS die Reaktion auf eine typografische Frage ist, dann ist tatsächlich noch NICHT genug zum Thema gesagt. Und Hinweise auf "Rückhalt in der breiten Basis" oder "Mir ist egal, ob Mann oder Frau, Hauptsache ein guter Arzt" sind, vorsichtig gesagt, nicht sehr überzeugend. P.S.: Und jeder kann mal testen, wen er oder sie bei den Bezeichnungen "Typograf", "Lyriker", "Sachbuchautor" ... tatsächlich vor Augen hatte ... Meine Ausführungen waren keine plumpe Polemik. Ich habe nur sehr radikal auf die Schwächen der gendergerechten Schreibweise hingewiesen. Diese Probleme sind nun mal da. Der Typograf arbeitet mit der Sprache und je kaputter die Sprache wird um so schwieriger wird das Arbeiten damit. Gendergerecht müsste ich Der/Die TypografIn schreiben ... aber warum? Beschäftigungstherapie? Bekommen dann die Weibchen das gleiche Gehalt wie die Männchen, nur weil ich mit Binnen-I um mich werfe? Wird dann deren Arbeit, welche nun mal idR anders aussieht als die von Männchen, dann plötzlich gleich geschätzt? Nein! Der Ansatz mit der gendergerechten Sprache ist so schon mal falsch. Und warum reden und schreiben alle immer Gender? Im Deutschen nennt man das Geschlechterrolle und das Wort ist fester Bestandteil des deutschen Grundwortschatz. Aber nein, wir müssen ja Anglizismen und die dahinter stehenden verdrehten Weltbilder ohne zu hinterfragen übernehmen. Der Glaube durch Neusprech die Welt zu beherrschen ist falsch. Georg Orwells 1984 war keine Anleitung wie man es macht, sondern eine Warnung wie man es nicht machen sollte. In 1984 wird ausführlich beschrieben wie Neusprech funktioniert. Aber gendergerechtes Schreiben ist doppelplusungut. Man kann es an den Gegenreaktionen erkennen und wie diese „Genderitis“ reaktionären Strömungen zu arbeitet. Wenn Du meine offenen Worte zu erwiesenen Tatsachen als Polemik empfindest, dann solltest Du mich erst mal erleben wenn ich wirklich polemisch werde. Aber das tu ich ja so gut wie nie, bin ja schließlich ein eher nüchterner Mensch. Ansonsten bin ich auch so was wie ein Lohnschreiber, damit durchaus auch davon betroffen, wie diese Genderitis das tägliche Arbeiten erschwert. Von den gesellschaftlichen und politischen Kollateralschäden die von der „Politik“ hinter dieser Genderitis stecken darf ich hier ja nicht anfangen, wegen der Forenregeln (Esoterik-Paragraf). MfG 1
Phoibos Geschrieben April 2, 2016 Geschrieben April 2, 2016 Gender hat eine andere Begrifflichkeit als Geschlechterrolle. Nicht jedes Fremdwort ist per se schlecht und nicht jede deutsche Entsprechung hat stets den gleichen Bedeutungsumfang. Das deutsche Geschlecht umfasst sowohl sex als auch gender und ist deswegen einfach nicht präzise genug.
natrix Geschrieben April 3, 2016 Themen-Ersteller Geschrieben April 3, 2016 (bearbeitet) Hallo zusammen, oha, da hab ich was angefangen... eieiei. Ich zitiere jetzt mal meinen Lieblings-Jesus: "Das Thema würde ich nicht mal mit der Kneifzange anfassen". Wobei das Quatsch ist, wir haben nur einfach nichts davon. Ich habe mich jetzt durch alle Beiträge gelesen und auch im Web die – zumindest für mich – elegantesten Lösungen und Formulierungen vorgeschlagen. Mit welchem Ergebnis? Der Kunde hat es umgestaltet und ist wieder zum üblichen Einheitsbrei übergangen. Also wie sehr wir uns auch um das best mögliche Ergebnis bemühen, wir müssen es ja dann doch so machen wie der Bezahler der Rechnung es haben will. Menno. PS.: Jetzt befassen wir uns berufsbedingt deutlich intensiver mit dem Thema Text wie als wo unsere Auftraggebers. Je länger man sich mit einer Thematik beschäftigt und je mehr man darüber lernt, umso deutlicher verändert sich der Geschmack. Mittelprächtige Texter mit wenig Hang zur Innovation – damit habe ich es meist zu tun. Trotzdem gebe ich jedesmal mein allerbestes und hoffe zumindest ein Stück weit überzeugen zu können. Ergebnis? Außer Spesen nix gewesen... Machen sie es doch bitte wieder so wie es am Anfang war... bearbeitet April 3, 2016 von natrix
Gast bertel Geschrieben April 3, 2016 Geschrieben April 3, 2016 Typografen sind keine Texter … Mehr gibt es auch nicht dazu zu sagen. Die einen sind für die Inhalte verantwortlich (= Texter), die anderen für deren Satz und optische Erscheinung (= Grafiker, Layouter, Typograph usw.). Die Aufgabe des Typographen ist es also nicht, inhaltlich in den Text einzugreifen.
pürsti Geschrieben April 3, 2016 Geschrieben April 3, 2016 Aber selten sind die Fronten so strikt getrennt. Erlaub mir schon aufmerksam zu machen, wenn ich in einem Text Auffälligkeiten bemerke.
catfonts Geschrieben April 3, 2016 Geschrieben April 3, 2016 Aber dann hätte ich für de▒ jenig▒, de▒ den Text verfasst, eine Lösung. Statt des x, als Ersatz für die genderspezische Stelle in einbem Wort oder einer Dopplung, Binnen I, eingeklammerte ider duch schrägstrich hibntergesetzte Alternativformen, die aber bur eine gendermäßige Dualität, nicht aber alle denkbatwen Sonderkonstellationen berücksichtigen, schlage ich hier das Unicode-Zeichen U+2592 vor: ▒ Dieses kann dann als nicht auiszusprechendes Platzhalterzeichen an allen gendertechnischen Zweifelspositionen eingefügt werden: z.B. ----------------------------------- Sehr geehrt▒ Professo▒ Müller, Bezugnehmend auf das Gespräch mit Ihnen und de▒ Student▒ Meyer möchte ich dochz empfehlen, eine Stelle für ein▒ Laboran▒ im Labor für Genderwissenschaften einzurichten, Ich halte, nach Rücksprache mit de▒ Studen▒ Schulz, Mayer und Krüger, sowie de▒ technischen Mittarbei▒ Kawulski de▒ Diplomsoziolog▒ Ludwig für eí▒ geeigne▒ Bewerb▒. mit freindlichen Grüßen ---------------------------------------- Nebenbei bevorzuge ich die Einführung des unbestimmten Artikels de an Stelle von der, die, das, da dies auch de Integtration von Neubürge▒ mit Migrationshintergrund deutlich erleichtern könnte. 2
Uwe Borchert Geschrieben April 4, 2016 Geschrieben April 4, 2016 Hallo, Gender hat eine andere Begrifflichkeit als Geschlechterrolle. Nicht jedes Fremdwort ist per se schlecht und nicht jede deutsche Entsprechung hat stets den gleichen Bedeutungsumfang. Das deutsche Geschlecht umfasst sowohl sex als auch gender und ist deswegen einfach nicht präzise genug. Der Begriff „Gender“ entspricht bzgl. dieses Kontext in etwa dem Begriff „Geschlechterrollen“ (nicht Geschlecht). Daher passt das schon in etwa. Das ist übrigens auch die Auffassung einer befreundeten Ex-Druckerin und etwa 4 Jahrzehnten praktizierenden „Emanze“. Die typischen akademischen Gender-Diskussionen finden in Biotopen statt. Daher findet man diese nur sehr wenig bei der Suche über Datenkraken. Die Kritik wiederum findet eher in der Öffentlichkeit statt und wird auch gerne von misogynen ZeitgenossInnen missbraucht. Dies findet man dann aber bei der Suche mit den Datenkraken. Daher entsteht auch so was wie eine Filterblase beim Thema und die Kritik wird grundsätzlich mit reaktionären und misogynen Tendenzen in Verbindung gebracht. Also immer dran denken: Vorsicht beim Umbau der Sprache und dem Einführen von Neusprechregeln. Jede ungewohnte Regel kann und muss auch kritisiert und hinterfragt werden. Und wenn es dann dumm läuft liefert man den „falschen“ Gruppen und Strömungen Munition. Und von den Problemen bei der Umsetzung mit Gender-Sternchen und Binnen-i will ich gar nicht reden. Oder doch? Mieses (typografisches) Erscheinungsbild wird dann mit „Gender“ in Verbindung gebracht und damit sinkt auch die Akzeptanz der ganzen Diskussion. MfG 1
Gast Schnitzel Geschrieben April 4, 2016 Geschrieben April 4, 2016 Moin, Hallo, Der Begriff „Gender“ entspricht bzgl. dieses Kontext in etwa dem Begriff „Geschlechterrollen“ (nicht Geschlecht). Daher passt das schon in etwa. Das ist übrigens auch die Auffassung einer befreundeten Ex-Druckerin und etwa 4 Jahrzehnten praktizierenden „Emanze“. Das ist Quatsch! Und weder das eine (Ex-Druckerin) noch das andere (praktizierende Emanze – was auch immer das ist) ist ein Hinweis auf eine Deutungskompetenz. Auf die restliche, wiederholte Polemik gehe ich gar nicht erst ein ...
natrix Geschrieben April 4, 2016 Themen-Ersteller Geschrieben April 4, 2016 Hallo zusammen, hatte ich heute zu einem anderen Thema bekommen. Trifft die Gender-Thematik eigentlich nicht, aber ich finde es sehenswert. Eine kleine Auflockerung für zwischendurch vielleicht. http://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/die-unwahrscheinlichen-ereignisse-im-leben-von/video-starwars-palina-in-der-todesstern-kantine--100.html Möge die Macht mit euch sein…
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