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Verdächtig günstige Kopien von Fonts auf FontSpring

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Geschrieben

Guten Morgen,

 

auf der Suche nach erschwinglichen Webfonts für meine Kunden bin ich auf  FontSpring auf einen Schriftenhersteller namens FontSite gestoßen. Dieser scheint ziemlich nahe Kopien von einigen berühmten Fonts zu extrem günstigen Preisen anzubieten.  Die größte Familie die sie anbieten, nennt sich "Urbano" (im Prinzip 1:1 die Univers mit Condensed und Extra Condensed-Varianten): https://www.fontspring.com/fonts/fontsite/urbano

Auf FontSpring kann man die ganze Familie als Webfont-Lizenz mit unlimitierten (!) Pageviews für nur $149 kaufen. Wenn man direkt auf der Herstellerseite einkauft, bekommt man die ganze Familie sogar für nur $18,95 als Desktop- und Webfontlizenz mit @font-face-Erlaubnis für unbegrenzt viele Domains.

 

Eine andere Schrift aus ihrem Angebot ist "Craft Gothic", die ein Klon der Akzidenz Grotesk zu sein scheint:

https://www.fontspring.com/fonts/fontsite/craft-gothic

Auch hier wird eine unlimitierte Webfont-Lizenz für sehr wenig Geld angeboten.

 

Sie bieten sogar die DIN in Regular und Condensed ähnlich günstig an:

https://www.fontspring.com/fonts/fontsite/fette-1451

 

Mich würde es jetzt natürlich reizen, diese Schriften zu kaufen und beliebig oft zu verwenden, und ich kenne FontSpring eigentlich als seriösen Anbieter, allerdings schreckt mich der abnormal günstige Preis für eine unlimitierte Webfont-Lizenz doch sehr ab. In Anbetracht dessen, dass v.a. die Urbano quasi identisch mit der Univers ist, frage ich mich, ob man rechtliche Probleme mit Linotype bekommen könnte wenn man diese nachgemachten Schriften auf Kundenhomepages nutzt? Wäre in so einem Fall der Anbieter (in diesem Fall FontSpring) haftungspflichtig? Im Netz findet man abgesehen von ihrem eigenen Online-Shop leider kaum Infos über den Hersteller FontSite.

 

Ich bedanke mich für jegliche Antworten.

 

Liebe Grüße,

gantill

Geschrieben

Ich würde empfehlen, mal diesen Artikel zu lesen: https://de.wikipedia.org/wiki/Rechtsschutz_von_Schriftzeichen

 

Und die Univers stammt ja schon aus den 1950er Jahren, demzufolge kann jeder, der es kann auch diese Schrift nachzeichnen und daraus einen Font anfertigen, und diesen auch so teuer oder so günstig, wie er möchte anbieten.

 

Wie gut diese Schrift dann ist, gerade was beispielsweise das Hinting, das ja für einen Webfont nicht ganz unwichtig ist nun ausgeführt ist, und wie es mit weiteren Funktionen der Schrift, wie beispielsweise OpenType-Funktionen anbelangt, die möglicherweise im teureren Paket eines großen Schriftenhauses ist, steht auf einem anderen Zettel.

 

Was die DIN 1451 anbelangt, das ist ja eine genormte Schrift, und DIN-Normen sind ja gereade dazu gemacht, das man Produktenach DIN-Normen anfertigt, das gilt dann natürlich auch für eine genormte Schrift als Font.

 

Auf Fontsqirrel oder Google Fonts - oder auch bei mir gibt es Fonts sogar komplett kostenlos, aber trotzdem legal, auch Fonts die sehr teuer angebotenen Schriftarten sehr ähneln.

Geschrieben
vor einer Stunde schrieb gantill:

frage ich mich, ob man rechtliche Probleme mit Linotype bekommen könnte wenn man diese nachgemachten Schriften auf Kundenhomepages nutzt?

Das eher nicht. 

Die rechtliche Betrachtung von Schriftklonen ist ein komplexes Thema. Da gibt es keine einfachen Antworten. 

Geschrieben
vor 1 Stunde schrieb catfonts:

Und die Univers stammt ja schon aus den 1950er Jahren, demzufolge kann jeder, der es kann auch diese Schrift nachzeichnen und daraus einen Font anfertigen, und diesen auch so teuer oder so günstig, wie er möchte anbieten.

Wenn du mit den 70 Jahren auf das erlöschen des Urheberrechts anspielst so trifft das im Fall der Univers nicht zu. Das Urheberrecht endet 70 Jahre nach dem Tod des Urheber und nicht nach der Schaffung des Werkes. Da Frutiger erst kürzlich verstorben ist bleiben also noch ein paar Jahre.

Geschrieben

Dann guck dir mal die Sache mit dem Urheberrecht bei Schriften an, da ist nix mit Urheberrecht bis 70 Jahre nach dem Tod, da gerade Brotschriften nicht als Kunstwerk anerkannt werden. Demzufolge gilt dieses Urheberrecht für diese Schrift so gar nicht.

 

Zitat:

... Mit dem Gesetz zum Wiener Abkommen vom 12. Juni 1973 über den Schutz typographischer Schriftzeichen und ihre internationale Hinterlegung (Schriftzeichengesetz) vom 6. Juli 1981 (BGBl.II S. 382) setzte die Bundesrepublik Deutschland dieses einschließlich der Ausführungsordnung um. Darin ist geregelt, dass die Schutzdauer zunächst 10 Jahre beträgt und auf maximal 25 Jahre verlängert werden kann. ...

 

und das ist im Falle der Univers eindeeutig abgelaufen

 

Zudem lässt sich natürlich der Name "Univers" als Marke schützen, das bedeutez aber, dass eine Schrift, die sehr ähnlich aussiht dann nur nicht Univers heißen darf,  gegen Urbano ist jedoch dann nichts einzuwenden.

 

Auch möglich, dass der Font komplizierte Regeln für OpenType-Funktionen enthält, und damit quasi als "Software" geschützt ist.

 

Aber zeichne ich dann nur sehr ähnliche Konturen, ohne diese interne Software zu kopieren, ist da auch nichts gegen zu sagen.

  • 3 Wochen später...
Geschrieben
Am 7.4.2017 um 09:48 schrieb catfonts:

Aber zeichne ich dann nur sehr ähnliche Konturen, ohne diese interne Software zu kopieren, ist da auch nichts gegen zu sagen.

Frage interessehalber: Gilt das für alle Schriften? Kann also jeder z.B. eine Open Source-Schrift nehmen, die einer proprietären, kostenpflichtigen Schrift sehr ähnlich sieht und dann einfach mit einem Schriften-Editor ein paar Änderungen vornehmen, so dass die Schriften zum Verwechseln ähnlich aussehen? 

Ich kann mir kaum vorstellen, wie man im Streitfall beweisen will, dass man die Schrift wirklich selbst nachgezeichnet hat und nicht einfach die Glyphen vom Original per Copy-Paste eingefügt und vielleicht ein bisschen verformt hat.

Geschrieben
vor 3 Stunden schrieb Lo Genuva:

Kann also jeder z.B. eine Open Source-Schrift nehmen, die einer proprietären, kostenpflichtigen Schrift sehr ähnlich sieht und dann einfach mit einem Schriften-Editor ein paar Änderungen vornehmen, so dass die Schriften zum Verwechseln ähnlich aussehen? 

Richtig, genau dafür wird die Schrift ja als Open Source angeboten. Aus wikipedia:

Zitat

Open-Source-Font bzw. quelloffener Font ist die umgangssprachliche Bezeichnung für einen Font, der unter einer von der Open Source Initiative oder Free Software Foundation anerkannten offenen bzw. freien Lizenz steht. Unterscheidungskriterium gegenüber vielen lediglich als „Free Font“ angebotenen Schriften ist, dass die kommerzielle Nutzung dieser Schriften in der Regel ebenso erlaubt ist wie Weitergabe und Bearbeitung.

Ob eine Schrift vom (Nicht-Open-Source-Original) nachgezeichnet oder das Original geklaut wurde, lässt sich anhand des technischen Aufbaus schon feststellen, da keiner beim Nachzeichnen die Punkte und Steigungen identisch zum Original hinbekommen wird. Sind beide identisch, lässt das durchaus auf eine unerlaubte Kopie schließen.

Geschrieben
Am 7.4.2017 um 09:48 schrieb catfonts:

Dann guck dir mal die Sache mit dem Urheberrecht bei Schriften an, da ist nix mit Urheberrecht bis 70 Jahre nach dem Tod, da gerade Brotschriften nicht als Kunstwerk anerkannt werden. Demzufolge gilt dieses Urheberrecht für diese Schrift so gar nicht.

 

Zitat:

... Mit dem Gesetz zum Wiener Abkommen vom 12. Juni 1973 über den Schutz typographischer Schriftzeichen und ihre internationale Hinterlegung (Schriftzeichengesetz) vom 6. Juli 1981 (BGBl.II S. 382) setzte die Bundesrepublik Deutschland dieses einschließlich der Ausführungsordnung um. Darin ist geregelt, dass die Schutzdauer zunächst 10 Jahre beträgt und auf maximal 25 Jahre verlängert werden kann. ...

 

und das ist im Falle der Univers eindeeutig abgelaufen

Die Univers wurde von Deberny & Peignot aus Frankreich auf den Markt gebracht. Gilt auch dort deutsches Recht? Davon abgesehen wissen wir nicht ob die Vorlage für den Schriftklon die Bleisatz-Univers aus den 1950er Jahren war oder eine digitale Version aus den letzten zehn Jahren. Dann wäre man wieder innerhalb des Zeitraums des von dir zitierten Gesetztes.

 

Schriften sind ein schwieriges Feld was die künstlerische Schöpfungshöhe und somit das Urheberrecht angeht. Dennoch dürfte der Fall nicht so eindeutig sein wie von dir dargelegt. Wäre es so einfach müsste es doch viel mehr »günstige« und trotzdem gut gemachte Kopien erfolgreicher Schriften geben ...

Geschrieben
vor einer Stunde schrieb Microboy:

Wäre es so einfach müsste es doch viel mehr »günstige« und trotzdem gut gemachte Kopien erfolgreicher Schriften geben ...

Na ja, soooooo einfach ist das ja auch nicht. Auch wenn man die Glyphen per Copy&Paste  praktisch klaut, ist das Ergebnis noch lange nicht der gleiche Font, und noch länger keiner, der die Ansprüche von Profi-Gestaltern erfüllt.

 

Ich kenne so einige Schriftenanbieter, denen ich selbst problemlos dieses Glyphen-Kopieren nachweisen kann, einfach wenn ich die Glyphen im Font-Editor mal übereinander kopiere, und die Knoten dann auf exakt der gleichen Position sitzen. Trotzdem sind diese Schriften bei weitem nicht identisch, ja oft sehr weit voneinander entfernt.

 

Das ist für den, der seine Briefe oder Rechnungen mit Programmen wie Wordpad schreibt, und das als gutes Textverarbeitungsprogramm ansieht. Der ist mit der Billigkopie oder gar Gratiskopie wirklich auch gut bedient, denn der kommt überhaupt nicht in den Genuss der Funktionen, die bei der teuren Schrift den Preis ausmachen, weil er all das, was diese Schrift so teuer macht, weil da oft tausende Mannstunden drin stecken, überhaupt nicht nutzen kann. Diesem Nutzer ist es auch oft so was von egal, ob der Text auf dem Bildschirm wirklich gut aussieht, sondern will ein akzeptables Ergebnis mit seinem Heim- oder Bürodrucker bekommen, und das klappt dann auch. So ein Nutzer würde den Unterschied zur teuren Schrift nicht in Ansätzen erkennen, und wäre wohl auch nie bereit, sehr viel Geld in eine Schrift zu investieren, tut er es ja schon bei der verwendeten Software nicht.

 

Wenn aber der "fun-part" der Schriftgestaltung, das Zeichnen der Glyphen erledigt ist, fängt erst die eigentliche Arbeit an. Und hier stellt sich die Frage, für welche Anwendung die Schrift ihren Dienst optimal erfüllen soll.

 

Soll es eine Schrift zur Verwendung z.B. zur Anzeige von Texten auf dem Bildschirm werden, habe ich ein Problem: In mittleren Schriftgrößen muss ich die Fehler der Wahrnehmung ausgleichen. Buchstaben, mit Rundungen wirken bei identischer Größe optisch kleiner als die eher gradlinig sind. ein identisch großes o also kleiner als ein z und ein spitzes A kleiner als ein oben stumpfes H. Dies gleiche ich durch so genannten Overshoot aus. Also ich mache Rundungen einen Hauch größer. Spitzen sogar noch mehr. Wenn ich diese Schrift aber sehr klein auf einem Bildschirm lesbar haben möchte, könnte es passieren, dass durch diesem Overshoot der Buchstabe um 2 volle Pixel größer wird, und das kann eben dann zu viel werden. Auch stehen die Beine z.B. eines m nicht in allen möglichen Schriftgrößen genau auf der Position der Pixel, das bedeutet, mal würde ohne ausgefeilte Korrekturen ein Bein breiter, das andere aber schmaler werden. All dies muss angeglichen werden, und das eben nicht nur innerhalb einer Glyphe, sondern auch zwischen den Glyphen untereinander. Einfaches geht zwar auch automatisch, aber das ist noch weit von Perfektion entfernt, also endlose Programmiererei und endlose Tests...

 

Und dann kommt noch hinzu, dass ich die Schrift ja auch in vielen Sprachen einsetzen möchte. Billigfonts haben da meist nur die (US) Engliche Sprache auf der Peilung. Umlaute sind andere diakritische Zeichen sind, wenn überhaupt vorhanden nur in Standardkonfiguration enthalten. Viele Sprachen haben aber gerade ihre besonderen Regeln, manche Länder bevorzugen die eher flach, andere eher steil geformt, und auch bei einigen Buchstaben gibt es sprachtypische Formen. Auch muss ich dafür sorgen, dass abhängig von den Buchstabenformen keine Überschneidungen entstehen, beispielsweise bei Ti mit dem i-Punkt, aber anders auch keine unschönen Lücken entstehen, z.B. bei AV. Hinzu kommen dann noch so typografische Spielereien, wie z.B. Ligaturen, Zierbuchstaben, Kapitälchen, Minuskelziffern, Tabellenziffern, Brüche und vieles mehr.

 

Wenn ich jetzt aber meine Schrift in vielen Gewichten anbieten möchte, kann ich das, möchte ich hier optimale Qualität haben auch nicht einfach automatisch magerer oder fetter rechnen lassen, viele Glyphen muss ich zu den unterschiedlichen Strichstärken auch deutlich umkonstruieren und daher oft neu zeichnen. Und dann geht der ganze Aufwand für all das Feintuning erneut für jeden neuen Schriftschnitt von Vorn los.

 

Will man also eine solche optimal ausgestattete Mengentext-Schrift, welche den Ansprüchen eines Profi-Gestalters genügt allein erstellen, wäre dies mit Sicherheit eine Lebensaufgabe, mit vielen Aufgaben, die für den Glyphen-Grafiker elend langweilige und oft stupide Routinearbeit wird. Also ist so etwas ein Job für ein großes Team an Spezialisten.

 

Und ist all diese Arbeit in diese Schriftart bekommt der Wordpad-Nutzer einfach nie zu sehen, der wundert sich einfach nur, warum er eine schöne Schrift für 10 Euro oder gar umsonst bekommt, für eine andere, die gar nicht so anders aussieht, seinen Rechner aber auch noch mit "idiotischer Dateigröße" aus bremst dann einen dreistelligen Betrag kostet.

Geschrieben
vor 6 Stunden schrieb bertel:

Ob eine Schrift vom (Nicht-Open-Source-Original) nachgezeichnet oder das Original geklaut wurde, lässt sich anhand des technischen Aufbaus schon feststellen, da keiner beim Nachzeichnen die Punkte und Steigungen identisch zum Original hinbekommen wird. Sind beide identisch, lässt das durchaus auf eine unerlaubte Kopie schließen.

Danke für die Antwort. Das wird man dann aber vermutlich auch eher an "komplexeren" Buchstaben festmachen und nicht an der 1 oder dem I, oder?

Geschrieben

Das hängt vom Richter ab. Oder dem Sachverständigen. Oder …

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