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Webfont Lizenz von Unbekannten Bleisatzschriften

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Geschrieben

Hallo Typografen und Schriftgestalter, 
Ich wollte wissen inwiefern Schriften dessen Namen und Herkunft nicht genau bekannt sind digitalisert und im Web genutzt werden dürfen, ohne direkt als Plagiat zu gelten?


Ein Kunde hat mehrere Bleisatz-Schriften die er nun in einer Webapplikation als Druckvorschau für den Endnutzer veranschaulichen will. 
Einige Schriften ließen sich eindeutig bekannten Schriften zuordnen (bspw. Garamond) andere wiederum nicht. 
Schrift-Lizenzierung scheint nach eingängiger Recherche ein komplexes Thema zu sein, besonders im Web. 
Der BeitragSind Fonts Software von Ralf Hermann (Siehe "Schöpfung durch Digitalisierung") zeigt zumindest auf das auch antike Schriften nicht ohne weiteres Kopiert werden sollten. 

Im Falle der genannten Garamond Schrift ist klar, hier muss der Kunde eine Webfont-Lizenz erwerben. Bei den unbekannten Schriften (Die ich bereits mit Tools wie WhatTheFont untersucht und verglichen habe) frage ich mich jedoch, inwiefern diese nachgestellt werden dürfen. Gibt es Ausnahmen für eben jenen Anwendungsfall ,wo lediglich eine Vorschau des finalen Drucks mit den jeweiligen Schriften benötigt wird? Zählt das transformieren dieser Schriften in eine Webfont, über das einfache Vektorisieren von Buchstaben hinaus, bereits unter den Begriff: Geschmachsmuster (Falls Jener in diesem Kontext überhaupt Sinn ergibt 😛 )und somit als eigene "kreative" Schöpfung?

 

Freundliche Grüße
Johannes.


PS: Falls jemand noch weitere Seiten und Dokumente bzgl. Gesetze zur Nutzung und Erstellung von Schriften hat würde ich mich auch darüber sehr freuen. 
PPS: Im Anhang sind die Schriften welche ich leider nicht zuordnen konnte. 😜 

unbekannteSchriften.png

Geschrieben

So schwierig ist das in der Praxis zum Glück nicht. Du darfst praktisch¹ jede Bleisatzschrift »digitalisieren«, also nachzeichnen und aus diesen Zeichnungen einen Font machen. Das Geschäftsmodell vieler, absolut seriöser Schrifthersteller beruht darauf, alte Schriften (anderer Gestalter) ohne die Entrichtung irgendwelcher Lizenzgebühren und ohne explizite Erlaubnis zu digitalisieren und diese Fonts dann als eigene Werke zu verkaufen.

 

Was du ohne Erlaubnis nicht darfst, ist, existierende Fontdateien einfach zu kopieren oder zu verändern. Also ganz kurz: solange du keine Fontdateien (Software) »anfasst«, bist du bei der Digitalisierung von Schriften praktisch immer auf der sicheren Seite. Das betrifft auch Schriften, die bereits digitalisiert wurden. So gibt es über ein Dutzend kommerziell vertriebener Garamond-Versionen, alles völlig legitim. (Und es gibt kostenlose, die du ohne Entrichtung von Lizenzgebühren auch als Webfonts benutzen darfst.)

 

______________

1. Theoretisch könnte es Schriften geben, die auch für Laien erkennbar so neu und außergewöhnlich sind, dass ihr Abbild eben nicht frei verwendet werden darf. Aber praktisch ist das kein Thema, schon gar nicht bei Schriften, die so alltagstauglich waren, dass sie in Blei gegossen wurden.

  • Gefällt 1
Geschrieben

Wenn du als Musterwort statt Speisekarte das Wort Hamburg (oder Hamburgefons) genommen hättest, wären die Schriften im Seemann leichter zu finden.

 

Und um die richtigen Auslassungen von Þorsten zu ergänzen: Manchmal kann es vorkommen, dass Schriftenanbieter sich die Namen der alten Bleisatzschriften als Marke gesichert haben. Da reicht es dann einfach für die eigene Digitalisierung eben einen neuen, durchaus ähnlichen Namen zu erfinden. Anders ist es im übrigen auch in der Bleisatz-Zeit gewesen, da haben Schriftgießereien nicht selten erfolgreiche Schriften der Konkurrenz nachgezeichnet und geschnitten, und haben sie dann unter eigenem Namen vertrieben.

  • Gefällt 2
Geschrieben

Auch Schriftnamen aus der Bleisatz-Zeit dürfen nicht wiederverwendet, wenn die ursprünglichen Hersteller bzw. Rechtsnachfolger die Namen als Trademarks (Markenzeichen) angemeldet haben. Kurz: Eine neue Schrift auf Basis der Bleisatz-Palatino dürfte man m.W.n. durchaus zeichnen und veröffentlichen. Aber Monotype würde es als Markenverletzung betrachten, wenn die Font so vermarktet wäre, dass das Wort Palatino in der Name wäre. Auch u.U., wenn man in Beschreibungstexte angeben würde, die Schrift sei von der Palatino inspiriert. Nur als Beispiel.

  • Gefällt 2
Geschrieben

Aber etwas entfernt ähnliches, wie z.B. Paladin könnte gehen (sofern es die nicht auch schon gibt, müsste man prüfen. Beispiele für so ein Vorgehen gibt es ja reichlich, ich denke da z.B. an die CorelDraw-Versionen vieler bekannter Schriftarten.

Geschrieben

Ach so, die hier beispielhaft genannte Palatino gibt es auch unter diesen Namen:

Aldus, Palatino nova, Book Antiqua, Palladio, Palazzo, Zapf Calligraphic 801 und  Parlament

  • Gefällt 1
Geschrieben
Am 20.3.2019 um 10:13 schrieb catfonts:

Ach so, die hier beispielhaft genannte Palatino gibt es auch unter diesen Namen:

Aldus, Palatino nova, Book Antiqua, Palladio, Palazzo, Zapf Calligraphic 801 und  Parlament

Ich nehme an, dass Aldus, Paladino nova und Book Antiqua alle eingetragene Marken von Monotype sind  (bzw. Aldus und die ganzen novas wären von Linotype angemeldet würden, bevor Linotype von Monotype übernommen wurde). Da Monotype Bitstream auch kaufte, wäre Zapf Calligraphic 801 auch jetzt eine Monotype-Schrift, wobei eine solche Name wahrscheinlich unschutzbar ist.

 

Ob ähnliche Namen, wie Paladin für Palatino, wirklich erlaubt werden … das müsste letztendlich vor Gericht entschieden werden. Besser ist es, so einen Fall nicht zu riskieren und eine komplett neue Name auszudenken.

  • Gefällt 1
  • sehr interessant! 1
  • 1 Jahr später...
Geschrieben
Am 19.3.2019 um 15:54 schrieb Þorsten:

So schwierig ist das in der Praxis zum Glück nicht. Du darfst praktisch¹ jede Bleisatzschrift »digitalisieren«, also nachzeichnen und aus diesen Zeichnungen einen Font machen. Das Geschäftsmodell vieler, absolut seriöser Schrifthersteller beruht darauf, alte Schriften (anderer Gestalter) ohne die Entrichtung irgendwelcher Lizenzgebühren und ohne explizite Erlaubnis zu digitalisieren und diese Fonts dann als eigene Werke zu verkaufen.

 

Was du ohne Erlaubnis nicht darfst, ist, existierende Fontdateien einfach zu kopieren oder zu verändern. Also ganz kurz: solange du keine Fontdateien (Software) »anfasst«, bist du bei der Digitalisierung von Schriften praktisch immer auf der sicheren Seite. Das betrifft auch Schriften, die bereits digitalisiert wurden. So gibt es über ein Dutzend kommerziell vertriebener Garamond-Versionen, alles völlig legitim. (Und es gibt kostenlose, die du ohne Entrichtung von Lizenzgebühren auch als Webfonts benutzen darfst.)

 

______________

1. Theoretisch könnte es Schriften geben, die auch für Laien erkennbar so neu und außergewöhnlich sind, dass ihr Abbild eben nicht frei verwendet werden darf. Aber praktisch ist das kein Thema, schon gar nicht bei Schriften, die so alltagstauglich waren, dass sie in Blei gegossen wurden.

Das heißt dann auch dementsprechend, dass ich, zum Beispiel aus einem alten Schriftmusterbuch, Katalog (Druckmittel), die Zeichen scannen und digitalisieren kann? 

Geschrieben
vor 43 Minuten schrieb typogeorge:

Das heißt dann auch dementsprechend, dass ich, zum Beispiel aus einem alten Schriftmusterbuch, Katalog (Druckmittel), die Zeichen scannen und digitalisieren kann? 

Sagen wir so: man kommt in der Regel damit durch. Es kommt praktisch nie vor, dass Schriftanbieter, Designer oder deren Erben wegen der Ähnlichkeit von Neudigitalisierungen von Bleisatzschriften (und Veröffentlichung unter neuem Schriftnamen) einen Urheberrechtsstreit anzetteln, selbst wenn es theoretisch noch möglich wäre. Aufwand und Chancen/Nutzen stehen da in keinem sinnvollen Verhältnis. Bei noch lebenden Designern oder noch laufenden Schutzfristen muss man man sich dennoch die Moralfrage stellen, wenn man ohne Abstimmung mit den Urhebern oder deren Rechtsnachfolgern digitalisiert. Persönlich sind mir zum Beispiel alle Nachkriegsschriften prinzipiell noch zu jung für bloße Digitalisierungen. Sind die Schriften aber mindestens um die 100 Jahre alt, sehe ich die Digitalisierung wiederum als löbliche Rettungsaktion an, mit der mit niemandem mehr auf die Füße treten kann. 

  • Gefällt 4
Geschrieben
vor einer Stunde schrieb Ralf Herrmann:

Sind die Schriften aber mindestens um die 100 Jahre alt, sehe ich die Digitalisierung wiederum als löbliche Rettungsaktion an, mit der mit niemandem mehr auf die Füße treten kann. 

Ein Umstand, auf dem ein nicht unbeträchtlicher Teil meines Lebensunterhaltes beruht 🙂

  • Gefällt 5

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