TobiW Geschrieben März 4, 2020 Geschrieben März 4, 2020 Guten Morgen Ich hatte gestern mit einer meiner Lehrer-Kolleginnen (promovierte Germanistin/Sprachwissenschaftlerin) eine Diskussion über die richtigen Anführungszeichen. In Kürze: Ich vertrat die Lehrbuchmeinung, dass in deutschen Texten nur „dies“ oder »diese« erlaubt seien. Sie war der Meinung, dass auch “diese” völlig in Ordnung wären, weil es ja nirgends explizit verboten sei und sagte dann, dass es ja – so lange einheitlich – nur eine Frage des Stils sei und daher nicht als Fehler angestrichen werden dürfe. Mir ist allerdings kein typografisches Regelwerk bekannt, dass andere als die von mir genannten Formen zulässt. Euch? Und wie seht ihr das? Über diese Diskussion kam ich dann im Nachgang auf eine Frage, die ich noch spannender finde als die nach der Regeltreue und die ich gerne an euch weitergeben würde: Gibt es Gründe, warum sich im Deutschen „diese“ im Englischen und anderen Sprachen aber “diese” Form durchgesetzt hat? Also abgesehen von „das wird halt im Regelwerk so gesagt“ … Viele Grüße Tobi 1
Ralf Herrmann Geschrieben März 4, 2020 Geschrieben März 4, 2020 vor 6 Minuten schrieb TobiW: … nur eine Frage des Stils sei und daher nicht als Fehler angestrichen werden dürfe. Nicht als Rechtschreibfehler. Die amtliche Rechtschreibung definiert nicht, welche Unicode-Zeichen verwendet werden sollen. Weder für Anführungszeichen, noch für Binde-/Gedankenstrich, Ellipse usw. 3 1
TobiW Geschrieben März 4, 2020 Themen-Ersteller Geschrieben März 4, 2020 Das macht Sinn … weißt du was, warum verschiedene Sprachen verschiedene Formen nutzen? Oder ist es letztlich doch nur eine Geschmacksfrage und „diese“ eben einfach gute alte Tradition …?
Ralf Herrmann Geschrieben März 5, 2020 Geschrieben März 5, 2020 Ja, hat sich einfach so entwickelt. Ursprünglich war die Anführungszeichen ja logischerweise handgeschrieben und damit zwangsläufig in Position und gestalterischer Ausprägung variabel. Die Manifestierung zu standardisierten Schriftzeichen fiel dann regional unterschiedlich aus. Geschmacks- oder Stilfrage würde ich es trotzdem nicht nennen. Es ist keine Rechtschreibregel, aber eine typografische. 1
Philographus Geschrieben März 5, 2020 Geschrieben März 5, 2020 Ich persönlich gebe auf englische Anführungszeichen einen Zeichensetzungsfehler, weil sie im Kontext der deutschen Sprache unüblich sind. Ich behandle das also als Stilfehler, aber eben auf der Ebene der Suprasegmentalia, und es handelt sich darum aus meiner Sicht auch nicht um eine reine Geschmacksfrage, weil der Maßstab eben nicht der eigene Geschmack ist, sondern das Übliche. Die Schüler akzeptieren aber gemeinhin, wenn verschiedene Kollegen in Einzelheiten auf verschiedene Regeln Wert legen, solange sie nur transparent sind. An typographische Regeln müssen sich die Schüler, da sie ihre Lernprodukte ja gemeinhin handschriftlich verfassen, nicht halten. Bei ihren ersten Gehversuchen mit Textverarbeitungsprogrammen bin ich allerdings gnädig, denn die Jugendlichen kommen mit dem Computer heute im Allgemeinen schlechter zurecht als noch vor zehn, fünfzehn Jahren. Interessant wäre die Abgrenzung dort, wo auch die Handschrift eigens benotet wird. 3
TobiW Geschrieben März 5, 2020 Themen-Ersteller Geschrieben März 5, 2020 Also ich streiche auch in handschriftlichen Texten "diese" als fehlerhaft an. Das ist in meinen Fächern (Musik/Physik) aber ohnehin egal, da ich dafür je keine Punkt abziehe. In Klausuren, in denen die Fehlerzahl dann tatsächlich zu einem Abzug führend würde, würde ich die falschen Anführungszeichen dann wohl auch nicht als Fehler zählen. 4
Þorsten Geschrieben März 5, 2020 Geschrieben März 5, 2020 Anstreichen würde ich es immer, weil es ja auch immer bei den Lesern zum Punktabzug führen kann. Ich erinnere mich z.B. an einen Einstellungstest, bei dem Kandidaten live handschriftlich einen kurzen Aufsatz schreiben mussten. Da waren die mit klassischem Schreibschrifttraining schon mal klar im Vorteil. In dieser Hinsicht wäre dann auch die Unterscheidung zwischen formalem Fehler und reiner Stilfrage eine, die nicht immer eindeutig beantwortetet werden könnte. Ob etwas in der Schule Punktabzug bringt, sollte m.E. schon klaren Regeln unterworfen sein und nicht von der Laune des Lehrenden abhängen. 4
TobiW Geschrieben März 6, 2020 Themen-Ersteller Geschrieben März 6, 2020 vor 13 Stunden schrieb Þorsten: Ob etwas in der Schule Punktabzug bringt, sollte m.E. schon klaren Regeln unterworfen sein und nicht von der Laune des Lehrenden abhängen. Da stimme ich dir zu Aber Anstreichen führt ja dann nicht automatisch Punktabzug. 2
Phoibos Geschrieben März 6, 2020 Geschrieben März 6, 2020 vor 13 Stunden schrieb Þorsten: Ob etwas in der Schule Punktabzug bringt, sollte m.E. schon klaren Regeln unterworfen sein und nicht von der Laune des Lehrenden abhängen. Und es erschallt ein homerisches Gelächter aus der Esoterik-Ecke 🙂 1 1
Thomas Kunz Geschrieben März 6, 2020 Geschrieben März 6, 2020 Am 5.3.2020 um 08:16 schrieb Philographus: denn die Jugendlichen kommen mit dem Computer heute im Allgemeinen schlechter zurecht als noch vor zehn, fünfzehn Jahren Ist das so? Ich hätte vermutet, es sei genau andersherum. Interessant! Wie kommst du zu der Ansicht?
Philographus Geschrieben März 6, 2020 Geschrieben März 6, 2020 Aufgrund meiner Erlebnisse im ITG-Unterricht (Informationstechnische Grundbildung). Viele Jugendliche können heute nicht einmal mit der Maus umgehen, weil bei ihnen zu Hause kein Computer vorhanden ist. Sie sind nur die reinen graphischen Benutzeroberflächen von Smartphones gewohnt. Bis wir die kleinen Däumlinge zur Benutzung der Tastatur und von Textverarbeitungsprogrammen erzogen haben, dauert es heute viel länger als früher, weil immer mehr Jugendlichen die Möglichkeit und der Antrieb fehlen, sich zu Hause mit dem Computer zu beschäftigen. Wenn überhaupt, wird gespielt -- aber auch dazu sind heute keinerlei technische Kenntnisse mehr erforderlich wie noch zu meiner Jugendzeit, als man Prozessoren übertaktete und in den Ferien nächtelang darüber knobelte, das LAN einzurichten. Das ist zumindest meine Erfahrung aus einer Arbeitergegend Berlins. In den "besseren Bezirken" mag das anders sein. 5 2
Þorsten Geschrieben März 6, 2020 Geschrieben März 6, 2020 vor 2 Stunden schrieb Philographus: meiner Erlebnisse im ITG-Unterricht … überraschen mich nicht. Ich hatte gerade gestern mit einem durchaus schlauen 10-11-jährigen eine Diskussion darüber, was besser sei, »Apple oder Samsung«. Schon meinen Einwand, dass es um Apple(-Telefone) oder Android ging, verstand er trotz ausführlicher Erklärung nicht im Ansatz. Meinen eigentlichen Punkt, dass ich Android bevorzuge, weil ich es sehr viel mehr anpassen und verändern kann, auch nicht: »Jede(s) Iphone(-Generation) ist doch komplett anders!« Sure kid, sure. 🙄 Wie war das bei uns (sagt der alte Mann) noch anders: das tolle an Computern war, dass man daran herum basteln konnte und i.a.R. auch musste. Immerhin macht Þorstelinchens Schule das prima. Es gibt sowohl klassische Computerkabinette mit Desktops (und verkabelter Maus) als auch Chromebooks (zum Ausleihen). Auf die Anschaffung schülergebundener Laptops oder auch Tablets wurde bewusst verzichtet, obwohl die Mittel da wären. »Dr. I.«, die Informatiklehrerin (die wirklich so heißt ), hat auch Tablets, die aber nur für besondere Projekte eingesetzt und sonst unter Verschluss gehalten werden. Þorstelinchen kommt jedenfalls mit verschiedensten Geräten und Eingabemethoden problemlos klar. Informatikunterricht hat sie (im Wechsel mit »Bibliothek«) alle zwei Wochen seit der 0. Klasse für die 5-6-jährigen. Ich würde euch nur einen attraktiveren Namen empfehlen als ITG, was wie ein DDR-Schulfach klingt (wir hatten ja ESP und WPA, das vorher UTP hieß ). 2
Philographus Geschrieben März 6, 2020 Geschrieben März 6, 2020 vor 52 Minuten schrieb Þorsten: Ich würde euch nur einen attraktiveren Namen empfehlen als ITG, was wie ein DDR-Schulfach klingt (wir hatten ja ESP und WPA, das vorher UTP hieß ). Da hast Du völlig recht, aber als Deutschlehrer in Doppelsteckung möchte ich da den Informatikkollegen nicht in ihr Fach pfuschen -- die haben nämlich die Oberhoheit über ITG. Ich persönlich hätte es wohl "Medienkunde" genannt oder einfach "Informatik". Anfang des laufenden Schulhalbjahres bin ich aber ohnehin an ein völlig computerloses Gymnasium umgesetzt worden und habe wieder Kreidestaub am Sakko, das sind für mich also tempi passati. 1 1
Þorsten Geschrieben März 6, 2020 Geschrieben März 6, 2020 In Þorstelinchens Schule heißt der Informatikunterricht übrigens [Schulname] Connect, was auch gleich noch alliterativ punktet, weil der Schulname mit C beginnt. Die machen sich schon Gedanken darüber, auch Nicht-Nerds (Mädchen und so 🙄) für das Fach und stem überhaupt zu begeistern. 2
Philographus Geschrieben März 6, 2020 Geschrieben März 6, 2020 … welchselbige Fachbezeichnung ich mir an einem deutschen Gymnasium allerdings eher weniger gut vorstellen kann. 1
HenningH Geschrieben März 6, 2020 Geschrieben März 6, 2020 vor 5 Stunden schrieb Philographus: Das ist zumindest meine Erfahrung aus einer Arbeitergegend Berlins. In den "besseren Bezirken" mag das anders sein. Das ist in einer bildungsbürgerlichen westfälischen Mittelstadt nicht anders. 1
TobiW Geschrieben März 6, 2020 Themen-Ersteller Geschrieben März 6, 2020 Ich erlebe das bei uns am Gymnasium auch so. Die Schüler wissen gerade noch, wie man einen Computer anschaltet, aber URLs werden grundsätzlich in das Suchfeld der als Startseite eingestellten Suchmaschine eingeben und Dateien über das Netzwerk in einem Gruppen-Ordnet zu speichern, kann keiner ohne Anmeldung (allerdings kann das wohl auch kaum einer der Kollegen …). Die Schüler haben dank der geschlossenen App-Systeme auch keine Vorstellung davon, was eine Datei oder ein Ordner überhaupt ist und das selbiges so etwas wie einen Speicherort hat. „Hast du das schon runter geladen“ – „ja, weiß nicht, vielleicht …“ – „Wo hast du es denn gespeichert?“ – „Äh .. auf dem Computer?!??“ ist ein Dialog, den ich nicht selten führen darf 2 1
Norbert P Geschrieben März 7, 2020 Geschrieben März 7, 2020 vor 23 Stunden schrieb Þorsten: In Þorstelinchens Schule heißt der Informatikunterricht übrigens [Schulname] Connect, Liegt die denn in Connecticut? *duckundweg* 1
Þorsten Geschrieben März 7, 2020 Geschrieben März 7, 2020 vor 29 Minuten schrieb Norbert P: Liegt die denn in Connecticut? *duckundweg* Naheliegend, aber nein. Ich wüsste auch nicht, dass die Einwohner des 🇺🇸 Muskatlandes diese Wortspiel in Hinsicht auf ihr Land oft aufgreifen würden, weil das 2. c im offiziellen Landesnamen stumm ist. edit: Ne, machen se doch! https://connect.ct.gov/
Microboy Geschrieben März 8, 2020 Geschrieben März 8, 2020 Kann man Schülern vorwerfen, dass sie etwas nicht können was ihnen anscheinend nicht beigebracht wird? Ich für meinen Teil musste in meiner Jugend den Umgang mit Computern auch erst erlernen und war froh als die Nutzung dank Mac OS 7 für mich einfacher wurde. Der grundlegende Umgang mit iPhone/iPad ist sehr viel simpler und muss kaum erklärt werden – das sehe ich immer wieder an meinen Kindern (beide im Vorschulalter). Ist die Arbeit mit klassischen Computersystemen in der Schule überhaupt noch sinnvoll? Im Alltag kommt man mit Smartphone/Tablet doch gut aus und wer beruflich mit Computern arbeitet nutzt dafür oft sehr spezielle Software deren Umgang in der Regel erlernt werden muss. Für jemanden der mit Siri und Alexa aufwächst muss eine Mouse als Eingabegerät doch geradezu absurd wirken. 1
Þorsten Geschrieben März 8, 2020 Geschrieben März 8, 2020 vor einer Stunde schrieb Microboy: Kann man Schülern vorwerfen Wer hat das hier getan? vor einer Stunde schrieb Microboy: Ist die Arbeit mit klassischen Computersystemen in der Schule überhaupt noch sinnvoll? Okay, du hast es erkannt: das ist komplett sinnlos. Genau wie Rechnen, Schreiben, Lesen. Siri kann das alles übernehmen. 🙄 Und selbst wenn du meinst, dass es in 20 Jahren, wenn deine Kids aus der Schule raus sind, nur noch sprach und AI-gesteuerte Computer geben wird, in wie vielen Jahren, meinst du, werden sie mal in die Bibliothek gehen und dort selbst nach einem Buch suchen? Vielleicht schon in 2, 3 Jahren? Die nächsten 20 Jahre werden ja nicht spurlos an ihnen vorüber gehen, was Lernen und Leben in der Welt (außerhalb der Schule) angeht. Und ich sehe fast jeden Tag, was die Fähigkeit, mit einem PC oder Laptop umzugehen, allein für das Selbstbewusstsein und die Selbstständigkeit ausmacht. Als Elter weißt du hoffentlich, wie wichtig das ist. Das ist so wie die Fähigkeit, Schnürsenkel zu binden. Klar, du kannst die nächsten 18 Jahren auch Schuhe mit Klettverschluss bereit stellen. Aber ist das wirklich gut für die Kids? 1
Gast bertel Geschrieben März 8, 2020 Geschrieben März 8, 2020 Am 5.3.2020 um 08:16 schrieb Philographus: denn die Jugendlichen kommen mit dem Computer heute im Allgemeinen schlechter zurecht als noch vor zehn, fünfzehn Jahren. Das mag zunächst richtig klingen. Es legt aber den Computer von vor 15 Jahren zugrunde, und das halte ich für falsch, weil veraltet. Wenn ein frisch ausgebildeter Mediendesigner nicht mit der Maus umgehen kann, muss das in meinen Augen nicht zwangsläufig schlecht sein, weil er dafür mit soviel anderen Eingabegeräten umgehen kann und für das, was er macht, keine Maus benötigt. Ich denke, dass hier eher der Lehrkörper der Technik um Jahre hinterherhinkt und deswegen Dinge als schlecht ansieht, die sich einfach nur weiterentwickelt haben und teils obsolet sind. Mit dem Abakus kann heute auch keiner mehr umgehen …
Microboy Geschrieben März 8, 2020 Geschrieben März 8, 2020 vor 33 Minuten schrieb Þorsten: Okay, du hast es erkannt: das ist komplett sinnlos. Genau wie Rechnen, Schreiben, Lesen. Siri kann das alles übernehmen. 🙄 Es ging weder um Rechnen oder Lesen sondern um den Umgang mit einem technischen Gerät was heute im Alltag bereits an vielen Stellen überholt ist. Überspitzt gesagt so, als wenn man heute Mathematik mit dem Rechenschieber lehren würde. Aber das brauche ich dir eigentlich nicht zu erklären. Dir geht es, wie so oft, leider nur ums polarisieren und streiten. Das nervt ungemein und verhindert vernünftigen Austausch. Anscheinend kannst du aber nicht anders ...
Phoibos Geschrieben März 8, 2020 Geschrieben März 8, 2020 vor 10 Minuten schrieb Microboy: um den Umgang mit einem technischen Gerät was heute im Alltag bereits an vielen Stellen überholt ist. Nun, ein gewisses Grundverständnis für Funktionalitäten sollte schon vermittelt werden. Ich hasse all die Menschen, die für einen Inhalt, der auf eine Visitenkarte passen würde, Wordpress oder dergleichen installieren. Klar kannst du eine Heftzwecke mit einem Vorschlaghammer in (oder besser durch) die Wand zimmern, aber es gehört für mich zur Schule ganz wesentlich dazu, Werkzeuge und Methoden vorzustellen, so dass die Menschen später im Leben einen gewissen Überblick über die Vielfalt haben bzw. überhaupt erstmal wissen, dass es mehr als eine Möglichkeit gibt. 3
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