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Die Schriftmuster der Welt in einer Datenbank …

Zeitungsmatern

Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Ein Bekannter hat mir einen Karton mit einem stark eingeprägten Werbesujet eines Motorrad-Herstellers  gegeben und mich gefragt, was das sein könnte. Muss zwischen 1953 und 1956 entstanden sein (wegen den beworbenen Motorrädern). Meine Recherchen haben mich auf diese Website geführt, wo ähnliches Material zu sehen ist (https://www.jr-mopeds.de/bücher-und-gesammeltes/) Dort stand: „Diese Zeitungsmattern dienten als originale Druckvorlage für Werbeanzeigen in Zeitungen und Prospekten.“

Viel mehr konnte ich im Web nicht finden.

Wurden diese dicken Kartons geprägt und dann für den neuerlichen Abguss weitergegeben? In welchem Zeitraum wurde diese Technik eingesetzt?

Würde mich über weiterführende Infos sehr freuen.

 

horex.jpg

Geschrieben

Unser Wiki erklärt das Prinzip:

Zeitungsanzeigen konnten so auch gleich fertig abgegeben werden. Sozusagen wie heute ein PDF und als Nachfolger eines klassischen Hochdruck-Klischee auf Schrifthöhe. Statt in die Buchdruckform, konnte die Anzeige dann in die Pappmater der Seite einmontiert werden. 

Einsatzzeit ist die gesamte Phase des Rotationsbuchdrucks. 

Geschrieben (bearbeitet)

Sehr spannend. Dankeschön! Konnte von so einer Matter mehrer Abgüsse gemacht werden? Oder war das ein einmaliger Abguss – würde erklären warum von den paar Motiven so viele Abzüge da sind.

bearbeitet von SarahW.
  • 2 Wochen später...
Geschrieben

Hat von euch vielleicht jemand selbst Erfahrung mit Stereotypie gemacht, oder kennt jemanden? Wird das noch wo gemacht?


Wir würden das gerne mit den vorhandenen Motiven probieren.

Geschrieben
Am 26.4.2024 um 18:15 schrieb SarahW.:

Konnten von so einer Mater mehrere Abgüsse gemacht werden?

Ja, bis zu ca. 20, je nach Verfahren (Gips, Papier, Sand, Blei etc.). Heute wird das mit Polymerplatten gemacht, die beispielsweise im Druck von Klebebändern Verwendung finden. 

Das Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 5. Amsterdam 1809, S. 380-381 wusste dazu:

Zitat

Die Stereotypie ist die Kunst, erhabene Schriftplatten zum Druck durch die Buchdruckerpresse zu verfertigen. Diese merkwürdige Erfindung wurde eigentlich von einem gewissen Hofmann bei Beaumarchais [380] in Kehl gemacht, und Didot, dem man sie auch zuschreibt, wandte sie zuerst im Großen an. Das Verfahren dabei ist verschieden. Erste Art: Hier werden die Schriftcolumnen aus gewöhnlichen Buchdruckerlettern, nachdem sie, wie gewöhnlich jedes Werk, gesetzt und die Probebogen corrigirt worden sind, auf der untern Seite so verschmolzen, daß sie ein festes Ganze machen. Mit dieser wurden die Vegaischen Logarithmen von Didot gedruckt. Zweite Art: Die aufgesetzten Schriftcolumnen werden in feinem Sande abgedruckt, und aus dieser vertieften Form eine erhöhte metallene Schriftcolumne abgegossen. Dieses Verfahren, welches unter dem Namen Polytypage bekannt ist, hat eigentlich der vorher erwähnte Hofmann erfunden; er gab auch ein Journal: Polytype, auf diese Weise gedruckt, heraus. Dritte Verfahrungsart: Es werden die gesetzten Schriftcolumnen mittelst einer der Guillotine ähnlichen Maschine (Ramm) in Metall oder andere Masse eingeschlagen, und die dadurch gewonnene vertiefte Form auf fließendes Schriftmetall abgeklatscht, um eine erhöhte Schriftplatte zu erhalten. Vierte Art: Hier werden, statt erhabener Buchstaben, in Form derselben vertiefte Matrizen gegossen und Columnenweise abgesetzt; mit diesen vertieften Columnen dann aus fließendem Schriftmetall eine erhabene Schriftplatte abgeklatscht. Die fünfte Verfahrungsart gleicht der obigen, nur mit dem Unterschiede, daß die Matrizen aus Kupfer bestehen, in welches die Buchstaben durch Stämpel eingeschlagen werden. Dieses von Herhahn in Paris angewandte Verfahren ist das vollkommenste. – Auch die Engländer haben ihr bisher gegen diese Erfindung gehegtes Vorurtheil abgelegt, und Adam Wilson in London fängt nun ebenfalls an, Autoren auf diese Art zu drucken.

http://www.zeno.org/nid/20000773468

Geschrieben
Am 26.4.2024 um 17:40 schrieb Ralf Herrmann:

Unser Wiki erklärt das Prinzip:

Zeitungsanzeigen konnten so auch gleich fertig abgegeben werden. Sozusagen wie heute ein PDF und als Nachfolger eines klassischen Hochdruck-Klischee auf Schrifthöhe. Statt in die Buchdruckform, konnte die Anzeige dann in die Pappmater der Seite einmontiert werden. 

Einsatzzeit ist die gesamte Phase des Rotationsbuchdrucks. 

 

Geschrieben

Dazu mußte aber erst von der Mater ein Stereo abgegossen werden. Das wurde auf Stege geklebt, war damit auf Schrifthöhe und konnte z.B. bei der Mettage der Zeitungsseiten eingebaut werden. 

 

Daß war 1954 als Lehrlinge immer spannend mitzuerleben. Das schwere Schiff der Zeitungsseite, gefüllt mit allen Anzeigen oder dem redaktionellen Linotypesatz wurde auf die Platte einer Maternpresse geschoben. Es wurde ein Maternkarton aufgelegt, noch zwei Filzmatten obendrauf und dann hieß es das Schiff mit den Händen gegen eine schwere Metallwalze zu drücken bis die Walze faßte. Die Seite wanderte durch und wurde auf der anderen Seite entgegengenommen. Dann hatte man die geprägte Mater. Der Lehrling durfte sie runter in die Gießerei bringen. Die Mater wurde dort in einen metallischen Halbring eingehängt, in die Gießmaschine gedreht und der Gußvorgang ausgelöst. Die fertige Seite wurde entgrätet und gesäubert. Man schleppte sie zur Rotationsmaschine. Dort wurde sie auf den Druckzylinder gespannt. Eine Seite neben die andere. Auch die Rückseite des Zylinders. War alles fertig, konnte vorsichtig ein Probelauf starten. War alles ok, wurde die Maschine schneller und schneller und die Zeitungen kamen wie von Zauberhand gestaffelt auf einem Förderband zur Verpackung. Die ganze Mannschaft, bis auf den Drucker, konnte aufatmen und erst mal frühstücken.

 

In dem ganzen Prozess konnte viel schiefgehen: Dem ungeschickten Setzer fiel die gesetzte Anzeige beim Ausheben aus dem Winkelhaken auseinander - beim Anschieben in die Maternpresse faßte die Walze nicht richtig und die ganze schöne Seite krachte auf den Boden. Manches konnte man noch retten.  Alles mußte dann ran und in Windeseile alles neu setzen - Am Ende die alte Rotationsmaschine, aus den Trümmern gerettet und wieder in Gang gesetzt, hatte ihre Macken. Im schönsten Dauerlauf riss irgendwo die Papierbahn und der Druckermeister hechtete zum Notschalter. Mit einem infernalischen Gekreisch stoppte die Maschine und der Drucker mußte wieder mühselig die Papierbahn durch die Walzen führen. 

  • Gefällt 1
  • sehr interessant! 1
Geschrieben

Das klingt wirklich sehr spannend!

Wir würden gerne von einer vorhandenen Mater (siehe erstes Bild) einen Abguss machen – flach, nicht für eine Rotationsmaschine – welcher dann auf einer Andruckpresse verwendet werden kann. Damit das Abgießen gelingt, muss um die Mater ja eine Form gebaut werden – hast du da Erfahrung @Wolfgang Schaller?

 

Ich habe mal im Web recherchiert und folgendes Buch gefunden: „Stereotypie - Willy Schröder: Handwerkliches Können und Wissen in der Stereotypie.“ Ist schon auf dem Weg zu mir und kann mir hoffentlich auch noch mehr Klarheit bringen.

 

 

Geschrieben

Da wäre ich vorsichtig, du würdest ja die Vorlage dadurch sicher beschädigen oder verletzen? Oder habe ich hier einen Denkfehler.

Vor allem muss das abformen gut funktionieren. Vielleicht hast Du bei Dir um die Ecke einen Formenbauer, die haben sehr viel Ahnung bezüglich Abformtechnik.

Geschrieben

Die Mater ist ja dazu da um abgegossen zu werden. Was soll man sonst damit tun?

 

Gerade Tipps zum Abformen von so einer Mater würden mich interessieren. Damit das Blei nicht darunter rinnt. Mit Abgießen von Papier haben wir keine Erfahrung.

Geschrieben

... ich hätte zu deiner Horex-Mater noch das passende Motorrad.
Horex 350 Regina. Vor ziemlich genau 55 Jahren war ich Anfang Mai mit einem Kumpel zu einer Firngleitertour in Stuben am Arlberg unterwegs.
Das Kennzeichen V steht für Vorarlberg.

Matern an eine Druckerei zu verschicken war bei größeren Klischees auch preiswerter (Briefporto!). Ich arbeitete damals in einer Reproanstalt. Die Galvanoabteilung verschickte nach der Freigabe einer Anzeige die Matern an Tageszeitungen in ganz Deutschland.

Schöne Grüße aus Burgwedel

Burkhart

1969_05_Arlberg_Horex.jpg

Geschrieben

Die Matrizen (Matern) werden mit Letternmetall zu druckfähigen Platten, kurz Stereos, ausgegossen. Von einer Mater können bis 20 scharfe Abgüsse hergestellt werden. Die Stereotypie ermöglichte hohe Auflagen von einem einzigen Satz; im Flachdruck ersparte sie das Aufbewahren des Satzes oder den Neusatz für Nachdrucke.

Auf diesem alten Bild sieht man links einen Metallrahmen, den man sicher auf die Größe der Mater einstellen konnte. Man muß sich nur noch etwas einfallen lassen, um das Untendurchfließen des Metalls zu verhindern. Am besten innen und außen. 

Stereotypie.jpg.fbe14ced330124f261fddf975e5ee874.jpg

Für das Metall findet man hier Zusammensetzungen: https://de.wikipedia.org/wiki/Letternmetall

  • Gefällt 2
Geschrieben

Ich würde es so machen.

Erfahrungen aus dem Gießen. Du besorgst dir Formsand (Formenbauer ums Eck). Baust dir eine schmale Schale/Box. In diese Box kommt der Sand. Du machst eine platte Fläche (flacher Stößel oder ähnliches) und legst da die Mater auf, es muss alles plan und gerade liegen. Die Mater kannst du auf dem Sand mit einem Nagel an den erhabenen Stellen fixieren. Ist dies erledigt. Baust du einen Rahmen auf den bisherigen Aufbau und dichtest das mit Bausilikon an den Kanten ab.

Dann kannst du Gießen damit was Du willst. Beim Letternmetall kann ich Dir nicht helfen. Normalerweise muss jeder Abguss auf die Form ein Trennmittel bekommen. Vielleicht war das damals durch die Werkstoffe genau der Clou, dass hier kein Trennmittel verwendet werden musste.

Darum hatte ich oben geschrieben kann ein Abguss ohne Trennmittel seine Form zerstören und dann hast Du eine "verlorene Form" das wollte ich oben nur anmerken. Und das sollte keine "korrigierende" Anmerkung sein, die du vielleicht so aufgefasst hast.

Es gibt ein ganz günstiges Gießharz beim Formenbauer, milchig und wird krass warm und härtet superschnell aus 20 Minuten circa für den Serienguss. Was das mit deiner Form macht kann ich Dir nicht sagen. Die kannst du aber nur auf einer Handpresse abnudeln. Das Material ist schlagspröde.

Gips wurde oben mal erwähnt.

Geschrieben
vor 12 Stunden schrieb moses1947:

... ich hätte zu deiner Horex-Mater noch das passende Motorrad.
Horex 350 Regina......

Burkhart

 

Ich musste da an Werner Brösel denken. Würde mich freuen wenn jemand das Logo digitalisiert und hier hochladen könnte.

Geschrieben

Danke @typogeorge für deine Ausführungen. Nein, das hab ich überhaupt nicht so aufgefasst. Bin über alle Hinweise dankbar, hab nur nachgefragt, weil ich mich ja selber mit dieser Materie nicht auskenne. Das ändert sich ja gerade mit jeder neuen Info.

Die vielen Tipps helfen definitiv eine Lösung zu finden. Jetzt warte ich noch auf das Buch aus dem Antiquariat und werde unsere Tests und Versuche dokumentieren und auch hier reinstellen.

  • 4 Wochen später...
Geschrieben

Hallo, habe in unserer ehem. Druckerei 2 Teile gefunden, die zur Herstellung von Bleistereos mit Matern verwendet wurden.

Beste Grüße

creasty.de

Mater-Bleistereo.png

  • Gefällt 2
Geschrieben

Das ist ja spannend! Sehr interessante Information. Dieser Herstellungsschritt war in den Büchern nicht detailliert beschrieben bzw. bebildert.

Geschrieben
Am 5.6.2024 um 15:22 schrieb SarahW.:

Das ist ja spannend! Sehr interessante Information. Dieser Herstellungsschritt war in den Büchern nicht detailliert beschrieben bzw. bebildert.

 

senden_1.png

senden_2.png

  • Gefällt 2

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