Das lange s (ſ) ist eine grafische Variante des Buchstabens s.
Das Zeichen entstand durch eine Streckung des Versal-S und kam in der karolingischen Minuskel als alleinige Repräsentation des s-Graphems zum Einsatz. Im 15. und 16. Jahrhundert setzt sich dann in Druck- und Handschriften im lateinischem Schriftsystem eine gemeinsame Anwendung von langem und rundem s durch – zunächst gänzlich unabhängig von Schriftstil und Sprache. Die Wahl zwischen ſ und s erfolgte stellungsbasiert. Wortschließend kam s zum Einsatz, im Wort ſ. Auch Kombinationen beider Formen (gegebenenfalls auch legiert) in einem Doppel-s waren verbreitet (z.B. Miſsiſsippi, cariſsimo).
Seit dem 18. Jahrhundert kam die gemeinsame Anwendung von ſ und s außerhalb des deutschsprachigen Raumes zunehmend außer Gebrauch. Im deutschsprachigen Raum verfestigte sich die Anwendung jedoch im Satz mit gebrochenen Schriften und es entstanden dazu eigenständige Satzregeln. Die letztüblichen Regeln sind in einem separaten FAQ-Artikel beschrieben. Um 1800 wurden immer mehr deutsche Texte auch in Antiqua-Schriften gedruckt. Der Einsatz des langen s blieb dabei im Verlauf des 19. Jahrhunderts uneinheitlich. Erst im Zuge der Orthografischen Konferenzen wurde das lange s als Einzelform aus dem Antiqua-Satz gestrichen.
Scan aus dem Duden, Anfang des 20. Jahrhunderts
Da das lange s lediglich eine grafische Variante des s-Graphems darstellt, wurde es nie in Versalform etabliert. Eine Ausnahme war die Anfang des 20. Jahrhunderts veröffentlichte Schrift Ehmcke Antiqua und Kursiv, die über ein großes langes s verfügte.
Technische Anwendung:
Das lange s ist im Unicode als LATIN SMALL LETTER LONG S auf Position U+017F kodiert.
Ähnliche Zeichen:
In lateinischer Schreibung kaukasischer Sprachen existierte vor der Ablösung durch das Kyrillische (um 1938) ebenfalls ein langes s, das jedoch nicht als grafische Variante, sondern als regulärer Buchstabe mit phonetischer Funktion gedacht war. Dementsprechend existierte dieses lange s auch in Minuskel- und Versalform. Das kaukasische lange s hat demnach lediglich optische Ähnlichkeiten mit den langen s als grafische Variante des Buchstabens s. Daher ist das kaukasische lange s in seiner Klein- und Großbuchstabenform als eigenständiges, sinntragendes Zeichen anzusehen und es wurde dementsprechend auch zur Aufnahme in den Unicode vorgeschlagen.
Siehe auch: