Die »Unicode-gerechte Norm für Zusatzzeichen« (abgekürzt UNZ) ist eine Empfehlung zur Kodierung spezieller Schriftzeichen (insbesondere Ligaturen). Die Empfehlung wurde von Mitgliedern des Bundes für deutsche Schrift und Sprache (BfdS) entwickelt und mit der »Medieval Unicode Font Initiative« (MUFI) und dem Projekt »Thesaurus Indogermanischer Text- und Sprachmaterialien« (TITUS) abgestimmt.
Hintergrund:
Typische Ligaturen des klassischen Fraktursatzes (zum Beispiel ch/ck/ll/tt) haben im Unicode keine offizielle Entsprechung. In den Unicode wurden typografische Ligaturen (zum Beispiel fi und fl) lediglich aus Gründen der Kompatibilität zu bestehenden Zeichenkodierungen aufgenommen. Hinzu kommt, dass vor der Etablierung von Unicode Zeichensätze des lateinischen Schriftsystems meist auf 8 Bit (256 Zeichen) angelegt waren und somit nur selten Platz für zusätzliche Zeichen boten. Dies führte dazu, dass Anbieter gebrochener Schriften Ligaturen oder zum Beispiel die Unterscheidung von s und ſ durch unstandardisierte Zeichenbelegungen erreichen mussten. So kann etwa das lange s auf die Taste s gelegt werden, das runde s dagegen auf die Position des Pluszeichens. Der Schriftanwender kann dann beide Zeichen problemlos über jede herkömmliche Tastatur erreichen, die Texte sind jedoch nicht sauber kodiert und damit nicht Font- und systemübergreifend austauschbar und im Allgemeinen schwer technisch zu verarbeiten (Suchmaschinen-Indizierung/automatische Silbentrennung usw.). Mit der UNZ-Belegung sollte daher ein entsprechender Standard für die Anbieter gebrochener Schriften geschaffen werden, der diese historisch gewachsenen Probleme aus der Welt schafft.
Vorteile:
- Die UNZ-Belegung schafft einen einheitlichen Standard für alle Anbieter gebrochener Schriften und kann damit vermeiden, dass sich die Schriften (nach ausreichender Etablierung der UNZ-Belegung) von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich verhalten.
- Die UNZ-Belegung vermeidet die falschen Belegungen von offiziell kodierten Unicode-Stellen.
- Die UNZ-Belegung benötigt keine Smartfont-Technologien zum Erzwingen oder Unterdrücken der gewünschten Ligaturen oder zum Austausch von Zeichen durch historischen Alternativzeichen.
- Die UNZ-Kodierung ist im technischen Sinne stabiler als OpenType-basierte Glyphen-Ersetzungen, da die typografischen Satzkonventionen über die UNZ-Belegung direkt auf Kodierungsebene festgehalten werden und nicht von einem bestimmten OpenType-Font abhängig sind.
Kritik: (kurze Zusammenfassung entsprechender Typografie.info-Diskussionen)
- Die UNZ-Belegung widerspricht dem Prinzip von Unicode, lediglich sinntragende Zeichen zu kodieren und keine typografischen Varianten. Für die technische Kodierung von Ligaturen besitzt das Unicode-System den Bindehemmer und das unsichtbare Verbindungszeichen. Damit lassen sich Ligaturen völlig unabhängig von Spezialschriften auf Kodierungsebene vorgeben oder unterdrücken.
- Die UNZ-Belegung setzt auf Unicode-Werte aus dem Bereich zur privaten Verwendung (PUA). Damit werden UNZ-kodierte Texte dauerhaft inkompatibel zu herkömmlichen Texten, die mit offiziellen Unicode-Werten erstellt wurden. »B u c h« und »B u ch« werden so zu unterschiedlichen Wörtern und können von gängiger Textverarbeitungssoftware (inklusive Suchmaschinen) nicht mehr als sinngemäß gleich verarbeitet werden. Da der PUA-Bereich per Definition unstandardisiert ist, wird sich an dieser Situation auch mittel- bis langfristig nichts ändern. UNZ-kodierte Texte sind daher auch in Zukunft ausschließlich mit den UNZ-Spezial-Fonts darstellbar und ihre Inhalte inkompatibel zu herkömmlichen Texten in den entsprechenden Sprachen.
- Die Bezeichnung als »Norm« wurde kritisiert, da dieser Begriff bei technischen Empfehlungen im allgemeinen Sprachgebrauch einen erfolgreichen Normierungenprozess an einem anerkannten Normungsinstitut (z.B. DIN/ISO etc.) suggeriert. Bei der UNZ-Belegung handelt es sich jedoch lediglich um eine von Vereinsmitgliedern entwickelte, private Empfehlung.